Urteil vom Finanzgericht Münster - 11 K 2207/00 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
1
G r ü n d e:
2Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Arbeitszimmeraufwendungen.
3Die verheirateten Kläger (Kl.) werden zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Die Klägerin (Klin.) ist als Altenpflegerin nichtselbständig tätig. Darüber hinaus erzielt sie aus den in ihrem Alleineigentum stehenden bebauten Grundstücken in A.
4F. 29 (Zweifamilienhaus)
5B. 16 (gemischt-genutztes Grundstück)
6C. 44 (Mietwohngrundstück)
7Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV.).
8In der ESt-Erklärung 1997 gab die Klin. an, in dem selbstgenutzten Einfamilienhaus D. 78 a in G. für die Verwaltung der o.g. Häuser ein Arbeitszimmer eingerichtet zu haben. Sie machte neben den sonstigen Bürokosten auf das Arbeitszimmer entfallende Kosten in Höhe von 3.944,38 DM als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus VuV. geltend.
9Im ESt-Bescheid 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 9.3.2000 ging der Beklagte (Bekl.) davon aus, daß die Arbeitszimmeraufwendungen grundsätzlich mit 2.400 DM als WK zu berücksichtigen seien. Da jedoch bei der Einkunftsermittlung für das Haus F. 29 die WK nach § 9 a Ziffer 2 EStG pauschal ermittelt worden seien, sei der für das Arbeitszimmer berücksichtigungsfähige Betrag um den auf dieses Gebäude entfallenden Anteil von 18 % auf 1.968 DM zu kürzen.
10Die Kl. erhoben mit Schreiben vom 7.4.2000 gegen die EE Klage. Sie vertreten die Auffassung, die Arbeitszimmerkosten seien mit 3.235 DM als WK zu erfassen:
11angefallene Kosten 3.945 DM
12Kürzung um 18 % 710 DM
13verbleibender abziehbarer Betrag 3.235 DM
14Eine Begrenzung der Aufwendungen scheide aus, da das Arbeitszimmer nicht unter § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG falle. Es handele sich um einen Raum, von dem aus ausschließlich die Hausverwaltung (private Vermögensverwaltung) betrieben werde. Die Einordnung als häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG) komme nur in Betracht, wenn für die konkrete Tätigkeit, der das Zimmer diene, eine außerhäusliche Schwerpunkt-Arbeitsstätte vorhanden sei. Für die Hausverwaltung der Klin. gebe es keine andere Arbeitsstätte.
15Im übrigen führe die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b letzter Halbsatz EStG zur Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, deren Einkommen sich aus mehreren Einkommensquellen zusammensetze, gegenüber Steuerpflichtigen, deren Einkommen aus einer Tätigkeit herrühre.
16Selbst wenn die Rechtsauffassung des Bekl. als zutreffend angesehen werde, sei der Begrenzungsbetrag von 2.400 DM ungekürzt anzusetzen. Die vom Bekl. vorgenommene Kürzung um 18 % sei systemwidrig und vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt. Nach der Systematik von § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG seien die abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM zu begrenzen. Abziehbar seien die Aufwendungen, die nach Abzug des auf das Haus F. entfallenden Anteils der Aufwendungen von den Gesamtausgaben für das Zimmer verblieben. Im Streitfall seien das 3.235 DM (Gesamtausgaben 3.945 DM ./. 18 % - 710 DM). Dieser Betrag sei auf 2.400 DM zu begrenzen.
17Die Kl. beantragen,
18den ESt-Bescheid 1997 in Gestalt der EE vom 9.3.2000 zu ändern und die ESt 1997 unter Berücksichtigung von Arbeitszimmeraufwendungen in Höhe von 3.235 DM bei der Ermittlung der Einkünfte der Klin. aus VuV. niedriger festzusetzen.
19Der Bekl. beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung verweist er in Ergänzung zur EE auf das Urteil des BFH vom 23. September 1999 (VI R 74/98, BStBl II 2000, 7). Danach sei aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG ("Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung") keine Einzelbetrachtung der Tätigkeiten vorzunehmen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Kl. vom 21.6.2000, das Schreiben des Bekl. vom 14.7.2000 und auf die ESt-Akte Bezug genommen.
23Der Senat entscheidet nach § 94 a FGO bei einem Streitwert von 380 DM ohne mündliche Verhandlung, weil ihm dies angesichts des Streitstoffes angemessen erscheint.
24Die Klage ist unbegründet.
25Der Bekl. hat die Arbeitszimmeraufwendungen zutreffend mit 1.968 DM als WK bei den Einkünften der Klin. aus VuV. angesetzt.
26§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG beschränkt den WK-Abzug für Arbeitszimmeraufwendungen in verfassungsmäßig nicht zu beanstandender Weise dem Grunde und der Höhe nach (BFH, Urteil vom 21. November 1997 VI R 4/97, BStBl II 1998, 351; Urteil vom 23. September 1999 VI R 74/98, BStBl II 2000, 7 m.w.N.). Nach dieser Regelung gilt die Beschränkung der Aufwendungen auf 2.400 DM nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. Ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, ist nicht isoliert für einzelne Tätigkeiten, sondern nur für sämtliche Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zu bestimmen (BFH, Urteil vom 23. September 1999 VI R 74/98, a.a.O.). Die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG rechtfertigt sich für ein häusliches Arbeitszimmer durch die Berührung mit der privaten Lebensführung und die damit verbundene fehlende Kontrollmöglichkeit der Nutzung durch die Finanzbehörden (BFH, Urteil vom 21. November 1997 VI R 4/97, a.a.O.). Auf diesem Hintergrund fallen jedenfalls vom Steuerpflichtigen selbst genutzte Büroräume, die einen Teil seiner Wohnung bilden und dadurch in seine private Sphäre eingebunden und zugleich der Kontrollmöglichkeit der Finanzbehörde entzogen sind, in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG. Ob die Abzugsbeschränkung gilt, ist für Büroräume aufgrund der Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (BFH, Urteil vom 23. September 1999 VI R 74/98, a.a.O.).
27Nach diesen Grundsätzen fallen die Aufwendungen der Klin. für das im selbstgenutzten Einfamilienhaus G., D. 78 a eingerichtete Arbeitszimmer unter die Abzugsbeschränkung nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG.
28Es handelt sich zwar um ein separates Zimmer. Es ist jedoch nicht vorgetragen oder erkennbar, daß es - etwa durch einen gesonderten Eingang - von der Wohnung der Kl. besonders abgetrennt ist, so daß von einer räumlichen Einbindung in die private Lebenssphäre auszugehen ist. Die Klin. nutzt den Raum nach ihrem Vortrag ausschließlich für Zwecke der Hausverwaltung. Dabei handelt es sich um eine Tätigkeit, die den Kernbereich der Nutzung eines typischen Arbeitszimmers ausmachten.
29Fällt aber das Arbeitszimmer der Klin. in den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, ist der Bekl. zutreffend davon ausgegangen, daß die Arbeitszimmeraufwendungen nur in begrenztem Umfang als WK zu berücksichtigen sind. Das Arbeitszimmer bildet nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Klin. im Sinne der o.g. Rechtsprechungsgrundsätze. Neben der Verwaltung ihrer Grundstücke arbeitet sie nach ihren Angaben in der ESt-Erklärung an 250 Tagen des Jahres als Altenpflegerin, so daß die Hausverwaltung offensichtlich nicht den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit bildet.
30Der Bekl. hat auch zu Recht den Begrenzungsbetrag um 18 % gekürzt, weil für das Grundstück F. 29 die WK pauschaliert (§ 9 a Ziffer 2 EStG) geltend gemacht worden sind. Der Kürzungsprozentsatz ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Sie streiten lediglich darüber, ob der Begrenzungsbetrag oder der tatsächlich angefallene Aufwand zu kürzen ist. Durch die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG soll der Abzug der Arbeitszimmeraufwendungen auf 2.400 DM begrenzt werden. Dieser Anforderung wird das Vorgehen des Bekl. gerecht. Die Aufwendungen sind mit 2.400 DM erfaßt, und zwar mit dem WK Ansatz von 1.968 DM und im übrigen im Rahmen der WK-Pauschalierung bei der Ermittlung der Einkünfte aus dem Haus F. 29. Demgegenüber würde die Berechnungsmethode der Kl. zu einer § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG widersprechenden Berücksichtigung der Arbeitszimmeraufwendungen von mehr als 2.400 DM führen (2.400 DM + anteilig in der Pauschalierung der WK abgegoltener Betrag).
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.