Beschluss vom Finanzgericht Köln - 10 Ko 781/16
Tenor
Der angefochtene Gerichtskostenansatz wird mit der Maßgabe geändert, dass die Gerichtskosten auf der Basis eines Gegenstandswertes von 7.000 € berechnet werden.
Im Übrigen wird die Erinnerung abgewiesen.
Die Neuberechnung der danach einzufordernden Gerichtskosten wird der Vertreterin der Staatskasse aufgegeben.
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Gründe:
2I. Der Erinnerungsführer ist Rechtsbeistand und hatte als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH i.L. in B gegen einen Insolvenzfeststellungbescheid geklagt. Zur Begründung führte der Erinnerungsführer im Klageverfahren 13 K 3500/14 unter Einreichung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen aus, dass dem angefochtenen Insolvenzfeststellungsbescheid überhöhte Schätzungen zugrunde lägen. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens erließ das FA dem Klagebegehren entsprechende Änderungsbescheide und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Nachdem auch der Erinnerungsführer den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatte, wurden diesem die Kosten des Verfahrens mit Beschluss vom 3.9.2015 auferlegt.
3Mit Kostenansatz vom 4.1.2016 wurden vom Erinnerungsführer ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 348.108 € Gerichtskosten i.H.v. 4.998 € eingefordert. Diesen hatte der Kostenbeamte ausgehend von der ursprünglichen Anmeldung mit 421.263,21 € abzüglich des Anmeldungsbetrags lt. Antrag i.H.v. 73.155,52 € ermittelt.
4Mit seiner Erinnerung gegen den Kostenansatz ist der Erinnerungsführer der Ansicht, dass bei Streitigkeiten betreffend Insolvenztabelleneintragungen für die Bestimmung des Streitwertes die auf den Gläubiger entfallende Insolvenzquote anzusetzen sei. Da im vorliegenden Streitverfahren beim Amtsgericht F (Az. 1) die Masseunzulänglichkeit angezeigt worden sei und voraussichtlich keine bzw. eine geringe Quote auf die Gläubiger entfallen werde, sei lediglich der Mindeststreitwert von 1.500 € als das maßgebliche Interesse für die Streitwertbemessung zu berücksichtigen.
5II. Die Erinnerung ist teilweise begründet.
61. Der Streitwert entspricht im Wesentlichen dem Gegenstand des Klagebegehrens (§ 65 Abs. 1 FGO). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe gemäß § 52 Abs. 3 GKG für den Streitwert maßgebend. Im Übrigen ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist danach regelmäßig die Höhe des sich bei objektiver Betrachtung ergebenden finanziellen Interesses des Klägers am Obsiegen, also die unmittelbare finanzielle Auswirkung der erstrebten Entscheidung für den Kläger.
7Die Auffangregelung des § 52 Abs. 1 GKG kommt insbesondere zur Anwendung, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits ein Verwaltungsakt ist, der -- wie auch der Feststellungsbescheid im Streitfall – eine nicht (oder nicht unmittelbar) bezifferbare Geldforderung betrifft; die Vorschrift ermächtigt zu einer Schätzung, wobei es im Interesse der Vereinfachung und Gleichbehandlung zulässig und geboten ist, die Streitwertbestimmung für gleichartige Streitigkeiten durch Pauschalierung und Schematisierung zu vereinheitlichen (BFH-Beschluss vom 11.1.2006 - II E 3/05, BStBl II 2006, 333; Gräber/Ratschow, FGO, Vor § 135, Rz. 135).
82. Nach der Spezialregelung des § 182 InsO bestimmt sich der Wert einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Die Vorschrift gilt gemäß § 185 Satz 3 InsO für die beim Finanzgericht zu betreibende Feststellung von Steuerforderungen zur Insolvenztabelle entsprechend. Die Verweisung betrifft nicht nur den Streitwert in solchen Klageverfahren, die zum Rechtsschutz gegen Feststellungsbescheide der Finanzverwaltung nach § 251 Abs. 3 AO i.V.m. § 185 Satz 1 2. Alternative InsO angebracht werden, sondern auch die Ermittlung des Streitwerts infolge Aufnahme bereits anhängiger finanzgerichtlicher Verfahren des Gemeinschuldners nach § 180 Abs. 2 i.V.m. § 185 Satz 2 InsO. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der eigentliche Streitgegenstand eines solchen Verfahrens nicht mehr die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Bescheids ist, sondern die rechtmäßige Beanspruchung der Steuerforderung als Insolvenzforderung und damit das Haftungsrecht des FA an der Insolvenzmasse (BFH-Beschluss vom 26.9.2006 - X S 4/06, BFH/NV 2007, 151 m.w.N.; ferner Gräber/Ratschow, FGO, Vor § 135 Rz. 110 - Insolvenzverfahren -). Steht der Wert, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die noch unerfüllte Steuerforderung zu erwarten ist, nicht hinreichend fest, kann der Auffangstreitwert anzusetzen sein (FG Düsseldorf vom 12.5.2009 - 11 K 2025/06 F, EFG 2009, 1336).
93. Bei einer Untersuchung von über 15.000 Insolvenzverfahren in Nordrhein-Westfalen, die bis Ende 2008 abgeschlossen waren, wurde festgestellt, dass in zwei Drittel der Verfahren die verteilbare Masse so niedrig war, dass die Gläubiger nach Abzug der Kosten leer ausgingen. Bei den übrigen Verfahren betrug die Quote 5,4 % (vgl. Wikipedia). Ausgehend von dieser Untersuchung hält es das Gericht für angemessen, bei Fehlen genauerer Erkenntnisse die auf die Insolvenzforderung zu erwartende Quote für das Kostenverfahren griffweise mit 2 % zu schätzen. Das Gericht ist sich dabei bewusst, dass es sich um eine äußerst grobe Schätzung handelt, die die konkrete Insolvenzquote nur selten treffen wird. Aber auch diese grobe Schätzung ist aus Sicht des beschließenden Gerichts eher angemessen als der Ansatz des Auffangstreitwerts, der nach § 52 Abs. 2 GKG nur dann anzusetzen ist, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Allein der Hinweis des Erinnerungsführers auf die beim Amtsgericht F (Az. 1) angezeigte Masseunzulänglichkeit und darauf, dass voraussichtlich nur eine geringe Quote auf die Gläubiger entfallen werde, rechtfertigt keine Beschränkung auf den Mindeststreitwert von 1.500 €. Das Gericht hält unter Berücksichtigung der verfahrensbedingten Ungewissheit einerseits und der Notwendigkeit einer zeitnahen pauschalierenden Schätzung andererseits vielmehr den Ansatz von 7.000 € für angemessen, der sich ergibt, wenn auf den Differenzbetrag zwischen ursprünglichem Anmeldungsbetrag und demjenigen lt. Antrag (im Streitfall rd. 350.000 €) die voraussichtliche, griffweise mit 2 % geschätzte Insolvenzquote angewandt wird.
104. Die Neuberechnung der vom Erinnerungsführer einzufordern Gerichtskosten wird der Vertreterin der Staatskasse aufgegeben (§ 100 Abs. 2 FGO entsprechend).
115. Das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ist gemäß § 66 Abs. 8 GKG gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
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