Urteil vom Finanzgericht Köln - 10 K 712/10
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat.
3Die Kläger sind Eheleute, die u.a. im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
4Die Klägerin hatte zwei Darlehensforderungen in Höhe von 76.693,78 € und 63.911,49 € gegen ihren Vater, die sie zusammen mit den seit 1999 aufgelaufenen Zinsen in Höhe von 57.176,40 € und 49.266,08 € am 28. November und 30. November 2006 im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vaters als Forderungen angemeldet hat. Die Forderungen in Höhe von insgesamt 247.047,75 € wurden am 17. Januar 2007 insolvenzrechtlich festgestellt.
5Am 23. Juni 2007 trat die Klägerin die Forderungen an ihre Schwester ab. Dafür standen ihr Entschädigungen in Höhe von 107.500 € und 90.500 € zu, die am 28. November 2007 auf ihr Konto überwiesen wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abtretungserklärungen nebst ergänzenden Vereinbarungen vom 23. Juni 2007 Bezug genommen.
6Im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 24. September 2009 erfasste der Beklagte Einnahmen der Klägerin aus Guthaben und Einlagen erklärungsgemäß in Höhe von 107.177 € im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen.
7Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid rechtzeitig Einspruch ein. Der Beklagte erließ während des Einspruchsverfahrens Änderungsbescheide, zuletzt am 28. Januar 2010, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. In diesem Änderungsbescheid erfasste der Beklagte aus dem vorgenannten Vorgang Einnahmen in Höhe von 85.298,40 €. Dabei teilte er die Entschädigungen im Verhältnis der jeweiligen Ansprüche auf die Darlehens- und die Zinsforderungen auf:
8|
Darlehensforderungen |
140.605,27 € (56,92 %) |
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Zinsforderungen |
106.442,48 € (43,08 %) |
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247.047,75 € (100 %) |
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Entschädigungen insgesamt 198.000 € x 43,08 % |
= 85.298,40 € |
Den Einspruch wies der Beklagte nach Erlass des Änderungsbescheides vom 28. Januar 2010 mit Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2010 als unbegründet zurück.
10Mit der Klage tragen die Kläger vor:
11Die Schwester habe die Forderungen nicht realisieren können. Die Forderungen seien insgesamt in unveränderter Höhe bestehen geblieben. Die Abtretung der Zinsforderung führe nicht zu einer Steuerpflicht.
12Selbst wenn man von einer Steuerpflicht ausgehe, sei der auf die Zinsforderung entfallende Kaufpreisanteil mit 57.394,73 € zu berechnen. Die Klägerin und ihre Schwester hätten vereinbart, dass die Kaufpreiszahlung vorrangig auf die Hauptforderung und
13– soweit sie die Hauptforderung überstieg – auf die Zinsforderung entfallen sollte.
14Die Kläger beantragen,
15den Einkommensteuerbescheid für 2007 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 28. Januar 2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen der Klägerin um 85.298,40 € gemindert werden.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen,
18hilfsweise, die Revision zuzulassen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
21Der angefochtene Einkommensteuerbescheid in Gestalt des Änderungsbescheids vom 28. Januar 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.
22Der Beklagte hat zu Recht die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen um zumindest 85.298,40 € erhöht. Ob nicht sogar ein höherer Betrag als Zinseinnahmen zu erfassen gewesen wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da er den Einkommensteuerbescheid nicht „verbösern“ darf.
23Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr 2007 geltenden Fassung – EStG – gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden. Von dieser Vorschrift werden zwar Veräußerungsgewinne nicht erfasst, wohl aber darin verborgene Nutzungserträge (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 26. Aufl. 2007, § 20 Rz. 170).
24Die Klägerin hatte den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt, da sie ihrem Vater Kapital zur Nutzung überlassen hatte (vgl. Bundesfinanzhof, Urteile vom 13.12.2006 VIII R 79/03, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2007, 562, Rz. 23 und vom 23. Januar 1985 I R 64/81, BStBl II 1985, 330). Es ist nicht so, dass aufgrund der Abtretung der Forderung die Schwester den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklichen würde. Für den Zeitraum bis zur Abtretung hatte die Klägerin, und nicht ihre Schwester, dem Vater Kapital zur Nutzung überlassen.
25Die Einnahmen aus Kapitalvermögen sind der Klägerin mit der Bezahlung durch die Schwester auch im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen.
26Gegen die Aufteilung des Entgelts entsprechend dem Verhältnis der Darlehensforderung zu der Zinsforderung bestehen letztendlich keine Bedenken. Man hätte sogar unter Hinweis auf die Tilgungsreihenfolge des § 367 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -davon ausgehen können, dass die Entschädigungszahlung zunächst in voller Höhe auf die Zinsen entfällt.
27Die Auffassung der Klägerin, dass die Entschädigungszahlung zunächst in voller Höhe auf die Hauptforderung und nur zusätzlich und ergänzend auf die Zinsforderung entfällt, folgt der Senat nicht. Sie widerspricht zum einen § 367 Abs. 1 BGB, der als Auslegungshilfe auch bei der Abtretung einer Forderung herangezogen werden kann. Zum anderen ergeben sich aus den schriftlichen Abtretungserklärungen nebst zusätzlichen Vereinbarungen keinerlei Hinweise auf die von der Klägerin behauptete Tilgungsreihenfolge.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
29Der Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob in Abtretungsfällen bis zum Zeitpunkt der Abtretung der bisherige Kapitalgeber oder der Abtretungsempfänger den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt.
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