Urteil vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 4 Sa 668/97
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.03.1997 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Tarifvertragsparteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich ihres Manteltarifvertrages (MTS) für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08.03.1995.
3Ziffer 54 des MTS enthält folgende Regelung:
4Arbeitsversäumnis durch Krankheit
5a) Für die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsversäumnis durch Krankheit gelten die gesetzlichen Vorschriften.
6b) Für den Zeitraum einer nicht mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen ärztlichen verordneten Schonungszeit im Anschluß an eine Kur, die von einem Träger der Sozialversicherung, einer Verwaltungsbehörde, der Kriegsopferversorgung oder einem sonstigen Sozialleistungsträger bewilligt wird und für die der Träger oder die Verwaltungsbehörde die vollen Kosten übernimmt, erhält der Arbeitnehmer als Zuschluß zu den Barleistungen des Trägers oder der Verwaltungsbehörde den Unterschiedsbetrag bis zur Höhe seines Nettoverdienstes, soweit der Entgeltfortzahlungsanspruch der Höhe nach noch nicht erfüllt ist.
7Ziffer 72 des MTS regelt folgendes:
8Urlaub
9Der Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft. Der Urlaubsanspruch ist deshalb grundsätzlich durch Freistellung von der Arbeit zu erfüllen. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erfordern.
10Der MTS regelt in Ziffer 86:
11Urlaubsdauer
12Bei Krankheit kann, wenn die Arbeitsunterbrechung länger als fünf Monate im gleichen Urlaubsjahr dauert, der Urlaub für jeden weiteren angefangenen Monat um ein Zwölftel gekürzt werden, Ist die Krankheit die Folge eines Betriebsunfalls oder gehört der Arbeitnehmer dem Betrieb länger als zehn Jahre an, so ist der Urlaub in voller Höhe zu gewähren.
13Hat der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr weniger als 24 Tage tatsächlich gearbeitet, so hat er für je zwei Arbeitstage Anspruch auf einen Urlaubstag, sofern sich nicht nach Absatz 1 ein niedrigerer Urlaubsanspruch ergibt.
14Der Kläger ist der Auffassung, daß die seit dem 01.10.1996 in Kraft getretene Änderung der §§ 3, 4, 4 a des Entgeltfortzahlungsgesetzes unmittelbar für die tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse im Anwendungsbereich des MTS gegolten hätten, weil die Regelungen des MTS allein darauf hingewiesen hätten, daß für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall die gesetzliche Regelung in dem Zeitpunkt gelte, in dem ein solcher Anspruch entsteht.
15Der Kläger hat beantragt,
16festzustellen, daß NR. 54 a) des Manteltarifvertrags für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen (im folgenden MTS) vom 08. März 1995 so auszulegen ist, daß auch Artikel 3 des Arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996, Bundesgesetzblatt I, NR. 48 vom 27.09.1996, S. 1476) geändert/ eingefügten Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (§§ 3, 4, 4 a, 4 b, 9 und 13) ab 01. Oktober 1996 auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse Anwendung finden.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Widerklagend hat sie beantragt,
20festzustellen, daß Ziffern 54 a) und b) und 72 des Manteltarifvertrages für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08. März 1995 (MTS) so auszulegen sind, daß die durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996, Bundesgesetzblatt I, Nr. 48 vom 27. September 1996, Seite 1476) in Artikel 3 geänderten Vorschriften der §§ 3 und 13 des Entgeltförderungsgesetzes n. F. auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse keine Anwendung finden, und daß Arbeitnehmer in tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle in Höhe von 100 % gemäß §§ 4 und 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes alte Fassung vom 26. Mai 1994 haben.
21und hilfsweise festzustellen,
22a) daß die Ziffern 72 und 86 des Manteltarifvertrages für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08. März 1995 (MTS) so auszulegen sind, daß die durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.09.1996, S. 1476) in Artikel 3 geänderte Vorschrift des § 4 a Abs. 1 - 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes n. F. auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet, und daß eine Anrechnung von Tagen, an denen der Arbeitnehmer infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, auf den Erholungsurlaub unzulässig ist,
23b) daß die Ziffern 54 a) und b) und alle sonstigen Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08. März 1995 (MTS) bezüglich des Regelungskomplexes Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zwischen den Tarifvertragsparteien keine tarifvertragliche Friedenspflicht begründet.
24Der Kläger hat beantragt,
25die Widerklage abzuweisen.
26Durch Urteil vom 20.03.1997 hat das Arbeitsgericht Düsseldorf der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß Ziffer 54 a) MTS nur einen deklatorischen Verweis auf die jeweils geltende gesetzliche Rechtslage ohne eigenständigen materiellen Regelungsgehalt erhalte. Die Widerklage sei, soweit sie die Feststellung zur Nichtanwendung des neuen Entgeltfortzahlungsgesetz begehre, bereits unzulässig, im übrigen sei sie unbegründet gewesen. Ziffer 54 b) des MTS sei gegenstandslos und im übrigen könne Nr. 54 b) der Anwendung des neuen EFZG auch deshalb nicht entgegenstehen, weil sich die Regelungsbereiche nicht deckten. Darüber hinaus finde das EGFZ ungeachtet Ziffer 72 MTS Anwendung. Der Hilfsantrag der Widerklage zu Ziffer a) betreffend Ziffer 72 MTS sei bereits unzulässig, der zu Ziffer a) betreffend Ziffer 86 MTS unbegründet. Der Hilfsantrag zu Ziffer b) bezüglich der von der Beklagten verneinten Friedenspflicht sei zulässig, aber unbegründet.
27Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 29.04.1997 zugestellt worden ist, hat diese mit einem am 20.05.1997 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 07.07.1997 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz begründet.
28Die Beklagte macht unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringen insbesondere geltend, das angefochtene Urteil sei bei seinem Auslegungsbefund nicht vom Wortlaut ausgegangen, sondern habe ihn mit teologischen Überlegungen begründet. Auch die Auslegung der Tarifgeschichte habe Systematik und Gesamtzusammenhang nicht hinreichend berücksichtigt. Insbesondere widersprüchlich seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Friedenspflicht. Denn wenn es bei der Regelung in Ziffer 54 a allein um einen bloßen deklaratorischen Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften gehe, könne nicht andererseits davon ausgegangen werden, daß die tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gesetzlichen Vorschriften anwenden sollen und hiermit eine Friedenspflicht begründet werden.
29Die Beklagte beantragt,
30das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.03.1997 - 2 Ca 8213/96 - abzuändern und
311. die Klage abzuweisen.
322. auf die Widerklage festzustellen, daß die Ziffer 54 a) und b) und 72 des Manteltarifvertrages für die Holzbearbeitung /Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande NRW vom 08.03.1996 (MTS) so auszulegen sind, daß die durch das arbeitsgerichtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.09.1996, Bundesgesetzblatt I Nr. 48 vom 27.09.1996, Seite 1476) in Artikel 3 geänderten Vorschriften der § 3 Abs. 1 und 3, § 4 Abs. 1 und 4, § 4 a Abs. 1 bis 3, § 3 und § 13 des Entgeltfortzahlungsgesetzes n. F. auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse keine Anwendung finden, und daß Arbeitnehmer in tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle in Höhe von 100 % gemäß §§ 3 und 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes alte Fassung vom 26.05.1994 haben.
33und hilfsweise festzustellen,
34a) das die Ziffern 72 und 86 des Manteltarifvertrages für die Holzbearbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande NRW vom 08.03.1995 (MTS) so auszulegen sind, daß die durch das arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.09.1996, Bundesgesetzblatt I Nr. 48 vom 27.09.1996, Seite 1476) in Artikel 3 geänderte Vorschrift des § 4 Abs. 1 bis 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes n. F. auf tarifgebundene Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet, und daß eine Anrechnung von Tagen, an denen der Arbeitnehmer in Folge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, auf den Erholungsurlaub unzulässig ist.
35b) daß die Ziffern 54 a) und b) und alle sonstigen Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Holzbarbeitung (Sägeindustrie und verwandte Betriebe) sowie den Holzhandel im Lande NRW vom 08.03.1995 (MTS) bezüglich des Regelungskomplexes Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zwischen den Tarifvertragsparteien keine tarifliche Friedenspflicht begründen.
36Der Klägerin beantragt,
37die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzlichen Vorbringen das Urteil erster Instanz.
38Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
40Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
41Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage des Klägers entsprochen und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht folgt den ausführlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, auch weitgehend in der Begründung, wobei ergänzend im Hinblick auf die Einwände der Berufungsbegründung festzustellen ist:
42A.
43Zur Feststellungsklage des Klägers
441. Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich gerade aus dem Wortlaut der Ziffer 54 a), daß vorliegend eine deklaratorische Regelung des Tarifvertrages dergestalt in Frage steht, daß der jeweilige Inhalt der gesetzlichen Vorschriften zum Gegenstand der tariflichen Regelung gemacht ist mit der Folge, daß sich bei Änderungen der gesetzlichen Vorschriften auch eine Änderung der tariflichen Regelung ergibt.
45Wird in Ziffer 54 a) ausdrücklich bestimmt, daß ... die gesetzlichen Vorschriften gelten , ergibt sich bereit hieraus, daß das gilt, das heißt maßgeblich ist, was in den gesetzlichen Vorschriften steht. Angesichts dieses Wortlautes bedarf es nach Auffassung der Kammer nicht einmal einer ausdrücklichen Jeweiligkeitsklausel , weil es den Tarifvertragsparteien - wie jedem anderen auch - bekannt ist, daß sich gesetzliche Vorschriften ändern können.
462. Entgegen der weiteren Auffassung der Berufung wird durch diesen Wortlaut für jeden Adressaten deutlich, daß der hiermit verfolgte Zweck gerade darin besteht, die tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien zu ihrer vollständigen Unterrichtung auf das Gesetz und dessen Maßgeblichkeit hinzuweisen in einem Fall, in dem das Regelungsfeld, dessen Geltung vereinbart ist, durch zwingende Gesetzesvorschriften in Form von Mindestarbeitsbedingungen besetzt ist. Es geht also darum, die jeweiligen gesetzlichen Regelungen über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsversäumnis durch Krankheit zum Gegenstand der tariflichen Regelung zu machen.
473. Dieser Auslegungsbefund, d. h. die von den Tarifvertragsparteien durch die vorgenommene Formulierung gewollte Bezugnahme auf das Gesetzesrecht wird gerade durch die vom Arbeitsgericht zutreffend dargelegte Tarifgeschichte belegt: Durch die erfolgte Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung wurden jeweils die seit 1966 erfolgten Änderungen der gesetzlichen Vorschriften im Krankheitsfalle angewandt, ohne das es insoweit zu Streitigkeiten gekommen ist.
484. Soweit die Berufung weiterhin unter Bezugnahme auf das Günstigkeitsprinzip die Richtigkeit der von ihr vertretenen Auslegung herleitet, verkennt sie, daß es vorliegend um die Feststellung des Inhaltes eines Tarifvertrages geht und nicht um die - logisch nachrangig - Beantwortung der Frage, ob im Konfliktfall d. h. bei unterschiedlichen Regelungen die eine oder andere Regelung Geltung hat. Das Günstigkeitsprinzip ist insoweit als tarifliches Auslegungskriterium vor dem dargestellten Hintergrund ungeeignet.
49B.
50Zur Widerklage
511. Für die negative Feststellungsklage der Beklagten zur Ziffer 54 a ist jedenfalls kein Rechtsschuztbedürfnis angesichts der seitens des Klägers erhobenen Klage vorhanden; aus welchem Grunde ein rechtliches Interesse der Beklagten an der Bescheidung dieses Klageantrages bestehen soll, ist für die Kammer nicht ersichtlich.
522. Die Widerklage bezüglich der Ziffer 54 b) ist dagegen aus den Gründen, die das Arbeitsgericht dargelegt hat, unbegründet, insoweit erhebt auch die Berufung keine sachlichen Einwände.
533. Nicht gefolgt werden kann der Berufung in ihrer Auffassung, Ziffer 52 beinhalte eine abschließende und vollständige tarifliche Regelung mit der Folge, daß das vom Gesetzgeber dem Arbeitnehmer eingeräumte Wahlrecht keine Anwendung finde.
54Verkannt wird insoweit, daß vorliegend die Tarifvertragsparteien ausweislich des Wortlautes dieser Norm gerade nicht das dem Arbeitnehmer gesetzlich eingeräumte Wahlrecht ausgeschlossen haben. Denn heißt es hierin ... grundsätzlich durch Freistellung von der Arbeit zu erfüllen , wird hiermit unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien Ausnahmen von diesem Grundsatz gegen soll und kann. Als eine solche Ausnahme stellt sich aber das dem Arbeitnehmer vom Gesetzgeber eingeräumte Wahlrecht dar, falls er im Einzelfall hiervon Gebrauch macht.
55Daß schließlich die zusätzliche Einräumung eines Wahlrechtes für die betroffenen Arbeitnehmer günstiger ist, weil hierdurch ein Mehr an Entscheidungsfreiheit gewährt wird, ist evident und von dem Arbeitsgericht zutreffend dargelegt.
564. Den Ausführungen des Arbeitsgerichtes zu Nr. 86 ist nichts hinzuzufügen.
575. Soweit die Berufung schließlich dem angefochtenen Urteil eine Widersprüchlichkeit in sich im Hinblick darauf vorhält, daß einerseits in Ziffer 54 a) eine deklaratorische Regelung gesehen wird, eine Regelung ohne eigenen Regelungsgehalt, andererseits aber - im Rahmen der Ausführungen zur Friedenspflicht - dieser Norm eine die Friedenspflicht begründende Wirkung zuerkannt wird, wird zweierlei verkannt:
58Zum einen geht es vorliegend gerade nicht um die Feststellung, daß keine tarifliche Regelung getroffen worden ist, sondern allein darum, daß eine Übernahme der gesetzlichen Regelung als tarifliche Regelung vereinbart worden ist dergestalt, daß für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften gelten. Der Tarifvertrag hat also gerade eine Regelung zu dieser Frage getroffen.
59Zum anderen kommt es unabhängig hiervon für die Ermittlung des Umfanges der tariflichen Friedenspflicht allein darauf an, ob ein innerer sachlicher Zusammenhang mit der tariflich geregelten Materien dergestalt besteht, daß die Erfüllung darüber hinausgehender Tarifforderungen das wirtschaftliche Gewicht der in dem Tarifvertrag festgelegten Arbeitsbedingungen verändert (vgl. dazu BAG AP Nr. 4 zu § 1 Friedenspflicht sowie den ausführlichen Streitstand bei Löwisch/Rieble Tarifvertragsgesetz, § 1 Rdnz. 274 m. w. N.). Vorliegend ist dies aber gerade im Hinblick darauf der Fall, daß die Tarifvertragsparteien, wie die Tarifgeschichte gezeigt hat, stets geregelt haben, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle nach den gesetzlichen Vorschriften als tarifliche Regelung zu übernehmen. Dies zu ändern würde aber zwangsläufig das in den gesamten tariflichen Bestimmungen festgelegte Äquivalent der Arbeitsbedingungen in ihrer Gesamtheit verändern. Dies gilt vorliegend um so mehr, als es, wie der Auslegungsbefund der tariflichen Bestimmungen gezeigt hat, gerade dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprochen hat, die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung als feste Größe den tariflichen Arbeitsbedingungen zugrunde zulegen, so daß sich zwangsläufig auch die Friedenspflicht auf diesen Bereich bezieht.
60Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
61Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nach der Regelung in § 72 a Abs. 1 und 2 ArbGG zugelassen.
62R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
63Gegen diese Entscheidung ist für den Kläger kein Rechtsmittel gegeben.
64Die Beklagte kann gegen dieses Urteil
65REVISION
66einlegen.
67Die Revision muß
68innerhalb einer Notfrist von einem Monat
69nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
70Bundesarbeitsgericht,
71Graf-Bernadotte-Platz 5,
7234119 Kassel,
73eingelegt werden.
74Die Revision ist gleichzeitig oder
75innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
76schriftlich zu begründen.
77Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
78Gez.: Dr. Peter gez.: Höchst gez.: Lorenz
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