Urteil vom Finanzgericht Köln - 11 K 1444/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Abrechnungsbescheiden für die Jahre 1998, 1999 und 2000.
3Der Beklagte erließ gegenüber der Klägerin mit Datum vom 15.4.1993 einen Vorauszahlungsbescheid hinsichtlich der Einkommensteuer und setzte die quartalsweise zu leistenden Vorauszahlungen ab dem 10.3.1994 auf jeweils 2.009 DM fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Datum vom 17.5.1993 Einspruch ein und beantragte die Herabsetzung der Vorauszahlungen. Darüber hinaus begehrte sie die Aussetzung der Vollziehung, die Stundung und hilfsweise Vollstreckungsschutz nach § 258 AO. Der Beklagte setzte daraufhin die quartalsweisen Vorauszahlungen hinsichtlich der Einkommensteuer mit geändertem Vorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 ab dem 10.3.1994 auf 950 DM fest. Weitere Bescheide hinsichtlich der Vorauszahlungen für die Jahre 1998 bis 2000 ergingen in der Folgezeit nicht. Die festgesetzten Vorauszahlungen wurden von der Klägerin nicht geleistet. Eine Aussetzung der Vollziehung, Stundung oder Vollstreckungsschutz wurde nicht gewährt.
4Da die Klägerin für die Jahre 1998, 1999 und 2000 keine Einkommenssteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer jeweils mit Steuerbescheiden vom 19.12.2002 auf 411,59 Euro für 1998, auf 768,98 Euro für 1999 und auf 740,35 Euro für 2000 fest. In den Abrechnungsteilen der jeweiligen Steuerbescheide wies er entstandene Säumniszuschläge von 961,87 Euro für 1998, 741 Euro für 1999 und 520,12 Euro für 2000 aus, die er jeweils gemeinsam mit der für die einzelnen Jahre festgesetzten Einkommensteuer zur sofortigen Zahlung fällig stellte. Die zur sofortigen Zahlung fällig gestellte Einkommensteuer berücksichtigte auch die mit Vorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 für die Jahre 1998, 1999 und 2000 festgesetzten, jedoch zu keinem Zeitpunkt gezahlten Einkommensteuervorauszahlungen von 950 DM pro Quartal.
5Auf einen von der Klägerin gegen die Schätzungsbescheide vom 19.12.2002 erhobenen Einspruch änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1998 bis 2000 mit Bescheiden vom 22.4.2003 und setzte die Einkommensteuer jeweils auf 0 Euro fest. In den Abrechnungsteilen der Steuerscheide wies er die entstandenen Säumniszuschläge mit 979,87 Euro für 1998, 769,50 Euro für 1999 und 560,62 Euro für 2000 aus und stellte nach einem teilweisen Ausgleich durch Verrechnung für 1998 einen Betrag von 508,23 Euro, für 1999 einen Betrag von 242,70 Euro und für 2000 einen Betrag von 560,62 Euro zur sofortigen Zahlung fällig.
6Mit Schreiben vom 26.5.2003 beantragte die Klägerin hinsichtlich der in den Einkommensteuerbescheiden für 1998 bis 2000 vom 22.4.2003 ausgewiesenen Säumniszuschläge jeweils die Erteilung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 218 AO. Diesem Begehren kann der Beklagte nach und erließ jeweils mit Datum vom 10.7.2003 einen Abrechnungsbescheid hinsichtlich der zur jeweiligen Einkommensteuer entstandenen Säumniszuschläge.
7Hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1998 ging der Beklagte dabei von folgenden Werten aus: Er legte für die einzelnen quartalsweisen Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1998 die im Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 festgesetzten Vorauszahlungen von jeweils 950 DM (485,73 Euro) zu Grunde. Auf diese Forderungen rechnete er mit Datum und Wertstellung vom 19.12.2002 für das erste bis dritte Quartal jeweils eine Zubuchung in Höhe von 485,73 Euro und für das vierte Quartal eine Zubuchung in Höhe von 14,09 Euro aus einem Steuerbescheid vom 19.12.2002 sowie eine Zubuchung von 471,64 Euro von Einkommensteuer 1997 an. Die Säumniszuschläge für das erste Quartal 1998 ermittelte er für die Zeit vom 11.3.1998 bis zum 10.1.2002 mit 46% von 900 DM = 211,67 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Auf die Gesamtsumme rechnete er eine Zubuchung aus dem Einkommensteuerbescheid 1998 vom 22.4.2003 mit Wertstellung vom 22.4.2003 von 265,67 Euro an. Die Säumniszuschläge für das zweite Quartal 1998 ermittelte er für die Zeit vom 11.6.1998 bis zum 10.1.2002 mit 43% von 900 DM = 197,87 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Auf die Gesamtsumme rechnete er eine Zubuchung aus dem Einkommensteuerbescheid 1998 vom 22.4.2003 mit Wertstellung 22.4.2003 von 145,92 Euro, eine Zubuchung von ev. Kirchensteuer für 1998 aus dem Bescheid vom 22.4.2003 von 37,04 Euro mit Wertstellung vom 22.4.2003, eine Zubuchung aus dem Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1998 mit Wertstellung vom 22.4.2003 von 23,01 Euro und eine Zubuchung von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1998 von 45,90 Euro an. Die Säumniszuschläge für das dritte Quartal 1998 ermittelte er für die Zeit vom 11.9.1998 bis zum 10.1.2002 mit 40% von 900 DM = 184,07 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Auf die Gesamtsumme rechnete er eine Zubuchung aus Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1989 von 188,25 Euro an. Die Säumniszuschläge für das vierte Quartal 1998 ermittelte er für die Zeit vom 11.1.1999 bis zum 10.1.2002 mit 37% von 900 DM = 170,26 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro.
8Hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 ging der Beklagte von folgenden Werten aus: Er legte für die einzelnen quartalsweisen Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1999 die im Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 festgesetzten Vorauszahlungen von jeweils 950 DM (485,73 Euro) zu Grunde. Auf diese Forderungen rechnete er mit Datum und Wertstellung vom 19.12.2002 für das erste und zweite Quartal jeweils eine Zubuchung in Höhe von 485,73 Euro aus einem Steuerbescheid vom 19.12.2002, für das dritte Quartal eine Zubuchung von 87,24 Euro und 398,48 Euro sowie 0,01 Euro und für das vierte Quartal eine Zubuchung in Höhe von 128,32 Euro und mit Wertstellung vom 22.4.2003 eine Zubuchung von 357,41 Euro an. Die Säumniszuschläge für das erste Quartal 1999 ermittelte er für die Zeit vom 11.3.1999 bis zum 10.1.2002 mit 34% von900 DM = 156,46 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Auf die Gesamtsumme rechnete er eine Zubuchung aus dem Einkommensteuerbescheid 1998 vom 22.4.2003 mit Wertstellung vom 22.4.2003 von 210,46 Euro an. Die Säumniszuschläge für das zweite Quartal 1999 ermittelte er für die Zeit vom 11.6.1999 bis zum 10.1.2002 mit 31% von 900 DM = 142,65 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Auf die Gesamtsumme rechnete er eine Zubuchung aus einem Einkommensteuerbescheid vom 22.4.2003 mit Wertstellung vom 22.4.2003 von 196,65 Euro an. Die Säumniszuschläge für das dritte Quartal 1999 ermittelte er für die Zeit vom 11.9.1999 bis zum 10.1.2002 mit 28% von 900 DM = 128,85 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Auf die Gesamtsumme rechnete er eine Zubuchung aus einem Bescheid vom 22.4.2003 von 4,46 Euro und 69,21 Euro sowie 46,02 Euro an. Die Säumniszuschläge für das vierte Quartal 1999 ermittelte er für die Zeit vom 11.12.1999 bis zum 10.1.2002 mit 25% von 900 DM = 115,04 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro.
9Hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 2000 ging der Beklagte von folgenden Werten aus: Er legte für die einzelnen quartalsweisen Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2000 die im Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 festgesetzten Vorauszahlungen von jeweils 950 DM (485,73 Euro) zu Grunde. Auf diese Forderungen rechnete er mit Datum und Wertstellung vom 19.12.2002 für das erste und zweite Quartal jeweils eine Zubuchung in Höhe von 485,73 Euro aus einem Steuerbescheid vom 19.12.2002, für das dritte Quartal eine Zubuchung von 164,47 Euro und von 0,01 Euro sowie mit Wertstellung 22.4.2003 eine Zubuchung von 321,25 Euro aus einem Bescheid vom 22.4.2003 und für das vierte Quartal eine Zubuchung in Höhe von 128,32 Euro sowie von 66,63 Euro mit Wertstellung vom 22.4.2003 an. Die Säumniszuschläge für das erste Quartal 2000 ermittelte er für die Zeit vom 11.3.2000 bis zum 10.1.2002 mit 22% von 900 DM = 101,24 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Die Säumniszuschläge für das zweite Quartal 2000 ermittelte er für die Zeit vom 11.6.2000 bis zum 10.1.2002 mit 19% von 900 DM = 87,43 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Die Säumniszuschläge für das dritte Quartal 2000 ermittelte er für die Zeit vom 11.9.2000 bis zum 10.1.2002 mit 16% von 900 DM = 73,63 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro. Die Säumniszuschläge für das vierte Quartal 2000 ermittelte er für die Zeit vom 11.12.2000 bis zum 10.1.2002 mit 13% von 900 DM = 59,82 Euro und für die Zeit vom 11.1.2002 bis zum 10.1.2003 mit 12% von 450 Euro = 54 Euro.
10Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Kopien der Abrechnungsbescheide vom 10.7.2003 (Bl. 59 ff. d.A.) Bezug genommen.
11Die Klägerin legte gegen die Abrechnungsbescheide für die Jahre 1998, 1999 und 2000 mit Schreiben vom 1.8.2003 Einsprüche ein, die sie trotz mehrfacher Aufforderung nicht begründete. Der Beklagte wies die Einsprüche daraufhin mit Einspruchsentscheidung vom 13.2.2004 als unbegründet zurück.
12Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass die Abrechnungsbescheide „unbegründet“ und daher aufzuheben seien. Keiner der in den Abrechnungsbescheiden ausgewiesenen Säumniszuschläge sei nachvollziehbar. Das vom Beklagten zugrunde gelegte „Zahlenwerk“ sei „zweifelhaft“. So seien in den Abrechnungsbescheiden jeweils quartalweise Vorauszahlungen von 485,73 Euro angesetzt und offensichtlich auch durch Zubuchungen beglichen worden. In den Einkommensteuerbescheiden für 1998, 1999 und 2000 seien jedoch keine Vorauszahlungen angerechnet worden. Im Übrigen sei ein Vorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 unbekannt. Dementsprechend seien „für diese Zeiträume“ auch keine Vorauszahlungen geleistet worden. Woher die vom Beklagten angesetzten Zubuchungen stammten, sei nicht erkennbar. Daher seien die Abrechnungsbescheide nicht nachvollziehbar und insgesamt rechtswidrig.
13Die Klägerin beantragt sinngemäß,
14die hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer für die Jahre 1998, 1999 und 2000 erlassenen Abrechnungsbescheide vom 10.7.2002 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung führte er aus, dass die Abrechnungsbescheide rechtmäßig seien. Die in den Abrechnungsbescheiden verwendeten Begriffe „Zubuchungen“ oder „Abbuchungen“ seien nicht generell als tatsächlich erfolgte Zahlungen der Klägerin oder Rückerstattungen an die Klägerin anzusehen. Es könne sich insoweit auch um Unterschiedsbeträge aus der Steuerfestsetzung handeln, die erforderlich seien, um das neue „Zahlungs-Soll“ zu ermitteln und dem vorhanden „Zahlungs-Ist“ gegenüberzustellen. Die festgesetzten Vorauszahlungen von 485,73 Euro pro Quartal seien in den Jahren 1998 1999 und 2000 nicht gezahlt worden. Minderungen in den Steuerfestsetzungen hätten sich aufgrund der Erstveranlagungen sowie der Änderungsveranlagungen für die Jahre 1998, 1999 und 2000 ergeben. Für das Jahr 1998 sei ein Betrag von 471,64 Euro aus einem Guthaben von Einkommensteuer 1997, von 45,90 Euro aus einem Guthaben von Einkommensteuer 1989 und von 188,25 Euro aus einem Guthaben von Einkommensteuer 1989 durch Umbuchung gezahlt worden. Für das Jahr 1999 sei ein Betrag von 398,48 Euro aus einem Guthaben von Einkommensteuer 1997 und ein weiterer Betrag von 128,32 Euro aus einem Guthaben von Einkommensteuer 1997 durch Umbuchung gezahlt worden. Für nähere Erläuterungen und Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Beklagten in der Anlage 1 zu seinem Schriftsatz vom 6.1.2014 (Bl. 59 ff. d.A.). Bezug genommen.
18Der Klägerin wurde auf ihren Antrag hin die Möglichkeit zur Akteneinsicht gegeben. Hiervon hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.
19Entscheidungsgründe
201.
21Der Senat entscheidet in der Sache. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin wurde mit der ihr am 29.1.2014 zugestellten Verfügung vom 9.1.2014 ordnungsgemäß geladen. In der Ladung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 91 Abs. 2 FGO. Die Klägerin führt das vorliegende Verfahren selbst. Ein Prozessbevollmächtigter wurde von ihr nicht bestellt. Die nicht an eine Form gebundene Bestellung eines Prozessbevollmächtigten setzt voraus, dass dem Gericht von einem bestehenden Vertretungsverhältnis Kenntnis gegeben wird. Es genügt, dass jemand durch ausdrückliche oder schlüssige Handlung dem Gericht gegenüber als Bevollmächtigter gekennzeichnet worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 20.1.2003 VI B 138/02, BFH/NV 2003, 788). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hat die von ihr eingereichten Schriftsätze stets selbst unterzeichnet. In keinem der Schriftsätze wurde auf die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten hingewiesen, noch lässt sich den im Verfahren eingereichten Schriftsätzen eine solche Bestellung konkludent entnehmen. Alleine aus der Verwendung des Briefkopfs einer „LLP“, die sich im Übrigen ausweislich des Zusatzes auf der Fußzeile der jeweiligen Schriftsätze sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland zur Zeit der Abfassung der Schriftsätze noch „in Anmeldung“ befand, lässt sich für das Gericht im Hinblick auf das die Klägerin selbst betreffende und von ihr selbst geführte Verfahren nicht entnehmen, dass für sie nunmehr ein Prozessbevollmächtigter auftreten solle.
222.
23Die Klage ist unbegründet.
24Die von der Klägerin angegriffenen Abrechnungsbescheide sind rechtmäßig. Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der vom Beklagten in den Abrechnungsbescheiden vom 10.7.2003 ausgewiesenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer für die Jahre 1998, 1999 2000 liegen nicht vor.
25a)
26Der Senat versteht das Begehren der Klägerin mit Blick auf die Gewährung größtmöglichen Rechtsschutzes entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Klageantrags dahingehend, dass nicht lediglich die Aufhebung der jeweiligen Abrechnungsbescheide, sondern vielmehr die Herabsetzung der Säumniszuschläge für die Jahre 1998, 1999 und 2000 auf 0 Euro geltend gemacht wird.
27b)
28Die Finanzbehörden entscheiden nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO durch einen Abrechnungsbescheid über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen. Der Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 Satz 1 AO enthält dabei nur die Feststellung, ob und inwieweit der festgesetzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bereits verwirklicht oder noch zu verwirklichen ist; d.h. er entscheidet darüber, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung, Erlass, Eintritt der Zahlungsverjährung oder ob eine Schuld bereits vor der Begründung der Zahlungspflicht oder infolge von Vollstreckungsmaßnahmen erloschen ist. Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Säumniszuschlägen lässt es die Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes ausnahmsweise zu, dass die Finanzbehörde in dem Abrechnungsbescheid nicht nur über den Fortbestand der Zahlungsverpflichtung, sondern auch darüber entscheidet, ob Säumniszuschläge überhaupt und gegebenenfalls in welcher Höhe sie entstanden sind (vgl. nur BFH-Urteile vom 18.4.2006 VII R 77/04, BStBl. II 2006, 578 und vom 12.8.1999 VII R 92/98, BStBl. II 1999, 751, jeweils m.w.N.).
29Diese Ausnahme für die Säumniszuschläge gilt deshalb, weil nach § 218 Abs. 1 Satz 1 AO zur Verwirklichung des Anspruchs auf einen Säumniszuschlag eine Festsetzung nicht notwendig ist, sondern hierfür alleine die Tatbestandsverwirklichung des § 240 AO genügt. Das besondere Regelungsbedürfnis betrifft damit insbesondere die Fragen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Säumniszuschlägen nach § 240 AO erfüllt sind oder ob außerhalb der Verwirklichung des Tatbestandes des § 240 AO trotz Bestehens einer Säumnis Umstände vorliegen, die das Entstehen von Säumniszuschlägen hindern, z.B. weil für bestimmte Zeiträume, für die sie erhoben werden könnten, Stundung oder Aussetzung der Vollziehung gewährt worden ist oder soweit sich die Parteien über die Wirkung einer Aussetzung der Vollziehung oder eines Vollstreckungsaufschubes im Hinblick auf die Verwirkung von Säumniszuschlägen streiten. Dabei kommt es alleine auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt an, d.h., ob tatsächlich eine Aussetzung der Vollziehung oder eine Stundung gewährt wurde. Nicht entscheidend ist hingegen, ob eine nicht gewährte Aussetzung der Vollziehung oder Stundung hätte gewährt werden müssen (vgl. BFH-Urteile vom 18.4.2006 VII R 77/04, BStBl. II 2006, 578 und vom 12.8.1999 VII R 92/98, BStBl. II 1999, 751, jeweils m.w.N.).
30c)
31Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, denen sich der Senat anschließt, kommt eine Herabsetzung der in den Abrechnungsbescheiden für 1998, 1999 und 2000 jeweils ausgewiesenen Säumniszuschläge nicht in Betracht.
32Denn die Säumniszuschläge hinsichtlich der Einkommensteuer sind für diese Jahre mindestens in der in dem jeweiligen Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Höhe entstanden. Dabei ist mit der Klägerin davon auszugehen, dass der zugunsten der Klägerin geänderte Vorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993, der auf ihren gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 15.4.1993 gerichteten Einspruch erging, keine Wirkung entfaltet. Denn die Klägerin behauptet, dass sie den geänderten Vorauszahlungsbescheid vom 21.5.1993 nicht erhalten habe. Der Nachweis hinsichtlich des Zugangs dieses Bescheides bei der Klägerin konnte vom Beklagten nicht geführt werden; auch aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin den geänderten Bescheid vom 21.5.1993 tatsächlich erhalten hat. Mangels eines nachgewiesenen Zugangs und einer damit einhergehenden Bekanntgabe wurde der geänderte Vorauszahlungsbescheid nicht wirksam.
33Damit bleibt jedoch der ursprüngliche und der Klägerin unstreitig bekannt gegebene Vorauszahlungsbescheid vom 15.4.1993 mit den dort festgesetzten höheren Vorauszahlungen von 2.009 DM pro Quartal weiterhin wirksam. Da die dort festgesetzten Vorauszahlungen für die Jahre 1998, 1999 und 2000 von der Klägerin unbestritten nicht gezahlt worden waren, ergeben sich höhere Säumniszuschläge als die in den Abrechnungsbescheiden jeweils ausgewiesenen Beträge. Denn die Bemessung der Säumniszuschläge knüpft an die Höhe der rückständigen Steuer an. Da vor diesem Hintergrund für die Jahre 1998, 1999 und 2000 jeweils Säumniszuschläge in einer Höhe entstanden sind, die die in den jeweiligen Abrechnungsbescheiden bisher berücksichtigten Beträge deutlich übersteigen, kann die Klage keinen Erfolg haben. Auch im Übrigen hat der Senat mit Blick auf die nachvollziehbaren Erläuterungen des Beklagten im Schriftsatz vom 6.1.2014 sowie in den diesem Schriftsatz beigefügten Anlagen keine Zweifel an der Richtigkeit der in den Abrechnungsbescheiden angesetzten Werte.
34Schließlich ist ohne Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Klägerin hinsichtlich der den Säumniszuschlagen zugrunde liegenden Einkommensteuer Aussetzung der Vollziehung, Stundung oder Vollstreckungsaufschub hätte gewährt werden müssen. Denn hierauf kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 18.4.2006 VII R 77/04, BStBl. II 2006, 578 m.w.N.).
353.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Referenzen
- § 218 AO 1x (nicht zugeordnet)
- § 240 AO 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 91 1x
- § 218 Abs. 2 Satz 1 AO 2x (nicht zugeordnet)
- FGO § 135 1x
- 2003 VI B 138/02 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 VII R 77/04 1x (nicht zugeordnet)
- 1999 VII R 92/98 2x (nicht zugeordnet)
- 2006 VII R 77/04 2x (nicht zugeordnet)