Beschluss vom Finanzgericht Münster - 8 V 3297/10 GrE
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
1
Gründe:
2Streitig ist, ob ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grunderwerbsteuer(GrESt)- Festsetzung gem. § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) durch Vereinigung sämtlicher Anteile am Stammkapital einer grundbesitzenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in der Hand des Antragstellers (Ast.) bestehen, wenn diese nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH von den bisherigen Gesellschaftern für einen symbolischen Kaufpreis erworben wurden.
3Der Ast. ist Unternehmensberater. Mit notarieller Urkunde vom 20.12.2001 (UR-Nr. .../2001 Notar X in T) hat er von Herrn L und Herrn N sämtliche Anteile an dem in einen Geschäftsanteil von 25.600 EUR und einen solchen von 193.850 EUR aufgeteilten Stammkapital an der Y GmbH in M mit Wirkung zum 31.12.2001, 24.00 Uhr, erworben. Der Kaufpreis betrug je einen EUR für jeden Verkäufer. Die Stammkapitalanteile waren in voller Höhe eingezahlt. In § 3 letzter Absatz des Vertrages ist erwähnt, dass dem Käufer bekannt ist, dass über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren durchgeführt wird. Die Kosten des Kaufvertrages sollte jeder Verkäufer zu 1/2 tragen.
4Gleichzeitig beurkundet war eine Gesellschafterversammlung und der Verzicht auf die Vorschriften der Satzung zu Form und Frist der Einberufung und zum Ort der Versammlung, wonach der Veräußerung der Geschäftsanteile zugestimmt wurde und die Gesellschaft die Veräußerung nach § 16 GmbH-Gesetz als angezeigt ansah.
5Die GmbH war zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile an der Gesellschaft Eigentümerin des Betriebsgrundstücks F-straße ... in O mit einem Einheitswert von 592.400 DM. Eine Anzeige gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrEStG durch den Notar ist nicht erfolgt.
6Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erhielt von diesem Vorgang Kenntnis im Rahmen der Durchführung einer Außenprüfung (Bp) bei der GmbH im Januar 2003. Das Betriebsgrundstück war zu diesem Zeitpunkt noch nicht verwertet worden. Die kreditgebende I-bank hatte als Grundpfandgläubigerin einen Antrag auf Zwangsversteigerung gestellt. Mit Beschluss vom 24.10.2002 hat das Amtsgericht M das Grundstück unter Zwangsverwaltung gestellt und mit der Einsetzung eines Zwangsverwalters dem Insolvenzverwalter die Verwaltung und Nutzung des Objektes entzogen.
7Auch in Kenntnis der besonderen Umstände sah das FA den Vorgang lt. Vertrag vom 20.12.2001 unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16.03.1966 II 70/63, BStBl. III 1966, 378 lt. Schreiben vom 20.02.2003 als grunderwerbsteuerpflichtig für den Ast. nach § 19 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 und 4 i. V. m. §§ 1 Abs. 3, 13 Nr. 5 b GrEStG an (Schreiben an den Ast. vom 20.02.2003). Zur Akte genommen hat das FA zwei Schreiben der steuerlichen Berater der früheren Gesellschafter der GmbH, mit denen diese bei ihrem Wohnsitzfinanzamt die Berücksichtigung von Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG im Veranlagungszeitraum 2001 begehren.
8Das FA setzte mit Bescheid vom 16.04.2003 auf der Grundlage des vierfachen Einheitswertes in Höhe von 1.211.557 EUR die GrESt zunächst auf 42.404 EUR fest.
9Im Einspruchsverfahren teilte der Ast. mit, es habe zwischen ihm und dem Insolvenzverwalter Einvernehmen bestanden, dass das Grundstück vom Verwalter verwertet und der GmbH nicht mehr zur Verfügung stehen solle. Daraus folge, er, der Ast., habe zu keinem Zeitpunkt Verfügungsmacht über das Grundstück bekommen, so dass das Grundstück der GmbH bei Erwerb der GmbH-Anteile nicht mehr zuzurechnen gewesen sei. Der Anteilserwerb sei in der Absicht erfolgt, späteren Kunden der Unternehmensberatung nach Abwicklung des Insolvenzverfahrens kurzfristig einen eingetragenen GmbH-Mantel anbieten zu können. Er selbst habe kein eigenes Interesse an der Immobilie. Der beurkundende Notar habe nach erteilter Auskunft den Übertragungsvorgang beim FA nicht angezeigt, weil dieser angenommen habe, das Grundstück sei wegen der Insolvenz zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung der GmbH nicht zuzurechnen gewesen. Dem Steuergläubiger entstehe letztlich kein Schaden, da derjenige, der das Grundstück vom Insolvenzverwalter erwerbe, GrESt zu zahlen habe.
10Nachdem das FA mit Bescheid vom 30.06.2003 den Grundbesitzwert auf den 20.12.2001 für Zwecke der Grunderwerbsteuer auf 843.120 EUR (1.649.000 DM) festgestellt hatte, wurde der Bescheid über GrESt am 27.08.2003 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändert und entsprechend auf 3,5 v. H. davon = 29.509 EUR herabgesetzt.
11Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FA führte mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 21.04.2010 aus, die Voraussetzungen der GrESt-Pflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG liege im Streitfall vor, da alle Anteile der grundbesitzenden GmbH in der Hand des Ast. vereinigt worden seien. Nach der Rechtsprechung des BFH gehöre ein Grundstück im Sinne der genannten Vorschrift auch dann zum Vermögen einer Gesellschaft, wenn es Eigentum der Gesellschaft ist, das Vermögen der Gesellschaft aber im Zeitpunkt der Vereinigung oder Weiterübertragung aller Anteile unter Sequester-Verwaltung stand (Hinweis auf BFH-Urteil in BStBl. III 1966, 378). Auf die vom Ast. vorgetragenen Beweggründe, lediglich einen GmbH-Mantel erwerben zu wollen, ohne Interesse am Grundstück zu haben, komme es beim Tatbestand der Anteilsvereinigung nicht an. Die Verletzung der Pflicht des Notars, nach § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG den Vorgang dem FA anzuzeigen, die ursächlich dafür sei, dass keine Möglichkeit der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs gem. § 16 GrEStG mehr bestanden habe, sei für die Rechtmäßigkeit Festsetzung der GrESt ohne Bedeutung.
12Das FA hat die Aussetzung die Vollziehung (AdV) am 02.08.2010 abgelehnt. Mit dem Antrag vom 01.09.2010, eingegangen beim Finanzgericht (FG) am 03.09.2010, begehrt der Ast. die AdV der GrESt ohne Sicherheitsleistung und bezieht sich zur Begründung auf das Vorbringen im ebenfalls beim Senat anhängigen Hauptsacheverfahren 8 K 1812/10 GrE.
13Der Ast. geht davon aus, dass sich ein Grundstück dann nicht mehr im Vermögen der Gesellschaft befindet, wenn diese sich bereits vor der steuerbaren Anteilsvereinigung zur Übereignung des Grundstücks an einen Dritten verpflichtet oder gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG einem Dritten die Verwertungsbefugnis verschafft hatte. Im Streitfall habe der Ast. jedoch keine Verwertungsbefugnis über das Grundstück der GmbH erhalten, vielmehr sei diese bei dem Insolvenzverwalter geblieben, der dieses Grundstück später im eigenen Namen veräußert habe, ohne den Ast. um Zustimmung zu bitten. Hierzu bezieht sich der Ast. auf die Kommentierungen in Pahlke/Franz GrEStG, 4. Auflage 2010, Rdn. 325 zu § 1 und Boruttau/Fischer, GrEStG 16. Aufl. 2007 Rdn. 909 zu § 1. Ausgehend davon, dass kein grunderwerbsteuerlicher Vorgang vorgelegen hätte, wenn die Gesellschaft einem Dritten die Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG in der Weise verschafft hätte, die es dem Dritten ermöglicht hätte, den Grundbesitz rechtlich oder wirtschaftlich auf eigene Rechnung zu verwerten, ist der Ast. der Auffassung, dass die Verwertungsbefugnis übergegangen sei. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Urteils des BFH in BStBl. III 1966, 378. Der BFH habe ausdrücklich die Einschränkung gemacht, dass eine Verfügungssperre nicht bereits den Übergang der Verwertungsbefugnis zugunsten eines anderen bewirkt habe, so dass das Grundstück letzterem nach § 1 Abs. 2 GrEStG zuzurechnen wäre, ohne dieses dahingehend einzuschränken, dass der Dritte den Grundbesitz aber rechtlich oder wirtschaftlich auf eigene Rechnung verwerten müsste. Diese Einschränkung würde nach Auffassung des Ast. auch dem Sinn und Zweck von § 1 Abs. 3 GrEStG widersprechen. Diese Ausnahmevorschrift erfasse nicht einen unmittelbaren Grundstücksumsatz, sondern unterwerfe den gesellschaftsrechtlichen Vorgang der GrESt, um wenigstens den gröbsten Steuerumgehungen vorzubeugen. Entsprechend sei § 1 Abs. 3 GrEStG sinnvoll ab- und einzugrenzen. Eine Vergleichbarkeit der Beurteilung von Grundstücksgeschäften des Treuhänders entstehe nicht.
14Der Ast. beantragt,
15die Vollziehung des geänderten GrESt-Bescheides vom 27.08.2003 ohne Sicherheitsleistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Finanzgerichts im Verfahren der Hauptsache 8 K 1812/10 auszusetzen.
16Das FA beantragt,
17den Antrag zurückzuweisen.
18Es bezieht sich zur Begründung auf die Ablehnung der AdV vom 02.08.2010.
19Der zulässige Antrag ist unbegründet.
20Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen GrESt-Bescheides vom 25.08.2003 ist nicht ernstlich zweifelhaft. Der Ast. hat mit Verpflichtungsgeschäft vom 20.12.2001 sämtliche Geschäftsanteile der grundbesitzenden GmbH in seiner Hand allein vereinigt. Im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ergibt sich, dass die Rechtmäßigkeit des auf § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG gestützten Bescheids nicht ernstlich zweifelhaft ist. Das Grundstück befand sich ungeachtet der Tatsache der bereits zuvor erfolgten Insolvenzeröffnung im Vermögen der Gesellschaft. Der Übergang der Verwertungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter erfolgt bei Anwendung der Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) nicht. Ein besonderer Rechtsvorgang, der es zuvor dem Insolvenzverwalter oder einem Dritten rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht hätte, das Betriebsgrundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, ist weder dargetan noch ersichtlich.
21Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage zu treten. Diese müssen eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Ferner muss sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen können (vgl. BFH-Beschluss vom 17.03.1994 IX B 81/93, BFH/NV 1995, 171).
22Zutreffend geht der Ast. davon aus, dass sich die Beantwortung der Frage, ob zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört (§ 1 Abs. 3 1. Halbsatz GrEStG) ausschließlich nach spezifisch grunderwerbsteuerlichen Gesichtspunkten richtet. So fehlt es im Regelfall, auch insoweit ist dem Ast. zu folgen, an der erforderlichen grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung des Grundstücks zum Vermögen der Gesellschaft, wenn die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG bereits vor der Anteilsvereinigung einem Dritten verschafft worden war (vgl. Pahlke/Franz § 1 Rz. 325, 326, Fischer in Boruttau Rdn. 906, 909 § 1). Die Hervorhebung der grunderwerbsteuerrechtlichen Betrachtung hat jedoch nicht zur Folge, dass die zivilrechtliche Zuordnung eines Grundstücks zur Gesellschaft ohne Belang wäre. Auszugehen ist vielmehr davon, dass das GrESt-Recht gerade an zivilrechtliche Begriffe und Rechtsvorgänge anknüpft (Fischer in Boruttau Rn. 910 zu § 1). So ist es seit der Entscheidung des BFH in BStBl. III 1966, 378 nicht zweifelhaft, dass ein Grundstück auch dann der Gesellschaft "gehört", wenn ihr Vermögen unter Sequester-Verwaltung steht und eine solche Sperre nicht bereits bewirkt hat, dass die Verwertungsbefugnis auf einen anderen übergegangen ist (vgl. Fischer in Boruttau § 1 Rdn. 914). Dies gilt aber selbst dann nicht, wenn der Dritte nicht auch einen Anspruch auf Übereignung erworben hat (Fischer/Boruttau, § 1, Rdn. 914 a. E., 910). Diese Rechtsgrundsätze gelten auch beim Übergang der Verwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Anwendung der Insolvenzordnung (InsO).
23Nach Lage der Akten "gehörte" das Betriebsgrundstück zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens - ungeachtet der Belastung mit Grundpfandrechten und der angeordneten Zwangsverwaltung - zum Vermögen der GmbH (§ 1 Abs. 3 GrEStG). Bei Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile an der GmbH vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, zu welchem Kaufpreis auch immer, wäre die grunderwerbsteuerliche Rechtsfolge der Anteilsvereinigung in der Hand des Ast. nach § 1 Abs. 3 GrEStG demnach ohne weiteres ausgelöst worden. Nichts anderes kann gelten, wenn, wie im Streitfall, bei Erwerb der zum Privatvermögen der früheren Gesellschafter gehörenden GmbH-Anteile durch den Ast. das Insolvenzverfahren bereits eröffnet war. Denn das Grundstück "gehört" zur Insolvenzmasse, da es sich zu diesem Zeitpunkt im Schuldnervermögen befunden hat (vgl. Uhlenbruck, InsO, § 35 Rdn. 11, § 132). Abweichendes zur Bestimmung der Insolvenzmasse ergibt sich auch nicht bei juristischen Personen (vgl. Uhlenbrock § 1 Rdn. 301).
24Die vom Ast. vertretene Rechtsauffassung, die Verwertungsbefugnis sei bereits auf den Insolvenzverwalter übergegangen gewesen, verkennt die auch grunderwerbsteuerrechtlich zu beachtenden Regelungen des Insolvenzverfahrens durch die InsO. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bildet das gesamte Vermögen des Schuldners die Insolvenzmasse (§ 35 InsO). Ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung treten die Wirkungen des Insolvenzbeschlags ein, mit der Wirkung, dass die Rechtsgegenstände der Insolvenzmasse ein Sondervermögen bilden. Die Rechte des Schuldners erlöschen daher nicht und gehen auch nicht auf einen anderen Rechtsträger über, vielmehr verliert der Rechtsinhaber (lediglich) sein subjektives Recht der Verfügung darüber an den Insolvenzverwalter als Funktionsträger. Träger des Sondervermögens bleibt weiterhin der Schuldner (vgl. zu Vorstehendem Uhlenbruck, InsO, § 35 Rdn. 1, 9).
25Der Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners stellt keinen Rechtsvorgang dar, der eine Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters begründet.
26§ 80 Abs. 1 InsO bestimmt ausdrücklich nur den Übergang dieser Rechte auf den Insolvenzverwalter, nicht jedoch die Befugnis die Verwertung auf eigene Rechnung durch Nutzung oder Veräußerung im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verschafft dem Insolvenzverwalter auch keine Substanzbeteiligung am Grundstück, die zur Annahme einer Verwertungsbefugnis gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG erforderlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 29.07.2009 II R 2/08, BFH/NV 2009, 1833), sondern dient lediglich der Ausschaltung der Einwirkungsmöglichkeiten des Schuldners auf das vom Insolvenzbeschlag erfasste Vermögen im öffentlichen Interesse der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (vgl. Uhlenbruck, § 80 Rdn. 2). Der Vortrag des Ast., mit dem Insolvenzverwalter sei abgesprochen gewesen, dass dieser das Betriebsgrundstück verwerten solle und der GmbH nicht zur Verfügung stehe, bedarf im summarischen Verfahren keiner näheren Erörterung, da sich aus dieser nicht belegten formlosen Äußerung eine Verwertungsbefugnis, die - wie bereits ausgeführt - einen konkreten Rechtsvorgang erfordert, nicht ableiten lässt.
27Dass die Verfahrenseröffnung keinen generellen Übergang der Verwertungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter bewirkt, ergibt sich auch aus der sich andernfalls ergebenden eigenen GrESt-Pflicht des Insolvenzverwalters über das Vermögen eines grundbesitzenden Schuldners. Dieses Ergebnis erscheint dem Senat abwegig.
28Nach der im Streitfall gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich wegen der geringen Barzahlung auch keine ernstlichen Zweifel unter dem Gesichtspunkt einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG bemisst sich in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG die Steuer nach den Grundbesitzwerten i. S. des § 138 Abs. 2 und 3 des Bewertungsgesetzes (BewG). Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, ersetzt die Besteuerung der Anteilsvereinigung die Besteuerung des Eigentumsübergangs. Die GrESt wird deshalb auf die wirtschaftliche Einheit erhoben und bildet damit sachgerecht den objektiven Steuertatbestand ab, wonach grunderwerbsteuerlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt wird, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (vgl. BFH-Beschluss vom 18.11.2005 II B 23/05, BFH/NV 2006, 612 m. w. N. und BFH-Urteil vom 02.04.2008 II R 53/06, BStBl. II 2009, 544; die grundsätzliche Systemgerechtigkeit bejahend auch Pahlke/Franz GrEStG 4. Auflage 2010, § 8 Rz. 78 f.). Diese Grundsätze gelten auch in der Insolvenz der Kapitalgesellschaft, deren Anteile sich in einer Hand vereinigen, da, wie bereits ausgeführt, die Insolvenzeröffnung nichts daran ändert, dass der Kapitalgesellschaft das Betriebsgrundstück zugeordnet und der Ausgang des Verfahrens ungewiss ist. Der Umstand, dass bar lediglich zwei EUR für die Anteile zu zahlen waren, ist daher unbeachtlich.
29Nicht zu den Voraussetzungen einer Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG gehört das Vorliegen einer Verwertungsbefugnis, wie sich aus der speziellen Regelung in § 1 Abs. 2 GrEStG ergibt.
30Da der Vorgang nach Lage der Akten nicht rückgängig gemacht worden ist, bedarf es keiner Erörterung, ob eine Anwendung von § 16 GrEStG in Betracht kommt.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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