Urteil vom Finanzgericht Münster - 8 K 7131/01 F
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
1
T a t b e s t a n d :
2Zu entscheiden ist, ob Verlustanteile von Kommanditisten den Verlustabzugs- und Verlustausgleichsbeschränkung des § 15 a EStG unterliegen. Die Klägerin ist Komplementärin einer Kommanditgesellschaft (KG) - T - V T GmbH &Co. KG -. Als alleinige Kommanditisten sind zwei Gesellschafter mit einem Festkapital (Kommanditkapital) von jeweils 475.000,00 DM beteiligt. Diese Beträge sind auch im Handelsregister eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag vom 03.01.1985 weist keine höhere Kommanditbeteiligung aus. Am 16.04.1997 beschlossen die Gesellschafter, den negativen Ergebnisanteil für das Geschäftsjahr 1997/1998 (es besteht ein abweichender Gewinnermittlungszeitraum; er endet jeweils zum 31.01. eines jedes Jahres) durch die Gesellschafter in der Weise zu tragen, dass der Verlust unmittelbar auf den Privatkonten der Gesellschafter gebucht wird. Nach diesem Beschluss übernehmen die Gesellschafter in dieser Höhe eine Nachschusspflicht. Mit weiterem Gesellschafterbeschluss vom 15.12.1999 wird der Jahresfehlbetrag in Höhe von 659.860,40 DM jeweils hälftig auf die beiden Kommanditisten verteilt und entsprechend des Gesellschafterbeschlusses vom 16.04.1997 den Gesellschafterdarlehenskonten belastet. Hinsichtlich des Geschäftsjahres 1998/1999 ist am 05.04.1998 ein weiterer Beschluss gefasst worden. Danach führt jeder Kommanditist einen Betrag von 200.000,00 DM einer Kapitalrücklage zu. Die Gesellschafter übernehmen in dieser Höhe eine Nachschusspflicht. Auch das Geschäftsjahr 1998/1999 schloss mit einem Verlust ab, und zwar in Höhe von 884.768,96 DM, der hälftig auf die beiden Kommanditisten verteilt wurde. Entsprechend der genannten Beschlüsse wurde für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 der Verlust zum 31.03.1998 in Höhe von 659.860,40 DM jeweils hälftig auf Gesellschafterdarlehen der beiden Kommanditisten verteilt - jeweiliger Darlehensbetrag 329.930,20 DM. Für das folgende Wirtschaftsjahr 1998/1999 wurde der Verlust von 884.768,96 DM auf die beiden Kommanditisten ebenfalls hälftig verteilt, und zwar in der Weise, dass für jeden Kommanditisten eine Kapitalrücklage in Höhe von 200.000,00 DM gebildet wurde und jeweils Gesellschafterdarlehen in Höhe von 242.384,84 DM ausgewiesen sind. Die KG berücksichtigte die genannten Buchungen auch steuerlich. Sie errechnet unter Berücksichtigung von Festkapitalanteilen, Verlustvortrag, jeweiligen Verlustanteilen, Gesellschafterdarlehen, Kapitalrücklagen und dem Kapital in Ergänzungsbilanzen für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 ein positives Kommanditkapital in Höhe von insgesamt 289.000,00 DM, jeweils hälftig verteilt auf die beiden Kommanditisten, und für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 ein positives Kommanditkapital in Höhe von insgesamt 239.000,00 DM, jeweils hälftig verteilt (2 X 119.500,00 DM) auf die beiden Kommanditisten. Die jeweiligen, auf die Kommanditisten entfallenden Verlustanteile der beiden Wirtschaftsjahre wurden in voller Höhe als steuerlich abzugsfähige Verluste in den Feststellungserklärungen behandelt. Der Beklagte folgte dieser Berechnung nicht. Vielmehr wurden mit den Gewinnfeststellungen durch die Bescheide vom 19.09.2000 für das Jahr 1998 und vom 25.09.2000 für 1999 - der letzte Bescheid wurde nochmals mit Bescheid vom 11.06.2001 wegen eines hier nicht streitigen Punktes geändert - die geltend gemachten Verluste nicht als sofort abzugsfähige Verluste der Kommanditisten anerkannt. Die Gewinnfeststellungen wurden außerdem mit Feststellungen nach § 15 a EStG verbunden. Nach diesen Feststellungen beträgt der nicht ausgleichs- und abzugsfähige Verlust jedes Kommanditisten 211.520,00 DM für das Jahr 1998 und 312.384,00 DM für 1999 - zusammen ergibt sich damit zum Schluss des Jahres 1999 ein verrechenbarer Verlust für jeden Kommanditisten in Höhe von 523.904,00 DM. Im Übrigen folgte der Beklagte den Angaben in den Steuererklärungen. Die gegen die abweichenden Feststellungen gerichteten Einsprüche waren erfolglos. Sie wurden mit Einspruchsentscheidung vom 23.11.2001 als unbegründet zurückgewiesen. Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, die Gewinnfeststellungen für die Streitjahre 1998 und 1999 wie beantragt vorzunehmen, also ohne die Einschränkungen nach § 15 a EStG. Im Wesentliche wird dazu vorgetragen, die Regelung des § 167 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB), nach der der Kommanditist an den Verlusten nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles teilhabe, sei abdingbar. Hiervon hätten die Kommanditisten durch die Gesellschafterbeschlüsse Gebrauch gemacht. Sie hätten die Verluste dadurch übernommen, dass entsprechende Forderungen gegen sie in den Handelsbilanzen ausgewiesen worden seien. Die entsprechenden Verpflichtungen seien als Einlagen anzusehen. Hierdurch werde bewirkt, dass die von den Kommanditisten dadurch übernommenen Verluste nicht mehr der Abzugsbeschränkung des § 15 a EStG unterlägen, denn die Verlustübernahme bedeute eine endgültige und unbedingte Vermögensminderung der Kommanditisten. Unbeachtlich sei, ob sich ein Kommanditist im Regelfall der Nachschusspflicht entziehen könne bzw. dass im Regelfall keine Nachschusspflicht über den Betrag der geleisteten Pflichteinlage hinaus bestehe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 06.12.2001 Bezug genommen. Die Klägerin beantragt, die Feststellungsbescheide nach § 15 a EStG für die Jahre 1998 und 1999 vom 19.09. und 25.09.2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2001 aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide für 1998 und 1999 in der Weise zu ändern, dass die erklärten Verluste ohne Einschränkung nach § 15 a EStG auf die Kommanditisten verteilt werden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2001 trägt er im Wesentlichen vor, § 15 a EStG beschränke die Teilhabe des Kommanditisten am Verlust der Gesellschaft auf seinen Kapitalanteil im Sinne des § 167 Abs. 3 HGB (Festkapitalanteil) und eine eventuell noch rückständige Einlage. Die Gesellschafterbeschlüsse führten im Streitfall nicht zu einer derartigen Einlage. Sie enthielten lediglich eine Einlageverpflichtung. Erst wenn die Nachschüsse tatsächlich gezahlt würden, könne eine entsprechende Verlustberücksichtigung erfolgen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die für die Streitjahre eingereichten Bilanzen und Steuererklärungen Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16.01.2003 verwiesen.
3- E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist nicht begründet.
5Der Senat legt die Einsprüche, die Einspruchsentscheidung und die Klage unter Berücksichtigung des darin erkennbaren Begehrens als Rechtsmittel gegen die Gewinnfeststellungen und die Feststellungen nach § 15 a EStG aus. Die Überprüfung der Feststellungen zu den Streitjahren (1998 und 1999) ist daher nicht durch die teilweisen Bindungswirkungen der Feststellungen nach den §§ 182 Abs. 1 und 175Abs. 1 Nr. 1 AO eingeschränkt (vgl. z.B. BFH - Urteil Vom 23. Januar 2001, VIII R 30/99, BStBl. II 2001, 621, 622). Die angefochtenen Feststellungsbescheide sind jedoch rechtmäßig, weil trotz der Gesellschafterbeschlüsse und der buchmäßigen Übernahme der Verluste der KG durch die Kommanditisten bei jedem der Kommanditisten aufgrund der bestehenden Verlustvorträge negative Kapitalkonten entstehen. Nachschussverpflichtungen, die lediglich in Form der buchmäßigen Kapitalrücklage und in Form buchmäßiger Gesellschafterdarlehen erbracht werden, erhöhen nicht den ausgleichsfähigen Verlust von Kommanditisten.
6Nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der Anteil eines Kommanditisten am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder nach § 10 d EStG abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Ein hiernach nicht berücksichtigungsfähiger, so genannter verrechenbarer Verlust (§ 15 a Abs. 4 Satz 1 EStG) mindert jedoch gemäß § 15 a Abs. 2 EStG die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind. Entnahmen können dieses Ergebnis ebenfalls beeinflussen, soweit dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (§ 15 a Abs. 3 EStG).
7Sinn und Zweck dieser Regelung ist, die Berücksichtigung von Verlusten beschränkt haftender Unternehmer steuerlich einzugrenzen. Maßgebend hierfür ist grundsätzlich der zum jeweiligen Bilanzstichtag des Jahres der Verlustentstehung gegebene Haftungsumfang. Dieser ergibt sich aus dem am Bilanzstichtag gegebenen Betrag der Außenhaftung, wie sie grundsätzlich aus der entsprechenden Eintragung in das Handelsregister erkennbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226, 230 und vom 11. Dezember 1990, VIII R 8/87, BStBl. II 1992, 232, jeweils m. w. N.).
8Ein Kommanditist nimmt nach § 167 Abs. 3 HGB am Verlust der Kommanditgesellschaft nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles und seiner noch rückständigen Einlagen teil. Seine Haftung bestimmt sich nach § 172 HGB grundsätzlich nach der Eintragung in das Handelsregister. Maßgebend ist der dort eingetragene Betrag. Dieser beträgt im Streitfall für jeden Kommanditisten 475.000,00 DM und ist infolge der Beschlüsse nicht verändert worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Sonderfall der Einlageerhöhung nach § 172 Abs. 2 HGB vorliegt, bestehen nicht. Eine darüber hinausgehende Einlage kann zwar grundsätzlich auch im Rahmen des § 15 a EStG zu einer höheren Verlustbeteiligung führen, weil dadurch das Kapitalkonto des Kommanditisten betroffen sein kann. Das gilt jedenfalls für Einlagen, die im Jahr der Verlustentstehung geleistet wurden (vgl. in diesem Sinne zuletzt: FG Köln, Urteil vom 27. Juni 2001, 5 K 6631/00, EFG 2001, 1195, Revision eingelegt: BFH VIII R 32/01). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann jedoch aus Sinn und Zweck des § 15 a EStG nicht jede handelsrechtliche Einlage auch als Einlage im Sinne des § 15 a EStG gewertet werden. Erforderlich ist vielmehr, dass auch die Haftungsgrundlage für einen eventuellen Gläubiger tatsächlich sofort erhöht wird. Das ist nur dann der Fall, wenn diese Einlage auch tatsächlich geleistet wurde. Die bloße Verpflichtung zu einer derartigen Einlage reicht daher nicht aus (vgl. in diesem Sinne bereits BFH - Urteil vom 14, Dezember 1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226, 228 mit Hinweis auf die Erfolgsneutralität dieses Vorganges). Dieser Grundsatz gilt für jede Art der Einlage, die über das im Handelsregister eingetragene Haftkapital hinausgeht (vgl. in diesem Sinne BFH-Urteile vom 28. März 2000, VIII R 28/98, BStBl. II 2000, 347, vom 16. Dezember 1997, VIII R 76/93, BFH/NV 1998, 576, vom 7. Oktober 1997, VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823, vom 14. Dezember 1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 und vom 11. Dezember 1990, VIII R 8/87, BStBl. II 1992, 232).
9Aus diesem Grunde reicht die schlichte buchmäßige Verlustübernahme in besonderen Bilanzpositionen nicht aus, die Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung des § 15 a EStG zu verhindern. Das gilt sowohl für die kompensierende Einbuchung einer Kapitalrücklageforderung an die Gesellschafter, als auch für die buchmäßige Ausweisung eines besonderen Gesellschafterdarlehens zum Ausgleich des Verlustes. Zwar ist der Klägerin zuzustimmen, dass derartige Forderungen auch Wirtschaftsgüter im Sinne des Steuerrechtes sind, so dass sie grundsätzlich auch einlagefähig sind. Wie ausgeführt, stellt § 15 a EStG für die Einschränkung der Verlustabzugsbegrenzung durch eine Einlage aber zusätzlich die Forderung auf, dass diese Einlage auch tatsächlich geleistet wurde, wenn es sich nicht um eine Einlageverpflichtung handelt, die durch die Eintragung des Haftungsumfanges eine Kommanditisten im Handelsregister abgedeckt ist. Eine derartige Einlage ist daher erst dann geleistet, wenn dem Gesellschaftsvermögen das entsprechende Einlagekapital tatsächlich auch zugeflossen ist, denn die "Deckungsunterlage für die Gläubiger", an der sich die Regelung des § 15 a EStG ausrichtet, wird nur dadurch auch erhöht (vgl. BFH-Urteile vom 11. Dezember 1990, VIII R 8/87, BStBl. II 1992, 232, 233, vom 14. Dezember 1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 und vom 28. März 2000, VIII R 28/98, BStBl. II 2000, 347).
10Im Streitfall sind die genannten Voraussetzungen für eine Einlagerhöhung nicht erfüllt, denn weder die buchmäßig ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen, noch die entsprechenden Kapitalrücklagen der Gesellschafter sind tatsächlich von den Kommanditisten geleistet worden.
11Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
12Angesichts dieser Entscheidung, ist der schriftsätzlich gestellte Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, gegenstandslos.
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