Beschluss vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 11 (9) TaBV 33/01
Tenor
Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 21.06.2001 - 5 BV 8/01 - abgeändert:
Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung der Einstellung des Arbeitnehmers S. in die Abteilung Verpackung Halle 6 wird ersetzt.
Es wird festgestellt, dass die vorläufige Einstellung des Arbeitnehmers S. in die Abteilung Verpackung Halle 6 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
Die Rechtsbeschwerde wird für den Betriebsrat zugelassen.
1
G R Ü N D E :
2A.Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die Ersetzung der vom Betriebsrat (Antragsgegner) verweigerten Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers S..
3Der Arbeitgeber (Antragsteller) besetzt Dauerarbeitsplätze in der Abteilung "Verpackung" seit einiger Zeit regelmäßig mit Leiharbeitnehmern. Mit einem beim Betriebsrat am 09.01.2001 eingegangenen Schreiben teilte der Arbeitgeber diesem mit, dass er beabsichtige, ab dem 08.01.2001 bis maximal 12 Monate I. S. von der Verleihfirma Zeitarbeit D. GmbH einzustellen, und bat um Zustimmung zu dieser personellen Maßnahme. Zugleich wies der Arbeitgeber darauf hin, dass die vorläufige Einstellung nach § 100 BetrVG von I. S. zum angegebenen Zeitpunkt zur Aufrechterhaltung der Produktion dringend erforderlich sei.
4Mit einem beim Arbeitgeber am 12.01.2001 eingegangenen Schreiben vom 11.01.2001 teilte der Betriebsrat diesem folgendes mit:
5"Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am 11.01.2001 der Einstellung folgender Leiharbeiter nicht zugestimmt:
6S. (Verpackung Halle 6).
7N., T. (alle Verpackung E II Halle 5).
8Gemäß § 99 II 1 kann der Betriebsrat der Einstellung widersprechen, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt. Die obengenannten Einstellungen verstoßen gegen das AÜG. Aus der Funktion von Leiharbeit, kurzfristige Personalengpässe zu überbrücken und ANÜ mit längerer Laufzeit zu unterbinden (§ 3 I Nr. 6 AÜG), ergibt sich, dass ein den Bestimmungen des AÜG entsprechender Einsatz von Leiharbeitern nur dort im Rahmen des Gesetzes erfolgt, wo einem zeitlich befristeten Überbrückungscharakter der personellen Maßnahme Rechnung getragen werden soll. Da obige Arbeitsplätze Dauerarbeitsplätze sind, der Einsatz von Leiharbeitern aber teilweise seit dem 16.09.1993, in der Mehrzahl der Arbeitsplätze seit Anfang 1999, vorgenommen wird, widerspricht dies dem Schutzzweck des Gesetzes. Aus diesem Grund stimmt der Betriebsrat den Einstellungen nicht zu.
9Ebenso widerspricht der Betriebsrat der vorläufigen personellen Maßnahme gem. § 100 BetrVG, da die sachliche Dringlichkeit nicht dargelegt wurde und auch nicht besteht. Der lapidare Hinweis, dass die Einstellungen zur Aufrechterhaltung der Produktion erforderlich sind, vermag nicht zu überzeugen. Da die hohe Fluktuation unter den Leiharbeitern bekannt ist, was angesichts der gezahlten Dumpinglöhne von weniger als 10,00 DM nicht überraschen kann, ist der Ersatz ausgefallener Leiharbeiter regelmäßig vorhersehbar. Somit setzen Sie sich also bewusst in Zugzwang, um nach § 100 BetrVG handeln zu können. Da diese Vorschrift aber Ausnahmecharakter hat, sie in obengenannter Abteilung aber tatsächlich zur Regel wird, hebeln Sie auch die Rechte des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG aus."
10Mit seinem beim Arbeitsgericht Solingen am 15.01.2001 eingegangenen Antrag begehrt der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung von I. S. und die Feststellung, dass seine vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sei.
11Der Arbeitgeber hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten:
12Entgegen der Argumentation des Betriebsrats könne dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein Verbot, Dauerarbeitsplätze regelmäßig mit Leiharbeitnehmern zu besetzen, nicht entnommen werden. Die vorläufige Einstellung von I. S. sei zur Aufrechterhaltung der Produktion dringend erforderlich gewesen, da sonst die Maschinenausbringung um etwa 20 % gesunken wäre.
13Der Arbeitgeber hat beantragt,
141.die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers S. zur Einstellung in die Abteilung Verpackung Halle 6 zu ersetzen;
152.festzustellen, dass die vorläufige Einstellung des Arbeitnehmers S. in die Abteilung Verpackung Halle 6 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
16Der Betriebsrat hat beantragt,
171.die Anträge zurückzuweisen und hinsichtlich des Antrags zu 2) ergänzend festzustellen, dass die vorläufige Durchführung der Einstellung des Mitarbeiters S. offensichtlich nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
18Der Betriebsrat hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten:
19Er habe zu Recht die Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung von I. S. verweigert. Der Schutzzweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes werde nicht nur umgangen bzw. verletzt, wenn Leiharbeiternehmer über die im Gesetz vorgesehene, inzwischen auf ein Jahr verlängerte Frist beschäftigt würden, sondern auch dann, wenn Dauerarbeitsplätze in nahtloser Reihenfolge mit Leiharbeitnehmern besetzt würden. Hinzu komme, dass der Zweck der Maßnahme, nämlich der dauerhafte Einsatz von Leiharbeitnehmern in diesem Bereich letztendlich der Unterlaufung des Tarifvertrages diene. Die Leiharbeitnehmer würden einen Stundenlohn von DM 10,00 erhalten, der Tariflohn sei wesentlich höher. Zweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sei es zweifellos nicht, dem Arbeitgeber durch dauerhaften und nahtlosen Einsatz von Leiharbeitnehmern dazu zu verhelfen, trotz Tarifbindung untertarifliche Vergütungen bezahlen zu können. Berechtigt sei auch sein Widerspruch gegen die vorläufige Durchführung der Einstellung von I. S. gewesen. Da in der Abteilung Verpackung seit Jahren Leiharbeitnehmer eingesetzt würden, sei die Fluktuation dort ständig und voraussehbar. Der Arbeitgeber müsse deshalb dafür sorgen, dass hier Abhilfe geschaffen werde und könne sich nicht in Bezug auf die Leiharbeitnehmer und ihren dauerhaften Einsatz auf die Dringlichkeit gemäß § 100 BetrVG berufen.
20Mit seinem Beschluss vom 21.06.2001 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Arbeitgebers zurückgewiesen und dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt:
21Der Betriebsrat habe zu Recht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers S. verweigert. Bei dem Einsatz dieses Leiharbeitnehmers habe der Arbeitgeber zwar nicht gegen den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Ziff. 6 AÜG verstoßen. Jedoch verletzte die Einstellung des Arbeitnehmers S. Sinn und Zweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, da sie nicht der Deckung eines kurzfristigen vorübergehenden Bedarfs diene, auch wenn sie den gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen von 12 Monaten nicht überschreite. Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung solle nämlich auf die Fälle begrenzt bleiben, in denen sie sinnvoll sei, nämlich zur Überbrückung eines kurzfristigen Bedürfnisses. Auch der Antrag des Arbeitgebers, festzustellen, dass die vorläufige Einstellung des Arbeitnehmers S. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei, sei unbegründet. Diese personelle Maßnahme möge zwar zur Aufrechterhaltung der Produktion dringend erforderlich gewesen sein, aber nicht aus sachlichen Gründen. Denn eine vom Arbeitgeber selbst bewusst geschaffene Zwangslage vermöge keinen sachlichen Grund i. S. des § 100 BetrVG darzustellen. Durch seine Entscheidung, Dauerarbeitsplätze regelmäßig mit Leiharbeitnehmern zu besetzen, habe der Arbeitgeber gewusst, dass er bei den regelmäßig erforderlich werdenden Neueinstellungen jeweils den Betriebsrat gemäß § 14 Abs. 3 AÜG, § 99 BetrVG zu beteiligen habe und die Besetzung der Arbeitsplätze im Verpackungsbereich von dessen Zustimmungen abhänge. Damit stehe fest, dass der Arbeitgeber durch seine eigene Organisation die Dringlichkeit herbeigeführt habe, da die Leiharbeitnehmer regelmäßig kurzfristig ausgetauscht würden, sodass zur Aufrechterhaltung der Produktion immer eine vorläufige Einstellung erfolgen müsse. Dieses Vorgehen widerspreche der Ausnahmevorschrift des § 100 BetrVG. Da die Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich sei, sei das Feststellungsbegehren des Arbeitnehmers nicht nur zurückzuweisen gewesen, sondern darüber hinaus die Offensichtlichkeit festzustellen gewesen.
22Gegen diesen ihm am 25.06.2001 zugestellten Beschluss hat der Arbeitgeber mit einem beim Landesarbeitsgericht am 24.07.2001 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
23Der Arbeitgeber macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:
24Fälschlicher Weise sei die Vorinstanz der Auffassung, dass die dauerhafte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern einen Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, insbesondere gegen § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG darstelle. Diese Interpretation des Gesetzes vermöge nicht zu überzeugen. Für ihn sei es eine unternehmerische Entscheidung, die Arbeitsplätze in einem unproduktiven Bereich aufgrund der Kostensituation mit Leiharbeitnehmern zu besetzen. Eine derartige unternehmerische Entscheidung stehe in seinem alleinigen Ermessen. Der Argumentation, es würde gegen den Sinn und Zweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verstoßen, wenn man mit hintereinanderfolgenden Beschäftigungen von Leiharbeitnehmern, die den Formalien § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG entsprechen würden, Arbeitsplätze quasi dauerhaft besetzen würde, sei entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber eine derartige Möglichkeit offengelassen habe.
25Die Vorinstanz habe auch seinen Antrag zu 2 zu Unrecht zurückgewiesen. Da der Betriebsrat seine Zustimmung nicht habe verweigern können, habe er - der Arbeitgeber - nicht damit rechnen müssen, dass der Betriebsrat sich in dieser Form rechtswidrig verhalten würde. Aus diesem Grunde habe er sich nicht bewusst in eine Zwangslage begeben. Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsrat gegen geltendes Recht die Zustimmung verweigern würde, seien nicht gegeben gewesen. Da der Betriebsrat somit rechtswidrig die Zustimmung verweigert habe, sei er in einer Zwangslage gewesen und habe gemäß § 100 BetrVG eine Dringlichkeitsanordnung treffen müssen. Im Übrigen sei das Ausscheiden bzw. das Auswechseln der Leiharbeitnehmer in der Regel nicht durch ihn gesteuert. Häufig würden Leiharbeitnehmer von einem auf den anderen Tag nicht zur Arbeit erscheinen bzw. würden von den Verleihern an einem anderem Arbeitsplatz bei anderen Unternehmen - Austausch mit einem anderen Leiharbeitnehmer - eingesetzt. Ihm könne daher nicht verwehrt werden, diesen Engpass mit dem Rechtsinstitut des § 100 BetrVG zu überbrücken. Wie kurzfristig zum Teil die Einsätze der Leiharbeitnehmer bei ihm seien, würde der in dem Beschwerdeschriftsatz aufgeführten Aufstellung für den Zeitraum von Mai 2000 bis April 2001 zu entnehmen sein. Um eine ordnungsgemäße Aufrechterhaltung der Abteilung Verpackung zu gewährleisten sei er darauf angewiesen, die für die ausgeschiedenen Leiharbeitnehmer vom Verleiher gestellten Leiharbeitnehmer unverzüglich einzusetzen.
26Der Arbeitgeber beantragt,
271.den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 21.06.2001 - 5 BV 8/01 - abzuändern;
282.nach den Schlussanträgen zu 1 und 2 im Anhörungstermin zu entscheiden.
29Der Betriebsrat beantragt,
30die Beschwerde zurückzuweisen.
31Der Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:
32Zu Recht habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Arbeitgeber mit seiner Praxis der dauerhaften Besetzung fast aller Arbeitsplätze in der Abteilung Verpackung gegen Sinn und Zweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verstoßen habe, hiervon also missbräuchlich Gebrauch mache. Ihm gegenüber könne sich der Arbeitgeber nicht auf seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit berufen. Diese unternehmerische Entscheidungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG stehe unter dem Vorbehalt der Rechte anderer und der Beachtung der verfassungsmäßigen Ordnung. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Auslegung des Arbeitsgerichts trage den Grundsätzen des Art. 9 Abs. 3 GG Rechnung. Würde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz es gestatten, Dauerarbeitsplätze regelmäßig und ständig mit Leiharbeitnehmern zu besetzen, würde das dazu führen, im tarifgebundenen Bereich ganze Abteilungen dem faktischen Geltungsbereich des Tarifvertrages zu entziehen. Eine verfassungskonforme Auslegung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes müsse zu dem Ergebnis führen, dass Arbeitnehmerüberlassung auch nur zur Überbrückung eines kurzfristigen Bedürfnisses bzw. zur Erledigung eines begrenzten Zweckes zulässig sei, nicht jedoch zur Bewältigung eines regelmäßigen Arbeitsbedarfes auf Dauerarbeitsplätzen.
33Das Arbeitsgericht habe auch zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 100 BetrVG in Bezug auf die personelle Einzelmaßnahme nicht gegeben seien. Aus der Aufstellung des Arbeitgebers in seiner Beschwerdeschrift ergebe sich, dass er selbst die Erforderlichkeit der regelmäßigen Inanspruchnahme der Ausnahmevorschrift des § 100 BetrVG herbeiorganisiere. Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung sei aber auf Fälle begrenzt, in denen aus nicht vorhersehbaren Gründen die vorläufige Durchführung der Maßnahme dringend erforderlich sei.
34Hinsichtlich des weiteren Vorbringens Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
35B.Die Beschwerde des Arbeitgebers ist begründet.
36I.Zunächst ist festzustellen, dass die Vorinstanz zu Unrecht die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Leiharbeitnehmers S. nicht ersetzt hat.
371.An sich sind Leiharbeitnehmer Betriebszugehörige des Verleiherbetriebes und in dessen Betriebsorganisation eingegliedert (vgl. näher BAG 19.06.2001 - 1 ABR 43/00 - demnächst EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 63). Aus der Zuordnung des Leiharbeitnehmers zum Betrieb seines Vertragsarbeitgebers folgt allerdings nicht zwingend die Zuständigkeit des dortigen Betriebsrats in allen betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten. Gesetzliche Ausnahmen regeln § 14 Abs. 2 und Abs. 3 AÜG, die für die darin genannten Beteiligungsrechte die Zuständigkeit des Betriebsrats des Entleiherbetriebs anordnen. Im Streitfall geht es um die Ausnahmeregelung des § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, wonach vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist.
382.Die Zustimmung des beteiligten Betriebsrats gilt nicht bereits gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, da dieser seine Zustimmungsverweigerung dem Arbeitgeber auf dessen bei ihm - Betriebsrat - am 09.01.2001 eingegangenen Zustimmungsantrag gegenüber form- und fristgerecht mitgeteilt hat. Der Betriebsrat hat die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG mit dem Zugang seines Schreibens vom 11.01.2001 am 12.01.2001 beim Arbeitgeber eingehalten. Auch ist die Zustimmungsverweigerung ausreichend schriftlich begründet worden. Insoweit genügt es, dass die Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrats sich einem der gesetzlichen Tatbestände des § 99 Abs. 2 BetrVG zuordnen lassen, mithin die vorgetragene Begründung es als möglich erscheinen lässt, dass einer der gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht wird (vgl. z. B. BAG 18.01.1994 - 1 ABR 42/93 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 120). Diesen Anforderungen genügt die für die Zustimmungsverweigerung erteilte Begründung des Betriebsrats im Hinblick auf einen Zustimmungsverweigerungsgrund aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (Verstoß gegen ein Gesetz). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
393.Unzutreffend hat die Vorinstanz die ordnungsgemäß verweigerte Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht ersetzt. Der Betriebsrat hat nämlich seine Zustimmung zu der geplanten Einstellung von I. S. zu Unrecht verweigert. Die Voraussetzungen für einen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG - Verstoß gegen ein Gesetz - sind entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht gegeben.
40a)Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG 09.07.1996 - 1 ABR 55/95 - EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 1), der sich die erkennende Kammer anschließt, kann der Betriebsrat einer personellen Maßnahme seine Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nur dann verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen eine Bestimmung in einem Gesetz oder einem Tarifvertrag oder gegen eine sonstige in dieser Vorschrift genannte Norm verstößt. Geht es - wie im Streitfall - um eine Einstellung, so muss sie als solche untersagt sein. Hingegen genügt es nicht, wenn einzelne Vertragsbedingungen einer Norm zuwiderlaufen. § 99 BetrVG gibt dem Betriebsrat nämlich nur die Möglichkeit, der Einstellung in der vom Arbeitgeber beabsichtigten Form zuzustimmen oder die Zustimmung insgesamt zu verweigern. Dagegen kann er nicht die Einstellung zu anderen - normgemäßen - Bedingungen durchsetzen. Insoweit steht ihm nur ein negatives Mitgestaltungsrecht zu.
41b)Eine nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustimmungspflichtige personelle Maßnahme verstößt nicht nur dann gegen ein Gesetz, wenn die vorgesehene Beschäftigung des Arbeitnehmers ausdrücklich verboten ist. Als ausreichend, aber auch erforderlich muss angesehen werden, dass es sich um eine gesetzliche Vorschrift handelt, die dem Schutz der Arbeitnehmer dient und sich ihrem erkennbaren Sinn und Zweck nach gerade gegen die vorgesehene Beschäftigung richtet. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob das Gesetz die individualrechtliche Wirksamkeit der Maßnahme anordnet (BAG 22.03.1994 - 1 ABR 51/93 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 121).
42c)Unter Beachtung dieser Grundsätze kann in der Einstellung des Leiharbeitnehmers S. kein Verstoß gegen ein Gesetz i. S. von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG gesehen werden.
43aa)Die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Einstellung eines Leiharbeitnehmers kann jedenfalls auf § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG gestützt werden. Danach ist einem Arbeitgeber, der gewerbsmäßig Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlässt, die Erlaubnis oder deren Verlängerung zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Verleiher einem Entleiher denselben Arbeitnehmer länger als 12 aufeinanderfolgende Monate überlässt. Mit dieser Vorschrift will der Gesetzgeber erreichen, dass die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung auf die Fälle begrenzt bleibt, in denen sie sinnvoll ist, nämlich zur Überbrückung eines kurz-fristigen Bedürfnisses, z. B. vorübergehender dringender Arbeiten, während die Arbeitnehmerüberlassung auf längere Zeit wegen ihrer Gefahr einer Umgehung des staatlichen Arbeitsvermittlungsmonopols und der Umgehung von Arbeitnehmerschutzgesetzen unterbunden werden soll (BAG 28.01.1992
44- 1 ABR 45/91 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 103). Dementsprechend kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung im Entleiherbetrieb mit der Begründung verweigern, es handele sich um eine Überlassung für mehr als 12 aufeinanderfolgende Monate und verstoße damit gegen § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG (vgl. BAG 28.09.1988 - 1 ABR 85/87 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 68).
45bb)Aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG folgt, dass der Gesetzgeber nicht etwa schlechthin die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb verboten hat, sondern nur für den Fall, dass ein bestimmter Leiharbeitnehmer länger als 12 aufeinanderfolgende Monate im Entleiherbetrieb beschäftigt wird. Allein auf diesen Zeitraum bezogen auf einen bestimmten Leiharbeitnehmer bezieht sich der Wille des Gesetzgebers, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung auf die Fälle zu begrenzen, in denen es um die Überbrückung eines kurzfristigen Bedürfnisses, z. B. vorübergehender dringender Arbeiten, geht.
46cc)Diesem Gesetzeswillen hat der Arbeitgeber bei der beabsichtigten Einstellung des Leiharbeitnehmers S. Rechnung getragen, indem er in dem dem Betriebsrat zugegangenen Schreiben die beabsichtigte Einstellung dieses Leiharbeitnehmers für den Zeitraum von maximal von 12 Monaten angegeben hat. Es mag sein, dass mit der Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG das Ziel, gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung auf die Fälle der Überbrückung eines kurzfristigen Bedürfnisses zu beschränken, nur unvollkommen erreicht wird, wenn auf bestimmten Arbeitsplätzen ein dauernder Bedarf an Arbeitskräften besteht und diese ausschließlich mit Leiharbeitnehmern besetzt werden. Damit kann aber der Betriebsrat, solange der Arbeitgeber sich an die zeitliche Grenze des § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG hält, die Zustimmung zu einer beabsichtigten Einstellung eines Leiharbeitnehmers nicht mit Hinweis auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern. Dem Betriebsrat steht nämlich das Beteilungsrecht der §§ 99 ff. BetrVG nur zu, wenn der Arbeitgeber sich für eine Einstellung e n t s c h i e -d e n hat. Das Beteiligungsrecht dient dagegen nicht dazu, den Arbeitgeber zur Schaffung von Arbeitsplätzen anzuhalten oder ihn davon abzuhalten, Arbeitsplätze abzubauen oder freigewordene Arbeitsplätze nicht mehr zu besetzen (BAG 01.12.1992 - 1 ABR 30/92 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 110). Im Streitfall würde aber der antragstellende Arbeitgeber zur Schaffung von Arbeitsplätzen gezwungen, falls dem Betriebsrat trotz Einhaltung des 12-Monats-Zeitraums nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG mit dem Argument, dass es um die Einstellung eines Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz in der Abteilung "Verpackung" gehe, zugestanden würde. Denn in diesem Fall wäre der Arbeitgeber gezwungen, eigene Arbeitnehmer für diesen Arbeitsplatz einzustellen.
47dd)Ein für den Betriebsrat günstigeres Ergebnis folgt nicht etwa daraus, dass die Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern dazu führen kann, dass im tarifgebundenen Bereich ganze Abteilungen dem faktischen Geltungsbereich des Tarifvertrages entzogen werden. Hierauf kommt es jedoch gerade im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht an. Zum einen kann der Betriebsrat, wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt wurde, einer personellen Maßnahme seine Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nur dann verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen eine Bestimmung in einem Gesetz verstößt. Geht es - wie vorliegend - um eine Einstellung, kann der Betriebsrat die Zustimmung zu der Einstellung in der vom Arbeitgeber beabsichtigten Form nur insgesamt verweigern. Dagegen kann er nicht die Einstellung zu anderen - normgemäßen - Bedingungen durchsetzen. Tarifvertragliche Regelungen über das Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen haben aber nicht die Einstellung eines Arbeitnehmers zum Gegenstand (BAG 09.07.1996 - 1 ABR 55/95 - a. a. O.).
48II.Die Beschwerde des Arbeitgebers ist auch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens begründet.
491.Zunächst hat das Arbeitsgericht zu Recht, ohnedies allerdings unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts klarzustellen, darauf abgestellt, dass der Feststellungsantrag des Arbeitgebers nach § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bei Zustimmungsersetzung trotz gegebenenfalls mangelnder sachlicher Dringlichkeit nur dann zurückzuweisen ist, wenn die Maßnahme "offensichtlich" nicht dringend war (BAG 07.11.1977 - 1 ABR 55/75 - EzA § 100 BetrVG 1972 Nr. 1). Das Merkmal "offensichtlich" erfordert eine grobe Verkennung der sachlich-betrieblichen Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung der Personalmaßnahme seitens des Arbeitgebers (BAG 07.11.1977 - 1 ABR 55/75 - a. a. O.). Dabei ist von der Sicht des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Durchführung der als dringlich angesehenen Maßnahme auszugehen und nicht, wie sich die Situation möglicherweise nachträglich aufgrund der weiteren tatsächlichen Entwicklung zeigt (BAG 07.11.1977 - 1 ABR 55/75 - a. a. O.).
502.Dem Beteiligtenvortrag beider Instanzen kann nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der vorläufigen Einstellung des Leiharbeitnehmers S. Anfang Januar 2001 die sachlich-betrieblichen Notwendigkeiten für eine alsbaldige Einstellung in grober, ohne weiteres ersichtlicher Weise (vgl. Fitting, BetrVG, 20. Aufl. 2000, § 100 Rz. 8a) verkannt hätte.
51Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kommt es entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht darauf an, ob der Arbeitgeber, wie im Streitfall, aufgrund seiner Entscheidung, Dauerarbeitsplätze regelmäßig mit Arbeitnehmern zu besetzen, absehen kann, dass dies zu häufigen Neueinstellungen und entsprechenden Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG führen werde. Entscheidend ist alleine die Situation bei einer konkret beabsichtigten Einstellung eines Leiharbeitnehmers (vgl. LAG Frankfurt/M. 07.04.1987
52- 4 TaBV 150/86 - LAGE § 100 BetrVG 1972 Nr. 3). Bei der von dem Arbeitgeber geschilderten, nicht von ihm zu verantwortenden Fluktuation der Leiharbeitnehmer in seinem Betrieb, dem der Betriebsrat nicht widersprochen hat, kann ihm im Hinblick auf die Sicherung eines reibungslosen Arbeitsablaufs in der Abteilung "Verpackung" nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe die sachlich - betriebliche Notwendigkeit einer vorläufigen Einstellung von I. S. in grober, ohne Weiteres ersichtlicher Weise verkannt.
53C.Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und die Rechtsbeschwerde deshalb für den Betriebsrat zugelassen (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).
54RECHTSMITTELBELEHRUNG:
55Gegen diesen Beschluss kann von dem Betriebsrat
56RECHTSBESCHWERDE
57eingelegt werden.
58Für den Arbeitgeber ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
59Die Rechtsbeschwerde muss
60innerhalb einer Notfrist von einem Monat
61nach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim
62Bundesarbeitsgericht,
63Hugo-Preuß-Platz 1,
6499084 Erfurt,
65eingelegt werden.
66Die Rechtsbeschwerde ist gleichzeitig oder
67innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
68schriftlich zu begründen.
69Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
70gez.: Dr. Vossengez.: Selkegez.: Voßen
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