Urteil vom Finanzgericht Münster - 11 K 3555/13 E
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 31.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2013 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um einen Veräußerungsgewinn in Höhe von … EUR gemindert werden und bei den Sonderausgaben ein ungekürzter Vorwergabzug in Höhe von … EUR berücksichtigt wird.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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T a t b e s t a n d :
2Die Beteiligten streiten darüber, ob – und wenn ja, dann in welcher Höhe – ein Einbringungsgewinn im Zusammenhang mit Übertragungen von Aktien der X. AG bei der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2007 (Streitjahr) des Klägers zu erfassen ist. Ferner ist bzw. war streitig, ob hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen des Klägers ein ungekürzter Vorwegabzug zu gewähren ist.
3Der Kläger wurde für das Streitjahr 2007 allein zur Einkommensteuer veranlagt, und zwar zunächst mit Bescheid vom 31.07.2009, welcher gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand. In der Folgezeit erging eine Vielzahl von Änderungsbescheiden (Bescheide vom 11.11.2009, vom 15.03.2015, vom 26.07.210, vom 03.09.2010, vom 21.12.2010, vom 26.04.2012, vom 11.05.2012 und vom 31.10.2012). Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen. Anlässe für den Erlass der Änderungsbescheide waren teilweise (geänderte) Mitteilungen über Beteiligungseinkünfte und teilweise weitere Erkenntnisse bzw. geänderte Auffassungen des Beklagten zu der Höhe des Einbringungsgewinns im Zusammenhang mit einer Ketteneinbringung bzgl. Aktien der X. AG.
4Dem in Rede stehenden Einbringungsgewinn liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
5Der Kläger war ursprünglich über ein Treuhandverhältnis als Treugeber an der X. Y. GmbH & Co KG, E., beteiligt. Die Gesellschaft ist (bis heute) unter der Nummer HRA 00001 im Handelsregister des Amtsgerichts E. eingetragen. Persönlich haftender Gesellschafter war im Streitjahr 2007 die X. Y. Geschäftsführungs GmbH (AG E., HRB 00002). Alleinige Kommanditistin mit einer Kommanditeinlage in Höhe von … EUR war bei Gründung zunächst U. K1.. Noch im Gründungsjahr 2003 übertrug U. K1. ihren Kommanditanteil im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf E1. M.. Diesen Kommanditanteil im Nennbetrag von … EUR hielt E1. M. im Streitjahr in Höhe von 47,5 % für sich selbst sowie in Höhe von 47,5 % treuhänderisch für den Kläger und in Höhe von 5 % treuhänderisch für die F. Vermögensverwaltung GbR. An der F. Vermögensverwaltung GbR waren der Kläger und E1. M. zu jeweils 50 % beteiligt. Die X. Y. GmbH & Co. KG wird beim Finanzamt E. unter der Steuernummer …/…./…. geführt. Mit Bescheid vom 17.10.2012 für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wurde für die X. Y. GmbH & Co. KG ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von … EUR festgestellt, wovon ein Anteil in Höhe von … EUR dem Kläger zugerechnet wurde. Ein Einbringungsgewinn im Zusammengang mit Aktien der X. AG ist hierin nicht enthalten.
6Am 19.04.2007 gründete der Kläger zusammen mit E1. M., L. O. und B. L1. die X. AG, welche damals unter HRB 00003 beim Amtsgericht E. im Handelsregister eingetragen wurde. Die Gesellschaft hatte zunächst ein Stammkapital von … EUR, welches in … Stückaktien ohne Nennbetrag eingeteilt war. Von diesen Stückaktien übernahm der Kläger bei Gründung der Gesellschaft … Aktien, E1. M. ebenfalls … Aktien und L. O. und B. L1. zusammen … Aktien. In der Hauptversammlung vom …2007 beschlossen die Aktionäre der X. AG eine Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft von … EUR um … EUR auf … EUR. Zur Durchführung der Kapitalerhöhung schloss die X. AG am 04.06.2007 einen Nachgründungs- und Einbringungsvertrag mit dem Kläger, E1. M. und der F. Vermögensverwaltung GbR. Gegenstand des Vertrages ist die Einbringung der Kommanditeinlage von … EUR an der X. Y. GmbH & Co KG in die X. AG gegen Ausgabe von … neuen nennwertlosen Stückaktien. Die Aktien lauten auf den Inhaber. Der Ausgabebetrag je Stückaktie betrug … EUR. Die Einbringung erfolgte gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) zu Buchwerten mit steuerlicher Wirkung zum 31.05.2007. Als Gegenleistung für die Einbringung der Kommanditbeteiligung an der X. Y. GmbH & Co. KG gewährte die X. AG dem Kläger und E1. M. jeweils … und der F. Vermögensverwaltung GbR … der neuen nennwertlosen Stückaktien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Nachgründungs- und Einbringungsvertrag vom 04.06.2007 Bezug genommen.
7Im … 2007 fand – nach einer weiteren Erhöhung des Grundkapitals der X. AG auf … EUR – ein Börsengang der X. AG statt. In diesem Zuge sollten – so die Vorankündigung der Gesellschaft vom …2007 – Aktien der X. AG in der Zeit vom … bis zum …2007 in einer Preisspanne von … bis ... € je Aktie öffentlich zum Kauf angeboten werden. Das Angebot umfasste insgesamt bis zu … Stückaktien. Von diesen stammten bis zu … Stückaktien aus einer Kapitalerhöhung sowie bis zu … Stückaktien aus dem Eigentum der bisherigen Aktionäre im Hinblick auf die der Emissionsbank eingeräumten Mehrzuteilungsoption (Greenshoe). Wegen der Einzelheiten wird auf die Mitteilung der X. AG zum Börsengang vom …2007 Bezug genommen. Tatsächlich wurden beim Börsengang sämtliche … Aktien zu einem Preis von … EUR pro Stückaktie ausgegeben.
8In der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 04.06.2009 veräußerte der Kläger … Aktien der X. AG zu einem Kaufpreis von insgesamt … EUR.
9Im Jahr 2010 beschlossen die Aktionäre der X. AG die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von E. nach J. (AG J., HRB 00004). Das Grundkapital der Gesellschaft ist inzwischen auf … EUR gesenkt worden.
10Am …2009 gründeten der Kläger und Herr E1. M. die F. Vermögensverwaltungs GmbH. Die Gesellschaft ist beim Handelsregister des Amtsgerichts E. unter HRB 00005 eingetragen. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt … EUR. Auf das Stammkapital hat der Kläger bei Gründung einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von … EUR und E1. M. einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von … EUR übernommen. Mit Aktieneinbringungsvertrag vom 16.06.2009 übertrugen der Kläger …, E1. M. … und die F. Vermögensverwaltung GbR … Aktien der X. AG auf die F. Vermögensverwaltungs GmbH. Die Aktienübertragungen der Einbringenden erfolgten teilweise zur Erfüllung der Einlageverpflichtung im Rahmen der Gründung der F. Vermögensverwaltungs GmbH. Die Einbringungen erfolgten jeweils gemäß § 21 UmwStG zu Buchwerten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Aktieneinbringungsvertrag vom 16.06.2009 Bezug genommen.
11Die F. Vermögensverwaltungs GmbH veräußerte von diesen Aktien der X. AG im Jahr 2009 insgesamt … Aktien und im Jahr 2010 insgesamt … Aktien.
12Am 29.09.2010 gründeten der Kläger und E1. M. die Z. Holding GmbH mit Sitz in E2.. Die Gesellschaft ist im Handelsregister des Amtsgerichts H. unter HRB 00006 eingetragen. Das Stammkapital betrug bei Gründung zunächst … EUR. Hiervon übernahmen der Kläger und E1. M. zunächst jeweils … Geschäftsanteile im Nennwert von je … EUR. In einer Gesellschafterversammlung vom 04.11.2010 beschlossen die Gesellschafter der Z. Holding GmbH das Stammkapital der Gesellschaft von … EUR um … EUR auf … EUR zu erhöhen. Die Erhöhung des Stammkapitals erfolgte durch Ausgabe weiterer … Geschäftsanteile im Nennwert von je … EUR, von welchen der Kläger und E1. M. jeweils … Geschäftsanteile übernahmen. Die verbleibenden … Geschäftsanteile übernahm U. K1.. Anders als U. K1. hatten der Kläger und E1. M. die Stammeinlage auf die neuen Geschäftsanteile nicht in Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass jeder seine Beteiligung an der F. Vermögensverwaltungs GmbH zum gemeinen Wert in die Z. Holding GmbH einbrachte. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde des Notars G. R. H1. aus N. (UR-NR. …/2010) Bezug genommen.
13Am 18.03.2010 erhielt der Beklagte eine Anzeige der Volksbank H2. e.G. über eine unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern gemäß § 43 Abs. 1 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ein sodann vom Beklagen durchgeführtes Auskunftsersuchen gegenüber der Volksbank H2. e. G. ergab, dass der Kläger Aktien der X. AG auf die F. Vermögensverwaltungs GmbH übertragen hatte. Hierzu angehört, teilte der Kläger über seinen damaligen steuerlichen Berater – S. und N1. GbR – mit Schreiben vom 31.05.2009 mit, dass er ursprünglich Eigentümer von … Inhaberaktien der X. AG, E., gewesen sei, welche ihm gemäß Einbringungsvertrag vom 04.06.2007 im Gegenzug für die Einbringung seiner Anteile an der X. Y. GmbH & Co KG gewährt worden seien. Bis zum 04.06.2009 seien hiervon … Aktien entsprechend einer beigefügten Anlage zu einem Erlös von insgesamt … EUR veräußert worden. Am 16.06.2009 seien die Aktien gegen Gewährung neuer Anteile in die F. Vermögensverwaltungs GmbH eingebracht worden.
14Der Beklagte sah hierin einen Fall des § 22 UmwStG und teilte dem Kläger mit, dass der sich hieraus ergebende Einbringungsgewinn in voller Höhe im Jahr 2007 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu versteuern sei. Dies geschah erstmalig mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 26.07.2010. Hierin erfasste der Beklagte einen Einbringungsgewinn in Höhe von … EUR. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass er zur Ermittlung des Einbringungsgewinns die vom Kläger ausgewiesenen Veräußerungserlöse für die Aktien der X. AG aus dem Jahr 2009 in Höhe von … EUR zugrunde gelegt und von diesem Betrag 2/7 (1/7 pro abgelaufenem Jahr zwischen Einbringung und Veräußerung) und damit einen Betrag von … EUR in Abzug gebracht habe.
15Das gegen diesen Bescheid durchgeführte Einspruchsverfahren und das anschließende Klageverfahren, welches beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 11 K 3148/11 E geführt wurde, blieb erfolglos. In diesem Klageverfahren erging am 03.02.2012 ein Gerichtsbescheid, mit welchem die damalige Klage abgewiesen wurde. Auf den Gerichtsbescheid wird Bezug genommen. Hiergegen beantragte der Kläger am 14.03.2012 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher er insbesondere die Auffassung vertrat, dass die Höhe des Einbringungsgewinns seitens des Finanzamtes fehlerhaft ermittelt worden sei, denn der gemeine Wert der Aktien der X. AG habe zum Einbringungsstichtag lediglich … EUR je Aktie betragen. In der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2012 nahm der Kläger die Klage zurück. Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.
16In den Änderungsbescheiden vom 03.09.2010, vom 21.12.2010, vom 26.04.2012 und vom 11.05.2012 blieb der in Rede stehende Einbringungsgewinn in Höhe von … EUR unverändert.
17Mit Schreiben vom 22.08.2012 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Einbringungsgewinn des Jahres 2007 offenbar zu niedrig geschätzt worden sei. Ferner sei der Einbringungsgewinn bisher aufgrund eines Eingabefehlers lediglich zu 50 % der Besteuerung zu Grunde gelegt worden. Dabei sei das Halbeinkünfteverfahren auf Gewinne im Sinne des § 16 EStG nicht anwendbar. Für den Einbringungsgewinn sei – im Wege der Schätzung – von einem Wert pro Aktie von … EUR auszugehen. Dieser Wert liege zwischen dem Wert der Aktie zum Zeitpunkt des Börsengangs im Jahr 2007 von … EUR pro Aktie und dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht Münster (11 K 3148/11 E) behaupteten Wert von … EUR je Aktie. Dies führe letztlich zu einem Einbringungsgewinn in Höhe von … EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten sowie Hinsichtlich der Berechnung des Einbringungsgewinns wird auf das Schreiben des Finanzamtes vom 22.08.2012 nebst Anlage Bezug genommen.
18Eine Reaktion des Klägers auf das Schreiben des Beklagten vom 22.08.2012 erfolgte nicht. Daraufhin erließ der Beklagte am 31.10.2012 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2007, in welchem er die Einkommensteuer auf nunmehr … EUR neu festsetzte. Hierbei berücksichtigte der Beklagte – wie im Schreiben vom 22.08.2012 erläutert – einen Einbringungsgewinn in Höhe von … EUR.
19Gegen diesen Bescheid vom 31.10.2012 erhob der Kläger am 19.11.2012 Einspruch. Zur Begründung führte er aus, dass der Einbringungsgewinn unzutreffend berechnet worden sei. Die Anteile an der F. Vermögensverwaltungs GmbH seien zu Buchwerten auf die Z. GmbH übertragen worden. Dies sei kein Nachversteuerungsfall im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 UmwStG.
20Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid vom 31.10.2012 kam es am 26.04.2014 zu einem Gespräch zwischen den Beteiligten. In diesem Gespräch wurden die verschiedenen Einbringungen und die hieraus folgenden steuerlichen Auswirkungen zwischen den Beteiligten besprochen. Hier vertrat der Beklagte (weiterhin) die Auffassung, dass bei der Einbringung der F. Vermögensverwaltungs GmbH in die Z. GmbH im Jahr 2010 nach Randziffer 21.09 des Umwandungssteuererlasses zwingend der gemeine Wert der Beteiligung anzusetzen sei, wenn dieser niedriger als der Buchwert der F. Vermögensverwaltung GmbH sei. Dabei habe ein Gutachten ergeben, dass der gemeine Wert niedriger als der entsprechende Buchwert gewesen sei. Gemäß Randziffer 22.22 des Erlasses führe der Ansatz des gemeinen Wertes zudem immer zu einer rückwirkenden Versteuerung des Einbringungsgewinns.
21In einem Schreiben vom 26.04.2013, in welchem der Beklagte die Ketteneinbringung nochmals erläuterte, kündigte der Beklagte an, zugunsten des Klägers den Einbringungsgewinn nochmals mit einem Wert von … EUR pro Aktie neu zu berechnen. Dies ergäbe sodann einen Einbringungsgewinn für 2007 in Höhe von insgesamt … EUR. Auf das Schreiben vom 26.04.2013 wird Bezug genommen. Eine Stellungnahme des Klägers erfolgte hierauf nicht.
22Mit Einspruchsentscheidung vom 31.10.2013 setzte der Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 31.10.2015 die Einkommensteuer für 2007 auf … EUR fest. Die Reduzierung der Einkommensteuer beruhte darauf, dass der Beklagte nunmehr einen Veräußerungsgewinn/Einbringungsgewinn in Höhe von … EUR der Besteuerung zu Grunde legte. Hierbei berechnete er den Einbringungsgewinn – wie im Schreiben vom 26.04.2013 erläutert – auf einen Wert von … EUR pro Aktie. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 31.10.2013 Bezug genommen.
23Mit der am 05.11.2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren, die Einkommensteuerveranlagung für 2007 in Bezug auf den Einbringungsgewinn zu ändern, weiter. Zur Begründung nahm der Kläger zunächst ausschließlich Bezug auf einen angeblich der Klageschrift beigefügten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Ein solcher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war der Klageschrift aber weder beigefügt noch war damals ein entsprechendes Verfahren beim 11. Senat des Finanzgerichts Münster anhängig. Hierauf wies der Berichterstatter den Kläger bereits mit der Eingangsverfügung hin und forderte daher zur Begründung der Klage auf. Eine weitere Klagebegründung oder die Einreichung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung beim Gericht erfolgte zunächst nicht. Nach weiteren Fristsetzungen – auch von Ausschlussfristen – begründete der Kläger seine Klage im Wesentlichen damit, dass die Höhe des Einbringungsgewinns seitens des Beklagten unzutreffend ermittelt worden sei. Anstelle eines Wertes von … EUR pro Aktie sei von einem Wert von … EUR pro Aktie auszugehen, denn fremde Dritte hätten damals … EUR pro Aktie gezahlt. Ferner sei die Einbringung der F. Vermögensverwaltungs GmbH in die Z. Holding GmbH falsch ausgewertet worden. Durch diesen Einbringungsvorgang sei der Einbringungsgewinn des Jahres 2007 nicht zu erhöhen, da der Wert der eingebrachten Beteiligung zwischenzeitlich weiter gesunken sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klagebegründung vom 19.02.2014 Bezug genommen.
24Inzwischen ist der Kläger zudem der Auffassung, dass dem Beklagten bei der Ermittlung des im Einkommensteuerbescheid für 2007 aufgeführten Veräußerungsgewinns in Höhe von … EUR ein Rechenfehler unterlaufen sei. Die Addition der in der Anlage zur Einspruchsentscheidung aufgeführten Bestandteile des Einbringungsgewinns betrage „nur“ … EUR (… EUR + … EUR + … EUR + … EUR). In der Einspruchsentscheidung sei ein um … EUR höherer Veräußerungsgewinn ausgewiesen. Soweit der Beklagte diese Differenz mit dem anzusetzenden Gewinnanteil aus der Beteiligung „Greenshoe“ in Höhe von … EUR erklären wolle, sei dem nicht zu folgen, denn die mit „Greenshoe“ bezeichneten Aktien seien keine zusätzlichen Aktien, welche der Besteuerung zu Grunde zu legen seien, sondern in den durch die Einbringung geschaffenen Aktien der X. AG enthalten.
25Ferner vertritt der Kläger nunmehr die Auffassung, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, den Einbringungsgewinn I selbst zu ermitteln und der Einkommensbesteuerung zu Grunde zu legen. Stattdessen sei ein entsprechender Einbringungsgewinn gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO im Feststellungsverfahren der X. Y. GmbH & Co KG – im Rahmen eines Grundlagenbescheides – festzustellen, da der Einbringungsgewinn I materiell aus der Einbringung der X. Y. GmbH & Co KG in die X. AG resultiere. Der (letzte) Grundlagenbescheid der X. Y. GmbH & Co KG für 2007 datiere vom 17.10.2012 und weise für den Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … EUR aus. In diesem Betrag sei der Einbringungsgewinn I nicht enthalten. An die in dem Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen getroffenen Feststellungen sei der Beklage gebunden.
26Dass der Einbringungsgewinn vorliegend im Feststellungsbescheid der X. Y. GmbH & Co. KG als Grundlagenbescheid festzustellen sei, ergäbe sich aus diversen Stimmen der Literatur und auch die Oberfinanzdirektion Frankfurt vertrete in einer Verfügung vom 22.07.2014 (DStR 2014, 2509) die Auffassung, dass der Einbringungsgewinn I gesondert und einheitlich festzustellen sei. Zwar würden sich diese Fundstellen leider ausdrücklich nur auf die erstmalige Festsetzung des Gewinns aus § 20 UmwStG beziehen und nicht auf den Einbringungsgewinn I nach § 22 UmStG. Gleichwohl sei der Einbringungsgewinn I systematisch nur eine Korrektur des erstmalig festgestellten Gewinns, so dass auch die Einbringungsgewinne I und II im Rahmen des Steuerbescheides der Mitunternehmerschaft festgestellt werden müssten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 19.02.2014, vom 20.02.2014, einen zweiten Schriftsatz vom 20.02.2014, vom 19.05.2014, vom 15.10.2014, vom 17.12.2014, vom 07.03.2015 und vom 09.10.2015 Bezug genommen.
27In Bezug auf den Vorwergabzug bei den Vorsorgeaufwendungen sind die Beteiligten inzwischen übereinstimmend der Ansicht, dass dem Kläger dieser ungekürzt – in Höhe von … EUR – zu gewähren ist. Hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, welcher er im Streitjahr von der X. AG bezog, bestand keine Rentenversicherungspflicht. Dem Kläger ist seitens der X. AG auch keine Versorgungszusage erteilt worden.
28Der Kläger beantragt,
29den Einkommensteuerbescheid vom 31.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2013 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um den bisher erfassten Veräußerungsgewinn in Höhe von … EUR gemindert werden und der Vorwegabzug bei den Vorsorgeaufwendungen in Höhe von … EUR ungekürzt gewährt wird.
30Der Beklagte beantragt,
31das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen.
32In der Sache beantragt der Beklagte,
33die Klage unter Anerkennung des ungekürzten Vorwegabzuges abzuweisen,
34im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
35Er ist der Auffassung, dass der Einbringungsgewinn beim Kläger als „Einbringendem“ zu besteuern sei. Dies ergäbe sich beispielsweise aus Rz. 24.28 des BMF-Schreibens vom 11.11.2011 (BStBl. I 2011, 1314). Der Kläger habe einen Einbringungsgewinn erzielt, welcher gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2007 führe. Im Übrigen sei bisher auch nicht streitig gewesen, dass der Einbringungsgewinn in einem Grundlagenbescheid festzustellen sei.
36In Bezug auf die Höhe des Gewinns sei der vom Finanzamt angesetzte Wert von … EUR je Aktie keinesfalls zu hoch angesetzt. Beim öffentlichen Verkaufsangebot im Zusammenhang mit dem Börsengang der X. AG aus dem Jahr 2007 sei eine Preisspanne von … EUR bis … EUR genannt worden. Dieser Wert werde durch eine Aktienanalyse zum 24.09.2007 bestätigt, welche einen Schlusswert von … EUR ausweise. Aus einem Gutachten zur Bestimmung des gemeinen Werts der F. Vermögensverwaltungs GmbH ergebe sich zudem ein Wert pro Aktie von … EUR auf den 03.05.2010. Vor dem Hintergrund dieser Werte erscheine der vom Kläger genannte Ansatz von … EUR pro Aktie zu niedrig.
37Bei der Addition des Veräußerungsgewinns sei dem Finanzamt kein Rechenfehler unterlaufen. Der Gewinnanteil aus der Beteiligung „Greenshoe“ in Höhe von … EUR sei zusätzlich zu erfassen. Dies sei im Schreiben des Beklagten vom 26.04.2013 entsprechend ausgeführt worden.
38Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Ferner wird auf die ebenfalls beigezogenen Gerichtsakten zu den Verfahren 11 K 3148/11 E, 11 V 2671/14 E, 11 V 3753/14 E, 11 V 3755/14 E Bezug genommen.
39Der Senat hat in diese Sache am 21.10.2015 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird ebenfalls Bezug genommen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41Die zulässige Klage begründet.
42Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 31.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).
431. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, soweit der Beklagte dort einen Einbringungsgewinn gem. 22 UmwStG in Höhe von … € der Besteuerung zugrunde gelegt hat, ohne dass dieser Gewinn im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der X. Y. GmbH & Co. KG gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2a EStG festgestellt worden ist.
44Abweichend von § 157 Abs. 2 1. Halbsatz AO werden gem. § 179 Abs. 1 AO Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in der AO selbst oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Die gesonderte Feststellung wird nach § 179 Abs. 2 Satz 2 AO gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Gem. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert durch einen Feststellungsbescheid festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO erfasst alle Einkunftsarten und mithin auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG.
45Im Streitfall waren zu Beginn des Jahres 2007 mehrere Personen, darunter der Kläger als Treuhandkommanditist, an der X. Y. GmbH & Co. KG mit dem Ziel der Einkünfteerzielung beteiligt. Mit Nachgründungs- und Einbringungsvertrag vom 04.06.2007 übertrugen die (Treuhand-)Kommanditisten ihre Kommanditeinlagen von (zusammen) … € an der X. Y. GmbH & Co. KG mit steuerlicher Wirkung zum 31.05.2007 auf die dies annehmende X. AG. Als Gegenleistung für die Einbringung gewährte die X. AG dem Kläger und E1. M. jeweils … und der F. Vermögensverwaltung GbR … neue nennwertlose Stückaktien der X. AG. Die Einbringung erfolgte gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zu Buchwerten.
46Bis zum Ausscheiden des Klägers aus der X. Y. GmbH & Co. KG mit Wirkung zum 31.05.2007 waren die Beteiligungseinkünfte des Klägers aus der X. Y. GmbH & Co. KG daher gem. § 180 Abs. 1 Nr. 1a AO einheitlich und gesondert festzustellen. Dies ist auch geschehen. Dem Senat liegt ein Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der X. Y. GmbH & Co. KG vom 17.10.2012 vor, in welchem Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschaft in Höhe von … € festgestellt worden sind. Dem Kläger ist in diesem Bescheid ein Gewinnanteil in Höhe von … € zugewiesen worden. Diese Beteiligungseinkünfte sind (in dieser Höhe) auch der Einkommensbesteuerung des Klägers im Rahmen des Einkommensteuerbescheides vom 31.10.2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2013 zugrunde gelegt worden.
47Gem. § 16 Abs. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb aber auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebes anzusehen ist, erzielt werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist deshalb im Gewinnfeststellungsverfahren auch darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG entstanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 10.04.2014 III R 20/13, BFHE 244, 513). Demzufolge entfaltet ein entsprechender Feststellungsbescheid in positiver Hinsicht Bindungswirkung, als er einen Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils dem Grunde, der Höhe und dem Entstehungszeitpunkt nach einem Mitunternehmer zuweist; er entfaltet aber auch in negativer Hinsicht Bindungswirkung, soweit sich aus ihm ergibt, dass ein Veräußerungsgewinn oder ein Veräußerungsverlust im Feststellungszeitraum nicht entstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.04.2014 III R 20/13, BFHE 244, 530 m.w.N.).
48Im Streitfall ergibt sich aus dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der X. Y. GmbH & Co. KG für 2007 kein dem Kläger zugewiesener Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils. Diese negative Feststellung ist für den Senat bindend.
49Vorliegend folgt auch nichts anderes daraus, dass der Kläger seine Beteiligung an der X. Y. GmbH & Co. KG im Jahr 2007 zu Buchwerten in die X. AG eingebracht hat. Die Einbringung des Vermögens einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, bei der die Anteile an der Kapitalgesellschaft vermögensrechtlich an die Stelle der „Anteile“ des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft treten, stellt für den Gesellschafter wirtschaftlich ein Tauschgeschäft dar, welches bei ihm nach allgemeinen Grundsätzen zu einem Veräußerungsgewinn führen kann (vgl. BFH-Urteile vom 24.03.1983 IV R 138/80 BStBl. II 1984, 233; vom 23.01.1986 IV R 225/84, BStBl. II 1986, 623; vom 16.02.1996 I R 183/94). Hieraus folgt, dass auch bei der Einbringung von Betriebsvermögen einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft über die Höhe eines gem. § 20 UmwStG zu ermittelnden Einbringungsgewinns noch im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO zu entscheiden ist, da sich die Sacheinlage auf Mitunternehmeranteile der Kommanditgesellschaft bezieht (vgl. BFH-Urteil vom 25.08.2010 I R 21/10, BFH/NV 2011, 258; vom 24.03.1983 IV R 138/80, BFHE, 139, 361; vgl. auch Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, § 20 Rdn. 208; Menner in Haretz/Menner, Umwandlungssteuergesetz § 20 Rdn. 445; Schmitt in Schmitt/Hörnagel/Stratz, Umwandlungsgesetz, § 20, Rdn. 412, Wittmann in Wittmann/Mayer, Umwandlungssteuergesetz § 29 Rdn. 1142 ff.).
50Vor diesem Hintergrund hätte der in Rede stehende Einbringungsgewinn des Klägers nicht unmittelbar bei der Einkommensteuerveranlagung, sondern im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der X. Y. GmbH & Co. KG berücksichtigt werden müssen. Zwar beziehen sich die genannten Stimmen in Rechtsprechung und Literatur nicht unmittelbar auf einen Einbringungsgewinn gemäß § 22 UmwStG, sondern auf einen Einbringungsgewinn gemäß § 20 UmwStG. Für einen Einbringungsgewinn aus § 22 UmwStG kann nach Ansicht des Senats aber nichts anderes gelten, denn 22 UmwStG regelt, bei welchen nach der Einbringung stattfindenden Sachverhalten die (vormalige) Steuerneutralität der Einbringung nach den §§ 20, 21 UmwStG innerhalb einer siebenjährigen Sperrfrist rückwirkend (teilweise) entfallen kann (vgl. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 22 Rdn. 2). Damit steht der Einbringungsgewinn gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG – insbesondere aufgrund der Anordnung der Rückwirkung in § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG – in einem engen sachlichen Zusammenhang zu einem Einbringungsgewinn im Sinne von § 20 UmwStG und es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund ein Einbringungsgewinn gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG verfahrensrechtlich anders behandelt werden soll als ein Einbringungsgewinn gemäß § 20 UmwStG.
51Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger mit der Einbringung seiner Beteiligung an der X. Y. GmbH & Co. KG mit Wirkung zum 31.05.2007 aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Zwar können nachträgliche gewerbliche Einkünfte eines früheren Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich nicht mehr Gegenstand einer einheitlich und gesonderten Gewinnfeststellung sein, weil für diesen ehemaligen Gesellschafter das Merkmal der gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung von Einkünften aus einer Mitunternehmerschaft nicht mehr vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.2002 VIII R 8/01 BFHE 199, 198, BStBl. II 2002, 532). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass gem. § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn des Einbringenden im Sinne des § 16 EStG zu versteuern ist und die Veräußerung gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG als rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gilt. Damit ist der Einbringungsgewinn auf einen Zeitpunkt zu ermitteln, in welchem der Kläger noch Gesellschafter der Kläger der X. Y. GmbH & Co. KG war. Aus diesen Regelungen lässt sich entnehmen, dass bei einer innerhalb der Sperrfrist erfolgten Veräußerung der erhaltenen Anteile nachträglich für das Wirtschaftsjahr der Einbringung die materielle Rechtslage hinsichtlich des Einbringungsvorgangs geändert wird und dementsprechend der Bescheid, in dem der Einbringungsgewinn ursprünglich erfasst worden ist bzw. zu erfassen gewesen wäre, zu ändern ist.
52Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger die Aktien der X. AG, welche er im Gegenzug gegen die Einbringung seiner Beteiligung an der X. Y. GmbH & Co. KG im Jahre 2007 erhalten hat, (zunächst) im Privatvermögen gehalten hat, denn eine Veräußerung der Aktien innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung führt zu einem Einbringungsgewinn I, welcher gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gilt. Ferner ist auch sonst – wie ausgeführt – ein Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung zu erfassen, obwohl der Veräußerer seinen Mitunternehmeranteil im Privatvermögen hält.
53Eine unmittelbare Erfassung des Einbringungsgewinns bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers kann auch nicht auf § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gestützt werden, wonach der Einbringungsgewinn I als „Gewinn des Einbringenden“ im Sinne des § 16 EStG zu versteuern ist. Zwar ist dem Beklagten darin zu folgen, dass „Einbringender“ der Kläger als ehemaliger Gesellschafter der X. Y. GmbH & Co. KG und nicht die X. Y. GmbH & Co. KG selbst ist. Der Wortlaut von § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG sagt aber nichts dazu aus, auf welche Art und Weise verfahrensrechtlich der Einbringungsgewinn beim Einbringenden zu versteuern ist. Eine unter den Wortlaut von § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG subsumierbare Besteuerung des Einbringungsgewinns beim Einbringenden erfolgt schließlich auch dann, wenn der Einbringungsgewinn zunächst im Rahmen der einheitlich und gesonderten Feststellung der Personengesellschaft festgestellt und sodann eine entsprechende Mitteilung über die Besteuerungsgrundlagen an das für die Einkommensteuerveranlagung zuständige Finanzamt erfolgt.
542. Da der in Rede stehende Einbringungsgewinn – ohne vorherige Feststellung im Grundlagenbescheid – schon dem Grunde nach nicht unmittelbar im angefochtenen Einkommensteuerbeschied des Klägers zu erfassen war, kommt es im hiesigen Verfahren auf die Höhe des Einbringungsgewinns nicht an.
553. Dem Kläger ist in Bezug auf seine Vorsorgeaufwendungen ein ungekürzter Vorwegabzug in Höhe von … € gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG alter Fassung zu gewähren. Dies ist zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig. Hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit sind – entsprechend den Angaben auf der Lohnsteuerbescheinigung – keine Leistungen für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen im Sinne von § 3 Nr. 62 EStG erbracht worden. Dem Kläger ist zudem von der X. AG keine Versorgungszusage erteilt worden.
564. Der Senat hält eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO bis über den hier in Rede stehenden Einbringungsgewinn (rechtskräftig) im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2007 der X. Y. GmbH & Co. KG entschieden ist, für nicht ermessensgerecht.
57Zunächst hat der Kläger der Aussetzung widersprochen. Ferner dürfte eine entsprechende Aussetzung letztlich auch nicht im Interesse des Beklagten liegen, denn für die Erfassung des Einbringungsgewinns im Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der X. Y. GmbH & Co. KG vom 17.10.2012, welcher nicht (mehr) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, bedarf das Betriebsfinanzamt einer Änderungsvorschrift. Maßgebliche Änderungsvorschrift dürfte hier § 174 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO sein.
58Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Die Vorschrift regelt die Folgerungen aus einer vorherigen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides auf Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Erst die Aufhebung oder Änderung löst – "nachträglich" – die Rechtsfolge des § 174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder geändert werden kann (BFH-Urteil vom 24.04.2008 IV R 50/06, BFHE 220, 324, BStBl II 2009, 35; BFH-Urteil vom 05.11.2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593). Über § 174 Abs. 4 Satz 2 AO gilt dies auch, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird.
59In Anwendung dieser Kriterien ist die Änderung des Feststellungsbescheides gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO davon abhängig, dass der Senat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid des Klägers aufhebt bzw. ändert, was aber bei einer Aussetzung des hiesigen Verfahrens bis zu einer Änderung des Feststellungsbescheides möglicherweise – in Ermangelung einer Änderungsvorschrift – niemals geschehen würde. Vor diesem Hintergrund hält der Senat eine Aussetzung für nicht ermessensgerecht.
605. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.
616. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
627. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FG zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Soweit ersichtlich, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob ein Einbringungsgewinn im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, welchen ein Einbringender durch die Veräußerung von Anteilen innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Einbringung einer Kommanditbeteiligung erzielt, im Rahmen der einheitlich und gesonderten Gewinnfeststellung oder unmittelbar bei der Einkommensteuerveranlagung zu erfassen ist.
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