Urteil vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 4 Sa 1345/01
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 04.09.2001 - 1 Ca 2203/01 - teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von weiteren 10.000,-- DM brutto abzüglich 1.610,27 DM netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 4.000,-- DM brutto abzüglich 1.610,27 DM netto seit dem 31.08.2001 und aus weiteren 6.000,-- DM brutto seit dem 31.10.2001 verurteilt.
Die weitergehende Berufung sowie die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung des vor seiner Aktualisierung von der Beklagten gekündigten Arbeitsverhältnisses. Der Kläger macht darüber hinaus den Vergütungsanspruch bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie weitergehende Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss geltend.
3Der 1958 geborene Kläger bewarb sich aus einer ungekündigten Stellung, die er seit März 1980 inne hatte, bei der Beklagten um die Position eines Bilanzbucherhalters, die von dieser annonciert worden ist. Unter dem 09.03.2001 schlossen die Parteien einen Anstellungsvertrag, wonach der Kläger die Dienste bei der Beklagten am 01.07.2001 antreten sollte. Sein bisheriges Arbeitsverhältnis kündigte der Kläger daraufhin am 19.03.2001.
4Mit Schreiben vom 01.06.2001 kündigte die Beklagte den mit dem Kläger abgeschlossenen Anstellungsvertrag zum 15.06.2001.
5Der Kläger hat der Beklagten seine Arbeitsleistung zum 01.07.2001 angeboten und den Fortbestand des Arbeitsvertrages bis zum 31.07.2001 geltend gemacht.
6Er war im Monat Juli 2001 arbeitslos und bezog für diesen Monat ein Arbeitslosengeld von 3.326,92 DM. Zum 01.08.2001 nahm er eine neue Tätigkeit auf mit einem um 1.000,-- DM geringeren Verdienst als bei der Beklagten.
7Mit seiner Klage hat der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.07.2001 geltend gemacht und zudem die Vergütung für diesen Monat in Höhe von 8.000,-- DM brutto sowie die Verdiensteinbuße für weitere sechs Monate in Höhe von 1.000,-- DM geltend gemacht und schließlich eine Kostenerstattung für eine angeblich von der Beklagten veranlasste Sprachreise in Höhe von 1.500,-- DM beansprucht.
8Durch Urteil vom 04.09.2001 - 1 Ca 2203/01 - auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Wesel die Feststellung getroffen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 01.06.2001 erst zum 16.07.2001 aufgelöst worden ist und die Beklagte zur Zahlung der dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt zustehenden Vergütung von 4.000,-- DM brutto abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes von 1.716,65 DM verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen.
9Mit seiner gegen das Urteil fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger die vom Arbeitsgericht zurückgewiesenen Zahlungsansprüche in Höhe von 10.000,-- DM brutto weiter.
10Er macht geltend, die Beklagte habe die Kündigung nach Vertragsabschluss in unzulässiger Weise auf Überlegungen gestützt, die sie bereits vor und während der Vertragsverhandlungen mit ihm hätte anstellen können und müssen. Aufgrund der positiv verlaufenen Einstellungsverhandlung, bei der seine langjährige, ungekündigte Festanstellung im selben Beruf zur Sprache gekommen sei, habe er sich darauf verlassen, dass er bei der Beklagten jedenfalls "gebraucht" würde. Durch die Bewerbungsgespräche sei bei ihm das Vertrauen begründet worden, dass er von einer Kündigung wegen fehlenden Bedarfs oder aus Kostengründen verschont bliebe und eine Chance erhielte, seine Eignung und Befähigung zum Ausfüllen der neuen Position nachzuweisen.
11Aus diesem enttäuschten Vertrauen resultiere die Verpflichtung der Beklagten, ihm für den Monat Juli 2001 den entstandenen Verdienstausfall - Schaden eben so wie seine weiteren Schäden durch Annahme einer neuen Stellen zu schlechteren Gehaltsbedingungen zu ersetzen.
12Darüber hinaus beansprucht der Kläger den Ersatz von Aufwendungen für eine von der Beklagten laut seiner Behauptung veranlassten Sprachreise nach Malta in Höhe von 1.500,-- DM.
13Der Kläger beantragt,
14das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 04.09.2001 - 1 Ca 2203/01 - abzuändern und die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn noch weitere 10.000,-- DM brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.08.2001 und weitere 1.500,-- DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.07.2001 zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
161. Die Berufung des Klägers zurückzuweisen und
172. im Wege der Anschlussberufung, das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 04.09.2001 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
18Ihrer Ansicht nach sei entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nach dem durch Abschluss eines befristeten Probearbeitsvertrages dokumentierten Parteiwillen eine Kündigung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger auch bereits vor Dienstantritt möglich gewesen. Der Kläger sei sich auch des Risikos bewusst gewesen, das er mit dem Abschluss des Anstellungsvertrages eingegangen sei. Er versuche nunmehr dieses Risiko auf sie, die Beklagte abzuwälzen und damit noch etwas "herauszuholen". Die vom Kläger im Übrigen angeführte Sprachreise sei weder von ihr veranlasst worden noch habe sie eine Kostenbeteiligung zugesagt. Die Klage sei deshalb insgesamt abzuweisen.
19Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach der Regelung des § 543 Abs. 1 ZPO unter Bezugnahme auf den Inhalt der von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt abgesehen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21I.
22Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als der Kläger mit ihr seinen weiteren Verdienstausfall von insgesamt 10.000,-- DM brutto beansprucht, der allerdings durch das im Monat Juni 2001 bezogene Arbeitslosengeld in Höhe des noch nicht angerechneten Restbetrages von DM 1.610,27 gemindert ist.
23Insoweit ist die Beklagte wegen Verletzung vorvertraglichen Pflichten dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet. Die Pflichtverletzung besteht in der unterlassenen Aufklärung des Klägers bei Vertragsschluss über ein atypisches Bestandsrisiko des neu abgeschlossenen Arbeitsvertrages, mit dem der Kläger nicht zu rechnen brauchte und deshalb im Vertrauen auf den Bestand des ihm von der Beklagten angebotenen Arbeitsplatzes sein bestehendes Arbeitsverhältnis aufgekündigt hat. Der Schaden besteht in dem durch die Eigenkündigung bedingten Lohnausfall, den der Kläger vorliegend auf das Erfüllungsinteresse beschränkt.
24Bereits vor Abschluss eines Arbeitsvertrages bestehen für beide Parteien infolge der Aufnahme von Vertragsverhandlungen wechselseitige Aufklärungs- bzw. Sorgfalts- und Loyalitätspflichten, deren Umfang und Grenzen nach h. A. aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu bestimmen sind. Danach darf ein Verhandlungs- bzw. Vertragspartner das von ihm bei Vertragsabschluss geweckte Vertrauen nicht ohne Grund enttäuschen. Der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet seine Grenzen in dem schutzwürdigen Lebensbereich des anderen Vertragspartners. Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflichten begründet Schadensersatzansprüche. Ein Verschulden bei Vertragsschluss kann sich auch noch nach Abschluss eines Arbeitsvertrages auswirken. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann, wenn das Arbeitsverhältnis aus Gründen vorzeitig endet, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor bzw. bei Abschluss des Vertrages unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht verschwiegen hat (BAG Urteil vom 02.12.1976 - 3 AZR 401/75 - AP Nr. 10 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsschuss).
25Durch den offerierten Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages an den noch in ungekündigter (langjähriger) Dauerstellung stehenden Arbeitnehmer begründet der Arbeitgeber in der Regel das berechtigte Vertrauen bei diesem Arbeitnehmer, auf dessen schutzwürdige Interessen bei der für die Neubegründung des Arbeitsverhältnisses notwendigen Aufgabe seiner bisherigen Anstellung Rücksicht zu nehmen und ihn deshalb nicht ohne ausreichende Aufklärung bei Vertragsabschluss einem atypischen Bestandsrisiko hinsichtlich des angebotenen neuen Arbeitsplatzes auszusetzen. Daraus resultiert namentlich die Aufklärungspflicht des Arbeitgebers über solche Umstände, die aus seinem Unternehmensbereich heraus für die Eingehung und Durchführung des neuen Arbeitsverhältnisses wichtig sein könnten und insbesondere die Gefahr begründen, der Arbeitsplatz könnte aus absehbaren betrieblichen Gründen kurzfristig wegfallen oder er stehe nach der Unternehmensplanung als Dauerarbeitsplatz gar nicht zur Verfügung, sondern sei von kurzfristigen Auftragsschwankungen abhängig.
26Vorliegend hat die Beklagte in Kenntnis der Tatsache, dass der Kläger seine langjährige Position aufgeben musste, um den ihm offerierten Arbeitsplatz bei ihr anzutreten, bei diesem - wie er geltend macht und nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch als selbstverständlich anzusehen ist - das berechtigte Vertrauen erweckt, der angebotene Arbeitsplatz sei nach den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden und absehbaren unternehmerischen Vorgaben sowie nach der betrieblichen Organisation in seinem Bestand als ungefährdet anzusehen und auf Dauer angelegt und sei deshalb insbesondere auch nicht von kurzfristigen, vorübergehenden Auftragsschwankungen abhängig.
27In diesem Vertrauen ist der Kläger, der sich darauf verlassen hat, bei der Beklagten gebraucht zu werden, objektiv enttäuscht worden, indem der neue Arbeitsvertrag von der Beklagten noch vor seiner Aktualisierung bereits elf Wochen nach seinem Abschluss wieder aufgekündigt worden ist, weil die Beklagte nach ihrem Sachvortrag wegen einer im zweiten Quartal 2001 eingetretenen schlechten Auftragslage die Arbeitskraft des Klägers nicht mehr benötigte. Dieser Vertrauensbruch gründete auf einer Verletzung der aufgezeigten Aufklärungspflichten der Beklagten bei Vertragsabschluß. Denn die alsbaldige Entlassung des Klägers aus den betrieblichen Gegebenheiten einer schlechten Auftragslage-Entwicklung im zweiten Quartal 2001 - d. h. nur in zwei Monaten vor Ausspruch der Kündigung - lässt sich nur dann widerspruchsfrei erklären, wenn nach der auch nur mittelfristigen betrieblichen Organisationsplanung bei der Beklagten die dem Kläger offerierte Position eines Bilanzbuchhalters als Dauerarbeitsplatz gar nicht zur Verfügung gestanden hat, weil sie an eine kurzfristige Auftragsentwicklung geknüpft war, oder aber die den Wegfall eines organisatorisch auf Dauer angelegten Arbeitsplatzes bedingende Verschlechterung der Auftragslage auf einer zumindest mittelfristigen Entwicklung und Prognose beruhte, die dann aber bereits bei Vertragsabschluss hätte absehbar sein müssen, weil sich diese in der Regel nicht auf die Entwicklung in zwei Monaten oder während eines Quartals beschränkt.
28Sowohl in der einen wie der anderen Alternative hätte die Beklagte den Kläger bei Vertragsabschluss über die ihr bekannte bzw. bereits absehbare Gefährdung hinsichtlich der offerierten Besetzung der Position eines Bilanzbuchhalters in ihrem Betrieb aufklären müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
29Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht hat die Beklagte auch zu vertreten. In entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der Regelung des § 282 BGB war es Sache der Beklagten, die tatsächlichen Umstände aus ihrem Gefahrenbereich darzulegen und zu beweisen, soweit es darauf ankommt, ob sie schuldhaft die ihr obliegende Aufklärungspflicht bei Vertragsabschluss verletzt hat (vgl. BAG Urteil vom 08.03.1977 - 4 AZR 700/75 - in DB 1977, 1322 m. w. N.). Die Umstände, von denen eine mittelfristige Besetzung der Position eines Bilanzbuchhalters im Betrieb abhängig ist, gehören sowohl im Bereich der betrieblichen Organisationsplanung als auch einer
30dementsprechenden Prognose der Auftragsentwicklung ausschließlich zum Gefahrenkreis der Beklagten, in den der Kläger keinen Einblick hat, so dass allein die Beklagte darzulegen hatte, warum sie kein Verschulden vor und bei Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger trifft. Der Vortrag der Beklagten, sie habe den Kläger wegen der schlechten Entwicklung der Auftragslage im zweiten Quartal 2001 nicht mehr gebraucht, ist insoweit unsubstantiiert und nicht geeignet ein fehlendes Verschulden hinsichtlich ihrer Aufklärungspflichtverletzung darzutun. Ihm lassen sich insbesondere keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass auf der Grundlage einer mittelfristigen Prognose der Auftragsentwicklung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Gefährdung der offerierten Stellenbesetzung nicht hätte abgesehen werden können. Die Beklagte ist auf die mangelnde Substantiierung ihres Sachvortrags im Berufungstermin hingewiesen worden. Sie sah sich nicht veranlasst, diesen gegebenenfalls zu ergänzen.
31Es ist schließlich auch davon auszugehen, dass der Kläger durch die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zum Abschluss des Arbeitsvertrages mit ihr und infolge dessen zur anschließenden Kündigung seines bislang noch bestehenden alten Arbeitsvertrages veranlasst worden ist. Denn nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung wird "aufklärungsrichtiges" Verhalten vermutet (vgl. BGH Urteil vom 16.11.1993 - XI ZR 214/92 - n. w. N.).
32Danach ist derjenige, der vertragliche Aufklärungspflichten verletzt dafür beweispflichtig, dass der Schaden - wie vorliegend durch Abschluss des neuen und Kündigung des alten Arbeitsvertrages - auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, d. h. dass der Kläger den neuen Arbeitsvertrag mit der Beklagten auch abgeschlossen hätte, wenn er über die Gefährdung des zu besetzenden Arbeitsplatzes bei der Beklagten gebührend informiert worden wäre.
33Die Beklagte hat dem Kläger den durch die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung bei Vertragsabschluss entstandenen Vertrauensschaden zu ersetzen. Der Kläger, der im Vertrauen auf den ungefährdeten Bestand des offerierten Arbeitsplatzes bei der Beklagten mit dieser den Arbeitsvertrag abgeschlossen und sein bestehendes Arbeitsverhältnis aufgekündigt hat, hat einen Schaden in Höhe des Verdienstausfalls in Folge der Kündigung seines alten Arbeitsverhältnisses erlitten. Er beschränkt vorliegend seine Schadensersatzforderung auf das positive Interesse, dass er an der seinen berechtigten Erwartungen entsprechenden Abwicklung des Vertrages mit der Beklagten gehabt hat. Da das negative Interesse bei einem Monatseinkommen von 9.000,-- DM brutto bei seinem alten Arbeitgeber über das positive Interesse mit einem Monatseinkommen bei der Beklagten von nur 8.000,-- DM hinausgeht, war dem Kläger der beanspruchte Verdienstausfall - Schaden für den Monat Juli 2001 von restlichen 4.000,-- DM brutto abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes sowie die Verdiensteinbußen in den weiteren sechs Monaten von jeweils 1.000,-- DM brutto monatlich zu ersetzen.
34Den darüber hinaus vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für eine Sprachreise nach Malta hat das Arbeitsgericht hingegen zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.
35Insoweit hat der Kläger auch mit seiner Berufung nicht in hinreichend substantiierter Weise dargetan, dass er diese Reise auf Veranlassung der Beklagten unternommen hat. Insbesondere lässt sich seinem Sachvortrag nicht entnehmen, welcher konkrete Geschehensablauf in diesen Zusammenhang durch Zeugnis der Frau v. H. unter Beweis gestellt werden soll. Schließlich macht der Kläger auch nur einen Teilbetrag dieser Reisekosten geltend, ohne dies näher zu begründen oder auch nur zu behaupten, dass eine solche anteilige Erstattung von der Beklagten in Aussicht gestellt worden wäre.
36II.
37Die zulässige unselbständige Anschlussberufung der Beklagten war als unbegründet zurückzuweisen.
38Zu Recht hat das Arbeitsgericht erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 01.06.2001 erst zum 16.07.2001 aufgelöst worden sei, weil die Besonderheiten beim Vertragsabschluss vorliegend die Annahme rechtfertigten, dass die Kündigung erst zum frühest möglichen Zeitpunkt nach dem vereinbarten Dienstantritt möglich sei.
39Dieser Ansicht schließt sich die erkennende Berufungskammer an. Die bei Vertragsabschluss evidenten besonderen Umstände des vorliegenden Falles - dass sich der Kläger aus einer zwanzigjährigen ungekündigten Anstellung um eine offene gleichwertige Position eines Bilanzbuchhalters bei der Beklagten beworden hat und im Vertrauen auf den ungefährdeten Bestand des ihm offerierten Arbeitsplatzes sodann seine bisherige Position gekündigt hat, um die Tätigkeit bei der Beklagten antreten zu können - lassen nach der Interessenlage auf den mutmaßlichen Parteiwillen schließen, dass bei einer vorzeitigen Kündigung des Arbeitsvertrages die Kündigungsfrist erst mit Dienstantritt beginnen sollte. Dem steht auch die vereinbarte Probezeit mit einer kurzen Kündigungsfrist nicht entgegen, da der Kläger aus seiner Sicht seiner persönlichen Erprobung aufgrund seiner langjährigen Berufs- und Geschäftserfahrung gelassen entgegensehen konnte und deshalb für ihn die tatsächliche Tätigkeitsaufnahme und die Möglichkeit der Durchführung seines neuen Arbeitsvertrages bei der Beklagten und nicht die Dauer des Kündigungsfrist während der Probezeit von ausschlaggebender Bedeutung waren. Auf dieses Interesses des Klägers hätte sich die Beklagte auch redlicher Weise einlassen müssen, wenn sie anderseits nicht gewillt war, über eine bereits bei Vertragsabschluss begründete Gefährdung des offerierten Arbeitsplatzes aus betrieblichen Gründen den Kläger aufzuklären. Würde man schließlich bei dieser ergänzenden Vertragsauslegung über den Beginn der Kündigungsfrist zu dem von der Beklagten vertretenen Standpunkt gelangen, wonach der Zugang der Kündigung für den Beginn der Kündigungsfrist maßgeblich sei, dann hätte die Beklagte gemäß den Ausführungen unter Ziff. I der Gründe für den gesamten Verdienstausfall des Klägers im Monat Juli 2001 aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss einstehen müssen. Der Anschlussberufung hinsichtlich der Zurückweisung der Zahlungsklage konnte deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt entsprochen werden.
40III.
41Die Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Zinsen aus § 288 BGB und hinsichtlich der Kosten aus §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.
42Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich gebotener Anlass (vgl. § 72 Abs. 2 ArbGG).
43R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
44Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
45Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig beim Bundesarbeitsgericht angefochten werden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.
46gez.: Rodengez.: Nöllegez.: Olesch
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.