Urteil vom Finanzgericht Münster - 4 K 4110/13 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang die Übertragung einer nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) auf einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück gebildeten Wohneinheit zu einer Entnahme führt.
3Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger betreibt eine landwirtschaftliche Rinderhaltung in E. Den Betrieb hatte er im Jahr 1993 von seiner Mutter übernommen. Der gesamte Betrieb umfasste ursprünglich eine Fläche von ca. 3,31 ha. Den größten Teil (1,9642 ha) machte das Grundstück Flur 11 Flurstück 20 aus, auf dem sich auch das (frühere) Wohnhaus, eine Mehrzweckhalle und die Wirtschaftsgebäude befanden.
4Mit notariellem Vertrag vom 13.1.2011 (UR des Notars O aus R) teilte der Kläger das Grundstück Flur 11 Flurstück 20 in zwei Wohnungs- und Teileigentumsanteile zum Zweck der geplanten Errichtung eines Doppelhauses. Die Wohneinheit 1 umfasste danach einen Miteigentumsanteil von 55/100 am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der südlichen Hälfte des geplanten Wohnhauses sowie mit dem Sondereigentum an sämtlichen landwirtschaftlichen Gebäuden. Die Wohneinheit 2 umfasste einen Miteigentumsanteil von 45/100 am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der nördlichen Hälfte des geplanten Wohnhauses. Das Sondereigentum an der Wohneinheit 1 wurde verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an der gesamten Grundstücksfläche mit Ausnahme des Gartens und der Zufahrt der Wohneinheit 2. Dem Eigentümer der Wohneinheit 1 obliegt nach dem Vertrag die Unterhaltungspflicht bezüglich der landwirtschaftlichen Gebäude und der landwirtschaftlich genutzten Grundstücksfläche.
5Mit weiterem notariellen Vertrag vom 13.1.2011 (UR des Notars O aus R) übertrug der Kläger die Wohneinheit 2 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine älteste Tochter A. Der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten erfolgte bereits mit Ablauf des 31.12.2010. Die Kosten für die Errichtung des geplanten Doppelhauses sollten danach für jeden Gebäudeteil anteilig vom jeweiligenEigentümer getragen werden. Unter bestimmten in § 5 des Vertrages genannten Voraussetzungen behielt sich der Kläger ein Rückforderungsrecht vor. Die Tochter bestellte den Klägern ein unentgeltliches Altenteilsrecht. Sie erklärte, mit der Übertragung vonallen erbrechtlichen Ansprüchen gegenüber ihren Eltern abgefunden zu sein (Pflichtteilsverzicht).
6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden notariellen Verträge Bezug genommen.
7Die Wohneinheit 1 behielt der Kläger selbst. Die hierauf in der Folgezeit auf seine Kosten errichtete Doppelhaushälfte wird von der Familie der Kläger bewohnt.
8In seiner Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2010/11 nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gab der Kläger neben dem Durchschnittssatzgewinn einen nach § 13a Abs. 6 EStG zu versteuernden Entnahmegewinn (vor Freibetrag) in Bezug auf die an seine Tochter übertragene Wohneinheit 2 in Höhe von 5.025,- EUR an. Dabei ging er von einer entnommenen Fläche von 202 m² (Doppelhaushälfte, Garten und Stellplätze der Wohneinheit 2) aus, die er mit einem Wert von 30,- EUR/m² ansetzte. Von dem so ermittelten Entnahmewert (6.060,- EUR) zog er einen Buchwert von 1.035,- EUR (202 m² * 5,12 EUR) ab.
9Der Beklagte legte den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 2010 und 2011 demgegenüber einen Entnahmegewinn (vor Freibetrag) des Wirtschaftsjahres 2010/11 in Höhe von insgesamt 54.103,- EUR zu Grunde. Dabei ging er davon aus, dass 45/100 der gesamten Grundstücksfläche (19.642 m² * 45 % = 8.838,90 m²) sowie die landwirtschaftlichen Gebäude insgesamt entnommen worden seien. Den Betrag ermittelte er wie folgt:
10m² (100%) |
m² (45%) |
EUR /m² |
Entnahme-wert |
Buchwert |
Gewinn |
|
Neues Doppelhaus |
450 |
202,5 |
30,- |
6.075,00 |
1.036,80 |
5.038,20 |
Altes Wohnhaus |
550 |
247,5 |
30,- |
0,00 |
1.267,20 |
0,00 |
Hoffläche |
880 |
396,0 |
15,- |
5.940,00 |
2.027,52 |
3.912,48 |
Acker/Grünland |
17.762 |
7.992,9 |
5,- |
39.964,50 |
10.007,63 |
29.956,87 |
Summe Grundstück |
19.642 |
8.838,9 |
38.907,55 |
|||
Gebäude |
15.196,00 |
|||||
Summe |
54.103,00 |
Für das bisherige Wohnhaus setzte der Beklagte keinen Entnahmegewinn an, weil der Kläger diese Fläche bereits zum 31.12.1998 steuerfrei aus seinem Betriebsvermögen entnommen hatte. Die Größe der anteiligen Grundstücksflächen, die Entnahmewerte sowie die Buchwerte sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
12Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Kläger hatten insoweit Erfolg, als der Beklagte den Entnahmegewinn um den auf die Gebäude entfallenden Betrag (15.196,- EUR) auf 38.907,55 EUR minderte. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.
13Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, dass der auf die Wohneinheit 2 entfallende Miteigentumsanteil am landwirtschaftlichen Grundstück (mit Ausnahme von 202 m²) nicht entnommen worden sei. Vielmehr sei der Kläger insoweit wirtschaftlicher Eigentümer geblieben. Das verdinglichte Sondernutzungsrecht, das im Grundbuch im Bestandsverzeichnis (und nicht in Abteilung II) eingetragen sei, bestimme als eigentumsähnliches Gebrauchs- und Nutzungsrecht den Inhalt des Sondereigentums und sei damit dessen Bestandteil. Der Sondernutzungsberechtigte habe eine eigentümerähnliche Stellung. Er könne den anderen Wohnungseigentümer auf Dauer von der Nutzung ausschließen und nach Belieben mit dem Gegenstand des Sondernutzungsrechts verfahren (z.B. durch Vermietung). Dementsprechend stünden ihm auch Abwehransprüche gemäß § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu. Das Recht könne auch nicht durch einseitige Aufgabeerklärung des Berechtigten (§ 875 BGB) aufgehoben werden. Es bestehe vielmehr für die Dauer des Teileigentums, da die Teilungserklärung keinen Anspruch auf Aufhebung oder Änderung des Sondernutzungsrechts enthalte. Zur Aufhebung sei die Vereinbarung aller Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 WEG erforderlich. Wirtschaftlich sei das Sondernutzungsrecht so viel wert wie die Eigentümerstellung an diesem Grundstücksanteil. Die Kläger hätten niemals beabsichtigt, ihrer Tochter einen derart großen Anteil am landwirtschaftlichen Grundstück zu übertragen. Der Anteil sei allein an dem Verhältnis der Flächen der beiden Wohnungen des zu errichtenden Doppelhauses bemessen worden.
14Die Kläger beantragen,
15die Einkommensteuerbescheide für 2010 vom 11.6.2012 und für 2011 vom 16.9.2013 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.12.2013 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft um jeweils 16.941,- EUR niedriger als bisher angesetzt werden,
16hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
17Ferner beantragen die Kläger,
18die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Er ist der Ansicht, dass neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum an 45/100 der Grundstücksfläche auf die Tochter übergegangen sei. Das Sondernutzungsrecht gebe dem Kläger nicht die Möglichkeit, sich den Substanzwert des Grundstücksanteils zu Eigen zu machen. Über die ihm als Sondernutzungsberechtigtem zustehenden Rechte hinaus könne er auch nicht nach Belieben mit dem Grundbesitz verfahren. Er trage nicht das Risiko einer Wertminderung und nehme nicht an Wertsteigerungen teil. Nach seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt sei das Sondernutzungsrecht mit einem Nießbrauch vergleichbar. Der Nießbraucher sei aber in der Regel nicht wirtschaftlicher Eigentümer des belasteten Wirtschaftsguts.
22Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
23In der Sache haben am 14.4.2015 ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter und am 12.6.2015 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die zulässige Klage ist unbegründet.
26I. Die Einkommensteuerbescheide für 2010 vom 11.6.2012 und für 2011 vom 16.9.2013 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.12.2013 sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO).
27Der Beklagte hat für das Wirtschaftsjahr 2010/11 zutreffend einen Entnahmegewinn in Höhe von 38.907,55 EUR bezogen auf 45/100 der gesamten Grundstücksfläche der Besteuerung zu Grunde gelegt. Bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen sind Gewinne aus der Entnahme von Grund und Boden und Gebäuden, soweit sie insgesamt 1.534,- EUR übersteigen, gemäß § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG zusätzlich zum Durchschnittswert anzusetzen.
28Der Kläger hat seinem landwirtschaftlichen Betrieb eine Grundstücksfläche von 45/100 entnommen, indem er seiner Tochter die Wohneinheit 2 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen hat. Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Durch die Übertragung an seine Tochter hat der Kläger einen Bruchteil von 45/100 seines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks aus dem betrieblichen Zusammenhang gelöst, weil es ihm steuerlich nicht mehr zuzurechnen ist.
291. Grundsätzlich sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 der Abgabenordnung, AO). Zivilrechtliche Eigentümerin der anteiligen Grundstücksfläche wurde mit der Übertragung der Wohneinheit 2 die Tochter des Klägers. Gemäß § 1 Abs. 2 WEG besteht Wohnungseigentum aus dem Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum.Gemeinschaftliches Eigentum ist unter anderem das Grundstück selbst (§ 1 Abs. 5 WEG). Dieser Miteigentumsanteil in Höhe von 45/100, der nach § 1008 BGB Bruchteileigentum darstellt, ist untrennbar mit der Wohneinheit 2 verbunden. Dies ergibt sich aus dem notariellen Vertrag vom 13.1.2011 (UR ), mit dem der Kläger die Teilung des Grundstücks vorgenommen hat und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
302. Der Kläger ist auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des auf die Wohneinheit 2 entfallenden Grundstücksteils geblieben. Durch das nach dem notariellen Vertrag mit der Wohneinheit 1, die der Kläger zurückbehalten hat, verbundene Sondernutzungsrecht an der gesamten Grundstücksfläche hat der Kläger nicht das wirtschaftlicheEigentum am Grundstücksteil zurückbehalten. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn dieser die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.
31a. Diese Definition des wirtschaftlichen Eigentümers umfasst eine Mehrzahl ungleichartiger zivilrechtlicher Rechtslagen, die Nichteigentümern eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschaffen. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erfordert deshalb die Bildung von Fallgruppen und eine wertende Zuordnung. Entscheidend ist danach, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer eine - auch rechtlich abgesicherte - Position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft derart von der Einwirkung auf den betreffenden Gegenstand auszuschließen, dass seinem Herausgabeanspruch bei dem für die gewählte Gestaltung typischen Verlauf zumindest tatsächlich keine nennenswerte praktische Bedeutung zukommt (BFH-Urteil vom 27.11.1996 X R 92/92, BStBl II 1998, 97).
32Dementsprechend ist nach ständiger Rechtsprechung ein Vorbehaltsnießbraucher nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grundstücks von der typischen Position eines Nießbrauches so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft über das belastete Grundstück ausübt. Eine bloße Nutzungsbefugnis genügt für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht. Vielmehr muss der Nießbraucher das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung tragen und an Wertsteigerungen teilnehmen, was nicht der Fall ist, wenn er weder die Möglichkeit hat, sich selbst den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen noch sonst vergleichbar einem Eigentümer nach Belieben mit dem Grundstück zu verfahren (BFH-Urteil vom 28.7.1999 X R 38/98, BStBl II 2000, 653 m.w.N.). Bei einem Dauerwohnrecht nach § 31 WEG ist der Dauernutzungsberechtigte nur dann wirtschaftlicher Eigentümer, wenn ihm Substanz und Ertrag der Wohnung wirtschaftlich zustehen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn bei Nutzungsbeendigung dem bisher Berechtigten ein Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes der Wohnung gegen den zivilrechtlichen Eigentümer zusteht. Dies gilt auch dann, wenn das Dauerwohnrecht zeitlich unbegrenzt und damit für die voraussichtliche Nutzungsdauer der Wohnung bestellt wurde (BFH-Urteil vom 29.3.2007 IX R 14/06, BFH/NV 2007, 1471).
33b. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf das im Streitfall vereinbarte Sondernutzungsrecht des Klägers am gesamten Grundstück führt dies nicht zur Zurückbehaltung wirtschaftlichen Eigentums. Nach seinem wirtschaftlichen Gehalt geht das in § 5 Abs. 4 WEG vorgesehene Sondernutzungsrecht nicht über ein Nießbrauchsrecht hinaus.
34aa. Ein Sondernutzungsrecht ist das Recht zur befristeten oder unbefristeten Nutzung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums durch einen oder einige Wohnungseigentümer unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch. Der Gegenstand des Sondernutzungsrechts bleibt weiterhin gemeinschaftliches Eigentum gemäß § 1 Abs. 5 WEG. Es vermittelt das alleinige Gebrauchs- und Nutzungsrecht am Grundstück einschließlich der Fruchtziehung (Bassenge in Palandt, § 13 WEG Rn. 15 f.). Auch die Möglichkeit der Vermietung und Verpachtung ist umfasst. Sinn des Sondernutzungsrechts ist es, einzelnen Wohnungseigentümern den Gebrauch bestimmter Grundstücksteile (z.B. Parkplätze oder Gärten) unter Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer zu verschaffen. Dies ist auf andere Weise nicht möglich, da Sondereigentum gemäß §§ 5 Abs. 1, 3 Abs. 1 WEG nur an Wohnungen und Räumen eingeräumt werden kann, nicht aber an Grundstücksteilen.
35Die Rechtsposition des Sondernutzungsberechtigten ist insoweit schwächer als diejenige eines Eigentümers, als bauliche Veränderungen nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig sind (§ 22 WEG). Hiervon enthält der notarielle Vertrag vom 13.1.2011 (UR 18/2011) keine abweichenden Regelungen. Vielmehr ist der Sondernutzungsberechtigte nur berechtigt, die dem Sondernutzungsrecht unterliegende Fläche in ortsüblicher Weise von der angrenzenden Sondernutzungsfläche bzw. Nachbargrundstücken durch Zaun und Bewuchs abzutrennen (§ 3 Abs. 2 des Vertrages).
36bb. Zudem ist eine isolierte Übertragung des mit dem Sondernutzungsrecht belasteten Grundstücks nicht möglich. Ein Verkauf kann nur durch alle Wohnungseigentümer gemeinsam erfolgen. Jede Abänderung des Rechts bedarf ebenfalls der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Dass der Sondernutzungsberechtigte die mit dem vom Sondernutzungsrecht erfassten Grundstück im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Lasten trägt, reicht für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht aus, da die Rechtsposition auch insoweit ähnlich derjenigen eines Nießbrauchers ist, der ebenfalls grundsätzlich kein wirtschaftlicher Eigentümer ist. Ein etwaiger Abwehranspruch nach § 1004 BGB steht gemäß § 1065 BGB auch einem Nießbraucher zu, so dass sich hieraus ebenfalls keine andere Beurteilung ergeben kann.
37cc. Im Fall einer Veräußerung des Grundstücks (durch alle Wohnungseigentümer) hat der Sondernutzungsberechtigte gerade nicht die Möglichkeit, sich den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen. Vielmehr steht der auf den Miteigentumsanteil der anderen Wohnungseigentümer entfallende Kaufpreisanteil nicht ihm, sondern jedem Eigentümer anteilig zu. Im Streitfall sind hiervon abweichende Vereinbarungen aus den notariellen Verträgen vom 13.1.2011 nicht ersichtlich. Damit nimmt nicht der Kläger, sondern allein seine Tochter an Wertsteigerungen bezüglich ihres Miteigentumsanteils am Grundstück (45/100) teil. Sie trägt insoweit auch das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung. Im Fall etwaiger Bodenbelastungen hätte sie als Miteigentümerin einen entsprechenden Anteil der Beseitigungskosten zu tragen.
38dd. Dass das Sondernutzungsrecht zeitlich unbeschränkt vereinbart wurde und damit dauerhaft besteht, führt nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums. Diesbezüglich besteht zwar ein Unterschied zum Nießbrauchsrecht, das grundsätzlich mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt (§ 1061 Satz 1 BGB). Andererseits wird ein Dauerwohnrecht im Sinne von § 31 WEG, das grundsätzlich kein wirtschaftliches Eigentum vermittelt (siehe oben), typischerweise ebenfalls dauerhaft eingeräumt, da es gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 WEG veräußerlich und vererblich ist.
39Das im Vertrag vom 13.1.2011 (UR 19/2011) für bestimmte Fälle vereinbarte Rückkaufsrecht des Klägers (z.B. für den Fall der Veräußerung der eigenen Wohneinheit der Tochter ohne Zustimmung des Klägers) reicht ebenfalls nicht aus, um wirtschaftliches Eigentum zu begründen. Hierbei handelt es sich um ein rein schuldrechtliches Veräußerungsverbot, das für sich genommen keine Änderung der wirtschaftlichen Zurechnung bewirken kann (vgl. BFH-Urteil vom 28.7.1999 X R 38/98, BStBl II 2000, 653).
40Auch der Umstand, dass das Sondernutzungsrecht im Grundbuch - anders als das Nießbrauchsrecht - im Bestandsverzeichnis und nicht in Abteilung II eingetragen ist, ändert an dieser Beurteilung nichts. Maßgeblich für die Annahme wirtschaftlichenEigentums ist nicht die grundbuchrechtliche Erfassung eines Rechts sondern dessen wirtschaftlicher Gehalt.
413. Der Beklagte hat die Höhe des auf die Übertragung des Miteigentumsanteils an die Tochter entfallenden Entnahmegewinns zutreffend ermittelt. Bezüglich der zu Grunde gelegten Entnahme- und Buchwerte ist zwischen den Beteiligten Einvernehmen erzielt worden.
42II. Ob der Beklagte im Hinblick auf den Miteigentumsanteil des Klägers am Grundstück, der auf die von den Klägern selbst genutzte Doppelhaushälfte nebst Garten etc. entfällt, einen weiteren Entnahmegewinn hätte berücksichtigen müssen, weil dieser Grundstücksteil insgesamt (und nicht nur zu 45/100) privat genutzt wird, kann dahinstehen. Eine Verböserung ist im Klageverfahren nicht zulässig (z.B. BFH-Urteil vom 26.11.1997 X R 146/94, BFH/NV 1998, 961).
43III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
44IV. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sondernutzungsrecht im Sinne des WEG wirtschaftliches Eigentum begründen kann, liegt bisher keine Rechtsprechung vor.
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Referenzen
- 1999 X R 38/98 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 5 Abs. 1, 3 Abs. 1 WEG 2x (nicht zugeordnet)
- 2007 IX R 14/06 1x (nicht zugeordnet)
- § 22 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- 1996 X R 92/92 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 13a Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen 1x
- § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1x (nicht zugeordnet)
- 1997 X R 146/94 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 5 WEG 1x (nicht zugeordnet)