Urteil vom Finanzgericht Münster - 14 K 4010/99 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
3Der Kläger erzielt als Oberstudiendirektor und Schulleiter eines Gymnasiums Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Neben den Verwaltungsaufgaben, die ihm als Schulleiter obliegen, trifft den Kläger eine Unterrichtsverpflichtung. Er gibt wöchentlich acht Stunden Unterricht in den Fächern *********und *****************************.
4In seinem Einfamilienhaus nutzt der Kläger ein 12,92 qm großes Zimmer als häusliches Arbeitszimmer. Die Aufwendungen dafür ermittelte er mit 4.287 DM.
5In der Einkommensteuererklärung 1997 machte der Kläger für das Arbeitszimmer einen Werbungskostenabzug in Höhe von 2.400 DM geltend. Der Beklagte erkannte diese Aufwendungen mit Einkommensteuerbescheid 1997 vom 18.02.1999, geändert durch Bescheid vom 22.03.1999, nicht an.
6Die Kläger legten dagegen Einspruch ein. Der Kläger trug vor, die ausschließliche Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte sei in seinem Dienstzimmer nicht möglich. Er könne dort wegen der Besuche, Besprechungen, Empfänge und Briefings während der Schultage nicht ungestört arbeiten. Auch reiche der Raum kaum aus, die Akten und Schriften unterzubringen, die für die Abwicklung der Dienstgeschäfte permanent zur Verfügung stehen müßten. Die umfassende Literatur für die Unterrichtsvorbereitung, für Korrekturen und für die Arbeiten im Zusammenhang mit der Schulentwicklung könne er dort nicht integrieren. Diese befinde sich in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Er müsse die Abende, Wochenenden und Ferientage für die Wahrnehmung der dienstlichen Arbeit nutzen. Dabei bestehe keine Möglichkeit, das Dienstzimmer separat zu heizen. Auch die vorhandene Alarmanlage müsse, wenn er sich in seinem Dienstzimmer aufhalte, komplett deaktiviert werden.
7Der Beklagte hat am 05.05.1999 das Dienstzimmer des Klägers in der Schule in Augenschein genommen. Darüber wurde folgender Aktenvermerk gefertigt:
8"Feststellungen
9Es handelt sich bei dem Arbeitsplatz des Steuerpflichtigen um einen vom übrigen Gebäude abgeschlossenen Raum (kein Durchgangszimmer) mit ca. 30-40 qm Nutzfläche.
10Ausgestattet ist das Zimmer mit Schreibtisch, PC, Telefon, Regalen - eine kleine Sitzgruppe wird für Besprechungen mit Lehrern und Schülern genutzt. An diesen Besprechungen nimmt Herr **********als Schulleiter teil. Nur in zu vernachlässigenden Einzelfällen finden Besprechungen ohne ihn statt.
11Die Größe des Raumes ermöglicht auch die Aufnahme der für die Unterrichtsvorbereitung erforderlichen Literatur.
12Die Heizung kann nur traktweise geschaltet werden.
13Die Alarmanlage kann nur an der Pförtner-Loge von außen "scharf" gestellt werden."
14Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 09.06.1999, Auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
15Die Kläger haben am 24.06.1999 Klage erhoben. Sie wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führen sie aus, die Auffassung des Beklagten, der Kläger könne die in seinem häuslichen Arbeitszimmer aufbewahrte Literatur, Lexika usw. in seinem Dienstzimmer unterbringen, treffe nicht zu. Diese Möglichkeit bestünde allenfalls dann, wenn durchgängig Regale bis zur Decke angebracht würden. Da das Zimmer in gewisser Weise auch Repräsentationszwecken diene, wäre dies nicht angemessen. Hinsichtlich der Heizungsanlage sei zu berücksichtigen, daß sein Dienstzimmer nicht allein, sondern nur zusammen mit 50% der Gesamtfläche beheizt werden könne. Sei die Heizung in den Ferien in der Winterzeit heruntergefahren, bedürfe es einer Vorlaufzeit von etwa zwei Tagen, bis in seinem Dienstzimmer eine angemessene Temperatur herrsche. Die Benutzung des Arbeitszimmers in der Ferienzeit im Winter sei daher betriebswirtschaftlich unsinnig. Hinsichtlich der Alarmanlage verfüge jeder Lehrer über einen Schlüssel, der es ihm ermögliche, die Anlage an- oder abzuschalten. Bei Ausschalten der Anlage sei aber die Sicherheit des Lehrers, der sich in dem Gebäude aufhalte, nicht mehr gewährleistet. Die Anlage sei installiert worden, da Einbrüche in die Schule stattgefunden hätten.
16Die Kläger haben Lichtbilder des Dienstzimmers in der Schule vorgelegt, auf die verwiesen wird.
17Die Kläger beantragen,
18den Einkommensteuerbescheid 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 09.06.1999 zu ändern und bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten von 2.400 DM zu berücksichtigen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Er beruft sich auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.
22Entscheidungsgründe:
23Die Klage ist nicht begründet.
24Der Beklagte hat die Aufwendungen für das Arbeitszimmer zu Recht nicht als Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt.
25Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 EStG dann nicht, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Diese Beschränkung des Werbungskostenabzugs ist formell und materiell verfassungsgemäß (vgl. Bundesfinanzhof -BFH- Urteil vom 23.09.1999 VI R 74/98, BStBl. II 2000, 7, Urteil vom 21.11.1997 VI R 4/97, BStBl. II 1998, 351, Urteil vom 27.09.1996 VI R 47/96, BStBl. II 1997, 68; Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 07.12.1999 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162).
26Vorliegend greift die erste Alternative der Ausnahmeregelung nicht ein. Die Kläger tragen selbst vor, daß die Nutzung des Arbeitszimmers durch den Kläger nicht mehr als 50 v.H. seiner gesamten beruflichen Tätigkeit ausmacht.
27Aber auch die zweite Alternative der Ausnahmeregelung liegt nicht vor. Dem Kläger stand für die berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Frage, ob dem Steuerpflichtigen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist tätigkeitsbezogen vorzunehmen. Dabei sind objektive Gesichtspunkte maßgebend. Umstände, die in der Person des Steuerpflichtigen begründet sind (z.B. persönliche Arbeitsweise, familiäre Situation, subjektive Erwägungen zur Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes), sind unerheblich (vgl. FG Bremen, Urteil vom 20.10.1999 499o57 K 3, EFG 2000, 115, FG Köln, Urteil vom 18.12.1997 8 K 6366/97, EFG 1998, 866, FG Münster, Urteil vom 31.05.1999 14 K 8293/98, EFG 2000, 486, Urteil vom 17.08.1999 15 K 6627/97 E, EFG 1999, 1278, Urteil vom 28.10.1998 13 K 2819/97 E, Urteil vom 20.03.1998 4 K 2953/97 E, EFG 1998, 1054; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.07.1998 2 K 2013/97, EFG 1999, 159).
28Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger für seine berufliche Tätigkeit einen nach objektiven Kriterien geeigneten Arbeitsplatz in der Schule.
29Zwar stellen weder das Lehrerzimmer noch die Unterrichtsräume einen die Abzugsfähigkeit des häuslichen Arbeitszimmers ausschließenden Arbeitsplatz dar. Der Kläger verfügte jedoch in der Schule über ein von den übrigen Räumen abgetrenntes Dienstzimmer. Dieses Zimmer ist für die Erfüllung der dienstlichen Arbeit des Klägers, und zwar sowohl als Lehrer als auch als Schulleiter, objektiv geeignet. Dem Kläger ist es nicht verwehrt, das Dienstzimmer neben den Vormittagen und Nachmittagen -sollte es erforderlich sein- auch an den Abenden, Wochenenden und in den Ferien zu nutzen. Es besteht die Möglichkeit, das Dienstzimmer auch in dieser Zeit zu heizen. Selbst bei einer Mitbeheizung weiterer Flächen rechtfertigen die dadurch entstehenden Kosten es nicht, das Dienstzimmer als objektiv ungeeignet anzusehen. Auch die Alarmanlage hindert den Kläger nicht an der Nutzung des Zimmers. Der Kläger kann, wie jeder andere Lehrer der Schule, die Alarmanlage selbst an- und abschalten. Schließlich ist auch davon auszugehen, daß der Kläger die für die Unterrichtsvorbereitung benötigten Unterlagen in seinem Dienstzimmer unterbringen kann. Nach den von dem Kläger vorgelegten Lichtbildern stehen dort noch Flächen für Schränke/ Regale zur Verfügung. Sollten diese, wie der Kläger meint, bis zur Decke reichen müssen, steht dies der Verfügbarkeit als Arbeitsplatz nicht entgegen. Eine solche Einrichtung des Raums ist sowohl dem Kläger als auch seinen Gesprächspartnern zuzumuten.
30Arbeitete der Kläger gleichwohl im häuslichen Arbeitszimmer, beruhte dies auf für die Beurteilung nicht maßgebenden subjektiven Erwägungen zur Annehmbarkeit seines Arbeitsplatzes (Sicherheitsbedürfnis, Konzentration).
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
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Referenzen
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