Urteil vom Finanzgericht Münster - 10 K 2199/00 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
1
G r ü n d e:
2Streitig ist, ob eine steuerbegünstigte Veräußerung eines Teilbetriebes i.S.d. § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegt.
3Der Kläger erzielte seit Jahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG aus einer von ihm in B. und in einer Niederlassung in E. betriebenen Fahrschule.
4In der Niederlassung in E. waren gemietete Räumlichkeiten mit Anmelde- und Unterrichtsmöglichkeiten für die aus E. stammenden Fahrschüler vorhanden. Die Fahrschüler aus E. wurden vom Kläger selbst oder einem angestellten Fahrlehrer dort abgeholt, die Unterrichtsfahrten aber überwiegend in L. durchgeführt. Die im Betriebsvermögen des Klägers vorhandenen Fahrzeuge (3 Pkw Golf, 1 Mofa und 2 Motorräder) waren nicht einer Niederlassung direkt zugeordnet.
5Mit Vertrag vom 28.11.1996 veräußerte der Kläger die Niederlassung in E. mit Wirkung zum 01.01.1997 an den bisher als Arbeitnehmer beschäftigten Fahrlehrer C.. Der Kaufpreis von 20.000 DM setzte sich aus 4.000 DM für Mobiliar, 13.000 DM für Unterrichtsausstattung und 3.000 DM Abstandszahlung für vorhandene Fahrschüler zusammen. Fahrschulfahrzeuge wurden nicht mitveräußert. Der Erwerber C. trat außerdem in den für die Räumlichkeiten in E. bestehenden Mietvertrag ein.
6In der Einkommensteuererklärung für 1997 (Streitjahr) erklärten die Kläger aus der Veräußerung einen Gewinn i.H.v. 19.998 DM und beantragten in dieser Höhe vergeblich die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 4 EStG.
7Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage trägt der Kläger vor, bei der Fahrschule in E. habe es sich um einen Teilbetrieb i.S.d. § 16 EStG gehandelt.
8Es hätten selbständige örtliche Wirkungsbereiche seiner Fahrschule vorgelegen, da die Räumlichkeiten in E. und B., in denen der theoretische Fahrunterricht erteilt worden sei und in denen sich die Fahrschüler zum Unterricht angemeldet hätten, so weit voneinander entfernt lägen, daß im Regelfall Einwohner des einen Ortes nur als Schüler des dort gelegenen Teils der Fahrschule in Betracht gekommen wären.
9Es liege auch eine Teilbetriebsveräußerung vor, da er die Fahrschule in E. mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert habe. Daß auf ausdrücklichen Wunsch des Erwerbers kein Fahrschulfahrzeug mitveräußert worden sei, sei unerheblich, da Fahrzeuge für die Betriebsfortführung kein besonderes wirtschaftliches Gewicht hätten und daher nicht als wesentliche Grundlage eines Fahrschulbetriebes angesehen werden könnten. Dem Erwerber sei es jederzeit problemlos möglich gewesen, ein Fahrschulfahrzeug zu erwerben oder anzumieten und die Fahrschule auch ohne Erwerb eines Fahrschulfahrzeugs vom Kläger weiterzuführen. Dem stehe nicht entgegen, daß ein Fahrschulfahrzeug für Schulungszwecke umgerüstet werden müsse, da für diese Umrüstung lediglich Kosten zwischen 500 und 800 DM aufzuwenden seien. Insoweit komme der Eignung als Fahrschulfahrzeug keine spezielle wirtschaftliche Bedeutung zu. Die Kläger beantragen,
10die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 10.03.2000 aufzuheben und die Einkommensteuer 1997 von 20.800 DM um 6.244 DM auf 14.556 DM herabzusetzen
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme einer steuerbegünstigten Veräußerung eines Teils des der selbständigen Arbeit dienenden Vermögens lägen nicht vor. Im Streitfall fehle es an einer organisatorisch in zwei selbständige Teilbetriebe aufgeteilten Tätigkeit des Klägers, da der Niederlassung in E. kein Fahrschulfahrzeug zugeordnet worden sei. Ein Fahrzeug sei aber wesentliche Grundlage für die Führung einer Fahrschule, da die Unterrichtung von Fahrschülern ohne jede praktische Ausbildung nicht denkbar erscheine.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die Schriftsätze der Klägervertreter vom 25.05.2000 und des Beklagten vom 15.06.2000 Bezug genommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
15Die Klage ist nicht begründet.
16Der Beklagte hat den Gewinn aus der Veräußerung der Niederlassung in E. zutreffend nicht als Teilbetriebsveräußerung begünstigt besteuert.
17Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens (Praxis) oder eines selbständigen Teils des Vermögens (Teilpraxis) erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient. In diesem Falle gilt u.a. § 16 Abs. 2 bis 4 EStG entsprechend (§ 18 Abs. 3 Satz 2 EStG); der Veräußerungsgewinn wird, soweit er hiernach nicht steuerfrei bleibt, mit den ermäßigten Sätzen des § 34 Abs. 1 EStG besteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Nach der Rechtsprechung des BFH kommt in Fällen, in denen, wie im Streitfall, eine sachlich einheitliche Praxis mit gleichartiger Tätigkeit ausgeübt wird, die Annahme einer Teilpraxisveräußerung in Betracht, wenn die Praxis im Rahmen selbständiger Büros mit besonderem Personal, die sich in der Regel, aber nicht unbedingt an verschiedenen Orten befinden, in voneinander entfernten örtlichen Wirkungsbereichen mit getrennten Kundenkreisen ausgeübt wird. Eine steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung setzt dann die Veräußerung des einen Büros samt den Kundenbeziehungen und die völlige Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit in dem dazugehörigen örtlich abgegrenzten Wirkungsbereich voraus. Die Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungsbereich ist deshalb unbedingt erforderlich, weil es in diesem Falle gerade der eigene, von der übrigen Praxis abgegrenzte örtliche Wirkungsbereich ist, der dem organisatorisch selbständigen Büro trotz der sachlich einheitlichen freiberuflichen Praxis das Gepräge einer selbständigen Teilpraxis verleiht (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.1989 - IV R 120/88, BStBl II 1990, 55, BFHE 158, 257 m.w.N.)
18Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt im Streitfall keine Veräußerung selbständigen Teilbetriebes vor.
19Der Senat verkennt dabei nicht, daß sich die organisatorische Selbständigkeit der Betriebsteile einer Fahrschule im wesentlichen daraus ergibt, daß Schulungsräume mit entsprechenden Anmeldemöglichkeiten und Unterrichtsmöglichkeiten an verschiedenen Orten vorhanden sind. Hinzu kommen muß aber, daß an jedem Platz auch die erforderlichen Fahrzeuge für den praktischen Unterricht zur Verfügung
20stehen. Dies war im Streitfall nicht gewährleistet, da - anders als in dem dem BFH-Urteil in BStBl. I 1990, 55 zugrundeliegenden Fall - mit der Fahrschule in E. kein Fahrzeug und damit kein selbständiger, aus sich heraus lebensfähiger Teilbetrieb veräußert wurde. Entgegen der Auffassung der Kläger gehört aber bei einer Fahrschule zumindest ein Schulungsfahrzeug zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, da ansonsten die Durchführung des erforderlichen praktischen Unterrichts nicht möglich ist.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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