Urteil vom Finanzgericht Münster - 10 K 3378/09 Kap
Tenor
Der Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum 2002 vom 10.12.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.8.2009 wird dahingehend geändert, dass die Kapitalertragsteuer auf der Grundlage eines Gewinns i.H.v. 13.857.053 € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der geänderten Steuerfestsetzungen wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens tragen zu 86 % der Beklagte und zu 14 % die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG führt, sowie über weitere Fragen bezüglich der Besteuerung solcher Einkünfte.
3Die Klägerin unterhielt einen Regiebetrieb „...“, der in steuerlicher Hinsicht einen Betrieb gewerblicher Art darstellte (Bezeichnung des Regiebetriebs „...“ im Folgenden: BgA). Die Tätigkeit des BgA bestand darin, im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen die Anlagen für den Betrieb der ... an ein Betriebsunternehmen zu verpachten, und zwar an die D-GmbH, die eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der E-GmbH war. An der E-GmbH war wiederum die Klägerin zu 100 % beteiligt, wobei die Beteiligung zum Betriebsvermögen des BgA gehörte. Zur Ermittlung seines Gewinns legte der BgA für steuerliche Zwecke im Jahr 2001 einen „Jahresabschluss“ und im Jahr 2002 eine „Bilanz“ und eine „Gewinn- und Verlustrechnung“ vor, wobei die dort enthaltenen Positionen nach dem Vorbringen der Klägerin aus ihrer kameralistischen Buchführung (also dem Haushaltsplan) abgeleitet wurden.
4Mit notarieller Urkunde vom 7.1.2002 (Anlage 8 zum Schriftsatz vom 16.12.2009) brachte die Klägerin den BgA „...“ nach § 20 UmwStG i.d.F. vor dem SEStEG (im Folgenden: a.F.) zu Buchwerten in die F-GmbH ein, und zwar mit Wirkung zum 6.1.2002, 24.00 Uhr (offenbar war dies auch der steuerliche Übertragungsstichtag i.S.v. § 20 Abs. 8 UmwStG a.F.). Einzige Gesellschafterin der F-GmbH war die Klägerin. Für die Einbringung wurde das Vermögen des BgA (mit geringen Einschränkungen) im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die F-GmbH übertragen. Als Gegenleistung für die Einbringung gewährte die F-GmbH der Klägerin Gesellschaftsrechte i.H.v. 4.975.000 € (im Wege einer Kapitalerhöhung von 25.000 € auf 5.000.000 €) und eine Darlehensforderung gegen sie i.H.v. 330 Mio. €.
5Laut dem Jahresabschluss des BgA zum 31.12.2001 erzielte dieser in 2001 einen Jahresüberschuss i.H.v. 174.401.434,61 DM. Dieser wurde laut dem Jahresabschluss i.H.v. 174.401.000 DM in eine Kapitalrücklage eingestellt. Als Bilanzgewinn verblieb der Be-trag von 434,61 DM. Der Jahresüberschuss beruhte v.a. auf einer Gewinnausschüttung der E-GmbH i.H.v. 235.916.023 DM, die nach Abzug von Anrechnungsteuern i.H.v. ca. 7 Mio DM (offenbar KSt noch nach dem Anrechnungsverfahren sowie KapESt) wieder in die E-GmbH eingelegt wurden (Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren). Liquide Mittel flossen bei der Gewinnausschüttung laut der Sachverhaltsdarstellung in der Einspruchsentscheidung vom 18.8.2009 (s.u.) nicht.
6Im Rumpfwirtschaftsjahr 2002 (vom 1.1. bis zum 6.1.2002) erzielte der BgA laut der vorgelegten Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung einen Jahresüberschuss i.H.v. 12.289.251,11 €. Eine Einstellung dieses Gewinns in eine Kapitalrücklage ist in der Bilanz bzw. GuV nicht ausgewiesen; die Kapitalrücklage blieb danach vielmehr mit 89.169.815 € (= 174.401.000 DM) unverändert. Allerdings wurde in der Bilanz bzw. GuV eine nur handelsrechtlich, nicht aber steuerrechtlich zulässige Instandhaltungsrückstellung i.S.v. 249 Abs. 2 HGB i.H.v. 1.300.000 € berücksichtigt. Der Jahresüberschuss wurde aufgrund einer entsprechenden Steuererklärung im Jahr 2003 der Kapitalertragsteuer unterworfen, und zwar i.H.v. 1.228.902,80 € (= 10 %) zzgl. SolZ.
7In 2005/06 wurde bei dem BgA eine Außenprüfung durchgeführt, die sich u.a. auch auf die Kapitalertragsteuer für 2002 und 2003 erstreckte.
8Die Bp kam hierbei zum einen zu anderen Beträgen für die Gewinne der Jahre 2001 und 2002, und zwar zu einem niedrigeren Gewinn für 2001 von 160.762.052 DM (= 82.196.332 €) und zu einem höheren Gewinn für 2002 von 13.857.053 € (siehe die Mehr- und Wenigerrechnung in Anlage 13 zum Bp-Bericht, deren Werte auch für die hier interessierenden Zwecke in die Anlagen 19a und 19b übernommen wurden). Die Gewinnänderungen beruhten auf den weiteren Feststellungen der Bp laut dem Bp-Bericht, die von der Klägerin nicht bestritten werden (abgesehen von Tz 2.2.11 des Bp-Berichts betr. ein Darlehen an die E-GmbH bzw. die hieraus folgenden Gewinnauswirkungen für das Jahr 2001, s.u.).
9Zum anderen kam die Bp zu der Auffassung, dass die Einbringung des BgA in die F-GmbH zum 6.1.2002 bei der Klägerin zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG i.H.v. 96.053.385 € geführt hat, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Nr. 6 EStG einer Kapitalertragsteuer i.H.v. 10 % (zzgl. eines Solidaritätszuschlags von 5,5 % hierauf) unterlagen. Hierzu führte die Bp im Einzelnen Folgendes aus (vgl. Bp-Bericht vom 25.1.2007 Tz 2.2.13 und 2.2.14 sowie die Anlagen 19a und 19b):
10Mit der Einbringung sei das gesamte Vermögen des BgA in Form der einbringungsgeborenen Anteile und der gewährten Darlehensforderung in das Hoheitsvermögen der Klägerin übergegangen. Zugleich stellte die Bp unmittelbar auf das Betriebsvermögen des BgA ab, welches mit bzw. vor der Einbringung in das Hoheitsvermögen der Klägerin überführt worden sei, wo dann mit der Einbringung die einbringungsgeborenen Anteile und die Darlehensforderung entstanden seien (so auch die Anmerkung auf dem von der Bp ausgefüllten Erklärungsvordruck in der Anlage 19b zum Bp-Bericht: „Überführung aller Aktiva und Passiva in das Vermögen der Stadt infolge Auflösung des BgA“). Dieser Vermögensübergang erfülle den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG (Auflösung von Rücklagen für Zwecke außerhalb des BgA). Allerdings lägen insoweit keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, als der Vermögenszufluss aus dem steuerlichen Einlagekonto des BgA geleistet werde (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 EStG i.d.F. des StSenkG). Im Einzelnen erläuterte die Bp zu den vorgenannten Ausführungen Folgendes:
11- Das Betriebsvermögen sei i.H.v. 235.185.140,98 € in den Hoheitsbereich übergegangen (Aktiva 642.274.661,67 € ./. Passiva abzgl. Eigenkapital 407.089.420,69 €).
12- Zum steuerlichen Einlagekonto des BgA i.S.v. § 27 KStG i.d.F. des StSenkG ging die Bp entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 11.9.2002 (BStBl I 2002, 935 Tz 13 und 25) davon aus, dass in dessen Anfangsbestand die im Zeitpunkt des Systemwechsels zum Halbeinkünfteverfahren vorhandenen Eigenkapitalanteile abzgl. eines Nennkapitals bzw. einer vergleichbaren Kapitalgröße einzustellen seien, so dass die in den Jahren vor 2001 (und damit noch unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens) im BgA gebildeten sog. Altrücklagen als Einlagen in den Anfangsbestand eingehen. Die Gewinne der Jahre 2001 und 2002 seien dagegen auch dann, wenn sie in Rücklagen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG eingestellt worden seien, als sog. Neurücklagen nicht als Zugänge auf dem Einlagekonto zu erfassen. Die Bp ging hierbei von einem Anfangsbestand i.H.v. 365.928.593 DM aus (Eigenkapital laut Prüferbilanz zum 1.1.2001, kein Abzug eines Nennkapitals, da ein Regiebetrieb ein solches nicht auszuweisen habe). Eine Änderung des Einlagekontos in 2001 sei i.H.v. ./. 7.191.714 DM und ./. 85.772.119 DM anzunehmen, wobei diese Größen offenbar auf zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vorgängen beruhten. Zum 31.12.2001 ergebe sich danach ein steuerliches Einlagekonto von 272.964.760 DM = 139.564.666 €. In 2002 sei noch eine Verminderung um 432.910 € auf 139.131.756 € zu berücksichtigen.
13- Als Differenzbetrag im o.g. Sinne ergebe sich daher ein Betrag von 96.053.385 € (235.185.141 € ./. 139.756 €). Dieser Betrag entspreche der Summe aus den Gewinnen der Jahre 2001 und 2002, die der Klägerin mit der Einbringung zuflössen und dort der Kapitalertragsteuer unterlägen.
14Zur Einordnung des Gewinns der Jahre 2001 und 2002 als sog. Neurücklagen im o.g. Sinne führte die Bp zudem aus:
15- Auf den Gewinn des Jahres 2001 sei § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. StSenkG bereits anwendbar. Eine damalige Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung für BgA, die bisher noch keine Bücher geführt hätten (im BMF-Schreiben in BStBl II 2002, 935 Tz 16), sei nicht anwendbar, da der BgA bereits bisher (seit 1990) Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen erstellt habe, auch wenn er diese aus der kameralistischen Buchführung abgeleitet habe. Die Einstellung des Gewinns 2001 in eine Rücklage habe daher zu einer Neurücklage i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG geführt, die mit der Einbringung des BgA in die F-GmbH im Jahr 2002 zu Einkünften im o.g. Sinne führten
16- Zum Gewinn des Rumpf-Wirtschaftsjahres 2002 ließ die Bp offen, ob diese in eine zulässige Neurücklage i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG eingestellt worden sei. In diesem Fall seien aufgrund der Einbringung Einkünfte im o.g. Sinne anzunehmen. Andernfalls seien ebenfalls in 2002 Einkünfte i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG (laufender und nicht den Rücklagen zugeführter Gewinn) anzunehmen. Allerdings sei in beiden Fällen die in 2002 handelsrechtlich nach § 249 Abs. 2 HGB zulässigerweise gebildete (aber steuerrechtlich nicht anzuerkennende) Instandhaltungsrückstellung i.H.v. 1.300.000 € auszunehmen, da es sich bei dieser nicht um eine Gewinnrücklage gehandelt habe und diese daher bei der Einbringung in die F-GmbH nicht aufgelöst worden sei.
17Die Kapitalertragsteuer sei für das Jahr 2002 gegenüber der Klägerin festzusetzen:
18- Die Kapitalertragsteuer sei nach § 44 Abs. 6 Satz 2 3. Fall EStG i.d.F. des StSenkG am Tag nach der Beschlussfassung über die Einbringung entstanden. Damit sei die tatsächliche Einbringung in 2002 gemeint, da erst hiermit auch die Rücklagen für Zwecke außerhalb des BgA aufgelöst worden seien. Auch wenn für den Gewinn des Jahres 2002 bereits keine Einstellung in eine Rücklage anzunehmen sein sollte, ergebe sich diesbezüglich nichts anderes, da das Rumpf-Wirtschaftsjahr bis zum 6.1.2002 lief und die Kapitalertragsteuer dann spätestens nach § 44 Abs. 6 Satz 2 2. Fall EStG i.d.F. des StSenkG acht Monaten nach diesem Zeitpunkt (also zum 6.9.2002) entstanden wäre.
19- Nach § 44 Abs. 6 Sätze 1 und 4 i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 3, § 43 Abs. 2 EStG i.d.F. des StSenkG hätte der BgA als Schuldner der Kapitalerträge (§ 44 Abs. 6 Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG) die Kapitalertragsteuer anmelden und die Klägerin diese für den BgA abführen müssen. Sie sei daher nunmehr gegenüber der Klägerin festzusetzen. Bei der Festsetzung der Kapitalertragsteuer sei der Zugriff auf die Klägerin als Gläubigerin der Kapitalerträge (§ 44 Abs. 6 Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG) nicht beschränkt, da § 44 Abs. 6 Satz 4 EStG i.d.F. des StSenkG nicht auf § 44 Abs. 5 EStG verweise, der den direkten Zugriff auf den Gläubiger einschränke. Dies sei auch folgerichtig, da der BgA keine eigene Rechtspersönlichkeit habe und eine Unterscheidung zwischen dem BgA und der Klägerin für eine „Haftung“ daher keinen Sinn ergebe. Es handele sich in jedem Fall um eine eigene Steuerschuld der Klägerin. Auch eine Inanspruchnahme der F-GmbH komme nicht in Betracht, da diese aufgrund der Einzelrechtsnachfolge nicht als Gesamtrechtsnachfolgerin des BgA anzusehen sei.
20- Die bisher festgesetzte Kapitalertragsteuer 2003 (s.o.) sei nach der o.g. Beurteilung nicht rechtmäßig und daher aufzuheben.
21Die der Klägerin von der F-GmbH bei der Einbringung gewährten Geschäftsanteile seien einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 UmwStG a.F. Sie seien daher trotz ihrer Zuordnung zum Hoheitsvermögen der Klägerin für die Zukunft steuerverstrickt. Als Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile gelte nach § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG a.F. der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens, mit dem dieses von der F-GmbH angesetzt worden sei. Das bei der Einbringung zusätzlich gewährte Darlehen sei allerdings nach § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG a.F. von diesem Wert abzuziehen. Danach betrügen die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile 47.510.250,05 € (angesetzter Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögen: 377.510.250,05 € ./. gewährtes Darlehen: 330.000.000 €).
22Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Beurteilung durch die Bp und erließ unter dem Datum vom 10.12.2008 einen entsprechenden Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum 2002 (unter gleichzeitiger Aufhebung des Bescheids für 2003). Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18.8.2009 als unbegründet zurück.
23Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Die Klägerin macht mit der Klage Folgendes geltend (und hat dies im vorhergehenden Verwaltungs- und Einspruchsverfahren in ähnlicher Form geltend gemacht):
24Im hier fraglichen Zeitraum habe eine Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft nicht zu einer Auflösung der Rücklagen § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG Satz 2 i.d.F. des StSenkG geführt, die ein solcher zuvor i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG Satz 1 i.d.F. des StSenkG gebildet habe. Die Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG, die diesen Fall erfasse, gelte erst für Einbringungen ab dem 1.12.2006. Die allgemeine Regelung im jetzigen 1. Halbsatz erfasse den Fall nicht, da eine Einbringung i.S.d. UmwStG keine Auflösung der Rücklagen für Zwecke außerhalb des BgA sei. Dies seien vielmehr ausschließlich Vorgänge, mit denen der in eine Rücklage eingestellte Gewinn an die juristische Person des öffentlichen Rechts als Trägerkörperschaft weitergereicht werde. Die Regelung solle nämlich als „Ersatz“ für die tatsächlich nicht möglichen Gewinnausschüttungen solche Ausschüttungen zwischen dem BgA und der Trägerkörperschaft fingieren. Auch treffe es nicht zu, dass das gesamte Betriebsvermögen eines BgA bei einer solchen Einbringung zunächst im Wege einer Totalausschüttung auf die Trägerkörperschaft übergehe, bevor es in die Kapitalgesellschaft eingebracht werde. Dass die Trägerkörperschaft die einbringungsgeborenen Anteile nach der Einbringung in ihrem Hoheitsvermögen halte, führe ebenfalls nicht zu einem sofortigen Anfall von Kapitalertragsteuer, sondern erst im Fall des § 21 Abs. 3 UmwStG.
25Selbst wenn die Einbringung zu einer Auflösung der Rücklagen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG führe, sei dieser Tatbestand bereits im Jahr 2001 erfüllt gewesen, in dem die Vorschrift nach § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG und die Rspr. des BFH (BFH-Urteil vom 11.7.2007 I R 105/05, BStBl II 2007, 841) noch nicht anwendbar gewesen seien. Nach § 44 Abs. 6 Satz 2 3. Fall EStG i.d.F. des StSenkG entstehe die Kapitalertragsteuer im Fall des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG nämlich am Tag nach der Beschlussfassung über die Verwendung der Rücklagen. Im Streitfall sei dies der Ratsbeschluss der Klägerin über die Einbringung vom 29.11.2001 gewesen.
26Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns für 2001 und dessen Einstellung in die Rücklage erst mit der Er- bzw. Aufstellung der Bilanz am 16.9.2002 und damit zeitlich nach der Einbringung zum 7.1.2002 getroffen worden sei. Bei diesem zeitlichen Ablauf sei aufgrund der zwischenzeitlichen Einbringung eine Einstellung des Gewinns in die Rücklage gar nicht mehr möglich gewesen. Auch aus diesem Grund konnte die Einbringung nicht zu einer Auflösung dieser Rücklage i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG im Jahr 2002 führen, so dass allenfalls der Gewinn des Jahres 2002 der Kapitalertragsteuer unterliege. Vielmehr sei bereits im Jahr 2002 der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG (nicht den Rücklagen zugeführter Gewinn) erfüllt gewesen, wobei die Regelung in diesem Jahr nach § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG und der o.g. Rspr. des BFH zeitlich noch nicht anwendbar gewesen sei.
27Für den Fall, dass die Auflösung der Rücklagen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG im Jahr 2002 anzunehmen sein sollte, hat die Klägerin zunächst geltend gemacht, die Regelung sei auch im Jahr 2002 insoweit zeitlich noch nicht anwendbar, als es um die Auflösung von Rücklagen gehe, die aus dem Gewinn des Jahres 2001 gebildet worden seien. Hierzu hat es auf die o.g. BFH-Entscheidung in BStBl II 2007, 841 und die hieran anknüpfende Entscheidung des Hess. FG (Urteil vom 7.10.2009 4 K 3420/06, EFG 2010, 1319) verwiesen. Nach Ergehen des BFH-Urteils vom 16.11.2011 (I R 108/09, BFH/NV 2012, 643, Revision auf die vorgenannte FG-Entscheidung) hält die Klägerin an diesem Vorbringen mit der Begründung fest, der BFH habe lediglich über die Auslegung der Übergangsvorschrift in § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG entschieden und den Fall im Übrigen zurückverwiesen. Der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG sei aber in 2002 bereits in materieller Hinsicht nicht erfüllt, da von dieser Regelung nur Gewinne erfasst würden, die ohne Zuführung zur Rücklage als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern gewesen wären. Außerdem treffe bei der Klägerin die Billigkeitsregelung der FinVerw. zur zeitlichen Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG zu, wonach diese Regelung auf BgA, die noch keine Bücher führen und noch keine Aufforderung nach § 141 Abs. 2 AO erhalten haben, in 2001 noch nicht anzuwenden sei. Die Klägerin habe aber vor 2002 noch keine Bücher geführt, da die eingereichten „Bilanzen“ und „Gewinn- und Verlustrechnungen“ der Klägerin auf der kameralistischen Verwaltungsbuchführung und damit den Haushaltsplänen beruhen, die lediglich Einnahmen und Ausgaben i.S. bloßer Zahlungsvorgänge erfassen.
28Nach dem o.g. Vorbringen sei der Gewinn des Jahres 2001 als „Altgewinn“ noch dem steuerlichen Einlagekonto i.S.v. § 27 KStG i.d.F. des StSenkG gutzuschreiben, so dass der Betrag auch bei der vom FA angenommenen o.g. Konstruktion einer Totalausschüttung herausfalle. Soweit das FA geltend mache, der geltend gemachte höhere Stand des steuerlichen Einlagekontos (s.o.) könne bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr einbezogen werden, da der entsprechende Feststellungsbescheid zum 31.12.2001 nicht angefochten worden sei, macht die Klägerin geltend, dieser sei nichtig, da keine Änderungsvorschrift bestanden habe und dem FA dies vermutlich bewusst gewesen sei. Jedenfalls sei zu überlegen, ob der Bescheid noch nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO änderbar sei, da er vermutlich durch „unlautere Mittel“ erwirkt worden sei, was auch von Seiten des FA möglich sei.
29Weiterhin sei der „Gewinn“ des Jahres 2001 i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG insoweit unzutreffend ermittelt worden, als bei einem Darlehen im Zusammenhang mit der Beteiligung des BgA an der E-GmbH ein Zugang i.H.v. 83.691.986,08 DM hätte berücksichtigt werden müssen, was den bilanziellen Gewinn und dessen Einstellung in die Rücklage i.H.v. 174.401.000 DM entsprechend gemindert hätte. Dass die Bp das Darlehen als unangemessen beurteilt habe, ändere an dessen bilanzieller Berücksichtigung nichts, da dies lediglich dazu führe, eine vGA und damit eine entsprechende außerbilanzielle Hinzurechnung etwa der Zinsaufwendungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen. Der in die Rücklage eingestellte Gewinn 2001 sei daher entsprechend niedriger anzunehmen.
30Unabhängig von dem vorstehenden Vorbringen fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage für die Inanspruchnahme der Klägerin für die Kapitalertragsteuer. Mit dem an die Klägerin gerichtete Kapitalertragsteuerbescheid werde diese als Gläubigerin der Kapitalerträge (§ 44 Abs. 6 Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG) in Anspruch genommen. Eine solche Inanspruchnahme nicht des BgA als Schuldner der Kapitalerträge, sondern auch der Trägerkörperschaft sei erst durch § 44 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2007 möglich geworden, dessen rückwirkende Anwendung eine verfassungswidrige echte Rückwirkung darstelle. Abgesehen davon seien die Voraussetzungen der vorgenannten Neuregelung auch nicht erfüllt. Es liege keine „nicht vorschriftsmäßige“ Kürzung der Kapitalerträge durch den BgA i.S.v. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 EStG vor, da es sich um einen bloß fingierten Kapitalertrag gehandelt habe, der nicht in Geld bestanden habe und die Klägerin dem BgA nicht den für die Kürzung erforderlichen Fehlbetrag zur Verfügung gestellt habe (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 7 EStG). Dass der BgA die für einen solchen Fall in § 44 Abs. 1 Satz 8 EStG vorgesehene Anzeige beim FA unterlassen habe, stelle keine „nicht vorschriftsmäßige“ Kürzung im vorgenannten Sinne dar. Eine Nacherhebung der Kapitalertragsteuer bei der Klägerin als Gläubigerin der Kapitalerträge nach § 44 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 9 EStG sei ebenfalls nicht möglich. Zum einen setze die Regelung die o.g. Anzeige des Schuldners der Kapitalerträge (hier des BgA) voraus, die gerade nicht erfolgt sei. Zum anderen sei hier jedenfalls Festsetzungsverjährung eingetreten. Die nicht erfolgte Anzeige durch den BgA und die Prüfungsanordnung gegenüber diesem führe nicht zu einer Anlauf- bzw. Ablaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 171 Abs. 4 AO gegenüber der Klägerin.
31Soweit der laufende Gewinn des Jahres 2002 zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG geführt habe, sei dieser Vorgang nicht Gegenstand des vorliegend ergangenen Festsetzungsbescheids, da dieser sich auf einen fiktiven Sachverhalt (Totalausschüttung des Betriebsvermögens) beziehe. Der Gegenstand des Bescheids könne nunmehr nicht ohne Weiteres ausgetauscht werden, wofür die Klägerin auf die o.g. BFH-Entscheidung in BFH/NV 2012, 643 verweist.
32Wegen der weiteren Einzelheiten zum vorstehend wiedergegebenen Vorbringen der Klägerin wird auf die Schriftsätze der Klägerin aus dem vorliegenden Klageverfahren vom 16.12.2009, vom 11.8.2010, vom 22.6.2012 und vom 26.10.2012 sowie auf die Einspruchsbegründung vom 24.2.2009 und die in der Akte „verbindliche Auskunft und Schriftverkehr“ befindlichen Schreiben der Klägerin vom 30.4.2007 und vom 29.8.2008 Bezug genommen.
33Die Klägerin beantragt,
34den Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum 2002 vom 10.12.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.8.2009 aufzuheben,
35hilfsweise,
36die Revision zuzulassen.
37Das FA beantragt,
38die Klage abzuweisen,
39hilfsweise,
40die Revision zuzulassen.
41Das FA macht auf die Klage hin Folgendes geltend (und hat dies ebenfalls im vorhergehenden Verwaltungs- und Einspruchsverfahren bzw. in der Einspruchsentscheidung in ähnlicher Form geltend gemacht):
42Zwar sei die Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 im Streitfall tatsächlich noch nicht anwendbar. Auch zuvor habe eine Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft jedoch zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG geführt. Mit der Einbringung des BgA gehe das gesamte Betriebsvermögen des BgA zunächst in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft über und werde im nächsten Schritt gegen Gewährung der neuen Anteile in die Kapitalgesellschaft eingebracht. Diese neuen, hier einbringungsgeborenen Anteile i.S.v. § 21 UmwStG a.F. sowie die hier zusätzlich gewährte Darlehensforderung begründeten keinen BgA, sondern verblieben im Hoheitsvermögen. Lediglich im Falle einer Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile werde nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG a.F. ein BgA fingiert. Im Rahmen dieser Vorgänge würden die Rücklagen des BgA i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG aufgelöst. Dies folge auch daraus, dass es i.H. dieser Rücklagen ansonsten ggf. nicht zu der mit dem Halbeinkünfteverfahren grundsätzlich vorgesehenen „Nachbelastung“ der Gewinne des BgA mit der 10 %-igen Kapitalertragsteuer komme, die eingreifen solle, sobald der Gewinn des BgA vergleichbar mit einer Ausschüttung bei einer Kapitalgesellschaft die betriebliche Sphäre verlasse. Soweit die in die Kapitalgesellschaft überführten Rücklagen nach der Einbringung an die Trägerkörperschaft ausgekehrt würden, handele es sich nämlich entweder um die Rückzahlung von Einlagen oder die Tilgung der hier zusätzlich gewährten Darlehensforderung. Die „Nachbelastung“ mit der Kapitalertragsteuer müsse daher unmittelbar mit der Einbringung sichergestellt werden.
43Entgegen der Klägerin sei der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG nicht bereits mit dem Ratsbeschluss über die Einbringung vom 29.11.2001, sondern erst mit der Einbringung zum steuerlichen Übertragungsstichtag am 6.1.2002 verwirklicht. Es gehe hier nicht um einen Beschluss über eine isolierte Auflösung einer Rücklage, sondern um eine Einbringung, die gerade unabhängig von einem Beschluss über die Rücklagenauflösung zu einer solchen führt. Zudem habe die Regelung des § 44 Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG keine Auswirkungen auf die Auslegung und zeitliche Verwirklichung des § 20 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 EStG.
44Entgegen der Klägerin sei für den Gewinn des Jahres 2001 eine Rücklage auch nicht erst mit der Er- bzw. Aufstellung der Bilanz am 16.9.2002 gebildet worden. Vielmehr sei diese bereits mit der Entscheidung gebildet worden, die Gewinnausschüttung der E-GmbH, auf der der Gewinn 2001 beruhte, der GmbH im Rahmen einer Kapitalerhöhung wieder zur Verfügung zu stellen, was mit Beschluss vom 22.6.2001 geschehen sei. Hierdurch sei der Gewinn nämlich weiterhin betrieblichen Zwecken zugeführt und gerade nicht an die Trägerkörperschaft abgeführt worden. In diesem Zusammenhang verweist das FA auf mehrere BMF-Schreiben zur Rücklagenbildung.
45Ebenfalls entgegen der Klägerin sei § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG auf die Auflösung solcher Rücklagen anwendbar, die aus Gewinnen des Jahres 2001 gebildet wurden, in dem die vorgenannte Regelung zeitlich noch nicht galt. Hierzu verweist das FA auf die Entscheidung des BFH vom 16.11.2011 (I R 108/09, BFH/NV 2012, 643).
46Darüber hinaus sei der Gewinn des Jahres 2001 bisher nicht als Zugang des steuerlichen Einlagekontos i.S.v. § 27 KStG i.d.F. des StSenkG berücksichtigt worden. Der entsprechende Feststellungsbescheid zum 31.12.2001 sei auch nicht angefochten worden und daher bestandskräftig. Änderungsvorschriften seien nicht ersichtlich. Nach der Beurteilung der Bp und der von dieser vorgenommenen Berechnung der Rücklagenauflösung infolge der Totalausschüttung sei das steuerliche Einlagekonto daher bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen lediglich mit dem festgestellten Betrag zu berücksichtigen.
47Entgegen der Klägerin sei der „Gewinn“ des Jahres 2001 i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz EStG i.d.F. des StSenkG auch zutreffend ermittelt worden. Der von der Klägerin geltend gemacht Zugang zu der Darlehensverbindlichkeit gegenüber der E-GmbH sei nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen. Zum einen seien sich die Beteiligten bereits im Jahr 1998 darüber einig gewesen, dass die entsprechende Darlehensvereinbarung vom 7.5.1997 gegenstandslos sei, was in einem Protokoll vom 24.4.1998 dokumentiert sei. Hiervon sei offenbar auch die Klägerin im Weiteren ausgegangen, da in den Bilanzen 2001 und der Folgejahre eine entsprechende Darlehensverbindlichkeit nicht ausgewiesen sei. Nach den Bedingungen der Darlehensvereinbarung könne eine Aufstockung des Darlehens jedenfalls noch nicht in 2001 anzunehmen sein. Schließlich lägen sowohl die Bilanz zum 31.12.2001 und zum 31.12.2002 bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden zugrunde und seien bereits deswegen hier heranzuziehen.
48Für die Inanspruchnahme der Klägerin für die Kapitalertragsteuer bestehe mit § 44 Abs. 1 Satz 9 i.V.m. § 44 Abs. 6 Satz 4 EStG i.d.F. des StSenkG auch eine Ermächtigungsgrundlage. Trotz der Fiktion eines Gläubigers und eines Schuldners der Kapitalerträge in § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG seien die Trägerkörperschaft und der BgA eine Person, die für die nicht angemeldete und abgeführte Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen werden könne. Es sei auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Aufgrund der nicht erfüllten Anzeigepflicht nach § 44 Abs. 1 Satz 8 i.V.m. § 44 Abs. 6 Satz 4 EStG greife die dreijährige Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ein, und zwar auch dann, wenn die Anzeigepflicht mit dem BgA lediglich einen Dritten treffe (Hinweis auf BFH, BStBl II 2003, 687), was allerdings hier ohnehin nicht der Fall sei. Zudem greife auch die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO ein, da die Prüfungsanordnung gegenüber der Klägerin ergangen sei, wenn auch mit dem Zusatz „BgA ...“.
49Wegen der weiteren Einzelheiten zum vorstehend wiedergegebenen Vorbringen des FA wird auf die Schriftsätze des FA aus dem vorliegenden Klageverfahren vom 27.4.2010, vom 21.3.2012 und vom 30.8.2012 sowie auf die Einspruchsentscheidung vom 18.8.2009 und das in der Akte „verbindliche Auskunft und Schriftverkehr“ befindliche Schreiben der OFD ... vom 2.7.2008 Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Kapitalertragsteuerbescheid ist nur insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), als er sich auf den laufenden Gewinn des Jahres 2002 i.H.v. 13.857.053 € erstreckt. Im Übrigen ist er rechtswidrig.
52I. Die Einbringung des BgA in die F-GmbH im Jahr 2002 hat bei der Klägerin nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG geführt. Das FA konnte diese Einkünfte daher nicht der von ihm festgesetzten (abgeltenden) Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 44 Abs. 6 EStG, § 2 Abs. 2, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG unterwerfen.
531. Dass die Einbringung bei der Klägerin zu Einkünften aus Kapitalvermögen der vorgenannten Art geführt hat, ergibt sich nicht aus § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007). Zwar ordnet diese Regelung an, dass im Falle einer Einbringung eines BgA nach dem Achten Teil des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. vor dem SEStEG (a.F.) – gemeint sind Einbringungen nach § 20 UmwStG a.F. – die von diesem in den Vorjahren i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG gebildeten Rücklagen als aufgelöst gelten, was nach Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. Satz 1 der Regelung i.H.d. aufgelösten Rücklagen bei der Trägerkörperschaft zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Dies würde – vorbehaltlich der weiteren mit der Klage erhobenen Einwendungen – im Streitfall bedeuten, dass die vom BgA im Jahr 2001 gebildete Rücklage mit der Einbringung des BgA in die F-GmbH in 2002 als aufgelöst gälte und bei der Klägerin zu Einkünften der vorgenannten Art geführt hätte.
54Jedoch ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 im Streitfall bzw. auf die vorgenommene Einbringung im Jahr 2002 zeitlich noch nicht anwendbar. Sie ist vielmehr erst für Einbringungen im Veranlagungszeitraum 2006 oder auch erst für solche ab dem 1.12.2006 anwendbar (ebenso Krämer in Dötsch/Jost/Punt/Witt, § 4 KStG Rz 252d).
55Die Regelung wurde in der o.g. Fassung, die noch Einbringungen nach dem UmwStG a.F. betraf, durch das JStG 2007 eingefügt. Hierzu wurde keine besondere Anwendungsregelung in § 52 EStG eingefügt, sondern in Art. 20 Abs. 5 des JStG 2007 bestimmt, dass die Regelung (enthalten in Art. 1 Nr. 13 Buchst. a Doppelbuchstabe ee des JStG 2007) am 1.12.2006 in Kraft tritt (in Art. 20 Abs. 1 war demgegenüber allgemein bestimmt, dass die Regelungen des JStG 2007 grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, also am 19.12.2006). Beinahe zeitgleich mit dem Erlass des JStG 2007 wurde die Regelung durch das SEStEG geändert, allerdings lediglich redaktionell, indem sie nunmehr auf Einbringungen nach dem Sechsten Teil des UmwStG bzw. solchen nach § 20 UmwStG i.d.F. des SEStEG (n.F.) Bezug nahm. Hierbei wurde zugleich eine Anwendungsregelung in § 52 Abs. 37a Satz 6 und 7 EStG eingefügt. Danach ist die Regelung in der vorgenannten Fassung des SEStEG erstmals auf Einbringungen anzuwenden, für die das UmwStG i.d.F. des SEStEG nach den dortigen Anwendungsregelungen anzuwenden ist (Satz 6). Auf Einbringungen, für die das UmwStG i.d.F. des SEStEG noch nicht anzuwenden ist, ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG dagegen in der o.g. Fassung anzuwenden, wobei allerdings nicht etwa auf diese Fassung Bezug genommen, sondern sie wörtlich wiedergegeben wird (Satz 7).
56Bei isolierter Betrachtung des § 52 Abs. 37a Satz 7 EStG i.d.F. des SEStEG könnte es in Betracht kommen, dass die dort wörtlich wiedergegebene Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG stets dann zur Anwendung kommt, wenn das UmwStG i.d.F. des SEStEG noch nicht eingreift, was eine zeitlich unbeschränkte Rückwirkung bis zur erstmaligen Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG im Veranlagungszeitraum 2002 bedeuten könnte. Jedoch ist die vorgenannte Anwendungsregelung im systematischen Zusammenhang mit den Regelungen des JStG 2007 auszulegen. Die in § 52 Abs. 37a Satz 7 EStG i.d.F. des SEStEG enthaltene Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG wurde nämlich erst durch das JStG 2007 eingeführt, auch wenn in § 52 Abs. 37a Satz 7 EStG nicht mehr ausdrücklich auf dieses Gesetz Bezug genommen wird, sondern vielmehr unmittelbar die dort enthaltene Fassung des 2. Halbsatzes wiedergegeben wird. Im JStG 2007 wurde ausdrücklich ein Inkrafttreten der Neuregelung zum 1.12.2006 angeordnet, was nach der allgemeinen Regelung in § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG in der in 2006 geltenden Fassung allenfalls zu einer erstmaligen Anwendung im Veranlagungszeitraum 2006 führt. Angesichts dessen kann auch § 52 Abs. 37a Satz 7 EStG keine weitergehende Rückwirkung beigemessen werden. Er kann vielmehr nur so verstanden werden, dass die dort enthaltene Fassung zwar auf Einbringungen anzuwenden ist, für die das SEStEG noch nicht gilt, erstmalig aber ab dem 1.12.2006 bzw. dem Veranlagungszeitraum 2006. Dass das JStG 2007 erst einige Tage nach dem SEStEG verkündet wurde und in Kraft getreten ist (das SEStEG trat nach dessen Art. 14 am Tag nach seiner Verkündung und damit am 19.12.2006 in Kraft), ändert nichts an der vorgenannten systematischen Auslegung des § 52 Abs. 37a Satz 7 EStG. Zum einen ist die o.g. und hier in Rede stehende Regelung des JStG 2007 rückwirkend zum 1.12.2006 und damit im Ergebnis doch wieder vor dem SEStEG in Kraft getreten. Zum anderen wurden beide Gesetze vom Gesetzgeber in zeitlicher Nähe verabschiedet und hierbei bewusst aufeinander abgestimmt.
57Zu diesem Verständnis führt auch die historische Auslegung anhand der Gesetzesbegründung. Zwar sollte die Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 danach offenbar eine „Klarstellung“ sein (vgl. BT-Drs. 16/2712, S. 49 f. und BR-Drs. 622/06, S. 81 f.). Dennoch war zunächst ein Inkrafttreten der Neuregelung zum 1.1.2007 vorgesehen, was laut der Gesetzesbegründung zu einer erstmaligen Anwendung der Neuregelung im Veranlagungszeitraum 2007 (über § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d. in 2007 geltenden Fassung) führen sollte (vgl. BT-Drs. 16/2712, S. 90 und BR-Drs. 622/06, S. 159). Dass danach das Inkrafttreten schon zum 1.12.2006 angeordnet wurde, beruhte laut der Begründung zur entsprechenden Beschlussempfehlung des Finanzausschusses lediglich darauf, dass die Neuregelung in Kraft treten sollte, bevor sie wieder durch das SEStEG geändert wird (vgl. BT-Drs. 16/3368, S. 28). Es war damit aber ersichtlich kein früheres Inkrafttreten als im Veranlagungszeitraum 2006 gewollt. Die Anwendungsregelung in § 52 Abs. 37a Satz 6 und 7 EStG sollte nach der Gesetzesbegründung lediglich die „redaktionellen Folgeänderungen“ aufgrund der Neukonzeption des UmwStG durch das SEStEG berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 16/3369, S. 7) und damit keine gänzlich andere – weitergehend rückwirkende – erstmalige Anwendung der Fassung des JStG 2007 anordnen. Bei einem anderen Verständnis der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 37a Satz 7 EStG würde diese angesichts der vom Senat für zutreffend erachteten Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. vor dem JStG 2007 (siehe dazu noch unter II.2.) zudem zu einer verfassungsrechtlich zumindest problematischen Rückwirkung führen.
582. Nach der damit zur Anwendung kommenden Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) ergaben sich durch die Einbringung des BgA in die F-GmbH bei der Klägerin keine Einkünfte aus Kapitalvermögen.
59Auch nach dieser Fassung der Regelung führte zwar eine Auflösung von in den Vorjahren i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG gebildeten Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Die mit dem JStG 2007 aufgenommene ausdrückliche Auflösungsfiktion für solche Rücklagen im Falle einer Einbringung des BgA in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG a.F. war dort aber noch nicht enthalten. Nach Auffassung des Senats führt nach dieser Gesetzesfassung eine Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG a.F. nicht zu einer Auflösung von in den Vorjahren gebildeter Rücklagen für Zwecke außerhalb des BgA (anders die Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. etwa deren – zustimmende – Wiedergabe bei Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 4 KStG Rz 293; siehe auch OFD Koblenz, Vfg. vom 29.1.2004 S 2706 A-St 33 1; Arbeitshilfe der OFD Münster, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Stand: 1.4.2012, S. 163 f., abrufbar unter www.ofd-muenster.de).
60a) Auch das FA geht davon aus, dass auf die Einbringung des BgA durch die Klägerin in die F-GmbH § 20 UmwStG a.F. anzuwenden ist und damit der BgA zu Buchwerten und ohne Aufdeckung stiller Reserven eingebracht werden konnte (vgl. zur allgemein angenommenen und zudem mittelbar aus § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG a.F. bzw. § 22 Abs. 4 Nr. 1 UmwStG n.F. folgenden Anwendbarkeit von § 20 UmwStG a.F./n.F. auf Einbringungen von BgA etwa Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 20 UmwStG Rz 26; Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 20 UmwStG Rz 7; Widmann/Mayer, § 20 UmwStG [SEStEG] Rz R 33; Heger in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 4 KStG Rz 175). Hierbei stand im Streitfall die Gewährung der Darlehensforderung an die Klägerin dem Ansatz der Buchwerte nicht entgegen, da – wovon auch das FA ausgeht – deren gemeiner Wert nicht den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens überstieg; es waren aber entsprechend die Anschaffungskosten der neuen Geschäftsanteile zu vermindern (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4 Satz 2 UmwStG a.F.).
61b) Das FA geht gleichwohl davon aus, dass bei einer solchen Einbringung eines BgA zunächst das gesamte Betriebsvermögen des BgA in das Hoheitsvermögen der Trägerkörperschaft übergeht (i.S.e. Totalausschüttung), um erst von dort aus nach § 20 UmwStG a.F. zu Buchwerten in die Kapitalgesellschaft eingebracht zu werden. Bei dieser Überführung komme es zur Auflösung der Rücklagen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG. Diese Annahme ist nach Auffassung des Senats nicht zutreffend. Bei einer Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft gehen die entsprechenden Wirtschaftsgüter unmittelbar aus dem betrieblichen Bereich auf die Kapitalgesellschaft über. Der bisherige Betriebsinhaber erhält hierfür – im Wege eines tauschähnlichen Vorgangs – die entsprechenden Geschäftsanteile. Erst diese hält er dann ggf. außerhalb des Betriebsvermögens (soweit es sich bei dem Einbringenden nicht um eine Kapitalgesellschaft handelt oder der Einbringende die Anteile nicht in ein anderes Betriebsvermögen einlegt). So wird auch bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft durch eine natürliche Person nicht etwa angenommen, dass das gesamte Betriebsvermögen zunächst in dessen Privatvermögen überführt bzw. entnommen wird und erst von dort in die Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Vielmehr kommt es unmittelbar zu dem tauschähnlichen Vorgang, welcher als solches bei Nichtvorliegen der in § 20 UmwStG a.F. für eine Buchwertfortführung festgelegten Voraussetzungen zur Aufdeckung der stillen Reserven (ggf. i.S.e. Betriebsveräußerung i.S.v. § 16 EStG) führt oder bei Vorliegen der festgelegten Voraussetzungen steuerneutral bleibt. Da bei Einbringungen von BgA die Regelung des § 20 UmwStG a.F. in gleicher Weise zur Anwendung kommt wie bei anderweitigen Einbringungen (s.o. unter I.2.a), kann hier nichts anderes gelten.
62c) In Betracht kommt allenfalls, eine Auflösung der in den Vorjahren gebildeten Rücklagen für Zwecke außerhalb des BgA i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG unter dem Gesichtspunkt anzunehmen, dass die Rücklagen mit der Einbringung auf die Kapitalgesellschaft übergegangen und sich damit nicht mehr in dem – nicht mehr vorhandenen – BgA befinden. Diesen Gesichtspunkt hat auch der Gesetzgeber als systematische Begründung für die Neuregelung durch das JStG 2007 (s.o. unter I.1.) angeführt (vgl. BT-Drs. 16/2712, S. 49 f. und BR-Drs. 622/06, S. 81 f.). Nach Auffassung des Senats greift diese Überlegung jedoch auf der Grundlage der o.g. Gesetzesfassung nicht durch.
63Vom Wortlaut her erschiene zwar eine solche Auslegung möglich, da sich die Rücklagen aufgrund der o.g. Überlegung nunmehr „außerhalb“ des BgA befinden. Andererseits lässt der Wortlaut aber auch eine engere Auslegung zu. Da sich der Betrieb des BgA aufgrund seiner Einbringung in die Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG a.F. in dieser fortsetzt, kann bereits eine „Auflösung“ der Rücklagen i.S.e. anderweitigen Verwendung der Rücklagen als für den bisherigen Betrieb verneint werden.
64Für die letztgenannte engere Auslegung spricht zunächst die historische Auslegung. Grund für die Einführung der Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG mit dem StSenkG war, dass BgA nunmehr im Verhältnis zu ihrer Trägerkörperschaft wie eine „fingierte Kapitalgesellschaft“ besteuert werden sollten (eine solche „fingierte Kapitalgesellschaft“ hatte zuvor bereits der BFH in seiner Rechtsprechung zur Frage von vGA durch BgA aufgebracht, vgl. dazu etwa Heger in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 4 KStG Rz 126 und 22, m.w.N.). Zum einen sollte der Gewinn des BgA auf dessen Ebene der Körperschaftsteuer unterworfen werden. Zum anderen sollte es zu einer weiteren Besteuerung kommen, sobald der Gewinn des BgA – vergleichbar wie im Falle einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung bei einer Kapitalgesellschaft – an die Trägerkörperschaft gelangt. Da es bei BgA keine Gewinnausschüttungen gibt, wurde hierzu auf die Bildung bzw. Auflösung von Rücklagen abgestellt. Ein den Rücklagen zugeführter Gewinn wird danach mit einem nicht ausgeschütteten (thesaurierten) Gewinn gleichgestellt. Die „zweite Besteuerungsebene“ greift erst dann ein, wenn eine solche Rücklage nicht gebildet oder sie später aufgelöst wird, da der Gewinn in diesem Fall – vergleichbar mit einer Gewinnausschüttung – der Trägerkörperschaft zu Gute kommt (i.S.e. „Vermögensübertragung“ an diese, vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zum StSenkG in BT-Drs. 14/2683, S. 114 und 125 bzw. BR-Drs. 90/00, S. 161 und 181). Im hier in Rede stehenden Fall der Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft kommt es aber gerade nicht dazu, dass der vom BgA bisher erzielte und in Rücklagen eingestellte Gewinn nunmehr i.S.e. „Vermögensübertragung“ der Trägerkörperschaft zu Gute kommt. Vielmehr geht das gesamte Betriebsvermögen (und damit auch die aus den bisher erzielten Gewinnen gebildeten Rücklagen) unmittelbar auf die Kapitalgesellschaft über. Es handelt sich daher nicht um einen mit einer Gewinnausschüttung vergleichbaren Sachverhalt. Zu einem solchen kann es vielmehr erst später kommen, wenn die Kapitalgesellschaft, in die das Betriebsvermögen eingebracht wurde, Ausschüttungen an die Trägerkörperschaft als ihren Anteilseigner vornimmt. Aufgrund der Regelung des § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG a.F., die ausdrücklich den Fall der Einbringung eines BgA betrifft, ist auch anzunehmen, dass der Gesetzgeber die sich aus einer Einbringung ergebenden Folgen bei Erlass des StSenkG bedacht hat (siehe dazu noch unten). Hierdurch gewinnt der Umstand, dass in der Gesetzesbegründung lediglich von „Vermögensübertragungen“ an die Trägerkörperschaft die Rede ist, umso mehr Gewicht.
65Nach Auffassung des Senats spricht für die von ihm vertretene Auslegung außerdem, dass es noch weitere vom UmwStG geregelte Einbringungsfälle gibt, in denen es weder nach der Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. JStG 2007 zu einer Auflösung der Rücklagen kommt noch die Finanzverwaltung eine solche auf der Grundlage der hier in Rede stehenden Altregelung annimmt. So kann ein BgA etwa auch nach § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft eingebracht werden. Im Unterschied zu der Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft stellt allerdings die dort im Rahmen der Einbringung gewährte Beteiligung an der Personengesellschaft bzw. der Mitunternehmeranteil selbst einen BgA dar, so dass hier die vom FA im Streitfall angeführte Besteuerungslücke (siehe dazu noch unten) nicht besteht. Gleichwohl stellt die Beteiligung bzw. der Mitunternehmeranteil einen andersartigen BgA dar, als es der vorherige unmittelbar bei der Trägerkörperschaft befindliche BgA war, so dass auch hier das Betriebsvermögen bzw. die Rücklagen in einen Bereich „außerhalb“ des bisherigen BgA überführt werden. Dennoch erfasst die Neuregelung in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. JStG 2007 diesen Fall nicht; für die Altregelung geht jedenfalls die Finanzverwaltung ebenfalls hiervon aus (vgl. Arbeitshilfe der OFD Münster, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Stand: 1.4.2012, S. 167; anders allerdings offenbar Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 4 KStG Rz 293, 295, der zwar die Neuregelung nicht als erfüllt ansieht, aber dennoch nach dem bisherigen Satz 2 bzw. dem nunmehrigen 1. Halbsatz eine Auflösung der Rücklagen annimmt). Des Weiteren ist nach § 20 UmwStG auch die Einbringung eines Teilbetriebs des BgA in eine Kapitalgesellschaft möglich, bei der die gewährten Anteile im verbleibenden BgA gehalten werden (vgl. hierzu Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 4 KStG Rz 293). Auch hier besteht die vom FA angeführte Besteuerungslücke nicht, wobei es dennoch zu einer Überführung jedenfalls eines Teils des Betriebsvermögens bzw. der hierzu gehörenden Rücklagen in einen Bereich „außerhalb“ des bisherigen BgA kommt. Dennoch geht jedenfalls die Finanzverwaltung hier ebenfalls nicht von einer Anwendung der Altregelung aus (vgl. OFD Koblenz, Vfg. vom 29.1.2004 S 2706 A-St 33 1; Arbeitshilfe der OFD Münster, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Stand: 1.4.2012, S. 164; ebenso Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 4 KStG Rz 293). Nach der Neuregelung könnte dies allerdings anders sein, da auch die Einbringung eines Teilbetriebs eine Einbringung i.S.v. § 20 UmwStG ist, auf die die Neuregelung lediglich allgemein und ohne Differenzierung abstellt (eine Auflösung der Rücklagen für diesen Fall aber offenbar auch nach der Neuregelung verneinend die Arbeitshilfe der OFD Münster, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Stand: 1.4.2012, S. 164; ebenso Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 4 KStG Rz 293). Lässt man es für die Auflösung der Rücklagen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG genügen, dass das Betriebsvermögen des BgA aufgrund einer Einbringung nach dem UmwStG in einen Bereich „außerhalb“ des BgA überführt wird, ohne dass es hierbei auf eine „Vermögensübertragung“ an die Trägerkörperschaft ankommt, wäre dies nur durch eine einheitliche Auslegung der vorgenannten Regelung in diesem Sinne möglich. Dies würde aber angesichts der vorstehenden Ausführungen zu den weiteren dann erfassten Fällen ersichtlich „überschießend“ wirken.
66Das FA führt für die von ihm vertretene Auslegung an, dass es andernfalls zu einer Besteuerungslücke in dem Sinne komme, dass die „Nachbelastung“ der in die Rücklagen eingestellten Gewinne auf der o.g. „zweiten Besteuerungsebene“ nicht mehr sichergestellt sei. Soweit nach der Einbringung in die Kapitalgesellschaft Ausschüttungen aus den im Rahmen des BgA gebildeten Rücklagen vorgenommen würden, handele es sich um die Rückgewähr von Einlagen, die bei der Trägerkörperschaft nicht der Kapitalertragsteuer unterliege. Alternativ könne im Streitfall statt einer Gewinnausschüttung eine Tilgung der zusätzlich gewährten Darlehensforderung vorgenommen werden, die bei der Trägerkörperschaft ebenfalls keiner Besteuerung unterliege (so auch die Argumentation bei Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 4 KStG Rz 293). Dieser Gesichtspunkt führt nach Auffassung des Senats jedoch nicht zu einer anderen Beurteilung der hier streitigen Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG. Die beiden vom FA angesprochenen Auswirkungen einer Einbringung sind – wenn man lediglich unmittelbar die beiden vorgenannten „Auskehrungsvorgänge“ betrachtet – keine Besonderheit bei Einbringungen von BgA. Vielmehr werden auch bei der Einbringung des Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft die – etwa aufgrund einer Gewinnthesaurierung entstandenen – offenen Rücklagen (also das in der Steuerbilanz auszuweisende Eigenkapital, soweit es das Nennkapital übersteigt) dem steuerlichen Einlagekonto i.S.v. § 27 KStG gutgeschrieben (vgl. etwa BMF-Schreiben vom 4.6.2003, BStBl I 2003, 366 Tz 6), so dass auch hier spätere Ausschüttungen zu einer Einlagenrückgewähr führen können, soweit sie aus dem Einlagekonto gespeist werden. Gleichfalls ist es auch bei einer Einbringung der vorgenannten Art möglich, zusätzlich eine Darlehensforderung zu gewähren, die dann später getilgt werden kann. Der Unterschied zu der Einbringung eines BgA besteht allerdings darin, dass im vorgenannten Fall die einbringende Kapitalgesellschaft bestehen bleibt und nunmehr die gewährten Anteile hält, während ein eingebrachter BgA nicht mehr vorhanden und die Anteile nunmehr im Hoheitsvermögen der Trägerkörperschaft gehalten werden. Zu der vom FA beklagten Besteuerungslücke kann es aus diesem Grund mittelbar doch kommen. Im Falle einer einbringenden Kapitalgesellschaft unterliegen durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft vorgenommene „Auskehrungen“ der o.g. Art jedenfalls dann noch der Besteuerung, soweit sie von der einbringenden Kapitalgesellschaft selbst wiederum an ihre eigenen Anteilseigner ausgeschüttet werden. Hierzu kann es im Falle der Einbringung eines BgA dagegen nicht kommen. Soweit „Auskehrungen“ der o.g. Art., die Trägerkörperschaft erreichen, ohne dass es zu einer Besteuerung auf der „zweiten Ebene“ kommt, wird es auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zu einer solchen kommen. Hieraus die vom FA vertretene Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG zu folgern, ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt. Diese Auslegung würde nämlich nicht etwa zu einer Gleichbehandlung der beiden Fälle führen, wie sie vom Gesetzgeber durch das StSenkG angestrebt wurde (Behandlung des BgA wie eine „fingierte Kapitalgesellschaft“). Es würden dann im Falle einer Einbringung des BgA in eine Kapitalgesellschaft unmittelbar sämtliche bisher thesaurierten Gewinne (also Rücklagen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG) der „Ausschüttungsbesteuerung“ unterworfen. Dies ist bei Einbringungen durch eine Kapitalgesellschaft aber gerade nicht der Fall. Vielmehr greift dort die „zweite Besteuerungsebene“ erst dann ein, wenn die einbringende Kapitalgesellschaft selbst von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft vorgenommene „Auskehrungen“ der o.g. Art an ihre Anteilseigner weitergibt. Hierzu kann es möglicherweise erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt oder unter Umständen auch nie kommen (etwa wenn die thesaurierten Gewinne durch spätere Verluste wieder „aufgebraucht“ werden). Zwar erscheint es angesichts der vorgenannten, damit aber nur „potentiellen“ Besteuerungslücke gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber mit § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 im Wege einer Neuregelung die vorgenannte und im Vergleich zu Einbringungen unter Kapitalgesellschaften „strengere“ Besteuerung unmittelbar mit der Einbringung eines BgA angeordnet hat. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen (insbesondere angesichts des auch dadurch nicht zu erreichenden „Gleichlaufs“ zwischen BgA und Kapitalgesellschaften) kann die dort angeordnete Rechtsfolge jedoch nicht etwa als „systematisch zwingend“ in die vorherige und hier in Rede stehende Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG hineingelesen werden.
67Nach Auffassung des Senats spricht für diese Beurteilung zudem, dass auch vor der o.g. Neuregelung detaillierte Regelungen für die steuerlichen Folgen der Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft bestanden. So wurden bei der Einbringung eines BgA in gleicher Weise wie bei anderen Einbringungen nach § 20 UmwStG a.F. sog. einbringungsgeborene Anteils nach § 21 UmwStG a.F. begründet, um die Besteuerung der auf die Anteile übergegangenen stillen Reserven sicherzustellen. Durch § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG a.F. wird hierbei speziell für Einbringungen von BgA fingiert, dass ein etwaiger Gewinn aus der Veräußerung solcher Anteile im Rahmen eines BgA anfällt. Gleiches gilt bei Eingreifen der Ersatztatbestände des § 21 Abs. 2 UmwStG a.F., also insbesondere bei einer Einlagenrückgewähr i.S.v. § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a.F., die die Anschaffungskosten der gewährten Anteile übersteigt (vgl. hierzu etwa Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 21 UmwStG Rz 216; Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl., 2001, § 21 UmwStG Rz 70). Soweit die vorgenannten Tatbestände erfüllt sind, kommt es zum einen zur Besteuerung des nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG a.F. fingerten BgA mit Körperschaftsteuer. Zum anderen kommt es in diesen Fällen zugleich zum Eingreifen der „zweiten Besteuerungsebene“, indem gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG i.d.F. des StSenkG durch die ausdrückliche Bezugnahme auf § 21 Abs. 3 UmwStG a.F. solche Gewinne außerdem zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft, die nicht in einer Einlagenrückgewähr bestehen, führen als Einkünfte i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ohnehin zum Eingreifen der „zweiten Besteuerungsebene“ in Form einer abgeltenden Kapitalertragsteuer (§ 2 Abs. 2, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die vorgenannten Regelungen erfassen zwar nicht die o.g. vom FA angeführten „Auskehrungen“ und ändern damit nichts an der „potentiellen“ Besteuerungslücke (im Falle des die Einlagenrückgewähr an sich erfassenden § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG a.F. etwa deswegen, weil diese danach zunächst die Anschaffungskosten der gewährten Anteile übersteigen muss, s.o.). Gleichwohl legen sie nahe, dass der Gesetzgeber des StSenkG für den Fall, dass die Einbringung eines BgA in eine Kapitalgesellschaft unmittelbar zu einer Besteuerungsfolge führen sollte, hierfür ebenfalls eine ausdrückliche Regelung getroffen hätte, wie es ja auch nunmehr mit § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 2. Halbsatz EStG i.d.F. JStG 2007 geschehen ist.
68Schließlich spricht für die vom Senat vertretene Auslegung, dass die vorgenannte Neuregelung in der Gesetzesbegründung des JStG 2007 zwar als „Klarstellung“ bezeichnet wird (vgl. BT-Drs. 16/2712, S. 49 f. und BR-Drs. 622/06, S. 81 f.), der Gesetzgeber aber dennoch kein rückwirkendes Inkrafttreten ab der erstmaligen Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG i.d.F. des StSenkG, sondern eine Geltung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2006 angeordnet hat (siehe dazu oben unter I.1.).
69II. Zu Einkünften aus Kapitalvermögen bei der Klägerin hat jedoch der laufende Gewinn i.H.v. 13.857.053 € geführt, den der BgA im Jahr 2002 bzw. im dortigen Rumpfwirtschaftjahr vom 1.1. bis zum 6.1.2002 erzielt hat. Hierbei handelt es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG, die nach § 43 Abs. 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 44 Abs. 6 EStG, § 2 Abs. 2, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung der (abgeltenden) Kapitalertragsteuer i.H.v. 10 % zzgl. Solidaritätszuschlag unterliegen.
70Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt, dass der vorgenannte von der Bp ermittelte Gewinn unstreitig ist. Des Weiteren geht die Klägerin selbst davon aus, dass der BgA den o.g. Gewinn nicht in eine Rücklage i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG eingestellt hat (siehe das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 14.11.2012). In dem o.g. Betrag ist die Bildung der nur handelsrechtlich, nicht aber steuerrechtlich anzuerkennenden Instandhaltungsrückstellung i.H.v. 1.300.000 € bereits berücksichtigt, die das FA als Rücklage im vorgenannten Sinne angesehen und deren Übergang auf die F-GmbH es – trotz der o.g. vom ihm vertretenen Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG – gebilligt hat.
71Der vorliegend angefochtene Kapitalertragsteuerbescheid bezieht sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch in hinreichender Weise auf den vorgenannten laufenden Gewinn des BgA bzw. hat diesen zum Gegenstand. Der BFH geht davon aus, dass der Kapitalertragsteuer stets nur sachverhaltsbezogen einzelne Einkünfte unterworfen werden, so dass im Rahmen der Anfechtung eines Kapitalertragsteuerbescheids nicht ohne Weiteres eine Saldierung von solchermaßen erfassten Einkünften mit anderen im gleichen Anmeldungszeitraum angefallenen Einkünften möglich ist (vgl. das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 16.11.2011 I R 108/09, DB 2012, 550, unter II.6.). Im Streitfall hat das FA im angefochtenen Kapitalertragsteuerbescheid jedoch ausdrücklich auf die Feststellungen der Bp laut dem Bp-Bericht vom 25.1.2007 Bezug genommen. In diesem wiederum wird ausgeführt (unter Tz 2.2.13 „Gewinn des (Rumpf-)Wirtschaftsjahres 2002“), dass der im Rumpfwirtschaftsjahr 2002 erzielte Gewinn des BgA entweder nach der o.g. vom FA vertretenen Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG der Kapitalertragsteuer unterliegt (soweit er in eine Rücklage eingestellt worden sein sollte) oder dies nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG der Fall ist (soweit er nicht in eine solche Rücklage eingestellt worden sein sollte). Es kann daher dahinstehen, wie genau unterschiedliche sachverhaltsbezogene Einkünfte im o.g. Sinne abzugrenzen sind und ob im Streitfall die in Satz 2 und Satz 1 des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG enthaltenen Besteuerungstatbestände zu solchen unterschiedlichen Einkünften führen. Der angefochtene Bescheid bezog sich durch die vorgenannte Bezugnahme nämlich jedenfalls in hinreichender Weise auch auf die tatsächlich angefallenen und der Kapitalertragsteuer unterliegenden laufenden Einkünfte des BgA des Jahres 2002.
72III. Die Berechnung der festgesetzten Kapitalertragsteuer wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
73IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 Satz 1 und 3 FGO i.V.m. § 709 ZPO.
74V. Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Obwohl es sich um ausgelaufenes Recht handelt, ist anzunehmen, dass die Frage der Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG i.d.F. des StSenkG für eine nicht unerhebliche Zahl noch anhängiger Verfahren von Bedeutung ist.
75... ... ...
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