Urteil vom Finanzgericht Münster - 2 K 1040/12 F
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens .
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T a t b e s t a n d
2Zu entscheiden ist, ob ein Investitionsabzugsbetrags gem. § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 (n.F.) bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags gem. § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen ist.
3Der Kläger betreibt im Streitjahr 2010 eine Spedition in C. Hieraus erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er nach §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG ermittelt.
4Der Kläger reichte auf entsprechenden Hinweis des Beklagten für das Streitjahr eine geänderte Bilanz ein. Danach belief sich der Gewinn auf 40.942,02 EUR. Der ursprünglich als Sonderposten mit Rücklagenanteil in Ansatz gebrachte Betrag von 38.000 EUR wurde nun außerbilanziell als Investitionsabzugsbetrag berücksichtigt. Laut Bilanz für das Streitjahr waren Neueinlagen i.H.v. 11.153 EUR und Privatentnahmen i.H.v. 39.612 EUR getätigt worden. Die betrieblichen Schuldzinsen, ohne Zinsen auf Investitionsdarlehen, betrugen 4.974 EUR. Abzüglich nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben ergab sich vor Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG ein steuerlicher Gewinn von 6.853 EUR. Aus den Vorjahren bestanden Überentnahmen i.H.v. 8.156 EUR.
5Der Beklagte ermittelte die nicht abziehbaren Schuldzinsen gem. § 4 Abs. 4a EStG wie folgt:
6Betrieblicher Gewinn 40.942 EUR
7+ Gewerbesteuer 3.600 EUR
8+ n.abz. Betriebsausgaben § 4 Abs. 5 EStG 311 EUR
9. /. Investitionsabzugsbetrag § 7g Abs. 1 EStG 38.000 EUR
106.853 EUR
11Steuerlicher Gewinn 6.853 EUR
12+ Neueinlagen 11.153 EUR
13. /. Privatentnahmen 39.612 EUR
14Überentnahmen des lfd Jahres 21.606 EUR
15+ Überentnahmen der Vorjahre 8.156 EUR
16Bemessungsgrundlage f. Hinzurechnungsbetrag 29.762 EUR
17x 6 % = Hinzurechnungsbetrag 1.785 EUR
18Der Beklagte stellte die Einkünfte mit Feststellungsbescheid vom 27.12.2011 auf 8.638 EUR (6.853 EUR + 1.785 EUR) fest.
19Hiergegen richtete sich der Einspruch. Der Kläger vertrat die Auffassung, für die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags gem. § 4 Abs. 4a EStG sei von dem erklärten Gewinn laut geänderter Bilanz i.H.v. 40.942 EUR auszugehen. Der außerhalb der Handelsbilanz zu berücksichtigende Investitionsabzugsbetrag sei nicht in die Berechnung der Überentnahmen einzubeziehen. Maßgebend sei der allgemeine Gewinnbegriff nach § 4 Abs. 1 EStG. Dies ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 07.03.2006 X R 44/04, BStBl. II 2006, 588 und dem einschlägigen Schreiben des BMF vom 22.05.2000, BStBl. I 2000, 588 Tz. 8. Hier sei nur von außerbilanziellen Hinzurechnungen nicht von außerbilanziellen Abzugsbeträgen die Rede. Im Übrigen sei die Bildung des Investitionsabzugsbetrags kein tatsächlicher Aufwand, der auch in den Folgejahren nicht zu einer Ausgabe führe.
20Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 01.03.2012 als unbegründet zurück.
21Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren unter Hinweis auf den Vortrag im Einspruchsverfahren weiter. Ein Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG sei im Streitfall nicht anzusetzen. Denn maßgebend sei auch für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG der Rechtsbegriff „Gewinn“, wie er in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG definiert sei. § 4 Abs. 1 EStG laute: „Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen ....“ Hieraus ergebe sich, dass der außerbilanziell in Abzug zu bringende Betrag nach § 7g EStG n.F. das Betriebsvermögen bzw. den Gewinn nicht mindere. Dies gelte auch, wenn man § 4 Abs. 1 Satz 9 EStG, also die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung einbeziehe.
22Eine nach altem Recht gebildete Ansparrücklage wäre zwar beim Ansatz des Gewinns gem. § 4 Abs. 1 EStG (negativ) zu berücksichtigen. Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung war hier, dass Bildung und Auflösung der Ansparrücklage in der Buchführung verfolgt werden konnten. Nach neuem Recht sei dies nicht mehr erforderlich und nach Ansicht des Beklagten auch nicht zulässig. Der außerbilanziell abzuziehende Investitionsabzugsbetrag sei folgerichtig nicht beim Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG und damit auch nicht bei der Berechnung gem. § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen. Auf Grundlage dieser Rechtsauffassung ergebe sich zum Ende des Wirtschaftsjahres 2010 keine Überentnahme. Zudem widerspreche eine Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG dem Zweck des § 7g EStG, kleine und mittelständische Unternehmen zu stärken. Die Erhöhung des Gewinns um den Hinzurechnungsbetrag von 1.785 EUR sei damit unzulässig.
23Der Kläger beantragt,
24unter Änderung des Feststellungsbescheides 2010 vom 27.12.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2012 den Gewinn (unter Rückgängigmachung des. Hinzurechnungsbetrag von 1.785 EUR) auf 6.853 EUR festzustellen.
25Der Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG mangels einer besonderen Bestimmung i.S. des allgemeinen Gewinnbegriffs gem. § 4 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 3 EStG auszulegen. Aus der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 9 EStG ergebe sich, dass bei der Ermittlung des Gewinns die Vorschriften über Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 EStG), über die Bewertung (§ 6 EStG) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung (§§ 7ff EStG) zu befolgen seien. Hierzu gehöre auch die Sondervorschrift des § 7g EStG n.F. betreffend den Investitionsabzugsbetrag. Dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a EStG lasse sich nicht entnehmen, dass die Vorschrift bei der Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen generell von einem modifizierten Gewinnbegriff ausgehe. Vielmehr folge aus § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 2 EStG, dass die Bestimmung selbst deutlich mache, wenn ausnahmsweise nicht der Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 und 3 EStG der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen zugrunde gelegt werden solle. Hätte der Gesetzgeber hier einen anderen Gewinnbegriff zur Anwendung bringen wollen, hätte er dies im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebracht.
28Entgegen der Auffassung des Klägers sei es auch nicht von Bedeutung, ob die in der Gewinnermittlung erfassten Vorgänge tatsächlich Geldabflüsse in identischer Höhe verursachten. Denn der steuerliche Gewinn werde in vielfältiger Weise modifiziert, ohne dass dies zu einer Vermehrung oder zum Abfluss entnahmefähiger bzw. liquider Mittel führe. Zudem würde es der vom Gesetzgeber angestrebten Vereinfachung widersprechen, wenn der steuerlich ermittelte Gewinn für Zwecke der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG mannigfach zu korrigieren wäre. Aus den Schreiben des BMF vom 22.05.2000, BStBl. I 2000, 588 bzw. vom 17.11.2005 (Nachfolgeschreiben zum BMF-Schreiben vom 22.05.2000) jeweils in Tz. 8 könne nichts anderes hergeleitet werden, zumal diese Schreiben weit vor Inkrafttreten des Umsatzsteuerreformgesetzes 2008 und der Ausgestaltung der Förderung nach § 7g EStG als Investitionsabzugsbetrags erlassen worden seien. Insbesondere könne aus der fehlenden Benennung der außerbilanziellen Kürzung nicht gefolgert werden, dass der Investitionsabzugsbetrag entgegen der Gesetzessystematik nicht zu berücksichtigen sei.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und auf die Steuerakten des Beklagten verwiesen.
30Der Senat hat am 18.06.2013 in der Sache mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger wird durch den angefochtenen Feststellungsbescheid nicht in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Zu Recht hat der Beklagte den Gewinn um den Hinzurechnungsbetrag von 1.783 EUR erhöht.
33Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Be-trag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen) ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Der sich dann ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 EUR verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt, § 4 Abs. 4a Sätze 2 bis 5 EStG.
34Zutreffend hat der Beklagte den steuerlichen Gewinnbegriff i.S.v. § 4 Abs. 1 EStG bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags gem. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG zugrundegelegt. Gewinn gem. § 4 Abs. 1 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
35Entgegen der Auffassung des Klägers unterscheidet sich der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG mangels einer besonderen Bestimmung in dieser Vorschrift nicht von dem allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG. Insbesondere bestimmt sich der Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 4a EStG unabhängig von etwaigen Auswirkungen auf die Liquidität des Betriebes (vgl. BFH-Urteile vom 22.11.2011 VIII R 5/08, juris; vom 7.03.2006 X R 44/04, BStBl. II 2006, 588; BFH-Beschlüsse vom 18.10.2006 XI R 41/02, BFH/NV 2007, 416; vom 12.12. 2007 XI B 158/06, juris; BMF-Schreiben vom 17. 11.2005 IV B 2 -S 2144- 50/05, BStBl. I 2005, 1019 Rdnr. 8; Schmidt/Heinicke, EStG, 32. Aufl. 2013, § 4 Rz 525; Seiler in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Juli 2006, § 4 Rz Ea 60ff (68 und 76f); Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Okt. 2011, § 4 Rz 1057f. ; Wied in Blümich, EStG, Okt. 2010 § 4 Rz. 600ff (618 und 623) jew. m.w.N.). Für diese Auslegung der Vorschrift sprechen Wortlaut, Systematik sowie der Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BFH-Urteil vom 7.03.2006 X R 44/04, aaO).
36Die Maßgeblichkeit des Gewinnbegriffs i.S. des § 4 Abs. 1 und 3 EStG für die Anwendung des Absatzes 4a erfährt entgegen der Auffassung des Klägers keine Einschränkung, wenn der steuerliche Gewinn nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG n.F. außerhalb der Bilanz gekürzt wird. Denn bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen, § 4 Abs. 9 EStG. Zu den Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung gehören die §§ 7 bis 7i EStG und damit auch die Vorschrift des § 7g EStG n.F. Innerhalb der Bilanz zu berücksichtigende gewinnmindernde Rücklagen, Abschreibungen sind für Zwecke der Feststellung einer Überentnahme dem steuerlichen Gewinn ebenso wenig wiederhinzuzurechnen wie Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten oder Wertberichtigungen (BFH-Urteil vom 7.03.2006 X R 44/04, aaO.). Gleiches gilt für den außerhalb der Bilanz abzuziehenden und gegebenenfalls wieder hinzuzurechnenden Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 1 und 4 EStG n.F. (vgl. Schmidt/Heinicke, aaO § 4 Rz 525 zu § 7g a.F. und n.F.; Frotscher in Frotscher, EStG, 9/08 § 4 Rz. 633 ausdrücklich zu allen außerbilanziellen Zu- und Abrechnungen).
37Richtig ist, dass der Investitionsabzugsbetrag - anders als die frühere Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. - außerbilanziell in Ansatz gebracht wird. Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Gesetz, wohl aber aus dem Gesamtzusammenhang. Dadurch wird das bilanzielle Eigenkapital bis zur tatsächlichen Vornahme der Investition nicht gemindert (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG 32. Aufl. 2013 § 7g, Rz. 4 m.w.N.).
38Richtig ist auch, dass grundsätzlich das Eigenkapitalkonto die maßgebliche Größe für Zwecke der Ermittlung des Überentnahmevolumens i.S.v. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG bleiben soll. Dieser Grundsatz erfährt jedoch mit Blick auf den Zweck des Gesetzes Einschränkungen (vgl. Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, aaO Rz. 1057f, Wied in Blümich, aaO Rz. 618 und Seiler in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, aaO Rz. Ea 70ff; Kanzler, Einige Notizen zu landwirtschaftsbezogenen Fragen der Abgrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG, Die Information über Steuer und Wirtschaft (INF), 2000, 513 (515)). So umfasst der Gewinnbegriff i.S.v. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG nach h.M. keine Verluste, dem Gewinn sind steuerfreie Gewinne, einschließlich Übergangsgewinnen und Übergangsverlusten (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.2011 VIII R 5/08, aaO) hinzuzurechnen. Gleiches gilt für nichtabzugsfähige Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 5 EStG (vgl. Wied in Blümich, aaO Rz. 618; Kanzler, INF 2000, aaO 513 (515); BMF-‚Schreiben vom 17.11.2005 aaO Tz. 8; a.A. für nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 5 EStG Wendt, Mehrkontenmodelle – Zweiter Versuch einer gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 4a EStG, Finanzrundschau 2000, 417 (424); Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach aaO Rz. 1058 und Seiler in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff aaO Ea 80).
39Der Senat folgt der h.M. Danach sind außerbilanzielle Hinzurechnungen wie die nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 5 EStG und z.B. auch die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 4 EStG n.F. zugunsten des Steuerpflichtigen gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dementsprechend muss der Investitionsabzug nach § 7g Abs. 1 EStG n.F. unter Symmetriegesichtspunkten zu Lasten des Steuerpflichtigen für die Berechnung der Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG gewinnmindernd berücksichtigt werden.
40Aus Wortlaut und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG folgt nichts anderes. Insbesondere ist eine Sonderbehandlung des Investitionsabzugsbetrags in dieser Vorschrift nicht vorgesehen. Demgegenüber werden Ausnahmen zur Bindungswirkung an den allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG ausdrücklich benannt. Hätte der Gesetzgeber hier einen anderen Gewinnbegriff zur Anwendung bringen wollen, hätte er dies im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebracht. Zudem weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es der vom Gesetzgeber angestrebten Vereinfachung widersprechen würde, wenn der steuerlich ermittelte Gewinn für Zwecke der Ermittlung der nichtabziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in verschiedener Hinsicht zu korrigieren wäre.
41Entgegen der Auffassung des Klägers widerspricht diese Rechtauffassung auch nicht dem Zweck des § 7g EStG. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der Zweck des Investitionsabzugsbetrags gem. § 7g EStG n.F. dem der Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 a.F. entspricht. Zweck des § 7g EStG alter und neuer Fassung ist es, die Liquidität, die Eigenkapitalausstattung, die Investitions- und Innovationskraft kleiner und mittlerer Betriebe zu stärken. Dieser Zweck wird unabhängig davon erreicht, ob der steuerliche Gewinn innerhalb oder außerhalb der Bilanz gemindert wird. Es handelt sich hier nur um verschiedene Techniken der Gewinnermittlung (vgl. Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, aaO Rz. 1058).
42Wenn aber der steuerliche Gewinn sowohl nach der alten als auch nach der neuen Fassung des § 7g EStG (sei es durch Bildung einer Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. oder durch Ansatz eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG n.F.) gekürzt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 18.10.2006 XI R 41/02, aaO zu § 7g Abs. 3 EStG a.F.), kann es - historisch betrachtet - nicht dem Zweck des § 7g n.F. EStG widersprechen, wenn diese Kürzung bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 4 Abs. 4a EStG - weiterhin - Berücksichtigung findet (vgl. auch Schmidt/Heinicke, aaO § 4 Rz 525 zu § 7g a.F. und n.F.).
43Auch insoweit stehen weder Wortlaut noch Zweck des § 4 Abs. 4a EStG entgegen.
44Zweck des § 4 Abs. 4a EStG ist die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs für Überentnahmen bzw. die Sanktion von Überentnahmen durch die gesetzliche Fiktion, dass die Fremdfinanzierung solcher Überentnahmen grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst ist (vgl. Schmidt/Heinicke aaO § 4 Rz. 522; Wied in Blümich aaO § 4 Rz. 596 und 604; Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach aaO Rz. 1030 und 1036). Diese gesetzliche Fiktion einer fehlenden betrieblichen Veranlassung von Schuldzinsen auf Überentnahmen bezieht sich unabhängig von deren Größenordnung auf alle Betriebe. Die nach § 7g EStG geförderten - kleinen und mittleren - Betriebe werden nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a EStG nicht ausgenommen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Betriebe nach dem Zweck der Vorschrift zusätzlich begünstigt werden sollen.
45Soweit der Kläger auf die Schreiben des BMF vom 22.05.2000, BStBl. I 2000, 588 bzw. vom 17.11.2005 jeweils in Tz. 8 verweist, ergibt sich hieraus ebenfalls nicht, dass außerbilanziell vorzunehmende Gewinnkürzungen bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 4 Abs. 4a EStG außer Betracht bleiben müssen. Abgesehen davon, dass diese - norminterpretierenden - Schreiben den Senat nicht binden (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Tz. 84 m.w.N.), weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass sie weit vor Inkrafttreten des Umsatzsteuerreformgesetzes 2008 und der Ausgestaltung der Förderung nach § 7g EStG n.F. erlassen wurden. Zudem hat offensichtlich auch der BMF in Bezug auf die neue Fassung des § 7g EStG keinen Regelungsbedarf gesehen. Dies lässt darauf schließen, dass die Berechnung nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG aus Sicht des BMF keine Änderung erfahren sollte, nur weil der Investitionsabzugsbetrag nun außerhalb der Bilanz in Abzug zu bringen ist.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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