Urteil vom Finanzgericht Köln - 15 K 3676/13
Tenor
Der Bescheid über Lohnsteuerhaftung und Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 13. Juni 2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2013 wird mit der Maßgabe geändert, dass der Haftungsbetrag auf 266 € Lohnsteuern zzgl. 14,57 € Solidaritätszuschlag reduziert wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH); sie war seit dem 1. April 2000 Arbeitgeberin des Herrn A.
3Zwischen Herrn A und der Klägerin wurde im Jahr 2010 eine Entgeltumwandlung und der entsprechende Abschluss einer Direktversicherung vereinbart.
4Unter dem 8. Dezember 2010 bot die M eine betriebliche Direktversicherung an. Das Angebot enthielt den Hinweis, dass noch für 2010 Steuervorteile gesichert werden könnten, sofern der Antrag bis zum 14. Dezember 2010 zurückgesandt würde.
5Mit Versicherungsantrag, eingegangen bei der Versicherung am 10. Dezember 2010, beantragte die Klägerin für den Arbeitnehmer A den Abschluss einer entsprechenden Direktversicherung.
6Der Versicherungsantrag enthält folgende Formulierung:
7„...Beitragszahlung jährlich... Der Beitrag wird von unserem Konto eingezogen… Kto. 1 BLZ 2 C-Bank...“
8Der Antrag ist mit Datum 9. Dezember 2010 von Herrn A als Geschäftsführer der A Consultant unterschrieben; er ist ferner von A als zu versichernde Person (Arbeitnehmer) unterschrieben.
9Der Versicherungsschein der M wurde mit Datum vom 22. Dezember 2010 ausgestellt.
10Den Beitrag zur Versicherung für 2010 i.H.v. 4.440 € behielt die Klägerin vom Dezemberlohn des Herrn A ein.
11Am 7. Januar 2011 wurde ein Betrag von 4.440 € vom Konto der Klägerin abgebucht. Hierbei handelt es sich um den Jahresbeitrag 2010. Im Dezember 2011 wurde der Beitrag für 2011 in Höhe von ebenfalls 4.440 € abgebucht.
12Die Klägerin behandelte die Beträge in den abgegebenen Lohnsteueranmeldungen 2010 und 2011 als steuerfrei.
13Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung im Jahr 2013 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, im Jahr 2011 seien dem Arbeitnehmer A 8.880 € zugeflossen. Es sei hiervon lediglich ein Betrag von 4.440 € steuerfrei; ein Betrag von 4.440 € sei mithin steuerpflichtig. Es seien insoweit Lohnsteuern in Höhe von 1.865 €, sowie Solidaritätszuschlag i.H.v. 102,57 € entstanden. Der Bericht enthält die Formulierung „Die Steuernachforderungen sind an den GGF weiterzubelasten“. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 22. März 2013 Bezug genommen.
14Der Beklagte nahm die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 13. Juni 2013, mit welchem sie gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung hinsichtlich der abgegebenen Lohnsteueranmeldungen aufhob, in Anspruch. Er führte aus, die Klägerin werde als Haftender anstelle des Arbeitnehmers in Anspruch genommen, weil
15„...ein Haftungsausschluss nicht vorliegt und
16Sie sich hiermit einverstanden erklärt haben.
17eine Haftung nicht unbillig erscheint; insbesondere ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliegt...“ Im Übrigen werde auf den Prüfungsbericht vom 22. März 2013 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 13. Juni 2013 Bezug genommen.
18Gegen den Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Sie führte aus, bei der Zahlung des Versicherungsbeitrages im Jahr 2011 handelt es sich um laufenden Arbeitslohn des Geschäftsführers für 2010. Nach Richtlinie 39 b der Lohnsteuerrichtlinien bzw. § 11 Abs. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) sei der Zufluss bereits im Vorjahr, nämlich im Jahr 2010 anzunehmen. Hieraus ergebe sich, dass der Höchstbetrag i.H.v. 4.440 € für das Jahr 2010 und für das Jahr 2011 zur Anwendung gelange, so dass die Zahlungen insgesamt steuerfrei seien.
19Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11. November 2013 als unbegründet zurück. Es sei kein laufender Arbeitslohn gegeben. Die sogenannte „Drei Wochen Regel“ der Richtlinie 39 b gelange nicht zur Anwendung. Da die Beiträge an die Direktversicherung nur einmal jährlich gezahlt würden, seien sie dem Grunde nach nicht als laufender Arbeitslohn zu qualifizieren. Regelmäßig laufender Arbeitslohn sei in einer jährlich einmaligen Zahlung an eine Direktversicherung nicht zu sehen. § 11 Abs. 1 S. 2 EStG sei nicht einschlägig. Vielmehr stelle § 11 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 38 Abs. 1 S. 3 EStG insoweit eine Spezialregelung dar. Die Zahlung für das Kalenderjahr 2010 sei erst mit Wertstellung vom 7. Januar 2011 beim Arbeitgeber abgeflossen und mithin erst in diesem Zeitpunkt beim Arbeitnehmer zugeflossen. Die Inanspruchnahme der Klägerin sei unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte ermessensgerecht. Sowohl das Entschließungsermessen als auch das Auswahlermessen sei rechtmäßig ausgeübt worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 11. November 2013 Bezug genommen.
20Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe wirtschaftlich bereits im Jahr 2010 ihre Verfügungsmacht über den Betrag von 4.440 € verloren. Es seien noch im Dezember 2010 die Voraussetzungen eingetreten, unter denen wirtschaftlich von einem Zahlungsabfluss auszugehen sei.
21Ferner sei § 11 Abs. 2 S. 2 EStG einschlägig. Auch danach sei von einem Zahlungsabfluss bei der Klägerin bereits im Dezember 2010 auszugehen. § 38 Absatz 1 S. 3 EStG führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Der vom Beklagten angenommene Charakter als Spezialnorm, die der Regelung des § 11 Abs. 2 S. 2 EStG vorgehe, sei nur im Hinblick auf laufend gezahlten Arbeitslohn gegeben.
22Die Klägerin hat im Verfahren eine Bescheinigung der M vorgelegt. Danach wird Folgendes bescheinigt: „...Der vollständige Vertrag inklusive Einzugsermächtigung lag am 10.12.2010 vor. Die Beurkundung erfolgte am 22.12.2010. Der Einzug per Lastschrift erfolgte am 5.1.2011“.
23Die Klägerin beantragt,
24den Lohnsteuerhaftungsbescheid, sowie den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 13. Juni 2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2013 mit der Maßgabe ändern, dass der Haftungsbetrag auf 266 € LSt zzgl. 14,57 € SolZ reduziert wird.
25Der Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen,
27hilfsweise
28die Revision zuzulassen.
29Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom 11. November 2013. Ergänzend verweist der auf das BFH-Urteil vom 6. März 1997 IV R 47/95 (BStBl II 1997, 509). Er ist der Auffassung die Anwendung des § 11 Absatz 1 Satz 2 EStG komme schon deswegen nicht in Betracht, weil die Anwendung durch § 38 a EStG ausgeschlossen sei. Ferner sei die Fälligkeit bereits am 10. Dezember 2010 gewesen so dass auch aus diesem Grund keine Anwendung des § 11 Absatz 1 Satz 2 EStG möglich sei.
30Entscheidungsgründe
31A. Die Klage ist begründet.
32Der angefochtene Lohnsteuerhaftungsbescheid ist im tenorierten Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)). Zu Unrecht hat der Beklagte die Klägerin für Lohnsteuer für die Beitragszahlung 2010 zur Direktversicherung des Arbeitnehmers A als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen.
33Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden (§ 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO)). Gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Der Arbeitgeber hat gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und gemäß § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
34Die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme sind nicht erfüllt.
35I. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Haftungsbescheid bereits deswegen rechtswidrig ist, weil der Beklagte sein bestehendes Ermessen (§ 5 AO), mangelhaft ausgeübt hat.
36II. Die Klägerin war nicht verpflichtet für die Beitragszahlung 2010, abgebucht am 07.01.2011, Lohnsteuer einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und an das Finanzamt abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG). Denn die Beitragszahlung stellt steuerfreien Arbeitslohn des Jahres 2010 dar.
37Die Jahreslohnsteuer bemisst sich nach dem Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer im Kalenderjahr bezieht (Jahresarbeitslohn). Laufender Arbeitslohn gilt in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet; in den Fällen des § 39b Absatz 5 Satz 1 EStG tritt der Lohnabrechnungszeitraum an die Stelle des Lohnzahlungszeitraums. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38a Abs. 1 EStG).
38Steuerfrei sind Beiträge zu einer Direktversicherung bis höchstens 4 % von 66.000 zzgl. 1.800,- mithin 4.440 € (§ 3 Nr. 63 EStG) im Kalenderjahr.
391. Zutreffend hat der Beklagte angenommen, die Zahlung des Beitrags für das Jahr 2010 in Höhe von 4.400 € stelle Arbeitslohn dar. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und geldwerte Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung).
402. Die Zahlung des Beitrags für das Jahr 2010 stellt Arbeitslohn des Jahres 2010 dar; sie ist dem Arbeitnehmer bereits im Jahr 2010 zugeflossen.
41Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zu dem sie wirtschaftlich gehören zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG).
42Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn (vgl. BFH-Urteil vom 27. Mai 1993 VI R 19/92, BFHE 172, 46, BStBl II 1994, 246). Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben (BFH‑Beschluss vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684; BFH-Urteil in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509). Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt (BFH-Urteil vom 25. November 1993 VI R 45/93, BFHE 173, 65, BStBl II 1994, 254). So ist mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, der Zufluss eines geldwerten Vorteils in der Regel noch nicht verwirklicht (BFH-Urteil vom 3. Juli 1964 VI 262/63 U, BFHE 81, 225, BStBl III 1965, 83). Der Zufluss von Arbeitslohn ist zu bejahen, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft (BFH-Urteil vom 16. April 1999 VI R 66/97, BFHE 188, 338, BStBl II 2000, 408). In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Ansprüche rechtlich und wirtschaftlich als sicher anzusehen sind (vgl. BFH-Urteile vom 11.Oktober 1974 VI R 173/71, BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275, unter III.3., und in BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469). Auch in diesem Fall wird der Zufluss aber nicht durch das Versprechen des Arbeitgebers, z.B. Versicherungsschutz zu gewähren, herbeigeführt, sondern erst durch die Erfüllung dieses Versprechens, insbesondere durch die Leistung der Versicherungsbeiträge in der Weise, dass ein eigener unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf die Versicherungsleistung entsteht (BFH-Urteil vom 23.06.2005 VI R 124/99, BStBl II 2005, 766 m.w.N.).
43a) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, ist die Beitragszahlung (steuerfreier) Arbeitslohn des Arbeitnehmers A im Jahr 2010. Der Zufluss ist im Jahr 2010 erfolgt, da die Einnahmen als in diesem Jahr bezogen gelten (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG).
44Die Beitragszahlung an die Hannoversche ist eine regelmäßig wiederkehrende Einnahme des Arbeitnehmers A i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG. Denn es handelt sich bei den Beitragszahlungen um Zahlungen, die aufgrund des ihnen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses wiederkehrend, d.h. nach bestimmten Zeitabschnitten und in bestimmten Zeitabständen zu zahlen waren (vgl. BFH-Urteil vom 06. Juli 1995, IV R 63/94, BFHE 178, 326, BStBl II 1996, 266); die Wiederholung stand von Anfang an fest (vgl. BFH Urteil VIII R 15/83 BStBl II 1986, 342). Die Beitragszahlungen an die M sollten wiederkehrend jährlich erfolgen. Auch die erste Einnahme ist bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen regelmäßig wiederkehrend (vgl. FG Münster Urteil vom 17. August 2010 1 K 1821/07 E, EFG 2010, 2080; Krüger in Schmidt EStG, 34. Auflage 2015, § 11 Rz. 26, m.w.N.).
45Die Einnahmen sind auch kurze Zeit nach Beendigung des Jahres 2010 tatsächlich zugeflossen. Als kurze Zeit i.S.d. § 11 EStG ist ein Zeitraum von 10 Tagen anzusehen. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung, der der Senat folgt. In seinen bislang hierzu ergangenen Entscheidungen hat der BFH als "kurze Zeit" stets einen Zeitraum von "höchstens zehn Tagen" angesehen (st. Rspr. seit BFH-Urteil vom 9. Mai 1974 VI R 161/72, BFHE 112, 373, BStBl II 1974, 547); einige Entscheidungen weisen die Formulierung "in der Regel ein Zeitraum bis zu zehn Tagen" auf (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1985 VIII R 15/83, BFHE 145, 538, BStBl II 1986, 342; vom 24. Juli 1986 IV R 309/84, BFHE 147, 419, BStBl II 1987, 16); in anderen Entscheidungen ist der BFH stillschweigend von einem zehn Tage nicht überschreitenden Zeitraum ausgegangen (BFH-Urteile in BFHE 178, 326, BStBl II 1996, 266; vom 6. Juli 1995 IV R 72/94, BFH/NV 1996, 209; vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509; vom 23. September 1999 IV R 1/99, BFHE 190, 335, BStBl II 2000, 121). Diese Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 11. November 2014 (VIII R 34/12, BFHE 247, 432, BStBl II 2015, 285) bestätigt. Dass der Beitrag 2010 bis zum 10. Januar 2011 bei der M eingegangen und damit der Kläger tatsächlich Verfügungsmacht über den Betrag hatte, ergibt sich aus der Bescheinigung der M und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
46Dass die Beitragszahlung bereits am 10. Dezember 2010 (unverzüglich nach Vertragsschluss) fällig war, steht dem gefundenen Ergebnis, ebensowenig wie das vom Beklagten zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs entgegen. Für die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist eine Fälligkeit innerhalb eines 10-Tageszeitraums vor Ablauf des Kalenderjahres keine Voraussetzung (vgl. hierzu Krüger a.a.O. § 11 Rz. 27 f.).
47b) Die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG wird nicht durch 11 Abs. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 38 a EStG ausgeschlossen.
48aa) Die Voraussetzungen des § 38 a Satz 2 EStG, der für laufenden Arbeitslohn Spezialregelung zu § 11 Absatz 1 Satz 2 ist (vgl. hierzu auch Paetsch in Frotscher EStG § 38 a Rz. 7 f) sind nicht gegeben. Der Versicherungsbeitrag ist kein laufender Arbeitslohn sondern stellt einen sonstigen Bezug i.S.d. § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Laufender Arbeitslohn ist der, dem Arbeitnehmer in regelmäßigen Abständen zufließende Arbeitslohn für den Lohnzahlungszeitraum (s. Wagner in Heuermann/Wagner J Rz.17, Paetsch a.a.O.§ 38a Rz.7 Stache in Bordewin/Brandt § 38 a Rz.18). Da im Streitfall der Kalendermonat Lohnzahlungs- und abrechnungszeitraum für den Arbeitnehmer A war, stellt die jährliche Zahlung der Versicherungsbeiträge keinen laufenden Arbeitslohn in diesem Sinne dar.
49bb). Für sonstige Bezüge verbleibt es bei der Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG. Die Anwendung des § 11 Absatz 1 Satz 2 EStG wird insoweit nicht durch § 11 Absatz 1 Satz 4 EStG ausgeschlossen. Zwar verweist § 11 Absatz 1 Satz 4 EStG auf § 38a Absatz 1 Sätze 2 und 3 EStG. Damit ist aber kein Ausschluss des § 11 EStG für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt gemeint (vgl. Wagner a.a.O. §§ 38 ff Rz. 20) Stache a.a.O. § 38 a Rz. 37) Vielmehr verweist § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG für Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge) ausdrücklich auf das Zuflussprinzip (vgl. Beschluss des BFH vom 15. Dezember 2011 VI R 26/11 BStBl II 2012, 415). Unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs der §§ 38 ff EStG und des § 11 EStG ergibt sich hieraus für sonstige Bezüge ein (Rück-) Verweis auf § 11 EStG.
503. Der Beitrag ist als Beitrag zu einer Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei da er den Höchstbetrag (4 % von 66.000 zzgl. 1.800,- mithin 4.440 €) im Kalenderjahr nicht überschreitet.
51B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 FGO.
52Die Revision wird gemäß § 115 FGO zugelassen. Soweit ersichtlich, ist zu der Frage der Konkurrenz von § 11 Absatz 1 Satz 2 zu § 38 a Absatz 1 Satz 2 und 3 EStG für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die kein laufender Arbeitslohn sind, keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
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