Beschluss vom Finanzgericht Münster - 15 V 913/05 F
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
1
G r ü n d e:
2I.
3Streitig ist, ob die Antragstellerin (Astin.) eine Genossenschaft im Sinne von § 17 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) ist.
4Die Astin. wurde am 16.10.2002 gegründet und am 08.09.2003 im Genossenschaftsregister eingetragen. Das Risikokapital in Höhe von 50.000 Euro wurde darlehnsweise ohne Verzinsung durch eine aus den Eheleuten Q bestehenden GbR zur Verfügung gestellt. Gemäß § 2 ihrer Satzung bezweckt die Astin. "eine gute, sichere und soziale verantwortbare Wohnraumversorgung der Mitglieder der Genossenschaft, verbunden mit der Möglichkeit, genossenschaftlichen Wohnraum zu erwerben. Insbesondere sollen die Mitglieder und deren nahe Angehörige im Sinne des § 15 AO und § 17 EigZulG durch eine entsprechende Versorgung gefördert werden." Gemäß § 12 Ziffer 2 d) der Satzung hat jedes Mitglied das "unwiderrufliche und vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihm zu Wohnzwecken genutzten Wohnung, wenn die in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung dieser Wohnung schriftlich zugestimmt haben". Dieses Recht geht gemäß der Satzung (§ 8) im Falle des Todes auf den Erben über. Innerhalb der ersten 6 Monate des Geschäftsjahres, das gemäß § 42 der Satzung das Kalenderjahr ist, hat eine ordentliche Generalversammlung stattzufinden (§ 30 der Satzung). Gemäß § 43 der Satzung hat der Vorstand innerhalb von 5 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss und den Lagebericht (soweit gesetzlich erforderlich) für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Eine Bilanz der Astin. wurde bisher lediglich für das Gründungsjahr 2002 eingereicht. Diese Bilanz wurde im November 2003 erstellt und wies einen Fehlbetrag von 55.160,97 Euro aus. In 2002 waren 7 Genossen mit Einlagen von insgesamt 700 Euro beigetreten.
5In 2003 und vereinzelt in 2004 traten zahlreiche Mitglieder der Astin. bei. Ausweislich eines Schreibens der damaligen Bevollmächtigten der Astin., der U GmbH, vom 27.04.2004 an den Berater eines Genossenschaftsmitglieds wurde die erste Teilzahlung des Genossenschaftsanteils vom Initiator geleistet "ohne vertragliche Vereinbarung in der Erwartung, dass die Kunden am Ende der Laufzeit diese von ihren Guthaben zurückzahlen". Das Schreiben lautete weiter: "Bei allem Verdruß über eine möglicherweise falsche Beratung sollten die Kunden darauf hingewiesen werden, welche Vorteile ihnen entgehen, wenn sie jetzt kündigen. Wir denken, dass für eine Sozialhilfeempfängerin nach 8 Jahren die Auszahlung von 5.400 Euro ohne eigene Leistung viel Geld ist. Wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, bestehen wir nicht auf einer Mitgliedschaft. Soweit die Eigenheimzulage an uns gezahlt wurde, zahlen wir sie ans Finanzamt zurück".
6Die Astin. und später die U GmbH ließen sich ausweislich des Antragsschriftsatzes vom 21.2.2005 in der Sache 15 V 793/05 EZ die Eigenheimzulagenansprüche von Genossenschaftsmitgliedern abtreten. Nachdem die Wohnsitzfinanzämter diese Abtretungen wegen § 46 Abs. 4 AO nicht berücksichtigten und die Eigenheimzulage an die Genossen auszahlten, eröffnete die U GmbH aufgrund von mit den Genossen geschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen Konten bei einer Bank (S Bank in ...) und ließ sich darauf Kontokorrentkredite einräumen. Die Genossenschaftsrestanteile wurden sodann unter Inanspruchnahme der Kontokorrentkredite geleistet. Die Kontokorrentkredite sollten mit den ausgezahlten Eigenheimzulagen getilgt werden.
7Die Astin. wurde vom Antragsgegner (Ag.), dem Finanzamt ..., nach Beginn einer Außenprüfung, die aber noch nicht abgeschlossen ist, mit Schreiben vom 09.11.2004, 29.11.2004 und 31.12.2004 aufgefordert, mitzuteilen, wann mit der Investitionstätigkeit begonnen wurde, ob Wohnungen an Genossenschaftsmitglieder überlassen wurden, inwieweit die finanziellen Mittel für wohnungswirtschaftliche Zwecke verwandt wurden, einen Jahresabschluss für 2003 sowie einen Vermögensstatus und eine betriebswirtschaftliche Auswertung zum 30.09.2004 und eine Liste der Mitglieder mit Eintrittsdaten und Angabe der gezeichneten Anlagen, die Kontoauszüge für 2002 - November 2004 und einen Liquiditäts- Finanz- und Rentabilitätsplan vorzulegen.
8Die Astin. kaufte mit notariellen Verträgen vom 23.12.2004, 27.09.2004, 20.12.2004 mehrere bebaute Wohngrundstücke. Inwieweit diese Kaufverträge erfüllt wurden und wer die Wohnungen nutzt, ist nicht bekannt. Ein Kaufvertrag vom 05.11.2004 über verschiedene Miteigentumsanteile wurde wieder aufgehoben.
9Mit Bescheid vom 31.01.2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Eigenheimzulage, der der Astin. und der U GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die Astin. und die in der Anlage des Bescheids genannten Genossenschaftsmitglieder bekannt gegeben wurde, wurde festgestellt, dass die Astin. nicht die Anforderungen an eine Wohnungsbaugenossenschaft im Sinne von § 17 EigZulG erfüllt. Es wird auf den oben genannten Bescheid Bezug genommen. Dagegen legte die Astin. mit Schreiben vom 09.02.2005 und 16.02.2005 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Der AdV-Antrag wurde mit Bescheiden des Ag. vom 02.03.2005 und 04.03.2005 ab-gelehnt. Über den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid hat der Ag. noch nicht entschieden.
10Die Astin. beantragte bei Gericht die AdV des Feststellungsbescheides vom 31.01.2005. Sie trägt vor, die Auffassung des Antragsgegners, dass § 17 EigZulG einschränkend auszulegen sei, sei unzutreffend. Die Vorschrift enthalte die vom Ag. angenommene Voraussetzung, dass mindestens 2/3 des Geschäftsguthabens der Genossenschaft zu wohnungswirtschaftlichen Zwecken eingesetzt werden müsse, nicht. Der BFH habe nämlich entschieden (BFH in BStBl. II 2002, 274; BFH/NV 2003, 263), dass § 17 EigZulG keine über seinen Wortlaut hinausgehende Einschränkung enthalte. Der Ag. habe auch gar nicht festgestellt, dass die Astin. im Streitfall den Grundsatz der 2/3-Mittelverwendung verletzt habe. Der Ag. habe insoweit auch nicht schätzen dürfen, weil es hier um eine Rechtsfrage gehe. Ein Verstoß der Astin. gegen Mitwirkungspflichten könne nicht vorliegen, soweit es um die Ermittlung von Voraussetzungen gehe, die die Finanzverwaltung in rechtswidriger Weise selbst aufgestellt habe. Dem Vorstand der Astin. stehe im Hinblick auf seine angeblichen Mitwirkungspflichtverletzungen außerdem § 393 Abs. 1 AO zur Seite. Der angefochtene Feststellungsbescheid sei auch formell rechtswidrig, weil nicht die Zustellung an sämtliche Feststellungsbeteiligte ordnungsgemäß veranlasst worden sei. Die Finanzverwaltung habe den angefochtenen Bescheid bereits vollzogen, indem auf Weisung der OFD ... Aufhebungs-, Rückforderungs- und Ablehnungsbescheide durch die für die einzelnen Genossen zuständigen Finanzämter ergangen seien. Entgegen der Behauptung des Ag. habe die Astin. ihre Mitglieder nicht durch "Drückerkolonnen", sondern durch Genossenschaftsbanken angeworben. Der Umstand, dass Mitglieder der Astin. teilweise sozial schwächeren Schichten entstammten, entspreche gerade dem Förderziel der Wohnungsbauförderung. Der vom Ag. vorgebrachte Einwand, die Genossenschaftsanteile seien teilweise von unbekannten Dritten geleistet worden, sei für den Streit um die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids ohne Belang. Die Genossenschaftsmitglieder seien auch wirtschaftlich durch ihre Einlagen belastet gewesen. Es seien durch die Genossenschaftsmitglieder der Astin. auch keinerlei Abtretungen des Anspruchs auf Eigenheimzulage vorgenommen worden. Sofern es in einzelnen Fällen bei der Anwerbung der Mitglieder und der Abwicklung der Leistung der Genossenschaftsanteile zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, seien die Fälle geklärt worden. Durch die vom Ag. verursachte Verunsicherung der Genossenschaftsmitglieder und der Fremdkapitalgeber sei eine Gefährdung der wohnungswirtschaftlichen Zwecke eingetreten. Die angeblichen Satzungsverstöße lägen nicht vor, weil die Astin. erst zum Ende des Jahres 2003 ihre Tätigkeit aufgenommen habe. Das vom Ag. herangezogene BMF-Schreiben vom 21.12.2004 sie für die Astin. auch gar nicht anwendbar. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Astin. wird auf ihre Schriftsätze vom 02.03.2005, 03.03.2005, 09.03.2005, 16.03.2005 und 8.4.2005 Bezug genommen.
11Die Astin. beantragt,
12die Vollziehung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Eigenheim-zulage vom 31.01.2005 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Eintritt der Rechtskraft über den am 16.02.2005 eingelegten Einspruch, hilfsweise gegen Gewährung einer angemessenen Sicherheit, aufzuheben.
13Der Ag. beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Er hält den angefochtenen Feststellungsbescheid für rechtmäßig. Er behauptet, die Genossenschaftsmitglieder seien überwiegend durch sogenannte Drückerkolonnen angeworben worden, wobei die Zielgruppe insbesondere sozial schwache, alleinstehende und ausländische Mitbürger jeweils mit einer entsprechenden Anzahl von Kindern gewesen sei. Als Bevollmächtigte der Genossenschaftsmitglieder sei regelmäßig die U GmbH aufgetreten, die den Eigenheimzulagenantrag gestellt und jeweils als Empfangsbevollmächtigte für den Eigenheimzulagenbescheid benannt worden sei. Beratungskosten seien den einzelnen Genossen nach vorliegenden Informationen aber bisher nicht in Rechnung gestellt worden. Es sei nach dem Konzept der Astin. zunächst eine Teilzahlung auf den Genossenschaftsanteil erforderlich gewesen. Diese Teilzahlung sei teilweise nicht von den Genossen selbst, sondern von einem unbekannten Dritten geleistet worden. Die weitere Einzahlung auf den Genossenschaftsanteil habe sodann durch die Eigenheimzulage für die erste Teilzahlung finanziert werden sollen. Es habe somit ein "Schneeballsystem" in Gang gesetzt werden sollen. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Genossen durch die Anschaffung des Genossenschaftsanteils überhaupt wirtschaftlich belastet gewesen wären und dass die der Astin. zugeführten Mittel tatsächlich für wohnungswirtschaftliche Zwecke zur Verfügung gestanden hätten. Diese Mittel könnten auch als Sicherheit für die den Genossenschaftsmitgliedern eingeräumten Kredite gedient haben. Es seien Fälle bekannt geworden, in denen Unterschriften von Genossenschaftsmitgliedern gefälscht, Eigenheimzulagenanträge gestellt oder Klagen erhoben worden seien, ohne dass Vollmachten vorgelegen hätten, Neufeststellungsanträge trotz wirksamen Austritts des Genossen gestellt worden seien, Kontokorrentkonten trotz Widerrufs der Vollmachten errichtet und Verträge ohne Aufklärung oder Belehrung abgeschlossen worden seien. Durch die Nichtauszahlung der Eigenheimzulage könne die Erfüllung der wohnungswirtschaftlichen Zwecke der Astin. entgegen ihrer Behauptung auch gar nicht gefährdet sein. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Betätigung der Astin. sei nur dann denkbar, wenn die Verfügung über die geleisteten Einlagen der Genossen von der S Bank nur dann erlaubt werde, wenn die Eigenheimzulage auf den Konten der Genossen eingegangen sei. In diesem Fall hätten die Mittel der Astin. aber gar nicht für wohnungswirtschaftliche Zwecke zur Verfügung gestanden, sondern als Sicherheit gedient. Es sei auch zweifelhaft, ob es sich bei der Astin. um eine Genossenschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 7 GenG und somit um eine Wohnungsbaugenossenschaft im Sinne von § 17 EigZulG handele. Die Astin. habe ihre Mittel nämlich nicht oder nur völlig unzureichend für wohnungswirtschaftliche Zwecke verwendet, es hätten noch keine Mitgliederversammlungen stattgefunden und es seien die erforderlichen Jahresabschlüsse und Lageberichte nicht erstellt worden, was schwerwiegende Satzungsverstöße darstellten. Der angefochtene Bescheid sei weder materiell noch formell rechtswidrig. Im Feststellungsverfahren sei keine Schlussbesprechung erforderlich. Rechtliches Gehör sei der Astin. ausreichend gewährt worden. Die U GmbH sei auch für die Genossen als Empfangsbevollmächtigte aufgetreten, diese Empfangsvollmacht habe auch für das Feststellungsverfahren gegolten. Eine Einzelbekanntgabe an die einzelnen Genossenschaftsmitglieder sei nicht erforderlich gewesen. Der Umstand, dass - wegen der fehlenden Mitwirkung der Astin. - der Feststellungsbescheid nicht an alle Genossen gerichtet sei, sei unerheblich. Der Bescheid bleibe gegenüber den genannten Genossenschaftsmitgliedern wirksam. Der Zweck des § 17 EigZulG - der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck komme - erfordere, dass das durch die Genossenschaftsmitglieder erbrachte Eigenkapital vollumfänglich für den wohnungswirtschaftlichen Satzungszweck verwendet werde. Die Finanzverwaltung sehe dieses Erfordernis als erfüllt an, wenn 2/3 der Mittel für wohnungswirtschaftliche Zwecke verwendet würden. Aus der von der Astin. zitierten BFH-Rechtsprechung ergebe sich zur Frage des Umfangs der Mittelverwendung für wohnungswirtschaftliche Zwecke nichts. Die Astin. sei ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Ag. wird auf seine Schriftsätze vom 18.03.2005 und 05.04.2005 Bezug genommen.
16Es wurde die Gerichtsakte 15 V 793/05 EZ beigezogen.
17II.
18Der Antrag ist unbegründet.
19Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides.
201.
21Ein Verstoß gegen das Anhörungsgebot gemäß § 91 AO ist nicht ersichtlich. Der Ag. hat mit mehreren Aufklärungsschreiben zu erkennen gegeben, welche Sachverhaltsvoraussetzungen er als erheblich ansieht. Darüberhinaus hat es nach dem eigenen Vortrag der Astin. am 23.02.2005 eine Besprechung an Amsstelle gegeben. § 202 Abs. 2 AO ist im Streitfall nicht einschlägig, weil die Außenprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Der angefochtene Feststellungsbescheid ist nicht das Ergebnis der Auswertung eines Prüfungsberichts.
222.
23Der Umstand, dass der angefochtene Feststellungsbescheid nach der Behauptung der Astin. nicht allen Genossenschaftsmitgliedern bekannt gegeben wurde, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides. Hat ein einheitlicher Feststellungsbescheid mehrere Inhaltsadressaten, dann kann er einem oder einigen dieser Adressaten gegenüber wirksam werden, anderen jedoch nicht (BFH/NV 2001, 949; BFH in BStBl. II 1988, 410). Zweifel an einer Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides gegenüber der Astin. hat diese nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich, so dass der Bescheid jedenfalls der Astin. gegenüber wirksam bekannt gegeben wurde.
243.
25Der Ag. durfte die von der Astin. angegriffene Feststellung mittels eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen treffen. Gemäß § 180 Abs. 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 b) der dazu ergangenen Verordnung können Besteuerungsgrundlagen im Hinblick auf die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen i. S. des § 17 EigZulG gesondert festgestellt werden, wenn die Feststellung für die Festsetzung der Eigenheimzulage von Bedeutung ist. Im Streitfall ist die Frage, ob die Astin. eine Wohnungsbaugenossenschaft i. S. v. § 17 EigZulG darstellt, für die Festsetzung der Eigenheimzulage der Genossenschaftsmitglieder von Bedeutung, denn nur die Beteiligung an einer Genossenschaft i. S. v. § 17 EigZulG berechtigt zur Inanspruchnahme der Eigenheimzulage.
264.
27Der angefochtene Feststellungsbescheid ist bei summarischer Prüfung nach gegenwärtiger Aktenlage inhaltlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Astin. erfüllt nicht die Voraussetzungen nach § 17 EigZulG. Nach dieser Vorschrift erhält ein Anspruchsteller auf Antrag Eigenheimzulage für die Anschaffung von Geschäftsanteilen in Höhe von mindestens 5.113 Euro (ab 2004: 5.000 Euro) an einer nach dem 01.01.1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft. Voraussetzung für die Förderung ist unter anderem, dass die Satzung der Genossenschaft unwiderruflich den Genossenschaftsmitgliedern, die Förderung erhalten, das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung für den Fall einräumt, dass die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung der Wohnungen schriftlich zugestimmt hat. Ab 2004 ist zusätzliche Voraussetzung, dass das geförderte Genossenschaftsmitglied im letzten Jahr des Förderzeitraums mit der Nutzung einer Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken beginnt (§ 17 Satz 1 zweiter Halbsatz EigZulG in der Fassung des Artikel 6 Nr. 8 HBeglG 2004 vom 29.12.2003, BGBl. I 3076).
28Nach dem Wortlaut des § 17 Satz 1 EigZulG i.V.m. § 1 Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) ist unter anderem Voraussetzung für die Förderung, dass grundsätzlich Genossenschaftswohnungen vorhanden sind bzw. erworben werden sollen und auch grundsätzlich von Genossenschaftsmitgliedern zu Wohnzwecken genutzt werden oder jedenfalls genutzt werden können. Zwar ist nach der von der Astin. herangezogenen Rechtsprechung des BFH (BFH in BStBl. II 2002, 274; BFH/NV 2002, 763), der der Senat folgt, für Zeiträume vor 2004 nicht erforderlich, dass ein die Eigenheimzulage begehrendes Genossenschaftsmitglied tatsächlich eine Genossenschaftswohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Der BFH verlangt für eine Förderung nach § 17 EigZulG zu Recht keine besonderen subjektbezogenen, d.h. auf den Antragsteller bezogenen Förderbedingungen. Im Streitfall geht es jedoch nicht um subjektbezogene, sondern objektbezogene Förderbedingungen. Nach der von der Astin. selbst zitierten BFH-Rechtsprechung in BStBl. II 2002, 274 soll § 17 EigZulG das genossenschaftliche Wohnen fördern und die Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement im Wohnungsneubau schaffen. Die durch § 17 EigZulG geförderten Genossenschaften müssen daher tatsächlich und nicht nur satzungsgemäß den Erwerb, die Herstellung und den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb von Wohnungen durch die Genossenschaftsmitglieder fördern und betreiben. Stehen satzungsmäßige und tatsächliche Geschäftsführung nicht im Einklang, ist die tatsächliche Geschäftsführung entscheidend (BFH in BStBl. II 1970, 532; BFH in BStBl. III 1954, 339).
29Im Streitfall kann der Senat jedenfalls bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht erkennen, dass die Astin. überhaupt die in § 1 GenG vorausgesetzten Betätigungen (Förderung des Erwerbs und der Herstellung von Wohnungen mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs) betreibt. Zwar hat die Astin. in 2004 - als die Ermittlungsmaßnahmen der Verwaltung bereits begonnen hatten - mehrere Kaufverträge über Wohnobjekte abgeschlossen. Inwieweit diese Verträge erfüllt wurden und ob und in welchem Umfang diese erworbenen Wohnungen den Genossen der Astin. zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt wurden, ist nicht bekannt. Eine Genossenschaft im Sinne von § 17 EigZulG und § 1 GenG muss nach Auffassung des Senats jedenfalls einen wesentlichen Teil ihrer Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Hierfür ist die Genossenschaft ihren Mitgliedern und - bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 17 EigZulG - auch der Verwaltung gegenüber darlegungs- und beweispflichtig. Im Streitfall fehlen Mitgliederlisten, Bilanzen und sonstige Aufzeichnungen seit 2003, so dass der Senat bei summarischer Prüfung nicht davon ausgeht, dass die Astin. wesentliche Teile der Mitgliederbeiträge für wohnungswirtschaftliche Zwecke eingesetzt hat. Ob bei der Frage, in welchem Umfang die Mittel der Genossenschaft für wohnungswirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden, eine 2/3-Grenze gezogen werden kann, läßt der Senat in diesem Verfahren dahinstehen.
305.
31Der vom Ag. behauptete Umstand, dass teilweise der erste Teilbetrag der Geschäftsanteile von einem unbekannten Dritten gezahlt wurde und dass eingezahlte Geschäftsanteile als Sicherheit für die Darlehn dienten, mit denen die Geschäftsanteile finanziert wurden, kann in diesem Verfahren dahinstehen. Diese Streitfragen sind für die Prüfung maßgeblich, ob die einzelnen davon betroffenen Genossenschaftsmitglieder im Sinne von § 17 Satz 3 EigZulG ihre Einlage "geleistet" haben und zulagenbegünstigt sind.
326.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Referenzen
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