Urteil vom Finanzgericht Köln - 15 K 2410/15
Tenor
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Im Jahr 1979 gründete der Kläger das Einzelunternehmen A Garten- und Landschaftsbau. Das Unternehmen wurde auf dem Grundstück G-Straße ... betrieben, das im Eigentum des Herrn A1 (Vater des Klägers) stand. Der Kläger nutzte insbesondere Büroräume und Parkflächen. Zu diesem Zeitpunkt bestand bereits das Einzelunternehmen des Vaters, ein Gärtnereibetrieb. Der Gärtnereibetrieb wurde ebenfalls auf dem Grundstück G-Straße ... und angrenzenden, zugepachteten Flächen betrieben.
3Durch Pachtvertrag wurde der Betrieb des Vaters im Jahr 1981 im Ganzen an Herrn A2, den Bruder des Klägers, bis zum 1. April 1990 verpachtet.
4Am 7. Juli 1987 wurde zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers einerseits und der A Garten und Landschaftsbau GmbH, deren Alleingesellschafter der Kläger war (im folgenden GmbH), ein „Pacht- und Übernahmevertrag“ geschlossen. Mit Wirkung vom 16. Juli 1987 sollte danach „die Einzelfirma“ ihre werbende Tätigkeit einstellen und Teile ihres Anlagevermögens, welches sich aus Anlage 1 des Vertrages ergeben sollte, an die GmbH verpachten. Die Einzelfirma gestattete der GmbH für die Dauer des Pachtvertrages die „Firmenfortführung“.
5§ 1 des Vertrages hat folgenden Inhalt:
6„(1) Der Verpächter verpachtet sein bislang als Einzelfirma unter der Firma A Garten- und Landschaftsbau in M betriebenes Landschafts- und Gartenbaugeschäft.
7Zum Pachtobjekt gehören
8(a) die Nutzung der Büro und Geschäftsräume, G-Straße ..., ... M, die Nutzung der dort vorgesehenen Kundenparkplätze, sowie die Nutzung sämtlicher Park- und Abstellflächen für die Maschinen, Transportmittel und Fahrzeuge des Pächters;
9(b) sämtliche innen und an den Gebäuden eingebauten und angebrachten technischen Anlagen, Gebäudeeinrichtungen und Zubehörteile, die dem Geschäftsbetrieb zu dienen bestimmt oder für den Aufenthalt usw. von Personen, sowie für die Unfallverhütung und Brandbekämpfung erforderlich sind (sanitäre Installationen, Beleuchtungsanlage, Feuerlöschgeräte, Rufanlage, Telefonanlage u.a.);
10(c) die in der Anlage 1 aufgeführten abnutzbaren Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens;
11(d) der vorhandene Kundenstamm;
12...
13(g) der Firmenname.
14…
15(2) Gegenstand des Übernahmevertrag ist der käufliche Erwerb zum Schätzpreis der in der Anlage 2 genannten Gegenstände des Anlagevermögens,
16der Warenvorräte,
17der Forderungen,
18sowie sonstiger Vermögensgegenstände…“
19§ 2 des Vertrags enthält folgende Regelung:
20„(1) Der Pächter übernimmt den Betrieb des Verpächters pachtweise ab 16. Juli 1987. (2) Der Pachtvertrag wird auf die Dauer von zehn Jahren seit dem Übergabestichtag fest abgeschlossen.
21(3) Erstmalig nach Ablauf dieser Zeit ist er unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Ende des Kalenderjahres kündbar. Erfolgt zu diesem Zeitpunkt keine Kündigung, so verlängert sich das Pachtverhältnis unter den gleichen Kündigungsbestimmungen jeweils um weitere fünf Jahre…
22(6) Bei Beendigung der Pacht hat der Pächter das Pachtobjekt auf Verlangen des Verpächters an diesen zurückzugeben. In die auf den Pächter übergegangenen Vertragsverhältnisse tritt der Verpächter...nur wieder ein soweit das dann ausdrücklich vereinbart wird. Wird diese Verlangen nach Rückgabe nicht gestellt besteht die Rückgabepflicht nur hinsichtlich eventuellen Grundbesitzes während das gesamt bewegliche materielle und immaterielle Anlagevermögen mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrags auf den Pächter übergeht..“
23§ 4 des Vertrags hat folgenden Inhalt:
24„(1)...
25Das Nutzungsentgelt (Pachtzins wird zwischen den Vertragsparteien auf insgesamt DM 3.000 (Dreitausend) pro Monat festgelegt...
26(2)
27(a) Der Pächter ist zur Instandhaltung der Gegenstände des Pachtobjektes auf eigene Kosten verpflichtet.
28(b) Der Pächter darf nur mit Zustimmung des Verpächters Gegenstände des Anlagevermögens entfernen. Erneuerte Gegenstände des Anlagevermögens gehen vorerst nicht in das Eigentum des Verpächters über soweit die Anschaffung durch den Pächter getätigt worden ist.
29Werden von dem Pächter darüber hinaus Gegenstände des Anlagevermögens angeschafft die der Erweiterung der Einrichtung dienen verbleiben auch diese Gegenstände vorerst im Eigentum des Pächters ...
30...
31Hat der Pächter Gegenstände des Pachtobjekte erneuert oder neu angeschafft, so kann der Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses verlangen, dass diese ihm zu Buchwerten übertragen werden und im Pachtobjekt verblieben. Dies gilt nicht wenn der Pächter ein berechtigtes Interessen an der Mitnahme der Gegenstände hat ...“
32Anlage 1 zum Pacht- und Übernahmevertrag enthält folgende Formulierung
33„Liste der zum Pachtobjekt gehörenden abnutzbaren Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens:
341. Maschinen
35Sähmaschine
36Baumaschine
37Stromerzeuger
38Plattenschneider
39Dampfstrahler
40...
41Rechen
42...
43Säge
44..
45Rüttelplatte
46...
47Rüttelplatte
482. Transportmittel
49Bauwagen
50Schaufellader
51Anhänger
52VW-Bus
533. Büroeinrichtung
54Schreibmaschine
55EDV-Anlage BSC2020
56Telefonanlage
57Schreibmaschine
58Büromöbel.“
59Anlage 2 enthält folgende Formulierung
60„ Rechnung
61für Lieferung
62Sähmaschine
63Vibrationsplatte
64Steintrennmaschine
65Rüttelplatte
66Kehrmaschine
67...
68Baustellengreifer
69LKW MAN
70Lkw
71Tieflader
72VW-Bus
73...
74Anhänger
75VW-Bus
76…
77Büromöbel
78Büromöbel
79Tisch
80…“ Die Rechnung weist einen Gesamtbetrag von 100.570,80 DM (netto 88.220 DM zzgl. 14 % Umsatzsteuer 12.350,80 DM) aus.
81Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 7. Juli 1987 nebst Anlagen Bezug genommen.
82Im Jahr 1989 erwarb der Kläger das Grundstück „R-Straße ...“. Das Grundstück grenzt unmitelbar an das Grundstück „G-Straße ...“. Der Kläger bebaute das Grundstück „R-Straße“ mit einem selbstgenutzten Einfamilienhaus und erklärte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen hinsichtlich der sonstigen Flächen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
83Mit Vertrag vom 20. Juni 1989 wurde der Pachtvertrag über den Gärtnereibetrieb des Vaters verlängert. Herr A2 (der Bruder des Kläges) war danach berechtigt, den Betrieb bis zum 1. April 2000 zu nutzen
84Unter dem 7. Juli 1989 wurde folgender Mietvertrag zwischen der GmbH (Mieter) und dem Kläger (Vermieter) geschlossen:
85„...Der Vermieter vermietet an den Mieter ca. 3.000 m² des unbebauten Grundstücks R (=R-Straße ...)...“ Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 7. Juli 1989 Bezug genommen.
86Ebenfalls unter dem 7. Juli 1989 wurde zwischen der Gärtnerei A, Inhaber A2, G‑Straße ... und der GmbH ein Vertrag zwecks gegenseitiger Überlassung von Grundstücksflächen zur jeweils eigenen Nutzung geschlossen:
87„...Beide Vertragspartner verfügen im Rahmen der von ihnen geführten Betriebe über Grundbesitz. Im Hinblick auf eine räumlich von beiden Vertragsparteien als günstig angesehene Flächennutzung wird vereinbart, dass beide Vertragsparteien tauschweise eine Grundstücksfläche entsprechend der beiliegenden Skizze von ca. 3000 m² den jeweils anderen Vertragspartner zur Nutzung überlassen...“ Durch diesen Vertrag überließ die GmbH die am selben Tag vom Kläger angemietete Fläche an den Bruder des Klägers.
88Am .... März 1993 wurde das Einzelunternehmen des Klägers im Handelsregister gelöscht.
89Am .... Mai 1994 verstarb der Vater des Klägers, Herr A1.
90Unter dem .... Juli 1994 erließ die Stadt M eine Ordnungsverfügung gegen den Kläger (Adresse G-Straße ...). Dem Kläger wurde aufgegeben, innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung die Einstellung der Nutzung des ... und des Landschafts- und Gartenbaubetriebes auf dem Grundstück G-Straße zu veranlassen. Mit Ordnungsverfügung vom .... August 1994 gab die Stadt M dem Kläger (Adresse: G-Straße ...) auf, innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung die Entfernung diverser Bauten auf dem Grundstück G-Straße ... zu veranlassen
91Am 27. Januar 1995 erklärten die Mutter des Klägers, Frau A3, und der Bruder des Klägers vor dem Notar H, es habe Einvernehmen bestanden, dass der Betrieb und Grundbesitz ungeteilt erhalten bleiben sollte und Herr A2 alleiniger Hoferbe sein sollte. Herr A2 habe den Betrieb des Vaters, in welchem er zunächst mitgearbeitet habe, im Ganzen vom 1. April 1981 bis zum 1. April 1990 von seinem Vater gepachtet. Anschließend sei der Pachtvertrag durch Vertrag vom 20. Juni 1989 zwischen den Eltern und Herrn A2 bis zum 1. April 2015 verlängert worden. Herr A2 sei somit alleiniger Hoferbe.
92Im Jahr 1998 verstarb die Mutter des Klägers.
93Am 2. September 1998 erfolgte ein Nachtrag zum Unternehmenspachtvertrag zwischen Kläger und GmbH. Danach wurde der Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
94Am 27. Dezember 1999 schlossen der Kläger und sein Bruder A2 einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag. Danach verpflichtete sich der Kläger die sich auf den Flurstücken 1 und 2 aufstehenden und von ihm derzeit genutzten Gebäudeteile bis spätestens zum Ablauf von 6 Monaten nach Rechtswirksamkeit des Vertrages, frühestens jedoch zum Ablauf des 30.6.2000 an Herrn A2 herauszugeben. Der Kläger verpflichtete sich ferner, die ihm von Herrn A2 aufgrund des Vertrags vom 7.7.1989 zur Nutzung überlassenen Grundstücksflächen herauszugeben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 27. Dezember 1999 Bezug genommen.
95Am 1. April 2000 gab die GmbH ihren Sitz auf dem Grundstück G-Straße ... auf und verlegte ihren Sitz in den N-Straße ....
96Gleichwohl zahlte die GmbH weiterhin monatlich 3.000 DM zzgl. Umsatzsteuer an den Kläger.
97Am 27. Oktober 2001 erfolgte ein „Nachtrag“ zum Pachtvertrag zwischen „A Garten- und Landschaftsbau ruhender Gewerbebetrieb“ und der A Garten- und Landschaftsbau GmbH rückwirkend zum 1.4.2000. Die Büro und Abstellflächen sollten nicht mehr Gegenstand des Pachtvertrags sein. Gleichwohl sollte das Entgelt weiterhin DM 3.000,- zzgl. Umsatzsteuer betragen.
98Im Rahmen der Einkommensteuererklärungen nahmen die Kläger durchgehend eine Betriebsaufspaltung an und erklärten die Pachteinnahmen als solche aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG.
99Der Beklagte folgte den Erklärungen insoweit und veranlagte insoweit erklärungsgemäß. Für das Streitjahr erfolgte die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO)).
100Im Jahr 2004 erfolgte eine steuerliche Außenprüfung. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, zum 1. April 2000 sei mit Wegzug der GmbH vom Grundstück G-Straße ... eine bestehende Betriebsaufspaltung beendet worden. Dies habe zur Folge, dass die im notwendigen Betriebsvermögen gehaltenen Anteile des Klägers an der GmbH in das Privatvermögen zu überführen seien. Es habe eine Aufdeckung der stillen Reserven zu erfolgen. Der Wert der Anteile betrage gerundet 2.507.000 DM; der Aufgabegewinn mithin 2.107.000 DM.
101Die Zahlungen der GmbH, die nach Wegzug erfolgt seien, stellten verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Denn den Zahlungen habe keine Leistung des Klägers mehr gegenüber gestanden. Die als Pachtzahlungen bezeichneten Zahlungen seien als Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG zu erfassen. Für das Jahr 2000 seien Einnahmen i.H.v. 9.000 DM zu erfassen.
102Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 28. November 2006 Bezug genommen.
103In seiner Stellungnahme zu dem genannten Bericht erklärte der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 20. Dezember 2006 eine Betriebsaufspaltung „war und ist gegeben“.
104Mit Änderungsbescheid (§ 164 Abs. 2 AO) vom 24. April 2007 setzte der Beklagte die Auffassung des Prüfers um. Er erfasste Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb i.H.v. insgesamt 2.115.370 DM und unterwarf hiervon 2.107.000 DM der Besteuerung nach § 34 EStG. Ferner erfasste er Einkünfte aus § 20 EStG i.H.v. 2.961 DM.
105Die fristgerecht eingelegten Einsprüche begründeten die Kläger wie folgt: Es habe keine Überlassung von Grundbesitz als wesentliche Betriebsgrundlage gegeben. Es könne deswegen auch die Beendigung der Überlassung nicht zur Beendigung einer Betriebsaufspaltung führen. Es sei von Anfang an keine Betriebsaufspaltung gegeben gewesen, weil wesentliche Betriebsgrundlagen an die GmbH verkauft worden seien. Es werde hilfsweise die Höhe des Gewinnes nach § 16 EStG bestritten. Der Wert der Anteile sei geringer als vom Beklagten angenommen, denn die spätere Insolvenz der GmbH habe sich bereits im Jahr 2003 abgezeichnet.
106Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29. September 2010 als unbegründet zurück. Er führte aus, eine Betriebsaufspaltung sei im Jahr 1987 begründet worden. Wesentliche Betriebsgrundlage sei das Grundstück G-Straße gewesen. Bis 1989 sei das Grundstück G-Straße wesentliche Betriebsgrundlage deswegen gewesen, weil es entsprechend von der GmbH genutzt worden sei. Danach sei das Grundstück R-Straße deswegen wesentliche Betriebsgrundlage gewesen, weil es für die GmbH zwingendes Tauschobjekt geworden sei.
107Die Beendigung der Betriebsaufspaltung sei im Jahr 2000 anzunehmen. Damit sei eine Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG) des Besitzunternehmens (Einzelunternehmen) anzunehmen. Die Beendigung der Betriebsaufspaltung bewirke grundsätzlich, dass alle Wirtschaftsgüter der Besitzgesellschaft unter Aufdeckung der stillen Reserve in das Privatvermögen überführt würden. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen vom Besitzunternehmen gehalten würden. In diesem Fall bestehe ein so genanntes Verpächterwahlrecht für das Besitzunternehmen. Im Falle einer Betriebsverpachtung sei grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung solange von einer Fortführung des Betriebes auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden sei und die Möglichkeit bestehe, den Betrieb fortzuführen. Der Kläger habe jedoch nicht die Möglichkeit gehabt den Betrieb des Einzelunternehmens bei Beendigung des Vertrags ohne wesentliche Änderung wieder aufzunehmen und fortsetzen zu können.
108Es liege kein ruhender Betrieb vor. Eine Betriebsunterbrechung und damit ein Aufschub der nach § 16 Abs. 3 EStG für den Fall der Betriebsaufgabe vorgeschriebenen Aufdeckung der stillen Reserven komme nicht in Betracht, weil der Unternehmer seine werbende Tätigkeit eingestellt habe und aus seiner Einzelfirma keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden seien, die einem später identitätswahrend fortgeführten Betrieb hätten dienen können. Gegen den Ansatz des Wertes der GmbH-Anteile zum 1. April 2000 habe der Kläger keine substantiierten Einwendungen erhoben.
109Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29. September 2010 Bezug genommen.
110Hiergegen wenden sich die Kläger mit vorliegender Klage.
111Eine Betriebsaufspaltung könne nur dann gegeben sein, wenn der Verpächter Flächen aus eigenem Recht nutze und dann überlasse. Der Kläger habe aber tatsächlich an dem Grundstück G-Straße kein eigenes Recht gehabt. Vielmehr habe der Vater die Nutzung nur geduldet. Der frühere Vortrag im Rahmen der Prüfung, es habe ein mündliche Vereinbarung zwischen Kläger und seinem Vater gegeben und es habe ein Gewohnheitsrecht des Klägers bestanden, sei ein „unzureichendes irrtümliches Argument“ gewesen. Dieses könne den Kläger nicht binden. Der Grund und Boden habe keine wesentlichen Betriebsgrundlagen dargestellt, es habe daher entweder nie eine Betriebsaufspaltung gegeben oder aber sie bestehe heute noch.
112Es sei eine Betriebsverpachtung im Ganzen gegeben. Es sei nämlich der Kundenstamm und die Firma überlassen worden. Die entsprechenden Wirtschaftsgüter seien nach Ablauf des Vertrags zurückzugeben.
113Die Kläger sind ferner der Auffassung, es sei bis heute ein ruhender Gewerbebetrieb gegeben.
114Die Kläger beantragen,
115den Einkommensteuerbescheid 2000 mit der Maßgabe zu ändern,
116dass die Einkünfte aus § 16 EStG um 2.107.000 DM gemindert werden.
117und die Einkünfte aus verdeckter Gewinnausschüttung i.H.v. 9.000 DM nicht als Einkünfte aus § 20 EStG, sondern als solche aus § 15 EStG qualifiziert werden.
118Der Beklagte beantragt,
119die Klage abzuweisen,
120hilfsweise die Revision zuzulassen.
121Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.
122Zur weiteren Begründung führt er insbesondere die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 26. Mai 1993 – X R 78/91 –, BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718, sowie die Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 13. September 1939 –VI 509/39- RStBl 1940, 13 an. Aus diesen Entscheidungen ergibt sich nach seiner Auffassung, dass der Kläger der GmbH bis in das Jahr 2000 eine wesentliche Betriebsgrundlage überlassen habe. Diese Überlassung habe im Jahr 2000 geendet, so dass eine Aufgabe des bisherigen Betriebs gegeben sei. Ab diesem Zeitpunkt sei auch kein ruhender Gewerbebetrieb mehr anzunehmen. Die Aufdeckung der stillen Reserven habe im Streitjahr zu erfolgen. Die Höhe des Aufgabegewinns sei zutreffend ermittelt worden.
123Entscheidungsgründe
124A. Die Klage ist teilweise unzulässig; im Übrigen ist sie zulässig und begründet.
125I. Der Antrag auf Umqualifizierung der, der Höhe nach unstreitigen, Einkünfte aus § 20 EStG in solche aus § 15 EStG ist unzulässig. Nach § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO- ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Bei einer Klage gegen die Einkommensteuerfestsetzung ergibt sich eine solche Rechtsverletzung grundsätzlich nur aus der Höhe der festgesetzten Steuer, nicht jedoch aus einer unzutreffenden Feststellung unselbständiger Besteuerungsgrundlagen, wie z.B. der Einkunftsart (vgl. z.B. Tipke/Kruse, AO-FGO, § 40 FGO Rn. 36 m.w.N.). Eine Ausnahme kann dann gelten, wenn die Bemessungsgrundlagen oder Besteuerungsgrundlagen eines Steuerbescheids Feststellungen enthalten, die kraft Gesetzes oder kraft Rechtsverordnung für andere Behörden und den Steuerpflichtigen bindend sind. Soweit der Steuerbescheid keine Bindungswirkung nach sich zieht, lösen hingegen außer (steuer-)rechtliche Folgewirkungen und Interessen keine Rechtsverletzung i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO aus. Es ist nicht erkennbar, dass die Kläger insoweit eine Beschwer geltend machen können und klagebefugt sind. Es ist nicht ersichtlich, welche nachteiligen Bindungswirkungen des Ansatzes der Einkünfte als solche aus § 20 EStG gegeben sein könnten.
126II. Soweit der Beklagte einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG angenommen hat, ist der Einkommensteuerbescheid rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
1271. Im Jahr 2000 ist kein Aufgabegewinn nach § 16 EStG der Besteuerung zu unterwerfen.
128Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne die erzielt werden bei der Veräußerung des Gewerbebetriebs. Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG); die endgültige Beendigung einer Betriebsaufspaltung stellt eine Betriebsaufgabe in diesem Sinne dar. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
129a) Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben; dieser ist anzunehmen, wenn die Person, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen kann (ständige Rechtsprechung seit Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63,).
130Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach den Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden. Der sachlichen Verflechtung steht es nicht entgegen, wenn das verpachtende Besitzunternehmen zwar nicht Eigentümer der Betriebsgrundlagen ist, die Betriebsgrundlagen aber aus eigenem Recht nutzen kann und zur Nutzungsüberlassung berechtigt ist (BFH, Urteil vom 18. August 2009 – X R 22/07 –, BFH/NV 2010, 208). Entscheidend für die Wesentlichkeit der überlassenen Grundlage ist die tatsächliche funktionale Bedeutung, die sich aus der tatsächlichen Nutzung des überlassenen Wirtschaftsguts ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Februar 2006 XI R 41/04, BFH/NV 2006, 1455). Eine besondere Gestaltung für den jeweiligen Unternehmenszweck (branchenspezifische Herrichtung und Ausgestaltung) ist nicht erforderlich. Allein notwendig ist im Fall der Grundstücksüberlassung, dass das Grundstück die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit bildet und es dem Unternehmen ermöglicht, seinen Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben (BFH-Urteil in BFHE 216, 559, BStBl II 2007, 524, m.w.N.). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein Betriebsgrundstück nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder allenfalls eine geringe Bedeutung besitzt. Unerheblich ist es, ob das Grundstück auch von anderen Unternehmen genutzt werden könnte, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet oder gekauft werden oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen Grundstück weitergeführt werden könnte. Auch ein Bürogebäude kann wesentliche Betriebsgrundlage sein, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens bildet (st. Rspr. z.B. BFH-Urteile vom 4. Dezember 1997 III R 231/94, BFH/NV 1998, 1001; vom 1. Juli 2003 VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757 zu einer Steuerberaterkanzlei in der Rechtsform einer GmbH; in BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176; vom 13. Juli 2006 IV R 25/05, BFHE 214, 343, BStBl II 2006, 804 betreffend Büroraum im Einfamilienhaus als Sitz der Geschäftsleitung; in BFHE 216, 559, BStBl II 2007, 524; vom 11. Februar 2003 IX R 43/01, BFH/NV 2003, 910, m.w.N.). Die Betriebsaufspaltung endet in dem Zeitpunkt in dem die Voraussetzungen der sachlichen und personellen Verflechtung nicht mehr kumulativ gegeben sind.
131Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, hat der Kläger im Streitjahr keinen Gewerbebetrieb aufgegeben; es wurde keine Betriebsaufspaltung beendet.
132aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger im Jahr 1987 der GmbH einen Grundstücksteil (G-Straße ...), den er aus eigenem Recht nutzte, überlies und hierdurch eine Betriebsaufspaltung begründet wurde, was angesichts der Gesamtumstände, insbesondere der vertraglichen Gestaltungen (Pachtvertrag zwischen Kläger und GmbH über ein Grundstück, welches zivilrechtlich dem Vater gehört), der tatsächlichen Nutzung für das Unternehmen der GmbH und der Tatsache, dass der steuerlich beratene Kläger über Jahre hinweg insoweit ausdrücklich Einkünfte aus § 15 EStG erklärt hat, sehr naheliegend ist.
133Denn eine im Jahr 1987 begründete Betriebsaufspaltung wäre jedenfalls im Jahr 1989 beendet worden, weil in diesem Zeitpunkt eine möglicherweise gegebene sachliche Verflechtung wegfiel, so dass ein eventueller Aufgabegewinn in diesem Jahr der Besteuerung zu unterwerfen gewesen wäre. Im Jahr 1989 endete die Überlassung des Grundstücks G-Straße durch den Kläger an die GmbH. Die GmbH nutzte spätestens ab 7. Juli 1989 das Grundstück nicht (mehr) aus einem vom Kläger überlassenen Nutzungsrecht. Denn ab diesem Zeitpunkt wurde ein Vertrag zwischen GmbH und dem Bruder A2 nach den sog „Pflugtauschgrundsätzen“ (vgl. Urteil des RFH vom 13. September 1939 a.a.O.) abgeschlossen, d.h. die GmbH durfte das Grundstück deswegen nutzen, weil der Bruder A2 es der GmbH im Tausch gegen die Nutzung des Grundstücks R/R-Straße zur Verfügung stellte.
134bb) Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob (auch) durch eine wirksame Überlassung sonstiger Wirtschaftsgüter, wie z.B. der Firma, im Jahr 1987 eine Betriebsaufspaltung begründet wurde und diese über das Jahr 1989 hinaus fortbestand, was hinsichtlich der Firma insbesondere schon deswegen zweifelhaft erscheint, weil die GmbH die Firma „A Garten- und Landschaftsbau GmbH“ führte, das Einzelunternehmen dagegen unter „A Garten- und Landschaftsbau“ firmierte. Denn selbst wenn eine wirksame Überlassung gegeben, hierdurch ein Betriebsaufspaltung begründet worden und diese über das Jahr 1989 fortbestanden haben sollte, so endete diese jedenfalls nicht im Streitjahr, da nicht ersichtlich ist, dass eine möglicherweise vereinbarte Überlassung im Streitjahr endete.
135cc) Auch durch Beendigung der Überlassung des Grundstücks R‑Straße/R ist im Jahr 2000 keine Betriebsaufgabe gegeben.
136Denn durch die Überlassung des Grundstücks R-Straße/R an die GmbH im Jahr 1989 wurde keine Betriebsaufspaltung begründet. Das Grundstück R-Straße stellt keine wesentliche Betriebsgrundlage für das Betriebsunternehmen, die GmbH, dar. Wie ausgeführt, ist Voraussetzung für die Annahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage eine funktionale Bedeutung für das Betriebsunternehmen. Eine funktionale Bedeutung im Sinne der o.g. Rechtsprechung ist nicht gegeben. Die Betriebsgesellschaft nutzte das Grundstück selbst nicht aktiv für ihre betrieblichen Zwecke, sondern stellte es lediglich im Tauschweg einem anderen Unternehmer, nämlich Herrn A2, zur Verfügung. Dieser nutzte das Grundstück aktiv für seine unternehmerischen Zwecke (Anbau von Pflanzen).
137Das Grundstück R-Straße, hatte danach für die GmbH die Funktion eines reinen Zahlungsmittels, nämlich die eines Zahlungsmittels für die nach dem Vertrag vom 7. Juli 1989 zu erbringende Gegenleistung für die Gestattung der Nutzung des Grundstücks G-Straße.
138b) Die Höhe der laufenden Einkünfte, die der Beklagte nach § 15 EStG der Besteuerung unterworfen hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Dass diese in abweichender Höhe der Besteuerung zu unterwerfen sind, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
139C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Sätze 1 und 3 FGO.
140Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
141§§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
142Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 zugelassen. Zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Grundstück, welches überlassen wird um Tauschobjekt für ein anderes Grundstück zu sein, wesentliche Betriebsgrundlage im Sinne der zur Betriebsaufspaltung ergangenen Rechtsprechung sein kann, ist -soweit ersichtlich- bisher keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen.
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