Beschluss vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 7 Ta 357/01
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss
des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.08.2001 wird zurückge-
wiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten der Beschwerde.
Beschwerdewert: 10.000,00 DM.
1
G R Ü N D E:
2A.
3Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Den Anspruch stützt er darauf, dass er durch Verleumdungen der
4Beklagten seinen Arbeitsplatz verloren habe. Wegen dieses Vorgangs läuft
5ein Ermittlungsverfahren. Im Hinblick darauf haben die Beklagten beim Ar-
6beitsgericht den Antrag gestellt, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Er-
7ledigung des Ermittlungsverfahrens auszusetzen. Sie haben den Antrag da-
8mit begründet, dass sie sich in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht er-
9klären würden, wozu sie auch nicht verpflichtet seien. Wie schon bei der
10Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs. 1 ZPO gelte auch bei der Erklärungs-
11pflicht gemäß § 138 Abs. 2 ZPO als Maßstab das Gebot von Treu und Glauben und der Grundsatz der Zumutbarkeit. Es sei ein Grundsatz der deutschen Rechtsordnung, dass Beschuldigte in einem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren ohne für sie nachteilige Folgen schweigen könnten. Dieser Grundsatz würde völlig aufgehoben, wenn Beschuldigte im Gegensatz zum Schweigerecht im Ermittlungsverfahren verpflichtet wären, in einem Zivilverfahren zur Sache vorzutragen. Der gesamte Vortrag wäre selbstverständlich in einem strafrecht-
12lichen Verfahren gegen die dort Beschuldigten verwendbar. Eine Erklärungspflicht liege daher in einer derartigen Konstellation nicht vor, da eine Erklärung der Partei nicht zumutbar sei. Die Aussetzung des Verfahren sei daher die sinnvollste Regelung.
13Das Arbeitsgericht (Vorsitzender) hat den Aussetzungsantrag zurückgewiesen.
14Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.
15B.
16Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 252 Hs. 2, 577 Abs. 2 ZPO) ist erfolglos.
17Die Voraussetzungen des § 148 ZPO sind, was ohne Weiteres ersichtlich ist, nicht gegeben. Das Ermittlungsverfahren ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich; selbst eine strafgerichtliche Entscheidung würde das Arbeitsgericht nicht binden (§ 14 Abs. 2 S. 1 EGZPO).
18Aber auch eine Aussetzung nach § 149 ZPO hat das Arbeitsgericht zu Recht abgelehnt.
19Es geht den Beklagten nicht darum, die im Hinblick auf den im Strafprozess geltenden Untersuchungsgrundsatz dort bestehenden besseren Erkenntnismöglichkeiten nutzbar zu machen und so eine gründlichere Klärung des Sachverhalts zu erreichen, sondern (eher im Gegenteil) darum, ihr Recht im Strafverfahren, zu den Vorwürfen zu schweigen, nicht durch Aussage im
20Zivilverfahren aushebeln zu müssen. Einen solchen Aussetzungsgrund sieht das Gesetz nicht vor (Zöller-Greger, Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 149
21Rdn. 1 a). Wie weit die Erklärungspflicht der Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit in bezug auf die gemachten Vorwürfe reicht, ist demgemäss für die Aussetzungsentscheidung rechtsunerheblich. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Beklagten sei lediglich der Hinweis gestattet, dass sich der von den Beklagten genannten Entscheidung (BGH NJW 1990, 3151) nicht entnehmen lässt, dass eine Partei bei laufendem Strafverfahren gegen sie im Zivilverfahren in bezug auf die strafrechtsrelevanten Vorgänge keine Erklärungspflicht hätte.
22Auch ansonsten ist in diesem frühen Stadium des Rechtsstreits in keiner Weise zu erkennen, dass es für die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf Ermittlungen im Strafverfahren überhaupt ankommt. In dieser Richtung tragen auch die Beklagten nichts Konkretes vor.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
24Der Wert war auf einen Bruchteil (im Allgemeinen 1/5) des Hauptsachewertes festzusetzen (Beschluss der Beschwerdekammer vom 23.10.1996 7 Ta 284 und 286/96 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 59. Aufl., Anh § 3 Rdn. 25 Aussetzungsantrag ).
25Gegen diesen Beschluss findet keine weitere Beschwerde statt (§ 78 Abs. 2 ArbGG).
26gez. Dr. Rummel
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