Beschluss vom Finanzgericht Münster - 9 V 5542/99 K,U,F
Tenor
Die Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer und Feststellungen gem. § 47 Abs. 2 KStG für die Jahre 1993 bis 1995 vom 22.01.1999 und der Umsatzsteuerbescheide 1993 vom 28.01.1999, 1994 vom 26.01.1990 und 1995 vom 02.02.1999, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.08.1999, wird nach Maßgabe der Entscheidungsgründe ohne Sicher-heitsleistung ausgesetzt.
Die Berechnung der ausgesetzten Beträge wird dem Antragsgegner über-tragen.
Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 1/4 und der Antrags-gegner zu 3/4.
1
G r ü n d e:
2I.
3Streitig ist, ob die Vollziehung der angefochtenen Bescheide ohne Sicherheitsleistung auszusetzen ist, soweit ihnen Zuschätzungen aufgrund eines Zeitreihenvergleichs und die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA) zugrunde liegen.
4Die Antragstellerin (ASt.) ist eine im Jahr 1992 errichtete GmbH mit einem Stammkapital von 50 000,00 DM. Alleiniger Anteilseigner ist der Rechtsanwalt........, genannt...... (R. S.); Geschäftsführer ist ..............(M.). Nach Tz. 7 des Betriebsprüfungs- (Bp-) Berichts vom 09.11.1998 unterhielt die ASt. in den Streitjahren folgende Betriebe:
5ab 01.01.1992 die Diskothek "A", A........ ,
6ab 01.06.1992 die Diskothek "B", M........, R........,
7vom 07.07.1993 bis 30.09.1994 die Schankwirtschaft "C", M......, N...........,
8ab 23.09.1993 die Schank- und Speisegaststätte "D ", A........, und
9ab 21.09.1994 die Schank- und Speisegaststätte "Cafe ________", L.........
10Ein - möglicherweise zusätzlicher - Betrieb der ASt. trug die Bezeichnung "B" (s. Tz. 9.2.1 und 12.5.7 des Bp-Berichts vom 09.11.1998).
11Am 30.06.1997 begann der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) mit einer Bp bei der ASt., die die Jahre 1993 bis 1995 umfaßte. Dabei gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Buchführung der ASt. sei nicht ordnungsgemäß. Eine Aufstellung der ASt. über die benutzten Kassen sei unvollständig. Die Finanzberichte entsprächen nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Speicherbuchführung; z. T. sei die Programmierung ungeklärt. Dreimal seien Kassenfehlbeträge aufgetreten, wie sich aus einem Vergleich der Kassenberichte mit den Monatsübersichten ergebe. Tägliche Kassenabschlüsse der Betriebsleiter, die Uraufzeichnungen seien, fehlten. Zusammengefaßte Kassenberichte seien nicht täglich erstellt worden. Handschriftliche Korrekturen seien z. T. nicht nachvollziehbar. Kostenbelege seien trotz Abschlagszahlungen in einer Summe gebucht worden; Kassenausgaben seien zeitlich falsch erfaßt worden. Kassenbestände seien überschrieben worden. Kassenendsummenbons fehlten teilweise (im einzelnen s. Tz. 9.1.1 bis 9.1.10 des Bp-Berichts vom 09.11.1998).
12Fehler seien auch in der Buchführung der einzelnen Betriebe festgestellt worden. So seien im "E" Finanzberichte nicht vollständig aufbewahrt worden; die Z-Zähler seien nicht fortlaufend. Im "B" fehlten an einigen Tagen Finanzberichte-Z; in einigen Wochen im Jahr 1993 seien die Umsätze mittwochs und donnerstags zusammengefaßt worden; die Zusammenfassung sei jedoch buchmäßig nicht erkennbar. Kassenberichte wiesen an sechs Tagen im August und September 1993 Einnahmen i. H. v. 0,00 DM aus, obwohl ein Angestellter bis zwei Uhr tätig gewesen sei. Auch seien Finanzberichte nach Vergleich mit Stundenzetteln z. T. einige Stunden vor Schließung ausgedruckt worden. Am 21.02.1995 sei um 20.48 Uhr ein Beleg über 638 x 4,00 DM = 2 552,00 DM und um 20.55 Uhr ein Beleg über 478 x 4,00 DM = 1 915,00 DM ausgedruckt worden. Hinzu komme, daß in einigen Kassenberichten Kellner fehlten.
13Der Prüfer nahm für die Diskotheken "B" und "A" im Jahr 1995 einen Zeitreihenvergleich vor. Dabei stellte er den wöchentlichen Wareneinkauf den wöchentlich erklärten Umsätzen gegenüber. Den Wareneinkauf minderte er unter Berufung auf Angaben der ASt. um verschiedene Größen und ermittelte einen durchschnittlichen Aufschlagssatz (netto/brutto) für die Wochen 1 bis 11 und 40 bis 53 des Jahres 1995 i. H. v. 741,25 %. Der niedrigste errechnete Aufschlag belief sich auf 386,46 % in der 19. Woche; der höchste Aufschlag betrug 1 748,74 % in der 41. Woche. Ausgehend von dem Rohgewinnaufschlagssatz von 741,25 % ermittelte er einen Umsatz i. H. v. 1 648 962,56 DM zzgl. 24 012,72 DM wegen Bestandsveränderungen. Entsprechend ermittelte er für die Diskothek "A" einen durchschnittlichen Aufschlag von 747,55 % für die Wochen 4 bis 10. Für die einzelnen Wochen ergaben sich Aufschläge zwischen 284,02 (10. Woche) und 1 878,92 % (5. Woche). Insgesamt ergaben sich nach Berechnungen des Prüfers unter Übertragung der für 1995 ermittelten Aufschlagssätze auch auf die Jahre 1994 und 1993 daraus folgende Mehrumsätze:
14- 1993 1994 1995
(DM) (DM) (DM)
16Bruttoumsätze 333 321,73 1 116 324,79 930 715,58
17Sicherheitsabschlag 10 v. H. ./. 33 332,17 ./. 111 632,48 ./. 93 071,56
18Zuschätzung brutto 299 989,56 1 004 692,31 837 644,02
19Diese Beträge sah der Prüfer als vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 KStG und der §§ 27 ff. KStG an.
20Außerdem stellte der Prüfer fest, daß die ASt. an die Rechtsanwaltssozietät R. S. und Partner aufgrund eines Beratervertrags vom 01.01.1993 in den Streitjahren jeweils 24 000,00 DM zzgl. 3 600,00 DM Umsatzsteuer (USt) gezahlt hatte. Der Prüfer sah die Beträge als vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 und der §§ 27 ff. KStG an. Die Honorarvereinbarung hielt seiner Auffassung nach einem Fremdvergleich nicht stand, weil trotz einer wesentlichen Erweiterung des Unternehmens der ASt. eine Anpassung unterblieben sei. Außerdem seien - abweichend von der schriftlichen Vereinbarung, die lediglich die gesonderte Berechnung von Gerichtsverfahren zugelassen habe - in zwei außergerichtlichen Streitverfahren Einzelrechnungen erteilt worden.
21Auch von der ASt. gezahlte Bürokosten i. H. v. 12 000,00 DM lt. Rechnung vom 18.02.1993 für das Jahr 1992 und i. H. v. jeweils 6 000,00 DM lt. Rechnungen vom 17.10.1995 für Miete und Nebenkosten in den Jahren 1993 und 1994 sah er als vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 und der §§ 27 ff. KStG an. Die Miete sei nach den Verträgen als Monatsmiete vereinbart worden und nach Rechnungsstellung durch den Vermieter zu zahlen gewesen. Die verspätete Rechnungsstellung durch den Vermieter sei unter Fremden unüblich. Es fehle auch an einer klaren Vereinbarung, wie sich die Reduzierung von 12 000,00 DM auf 6 000,00 DM jährlich ergebe; für eine Pauschalierung des Leistungsaufwands einer Bürokraft ergebe sich aus dem Untermietvertrag nichts. Der Prüfer ging dabei irrtümlich davon aus, daß die Rechnungen von der RS GmbH und Co. KG ausgestellt worden waren, tatsächlich waren die Mieten von der Sozietät R. S. und Partner in Rechnung gestellt worden.
22Die ASt. hatte das "D " in L........ mit Untermietvertrag vom 21.03.1994 von der RS GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist sowie alleiniger Anteilseigner der GmbH R. S. war, gemietet. Der Prüfer sah Mietzahlungen aufgrund Rechnungen vom 31.12.1993 für die Monate 7 bis 12/1993 i. H. v. 55 200,00 DM und vom 10.03.1994 für die Monate 1 und 2/1994 i. H. v. 18 400,00 DM mangels vorheriger Vereinbarungen als vGA an.
23Außerdem stellte der Prüfer fest, daß die ASt. mit der RS GmbH & Co. KG am 17.06.1992 einen Franchising-Vertrag abgeschlossen hatte, der im wesentlichen folgende Bestimmungen enthielt: "Die Parteien vereinbaren die gemeinsame Vermarktung des Tanzlokals "B", M......, R........... Die Fa. RS hat das Geschäftssystem und den Namen "B" von Frau F. gekauft und ist bereit, das Geschäftssystem der Fa X. zur Verfügung zu stellen. Die monatlichen zu zahlenden Provisionen bzw. Franchising-Tantiemen werden durch gesonderte Vereinbarungen festgelegt. Die Fa. X soll den Betrieb des Tanzlokals übernehmen."
24Mit Vertrag vom 01.07.1992 wurde die Franchising-Provision auf 8 v. H. des Netto-Umsatzes zzgl. USt festgelegt. Gleichzeitig wurde eine gleichlautende Vereinbarung hinsichtlich des Tanzlokals "C" abgeschlossen. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, daß die auf dieser Grundlage gezahlten Beträge als vGA zu erfassen seien, da die Rechtsbeziehungen nicht klar und eindeutig geregelt seien und ein derartiger Vertrag unter fremden Dritten nicht zustande gekommen wäre. Daraus ergaben sich folgende vGA:
251993 1994 1995
26Provision "B" 116 745,92 DM 120 081,52 DM 97 259,88 DM
27- 17 511,89 DM 18 012,23 DM 14 588,98 DM
Provision "C " 15 980,66 DM 19 634,24 DM 0,00 DM
29- 2 397,10 DM 2 945,14 DM 0,00 DM
- 152 635,57 DM 160 673,12 DM 111 848,86 DM
Der Bp folgend erließ das FA am 22.01.1999 entsprechend geänderte Körperschaftsteuer- (KSt-) Bescheide 1993 bis 1995 und am 28.01., 26.01. und 02.02.1999 entsprechend geänderte USt-Bescheide 1993 bis 1995. Dagegen legte die ASt. mit Schreiben vom 29.01.1998 (KSt 1993 bis 1995) und 08.02.1999 (USt 1993 bis 1995) jeweils Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidungen (EE) vom 05.08.1999 setzte das FA die KSt und die USt 1994 wegen eines Fehlers in den Berechnungen herab; im übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück. Gleichzeitig lehnte es in den EE die von der ASt. beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ab.
31Gegen die EE hat die ASt. mit Schreiben vom 02.09.1999 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
32Mit weiterem Schreiben vom 03.09.1999 beantragte die ASt. bei Gericht AdV. Sie macht folgendes geltend: Die sachliche Richtigkeit der Buchführung sei gewährleistet; sie sei deshalb der Besteuerung zugrunde zu legen. Sämtliche Einnahmen seien durch Fremdarbeitnehmer erfaßt und abgerechnet worden. Die ASt. habe deshalb auf einer korrekten Erfassung aller Einnahmen bestehen müssen. Schwarzeinnahmen seien nicht getätigt worden. Dies sei durch eidesstattliche Versicherungen des früheren Geschäftsführers M., des derzeitigen Geschäftsführers.........., des alleinigen Gesellschafters R. S., des Betriebsleiters der Diskothek "B" während der Streitjahre,G, sowie der Betriebsleiterin der Diskothek "A" in den Streitjahren, J, und der mit der Abrechnung vertrauten Mitarbeiter, K und L, bestätigt.
33Über den Einsatz und die Programmierung der Kassen habe der Geschäftsführer keine genauen Kenntnisse gehabt. Die Kassentypen seien z. T. nicht mehr bekannt, z. B. im Objekt "C" sei sie seinerzeit mitgemietet worden. Bei den Computerkassen seien nach wie vor alle Daten manipulationssicher gespeichert. Die Tagesendsummenbons seien aufbewahrt worden. Soweit laufende Nummern fehlten, sei das darauf zurückzuführen, daß 0-Bons ausgedruckt worden seien, wenn der Betriebsleiter zur Kontrolle vor Betriebsbeginn einen Ausdruck vorgenommen habe. Diesen Bons sei damals keine Bedeutung beigemessen worden, so daß sie nicht aufbewahrt worden seien.
34Uraufzeichnungen seien nur die von den Kassen ausgedruckten Endsummenbons. Bei den sog. Kassenberichten handele es sich lediglich um von den Betriebsleitern zu internen Zwecken gefertigte Zusammenstellungen, die nicht aufbewahrt worden seien, weil sie keine eigene Bedeutung gehabt hätten. Bei den Kasseneingaben vom 21.02.1993 20.48 Uhr und 20.55 Uhr handele es sich um das Nachbonen des Erstgetränkezuschlags entweder vom 20.02. oder vom 18.02. Der Betriebsleiter habe am Karnevalssamstag offenbar zunächst das Eingeben des Zuschlags vergessen und angesichts des am Sonntag vorgefundenen Kassenüberschusses nachgeholt. Bei den von der Bp ermittelten Kassenfehlbeträgen am 26., 27. und 28.02.1993 handele es sich lediglich um einen Kassenfehlbetrag i. H. v. ca. 19 000,00 DM. Dieser sei darauf zurückzuführen, daß seinerzeit für etwa diesen Betrag eine gebrauchte Kücheneinrichtung für das "D" in L........ angeschafft worden sei. Das sei wegen der in etwa übereinstimmenden Beträge und einer unterbliebenen genauen Abstimmung nicht aufgefallen.
35Soweit in Kellnerspeichern keine Umsätze enthalten seien, sei das darauf zurückzuführen, daß diese an den entsprechenden Tagen nicht gearbeitet hätten. Fehlende Betriebseinnahmen trotz abgerechneter Arbeitsstunden seien darauf zurückzuführen, daß die Betriebsleiter gelegentlich lediglich Innendienst geleistet hätten oder Kunden nicht erschienen seien. Kassenschluß und Dienstschluß fielen eigentlich immer auseinander, da nach Kassenschluß noch aufgeräumt, abgerechnet usw. werden müsse.
36Der von der Bp vorgenommene Zeitreihenvergleich rechtfertige keine Zuschätzung. Er unterstelle, daß es sich beim Wareneinkauf auch um den Wareneinsatz gehandelt habe; davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Auch die von der Bp vorgenommenen Umrechnungen unterstellten ein konstantes Warenlager. Wenn die Bp den höchsten für einen jeweiligen Zeitabschnitt ermittelten Rohgewinnaufschlag zugrunde lege, unterstelle sie, daß dieser für das ganze Jahr repräsentativ sei. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Maßgeblich sei nämlich der tatsächlich nicht ermittelte Wareneinsatz, so daß zwangsläufig bei Anknüpfung an den Wareneinkauf Schwankungen auftreten müßten. Im übrigen habe die Bp den Wareneinkauf mit unterschiedlichen Werten, die deshalb z. T. falsch sein müßten, angesetzt. Während beim Zeitreihenvergleich Warenbestandsminderungen berücksichtigt seien, habe die Bp dieses im Rahmen der vorgenommenen Aufschlagskalkulation unterlassen. Das sei jedoch logisch fehlerhaft; während bei einem Zeitreihenvergleich auf die Berücksichtigung von Minderungen verzichtet werden könne, sei dies bei einer Aufschlagskalkulation gerade nicht der Fall. Fehlerhaft sei es auch, einen gleichbleibenden Warenbestand zu unterstellen, wie sich bereits aus den unterschiedlich hohen Wareneinkaufsrechnungen in den einzelnen Wochen ergebe. Widersprüchlich sei es darüber hinaus, wenn die Bp für den Zeitraum von der 40. bis 53. Woche eine Erhöhung des Warenbestands um 9 312,00 DM angenommen und den als Wareneinsatz berechneten Wareneinkauf entsprechend gemindert habe. Nicht zu erkennen sei darüber hinaus, wie der Warenbestand i. H. v. 7 869,00 DM zum 01.01.1995 berücksichtigt worden sei. Ebenso fehlerhaft sei der Zeitreihenvergleich in der Betriebsstätte "A" durchgeführt. Obwohl die Bp ihrer Kalkulation die 4. bis 11. Woche zugrunde gelegt habe, habe sie den Anfangsbestand nicht berücksichtigt.
37Da die Berechnungen für das Jahr 1995 fehlerhaft seien, müsse entsprechendes auch für die Übertragung des so gewonnenen Rohgewinnaufschlagssatzes auf die Jahre 1993 und 1994 geltend. Auch bei den Aufschlagskalkulationen für die weiteren Betriebsstätten seien Minderungen für Personalverzehr, Diebstahl u. ä. nicht berücksichtigt worden.
38Auch im übrigen lägen keine vGA vor. Die Höhe der Franchise-Provisionen habe im üblichen Bereich gelegen. Eine nähere Beschreibung des Geschäftssystems sei nicht erforderlich gewesen, weil es beiden Seiten ausreichend bekanntgewesen sei.
39Die Büromieten seien aufgrund eines Mietvertrages gezahlt worden. Empfängerin sei die aus drei Anwälten bestehende Bürogemeinschaft gewesen, an der R. S. als Gesellschafter der ASt. lediglich zu 33 v. H. beteiligt sei. Dieser habe die Bürogemeinschaft somit nicht beherrschen können.
40Entsprechendes gelte für die an die Sozietät gezahlten Honorare. Diese seien offensichtlich auch nicht überhöht gewesen; die Bp habe sogar eine Anpassung für erforderlich gehalten.
41Auch der Ersatz der Mieten für das "D" in L........ während der Bauzeit stelle keine vGA dar. Die ASt. habe die Räume mit Beginn der Bauarbeiten in Besitz genommen und sei deshalb auch ohne Abschluß eines Untermietvertrages zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet gewesen. Diese habe sich nach der Höhe der Miete gerichtet.
42Es werde AdV ohne Sicherheitsleistung beantragt, da die ASt. zur Sicherheitsleistung in Millionenhöhe nicht in der Lage sei. Da in den vergangenen Jahren wegen Anlaufschwierigkeiten neuer Betriebsstätten ein Verlust von mehr als 400 000,00 DM erwirtschaftet worden sei, bedeute das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung den Konkurs der ASt.
43Die ASt. beantragt,
44die Vollziehung aus folgenden Bescheiden ohne Sicherheitsleistung auszusetzen:
45- Bescheid vom 07.01.1999 betreffend KSt für 1995
46- Bescheid vom 28.01.1999 betreffend USt für 1993
47- Bescheid vom 26.01.1999 betreffend USt für 1994
48- Bescheid vom 02.02.1999 betreffend USt für 1995
49- Bescheid vom 22.01.1999 betreffend KSt und Feststellungen gem. § 47
50Abs. 2 KStG für 1993
51- Bescheid vom 22.01.1999 betreffend KSt und Feststellungen gem. § 47
52Abs. 2 KStG für 1994
53- Bescheid vom 22.01.1999 betreffend KSt und Feststellungen gem. § 47
54Abs. 2 KStG für 1995
55- geänderter Bescheid vom 05.08.1999 betreffend KSt für 1994
56Das FA beantragt,
5758
den Antrag abzuweisen.
59Es hält an der Auffassung fest, die Buchführung der ASt. sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht ordnungsgemäß. Das ergebe sich aus den Feststellungen über die fehlenden Angaben zu Einsatz und Programmierung der Kassen, den fehlenden Z-Bons, den vernichteten Uraufzeichnungen und den erheblichen und unglaubhaft erklärten Kassenfehlbeträgen.
60Der Zeitreihenvergleich gehe von betriebsinternen Daten aus und sei daher einer Schätzung nach Richtsätzen prinzipiell überlegen. Anders als eine normale Aufschlagkalkulation könne er zu einer Aufdeckung schwankender Rohgewinnaufschlagssätze und damit auch doppelter Verkürzungen führen. Da eine Verpflichtung nicht bestehe, das Ergebnis einer Schätzung durch die Anwendung einer weiteren Schätzungsmethode zu überprüfen, sei es auch nicht erforderlich gewesen, Ausführungen zu der Aufschlagkalkulation der ASt. zu machen. Die Ausführungen der ASt. seien widersprüchlich. Um den von ihr vertretenen Aufschlagsatz von 550 % zu errechnen, berücksichtige sie die Minderungen nicht, die sie an anderer Stelle für erforderlich erklärt hat. Ihre Angaben zum schwankenden Einkaufsverhalten der Betriebsleiter seien nicht glaubhaft. Entsprechendes gelte für die Warenzusammensetzung: Aus der Buchführung ergebe sich, daß diese während des ganzen Jahres relativ konstant geblieben sei.
61Auch in den übrigen Punkten seien zu Recht vGA angenommen worden. Hinsichtlich der Franchising-Verträge sei lediglich vereinbart worden, daß die KG die Vermarktung eines Tanzlokals übernehmen sollte. Die Büromieten seien unregelmäßig und abweichend von den getroffenen Vereinbarungen nicht monatlich abgerechnet worden. Auch die Honorarvereinbarungen seien unüblich und tatsächlich nicht entsprechend durchgeführt worden.
62Eine Vollstreckung führe auch nicht zu einer unbilligen Härte. Denn es könne die ASt. nicht entlasten, daß die von der Bp ermittelten hohen Gewinne tatsächlich nicht bei ihr verblieben seien. Da eine Vollziehung der angefochtenen Bescheide im Streitfall offensichtlich zur Insolvenz führen würde, könne eine unbillige Härte auch nicht in dem Vollzug vor Unanfechtbarkeit gesehen werden.
63II.
64Der Antrag ist teilweise begründet.
651. a) Nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 17.03.1994 XI B 81/93, BFH/NV 1995, 171). Wegen der summarischen Natur des AdV-Verfahrens könne neben dem Akteninhalt und dem substantiierten Vorbringen der Beteiligten nur präsente Beweismittel berücksichtigt werden (vgl. BFH vom 17.03.1994 a. a. O.).
66b) Die AdV ist in der Regel von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wenn die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen die Steuerforderung als gefährdet erscheinen läßt. Ist diesem aber die Sicherheitsleistung in der an sich erforderlichen Höhe trotz zumutbarer Anstrengungen nicht möglich, so darf Sicherheitsleistung insoweit nicht verlangt werden (vgl. BFH vom 22.07.1986 VII B 149/85, BFH/NV 1987, 258). Sicherheitsleistung kann nicht verlangt werden, wenn die spätere Vollstreckung nicht durch die AdV gefährdet wird. Das gilt z. B., wenn der geltend gemachte Steueranspruch wegen der schlechten Vermögenslage nicht beitreibbar ist (vgl. FG Rheinland-Pfalz vom 19.04.1968, EFG 1968, 364; Tipke-Kruse § 69 FGO Tz. 110 f.).
67c) Vermögensminderungen sind bei einer Kapitalgesellschaft als vGA i. S. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG anzusehen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sind, sich auf die Höhe des Einkommens auswirken und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Nichtgesellschafter eine entsprechende Leistung unter sonst gleichen Bedingungen nicht gewährt hätte. Sie kann aber auch darin begründet sein, daß ein Rechtsgeschäft zwar von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abgeschlossen worden wäre, es jedoch aus anderen, sich aus einem Fremdvergleich ergebenden Gründen als von Anfang an nicht ernstlich gewollt anzusehen ist (vgl. BFH vom 06.12.1995 I R 88/94, BStBl. II 1996, 383). Bei Leistungen an beherrschende Gesellschafter können vGA auch dann vorliegen, wenn sie nicht auf klaren, im vorhinein getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarungen beruhen (ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. BFH vom 23.10.1996 I R 71/95, BStBl. II 1999, 35).
68d) Die objektive Beweislast für das Vorliegen der Tatsachen, die eine vGA begründen, trägt grundsätzlich das FA (vgl. BFH vom 15.10.1997 I R 42/97, DStR 1998, 418).
692. Daraus ergibt sich für den Streitfall folgendes:
70a) Die Vollziehung der angefochtenen Bescheide ist hinsichtlich der aufgrund des Zeitreihenvergleichs hinzugeschätzten Beträge ohne Sicherheitsleistung auszusetzen. Nach Aktenlage fehlen Anhaltspunkte dafür, daß das Vermögen der ASt. aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen um die zugeschätzten Beträge gemindert wurde (aa). Hinzu kommen erhebliche Bedenken gegen die durch den angewandten Zeitreihenvergleich ermittelten Zuschätzungen (bb).
71aa) Feststellungen über Leistungen der ASt. an ihren alleinigen Gesellschafter R. S. oder diesem nahestehende Personen im Zusammenhang mit den zugeschätzten Beträgen hat das FA nicht getroffen. Kassenberechtigung hatten die Geschäftsführer, die Betriebsleiter, deren Vertreter und teilweise auch langjährige Aushilfen (Tz. 9.1.1 des Bp-Berichts vom 09.11.1998), nicht jedoch R. S. oder diesem nahestehende Personen.
72Die Bareinnahmen aus der Betriebsstätte "B" wurden nach der eidesstattlichen Versicherung des damaligen Betriebsleiters auf 1 000,00 DM- bzw. 500,00 DM-Beträge abgerundet und auf das Firmenkonto in Münster eingezahlt; lediglich die restlichen, überwiegend aus Kleingeld bestehenden Beträge wurden der Abrechnung beigefügt. Die übrigen Beträge wurden von den Betriebsleitern auf der Grundlage der Kassenausdrucke mit der Firma abgerechnet, wie diese eidesstattlich versichert habe.
73Anhaltspunkte dafür, daß R. S. selbst oder diesem nahestehende Personen Bareinnahmen getätigt haben, ergeben sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solches Verhalten stünde darüber hinaus im Widerspruch zu den eidesstattlichen Versicherungen der Betriebsleiter und Geschäftsführer. Die Ausführungen im Bp-Bericht zur Stellung des R. S. als faktischer Geschäftsführer sind insoweit unergiebig. Auf unterbliebene Erläuterungen zur Abgrenzung des laufenden Geschäftsverkehrs kommt es dabei nicht an, da es sich bei den regelmäßigen Abrechnungen der Betriebseinnahmen unzweifelhaft um Maßnahmen des laufenden Geschäftsverkehrs gehandelt hat. Anfragen wegen der Berechnung der umsatzabhängigen Miete für die Diskothek "B" oder die Wahrnehmung von Ortsterminen in Bauangelegenheiten, die im übrigen nach Darstellung des Bp-Berichts in den Bereich der KG fielen, erlauben keine andere Beurteilung. Gleiches gilt für die Anmietung von Büroräumen im Haus der Anwaltssozietät und etwaige Besprechungen des Geschäftsführers der ASt. mit Büroangestellten oder R. S. Diese Tätigkeiten lassen einen Rückschluß auf die von der Bp vermutete Vereinnahmung von Schwarzgeldern durch R. S. nicht zu.
74bb) Grundsätzliche Bedenken bestehen darüber hinaus gegen die auf der Grundlage des Zeitreihenvergleichs ermittelten Zuschätzungen. Zwar kann ein solcher Vergleich zu aufschlußreichen Erkenntnissen führen, wenn die Relation zweier voneinander abhängiger Größen - wie vorliegend des Wareneinkaufs und des Umsatzes - in ihrer Entwicklung über einen längeren Zeitraum untersucht wird. Wie die Schwankungsbreite der dabei im Streitfall errechneten Prozentzahlen zeigt, ist es vorliegend jedoch nicht möglich, aus dem für eine Woche errechneten Verhältnis auf andere Wochen zu schließen. Entsprechend hat die Bp einen längeren Zeitraum zugrunde gelegt. Es ist jedoch unter statistischen Gesichtspunkten nicht erkennbar, warum dieser Zeitraum eher als andere Zeiträume für die durchschnittliche Entwicklung repräsentativ sein soll. Hinzu kommt, daß auch nach Auffassung der Bp Korrekturen erforderlich waren, die ihrerseits auf geschätzter Grundlage beruhen. Im Hinblick auf die Höhe der ermittelten Aufschlagsätze haben schon kleinere Abweichungen erhebliche Auswirkungen.
75Die Orientierung am obersten festgestellten Aufschlagsatz kann im übrigen nur dann richtig sein, wenn davon auszugehen ist, daß dieser richtig ermittelt und darüber hinaus auch für die anderen Zeiträume zutreffend ist. Da auch bei normalem Geschäftsverlauf und zutreffender Verbuchung erhebliche Schwankungen auftreten können, führt es zu erheblichen Verzerrungen, wenn ohne statistische Absicherung einzelne Zeiträume ausgewählt und der so ermittelte Aufschlagsatz für das ganze Jahr zugrunde gelegt wird. Das gilt umso mehr, wenn es sich dabei um die Zeiträume mit den höchsten Aufschlagsätzen handelt. Anderes kann nur dann gelten, wenn der Wareneinkauf und die Umsätze in ihrer Zusammensetzung in den einzelnen Zeiträumen so gleichbleibend sind, daß Verzerrungen nicht auftreten. Da es sich vorliegend überwiegend um Getränke mit unterschiedlicher Haltbarkeit gehandelt hat und Warenbestände über die Inventuren hinaus nicht festgehalten sind, ist eine solche Annahme nicht möglich. Entsprechend hat die Bp Korrekturen vorgenommen, die jedoch ihrerseits keine überwiegende Richtigkeitsgewähr bieten und zu Verzerrungen führen können. Z. B. kann die Minderung der Wareneinkäufe für die Diskothek "B" in den Wochen 40 bis 53/1995 nur richtig sein, wenn sich der Warenbestand tatsächlich in dieser Zeit entsprechend erhöht hat. Andererseits ist die behauptete Berücksichtigung der Inventurwerte zum 01.01.1995 rechnerisch nicht nachvollziehbar (s. Anlage 2/1 zum Bp-Bericht). Bei dieser Sachlage erscheint die Auswahl der von der Bp als maßgeblich angesehenen Zeiträume als willkürlich.
76b) Hinsichtlich der übrigen, von der Bp angenommenen vGA kommt eine AdV ohne Sicherheitsleistung nicht in Betracht. Weder kann insoweit davon ausgegangen werden, daß die Steuerbescheide - über ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit hinausgehend - mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sind, noch hat die ASt. glaubhaft gemacht, daß sie im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheiten zu leisten (vgl. BFH vom 17.01.1996 V B 100/95, BFH/NV 1996, 491).
77Büromiete
78Wie unstreitig ist, wurde die Büromiete für das Jahr 1992 erst am 18.02.1993 und für die Jahre 1993 und 1994 erst am 17.10.1995 in Rechnung gestellt. Ein solches Verfahren ist unter Fremden - wie das FA zu Recht ausgeführt hat - unüblich. Soweit die Miete letztlich R. S. zugeflossen ist, können vGA vorliegen. Die Entscheidung darüber ist im Hauptsacheverfahren zu treffen.
79Mietaufwand "D", L........,
80Da es sich bei der KG um eine dem alleinigen Gesellschafter der ASt. nahestehende Person handelt, liegen vGA vor, wenn es an zivilrechtlich wirksamen, klaren und eindeutigen vorherigen Vereinbarungen fehlte. Ein gesetzlicher Anspruch auf Aufwendungsersatz genügt nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht (vgl. BFH I R 63/82 vom 02.03.1988, BStBl. II 1988, 590).
81Franchising-Verträge
82Nach Aktenlage ist offen, ob derartige Verträge auch unter Fremden geschlossen worden wären. Insbesondere ist nicht erkennbar, welche Leistungen der ASt. damit entgolten wurden und wie diese unter Fremden bewertet worden wären.
83Honorarrechnungen R. S. und Partner
84Eine abschließende Beurteilung, ob es sich insoweit um vGA handelt, ist nach dem vorliegenden Akteninhalt nicht möglich. Insbesondere läßt sich nicht abschließend beurteilen, ob die unstreitigen Abweichungen von den getroffenen Vereinbarungen von solchem Gewicht waren, daß von einer mangelnden Ernstlichkeit dieser Vereinbarung auszugehen ist. Darüber hinaus bedarf es der Prüfung, ob die getroffene Vereinbarung unter Berücksichtigung von Leistung und Gegenleistung einem Fremdvergleich standhält.
85Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
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