Urteil vom Finanzgericht Münster - 12 K 1529/11 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Streitig ist bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2008 und 2009, ob der Kläger (Kl.) Einnahmen i.S.d. §§ 21, Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 24 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt hat.
3Mit Lizenzvertrag vom 18.06.1999 (vgl. Betriebsprüfungs (Bp)-Akte) erteilte die Klägerin (Klin.) dem Kl. die ausschließliche Lizenz an ihrem Gebrauchsmuster NR. 1 „Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeugen o. dgl.“. Das Gebrauchsmuster wurde am 16.9.1994 von der Ehefrau des Kl., angemeldet. Die Eintragung erfolgte Ende 1994 und die Bekanntmachung im Patentblatt im Februar 0000. Das Klagegebrauchsmuster ist am 30.9.2004 abgelaufen. Die Herstellung der geschützten Tragevorrichtung durch die E aus P, Niederlande, führte zu rechtlichen Auseinandersetzungen, die zunächst von der Klin. in 1998 mit einer patentrechtlichen Berechtigungsanfrage begannen. Der Kl. war aufgrund schriftlichen Vertrages vom 18.06.1999 Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an dem Gebrauchsmuster.
4Mit Vertrag vom 20.01.2005 übertrug die Klin. mit sofortiger Wirkung das vorgenannte Gebrauchsmuster auf den Kl. nebst der daraus resultierenden Rechte und Pflichten. Mit Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.03.2008 (Az.: 4a O 41/07) wurde die E aus P, verurteilt, dem Kl. darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie vom 09.03.1995 bis zum 30.09.2004 Tragevorrichtungen zum Ankoppeln an Fahrzeuge mit einem am Fahrzeug angekoppelten Stützrahmen und mit zumindest einem an dem Stützrahmen schwenkbar festgelegten Trägerelement zur Aufnahme eines Transportgutes und zum Verschwenken desselben aus einer Transportstellung in eine Kippstellung um eine parallel zur Fahrzeugquerachse liegende Schwenkachse in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat. Dabei waren die einzelnen Lieferungen und Angebote nach Liefer/Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Empfänger zu bezeichnen. Außerdem waren Angaben über die betriebene Werbung und den nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinnes zu machen.
5Am 05./18.09.2008 schloss der Kl. mit der E wegen der Verletzung von Rechten aus dem oben genannten deutschen Gebrauchsmuster einen Vergleich. Zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche des Kl. aus und im Zusammenhang mit einer evtl. Verletzung des Streitgebrauchsmusters durch die E, ihrer Kunden, deren Abnehmer oder sonstiger Dritter zahlte die E an den Kl. einen Betrag von X € und zwar in Teilbeträgen zu X € in 2008 und in weiteren fünf Jahresbeträgen von X € jeweils ab 2009. Dieser Vergleich wurde im Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 21.01.2009 (Az.: I – 2 U 31/08) bestätigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vergleich und den Beschluss Bezug genommen. Den Streitwert für das Berufungsverfahren setzte das OLG Düsseldorf auf X € und den Gegenstandswert für den Vergleich auf X € fest.
6Im nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid für 2008 vom 13.08.2010 erfasste der Bekl. die Vergleichszahlung von X € als Einnahme nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG und berücksichtigte entsprechend den Feststellungen im Bp-Bericht vom 03.08.2010 X € an Werbungskosten (WK). Dagegen legte der Kl. am 07.09.2010 Einspruch ein.
7Im ESt-Bescheid für 2009 vom 21.03.2011 erfasste der Bekl. die Vergleichs-Teilzahlung von X € als Einkünfte gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
8Dagegen legten die Kl. am 15.04.2011 Einspruch ein.
9Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 06.04.2011, die weder den Einspruchsführer noch die Steuerart/Jahr/Streitgegenstand bezeichnete, wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück.
10Dagegen legten die Kl. am 29.04.2011 Klage ein, die unter dem Az.: 12 K 1529/11 E geführt wurde.
11Mit EE vom 21.07.2011, in welcher die Einspruchsführer sowie die Steuerart/das Streitjahr und der Streitgegenstand sowie die angefochtenen Bescheide bezeichnet waren, wies der Bekl. die Einsprüche als unbegründet zurück.
12Die dagegen am 19.08.2011 eingelegte Klage (Az.: 12 K 2931/11 E) hat der Senat mit Beschluss vom 14.09.2011 mit dem Verfahren 12 K 1529/11 E zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az.: 12 K 1529/11 E verbunden. Am 09.06.2011 hat der Bekl. die EE vom 06.04.2011 isoliert aufgehoben.
13Mit der Klage trägt der Kl. vor, dass seine Ehefrau im Jahre 1998 von der Firma O GmbH & Co. KG die Unterlassung der Produktion des geschützten Artikels verlangt habe. Diese Firma habe sich aber geweigert und auch keinen Lizenzvertrag abgeschlossen. Da seiner Ehefrau nach rechtlicher Prüfung das Prozessrisiko zu hoch erschien, habe er den Lizenzvertrag vom 18.06.1999 mit seiner Ehefrau abgeschlossen. Wegen des Streites um das Gebrauchsmuster sei er in der Fachpresse mit dem Vorwurf konfrontiert worden, die Eintragung des Gebrauchsmusterschutzes mit unredlichen Mitteln erwirkt zu haben. Er habe deshalb den Prozess gegen die E in den Niederlanden angestrengt. Bei der letztlich vereinbarten Zahlung handele es sich um einen Schadensersatz und nicht um eine Vergütung für entgangene Nutzungsrechte. Dafür sei der Betrag viel zu hoch. Tatsächlich habe die E in der Zeit vom 01.01.2004 bis 30.09.2004 insgesamt 7.987 unter das Gebrauchsmuster fallende Heckträger zu einem Verkaufspreis zwischen X € und X € pro Stück produziert.
14Beweis: Einsicht in die im Rahmen des Auskunftsanspruchs dem Kl. von den Gebrauchsmusterverletzern zur Verfügung gestellten Unterlagen, insbesondere in die Lieferrechnungen.
15Nach der Lizenzanalogie betrage die Stücklizenz für Heckträger 2,5 % bis 5 % des Verkaufspreises.
16Beweis: einzuholendes Sachverständigengutachten
17Bei der E handelte es sich um eine Art gemeinnützige Niederländische Firma des öffentlichen Rechts. Diese hätte zur Wahrung ihres Rufes ein Urteil vermeiden wollen und daher einen so hohen Schadensersatzbetrag gezahlt.
18Die Kl. beantragen,
19die ESt-Bescheide für 2008 vom 13.08.2010 und für 2009 vom 21.03.2011 jeweils in der Fassung der EE vom 21.07.2011 werden abgeändert und die ESt für 2008 und 2009 wird ohne Berücksichtigung von Einkünften aus § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG neu festgesetzt,
20hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
21Der Kl.-Vertreter rügt weiter für den Fall, dass seinem Beweisantrag nicht stattgegeben wird, die Verletzung der Sachaufklärungspflicht.
22Der Bekl. beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Durch die widerrechtliche Nutzung des Gebrauchsmusters durch die E seien dem Kl. Einnahmen entgangen. Zum Ausgleich dieser Einnahmen habe die E im Vergleichswege die X € gezahlt. Es handele sich nicht wie vom Kl. behauptet, um nicht steuerbaren Schadensersatz für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Weder im mit der E abgeschlossenen Vergleich noch in dem vorausgegangenen Gerichtsverfahren sei es um diesbezügliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen gegangen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge insbesondere auf das Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.03.2008 (Az.: 4a O 41/07), den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 21.01.2009 (Az.: I-2 U 31/08), die EE vom 21.07.2011 und das Protokoll des Erörterungstermins vom 24.04.2013 Bezug genommen.
26Der Senat hat in der Sache am 24.05.2013 verhandelt. Auf das Protokoll wird verwiesen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
28Die Klage ist nicht begründet.
29Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind u. a. Einkünfte aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen oder gewerblichen Urheberrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Gerechtigkeiten und Gefällen, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG. Zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG gehören auch Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen, § 24 Abs. 1a EStG. Der Begriff der Entschädigung in § 24 Nr. 1 EStG umfasst in seiner allgemeinen für alle Fallgruppen maßgeblichen Bedeutung Zahlungen, die eine finanzielle Einbuße ausgleichen, die ein Steuerpflichtiger infolge einer Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter erlitten hat (vgl. Urteil des BFH vom 12.06.1996 IX R 43/94, BStBl. II 1996, 516). Zwischen der Schadensentstehung und der Entschädigung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen; die Entschädigung muss dem (teilweisen) Ausgleich des Schadens (Einnahmeausfall) dienen. Soziale Zusatzleistungen ändern den Charakter der Hauptleistung als Entschädigung nicht (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, § 24 Rz. 6 m.w.N. zur Rechtsprechung).
30Bei Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze hatte der Bekl. zu Recht die vergleichsweise gezahlten Beträge als steuerpflichtige Entschädigungen für entgangene Einnahmen aus der Überlassung gewerblicher Urheberrechte im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG erfasst. Der Senat kann nicht feststellen, dass diese Zahlungen unabhängig von der Gebrauchsmusterverletzung allein oder auch wegen einer Persönlichkeitsverletzung bzw. Gesundheitsbeeinträchtigung des Kl. vereinbart wurden. Eine diesbezügliche Regelung ist im Vergleich nicht enthalten. Auch war Gegenstand des Teilurteils des Landgerichts Düsseldorf lediglich die Ermittlung von Berechnungsgrundlagen, um einen späteren Schadensersatzanspruch wirtschaftlich beziffern zu können. Allein der Streitwert für das Berufungsverfahren betrug X €. Schon dadurch wird das wirtschaftliche Risiko des Prozesses für die E deutlich. Die vergleichsweise von der E gezahlten Beträge stehen damit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den durch die widerrechtliche Lizenznutzung entgangenen Einnahmen. Unerheblich ist es daher, ob im Falle einer Verurteilung der E zum Schadensersatz dieser tatsächlich - gegebenenfalls nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie - unterhalb des Vergleichsbetrages gelegen hätte. Darüber hinaus hat der Kl. selbst vorgetragen, dass er eventuelle Schadensersatzansprüche wegen einer Persönlichkeitsverletzung - aus Zuständigkeitsgründen - nicht im vorgenannten Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf geltend gemacht hat.
31Unerheblich ist auch der Vortrag des Kl., er habe die Zahlung ohne Einkunftserzielungsabsicht erhalten.
32Erzielt ein Steuerpflichtiger Einnahmen als Ersatz für entgangene Einnahmen, die bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers unter eine Einkunftsart (z. B. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) fallen, so spielt die subjektive Vorstellung des Steuerpflichtigen dabei keine Rolle, da er durch seine Marktteilnahme eine Vermögensmehrung erzielt.
33Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel an der Behauptung des Kl., ihm sei es nicht um eine Geldzahlung durch die E wegen der Gebrauchsmusternutzung gegangen. Denn nach seinem eigenen Vortrag hat schon seine Ehefrau als ursprüngliche Rechtsinhaberin versucht, einen Lizenzvertrag mit der O GmbH & Co. KG zu schließen. Die rechtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche hat sie dann letztlich dem Kl. überlassen mit den Verträgen vom 18.06.1999 und 20.01.2005.
34Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtordnung (FGO).
35Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht gegeben.
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