Urteil vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 18 (14) Sa 164/04
Tenor
1.Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 30.09.2003 - Az.: 2 (4) Ca 1158/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Der Rechtsstreit betrifft eine sogenannte Konkurrentenklage.
3Der am 30.12.1949 geborene, verheiratete und vier Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.11.1985 in den Diensten des beklagten Kommunalverbandes beschäftigt. Derzeit ist ihm die Funktion des Leiters des Fachbereichs 7 "Freizeit" kommissarisch übertragen. Sein Entgelt beläuft sich auf ca. 5.000,-- € brutto monatlich. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) sowie ergänzende bzw. ersetzende Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.
4Bei dem Beklagten steht die Besetzung der Leiterin/des Leiters für den Fachbereich 5 "Landschaftsentwicklung und Umwelt" an. Der Beklagte ließ den Kläger wissen, dass er beabsichtige, diese Stelle mit der Mitbewerberin Frau L. zu besetzen. Hieraus resultiert der Rechtsstreit, dem unter Einschluss des beruflichen Werdegangs des Klägers folgender Hergang zugrunde liegt:
5Nach Abschluss einer Ausbildung als Garten- und Landschaftsbaugehilfe sowie zweier Studien zum Diplom-Ingenieur Landschaftspflege und Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung sowie einer anschließenden Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Lehrauftrag am Institut für Landschaftspflege der Universität Hannover, trat der Kläger am 01.11.1985 in die Dienste des Beklagten und betreute dort Maßnahmen im Grünordnungsbereich sowie die Entwicklung von Gestaltungsprojekten. Ab 20.11.1987 wurde der Kläger stellvertretender Leiter der Abteilung 13 "Landschaftspflege" bestellt. Ab dem 01.04.1989 leitete der zwischenzeitlich in Gartenbauwissenschaft promovierte Kläger das Büro "Naturschutzprogramm Ruhrgebiet". Im Dezember 1989 übertrug ihm der Beklagte die Leitung der Abteilung 9 "Landschaftsplanung" und gruppierte ihn in die Vergütungsgruppe I a BAT ein. Seit dem 01.10.1995 ist der Kläger zudem Geschäftsführer der Umweltzentrum Westfalen GmbH, Ökologiestation C.. Ab dem 01.11.1998 wurde dem Kläger kommissarisch die Leitung des Fachbereichs 5 "F. Landschaftspark" übertragen, der ab dem 01.04.2001 die Bezeichnung "Umwelt und Freiraum" trug. In diesen Fachbereich fielen die Aufgaben Landschaftsplanung, regionales Freiraumsystem Ruhrgebiet, Verbandsverzeichnis Grünflächen und Nachhaltigkeitsstrategie. Dieser Fachbereich 5 wurde zum 01.07.2001 aufgelöst und mit seinen Projekten und Aufgaben in den Fachbereich 7 "Freizeit" integriert. Zugleich wurde der Kläger zum kommissarischen Leiter dieses Fachbereiches bestellt. Ab Mai 2002 wurde der Fachbereich 7 "Freizeit" wieder aufgeteilt in den Fachbereich 5 "Landschaftsentwicklung und Umwelt" sowie den Fachbereich 7 "Freizeit und Tourismus". Der Kläger blieb kommissarischer Leiter des Fachbereichs 7. Zur kommissarischen Leiterin des Fachbereichs 5 wurde die Diplom-Biologin Frau O. L. bestellt.
6Nachdem zunächst eine Besetzung der Stelle des Fachbereichsleiters für den Fachbereich 5 "Landschaftsentwicklung und Umwelt" durch den Kläger ohne Neuausschreibung vorgesehen war, entschloss sich die Verbandsleitung des Beklagten nach Intervention des Personalrates, die Stelle auszuschreiben.
7Der für das Verfahren verbindliche Inhalt der Stellenausschreibung ergibt sich (nach Korrektur einer vorhergehenden Ausschreibung) aus der im Verwaltungsblatt Nr. 7 vom 12.07.2002 erfolgten Veröffentlichung. Wegen des genauen Inhaltes wird Bezug genommen auf die mit der Klageschrift als Anlage K16 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 39 ff. d. A.). In der Stellenausschreibung findet sich folgender Satz:
8"Gesucht wird eine qualifizierte und zielstrebige Führungsperson mit Hochschulabschluss und hoher fachlicher Kompetenz im Planungsbereich sowie mehrjähriger Berufserfahrung in leitender Funktion."
9Auf die Stelle bewarben sich der Kläger und Frau L..
10Frau L. ist bei dem Beklagten seit Ende 1976 beschäftigt. Bis 1984/1985 war sie als Sachbearbeiterin in der Grundlagenermittlung der Landschaftsplanung tätig. Von 1985 bis 1998 erstellte sie als Sachbearbeiterin Landschaftsplanentwürfe und Konzepte für die Freiflächenentwicklung der Abteilung "Landschaftsplanung/Landschaftspflege". Von 1998 bis 2001 leitete sie jeweils in dem dem Kläger unterstellten Fachbereich ein aus ihr und einer weiteren Mitarbeiterin bestehendes Team. Ab Mai 2002 wurde ihr die kommissarische Leitung des nach Spaltung des Fachbereichs 7 wieder eingerichteten und hier umstrittenen Fachbereich 5 "Landschaftsentwicklung und Umwelt" übertragen.
11Am 03.02.2003 führte der Beklagte Vorstellungsgespräche mit beiden Bewerbern. Wegen des Verlaufs sowie der Inhalte und Ergebnisse der Bewerbungsgespräche wird Bezug genommen auf das vom Beklagten mit Schriftsatz vom 03.07.2003 als Anlage zu den Gerichtsakten überreichte Protokoll (Bl. 76 ff. d. A.). Mit Schreiben vom 19.02.2003, dem Kläger am 24.02.2003 zugegangen, teilte der Beklagte ihm mit, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Stelle mit der Mitarbeiterin Frau L. zu besetzen.
12Im Rahmen eines vom Kläger noch im Februar 2003 eingeleiteten Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat sich der Beklagte per gerichtlichem Vergleich verpflichtet, die ausgeschriebene Stelle bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht endgültig mit der anderen Mitarbeiterin zu besetzen.
13Mit der am 27.02.2003 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Klage hat der Kläger die Auswahlentscheidung des Beklagten angegriffen. Er hat vorgetragen, dass der Beklagte nicht gehalten gewesen sei, die Stelle auszuschreiben, weil sie ihm bereits vorbehaltlos zugewiesen worden sei. Auch sei er geeigneter und befähigter als die Mitbewerberin. Seine fachlichen Leistungen, insbesondere auf der Ebene der Fachbereichsleitung, seien stets herausragend gewesen. Die Mitbewerberin habe bereits dem vom Beklagten aufgestellten Anforderungsprofil nicht entsprochen. Die danach geforderte mehrjährige Berufserfahrung in leitender Funktion könne sie nicht aufweisen. Der Kläger sei demgegenüber viele Jahre in leitenden Funktionen als Abteilungs- und Fachbereichsleiter tätig gewesen. Während ihm dabei in der Vergangenheit bis zu 31 Mitarbeiter unterstellt gewesen seien, habe die Mitbewerberin lediglich Erfahrungen als Teamleiterin mit einer ihr unterstellten Mitarbeiterin sammeln können. Bei dieser Sachlage sei jede den Kläger gegenüber der Mitbewerberin zurückstellende Auswahlentscheidung rechtswidrig oder doch zumindest ermessensfehlerhaft.
14Der Kläger hat beantragt,
151.
16den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die Stelle des Leiters für den Fachbereich "Landschaftsentwicklung und Umwelt" (Fachbereich 5) zu übertragen,
172.
18hilfsweise,
19den Beklagten zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf die Stelle des Leiters für den Fachbereich "Landschaftsentwicklung und Umwelt" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
20Der Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er hat vorgetragen, die Stelle sei nach den Grundsätzen für die Ausschreibung von Stellen beim Kommunalverband Ruhrgebiet, welche zwischen dem Verbandsdirektor und dem Personalrat vereinbart worden seien, auszuschreiben gewesen. Der Kläger sei nicht vorbehaltlos zum Leiter des Fachbereiches bestellt worden. Das Schreiben vom 01.04.2001, mit dem der Kläger zum Leiter des Fachbereichs 5 "Umwelt und Freiraum" bestellt worden sei, habe unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Verbandsausschusses zur neuen Dezernatsverteilung gestanden. Diese Zustimmung sei jedoch nicht erteilt worden. Aus diesem Grunde sei zunächst die Unterordnung der Aufgaben und Projekte dieses Fachbereichs unter den Fachbereich 7 erfolgt. Erst durch Beschluss des Verbandsausschusses vom 17.09.2001 sei der hier umstrittene Fachbereich 5 "Landschaftsentwicklung und Umwelt" neu eingerichtet worden, woraus sich die Notwendigkeit der Ausschreibung der Stelle des Fachbereichsleiters ergebe.
23Entgegen der Auffassung des Klägers sei die zugunsten der Mitarbeiterin L. getroffene Auswahlentscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung und damit unter Beachtung der Grundsätze der Bestenauslese getroffen worden. Es seien nicht lediglich die von den Bewerbern einzureichenden schriftlichen Unterlagen über ihre vitae Grundlage für die Entscheidung gewesen, sondern auch das Bewerbungsgespräch mit den beiden Mitbewerbern. Hierbei habe die Mitbewerberin nicht nur die Fragen zur zukünftigen Ausrichtung des Fachbereichs 5 und den damit verbundenen Arbeitsschwerpunkten und Zielsetzungen überzeugender und stringenter beantwortet, sondern auch in die Zukunft gerichtete neue Handlungsfelder aufgezeigt und so auf Perspektiven für die weitere Bedeutung des Kommunalverbandes hingewiesen. Diese wünschenswerte perspektivische Betrachtungsweise des neu eingerichteten Fachbereichs 5 sei durch den Kläger nicht bzw. nicht hinreichend berücksichtigt worden. Darüber hinaus habe die Mitbewerberin für die übrigen Fragen betreffend Entscheidungsvermögen und Überzeugungskraft ein schlüssigeres Konzept dargelegt. Schließlich verfüge auch die Mitbewerberin über umfangreiche Berufserfahrung in den in Zukunft im Fachbereich 5 zu bearbeitenden Sachgebieten. An ihrer Führungsfähigkeit könne nicht gezweifelt werden. Ebenso wie der Kläger habe sie in der Vergangenheit leitende Positionen innegehabt und Produktverantwortung übertragen bekommen. Auch die Tätigkeit als Teamleiterin sei leitende Tätigkeit. Insgesamt habe die Mitbewerberin auch unter Berücksichtigung der beruflichen Werdegänge den besseren Eindruck hinterlassen. Dies auch deshalb, weil die fachlichen Leistungen des Klägers in der Vergangenheit des Öfteren Anlass zu Kritik, insbesondere durch seine Vorgesetzten, gegeben hätten.
24Mit Urteil vom 30.09.2003 hat das Arbeitsgericht Essen der Klage in ihrem Hauptantrag stattgegeben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Stelle des Leiters für den Fachbereich "Landschaftsentwicklung und Umwelt" (Fachbereich 5) zu übertragen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte sich über ein wesentliches, durch Fettdruck gesondert hervorgehobenes Kriterium seiner eigenen Stellenausschreibung hinweggesetzt habe. Entgegen der selbst aufgestellten Anforderung könne die Mitbewerberin L. keine mehrjährige Berufserfahrung in leitender Funktion aufweisen. Zwar habe diese seit 1998 - zumindest nominell - ein Team geleitet, welches bis 2002 allerdings lediglich aus ihr selbst und einer weiteren Arbeitnehmerin bestanden habe. Um die in der Stellenausschreibung geforderte "Berufserfahrung in leitender Funktion" zu erfüllen, genüge es jedoch nicht, dass ein Arbeitnehmer lediglich eine (einfache) Vorgesetztenfunktion gegenüber einer einzigen unterstellten Mitarbeiterin ausgeübt habe. Unter einer leitenden Funktion verstehe man nach allgemeinem Sprachgebrauch vielmehr eine Position, in der dem Vorgesetzten ein bedeutendes Maß an Leitungsfunktion, und zwar notwendigerweise auch in personeller Hinsicht, zukomme. In diesem Sinne sei die Mitarbeiterin L. jedoch erst ab Mai 2002 in leitender Funktion eingesetzt gewesen. Damit könne von der in der Ausschreibung geforderten "mehrjährigen Berufserfahrung in leitender Funktion" nicht gesprochen werden. Im Gegensatz dazu habe der Kläger unstreitig alle in der Stellenausschreibung geforderten Voraussetzungen erfüllt. Deshalb habe die von der Beklagten getroffene fehlerhafte Auswahlentscheidung durch das Gericht korrigiert werden können, indem der Beklagte nach dem Hauptantrag verurteilt worden sei, dem Kläger die begehrte Stelle des Leiters für den Fachbereich "Landschaftsentwicklung und Umwelt" zu übertragen.
25Gegen das am 06.01.2004 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit der am 03.02.2004 per Telefax bei Gericht eingegangenen und nach Fristverlängerung bis zum 19.03.2004 per Telefax am 19.03.2004 schriftsätzlich begründeten Berufung.
26Der Beklagte hält das Urteil des Arbeitsgerichts schon deshalb für falsch, weil es sich bei dem Kläger lediglich um einen sogenannten Versetzungsbewerber handele. Der Kläger sei bereits in die Vergütungsgruppe I a BAT eingruppiert. Die Übertragung der Stelle als Fachbereichsleiter würde daher weder den Status noch die Eingruppierung des Klägers berühren. Aus diesem Grunde könne der Kläger gegenüber der Mitbewerberin L., für die die Zuweisung der ausgeschriebenen Stelle eine Beförderung darstelle, keine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG herleiten.
27Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht den Begriff der "leitenden Funktion" aus der Stellenausschreibung falsch ausgelegt. Entgegen dem Arbeitsgericht könne weder auf einen ohnehin nicht gegebenen allgemeinen Sprachgebrauch noch auf eine Leitungsfunktion von bedeutendem Maß auch in personeller Hinsicht abgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr die spezifische Verwaltungsstruktur beim Beklagten. Danach seien sowohl Fachbereichs- als auch Teamleitung durch in etwa das gleiche Maß an Selbständigkeit, fachlicher Verantwortung und Außenvertretung gekennzeichnet, durch das sich diese Funktionen gleichermaßen von der reinen Sachbearbeitung abheben würden. Die Anzahl der unterstellten Mitarbeiter sei hingegen für den Leitungsstatus beim Beklagten völlig nachrangig. Ferner habe das Arbeitsgericht Essen versäumt, bei seiner Entscheidung die Leistungsentwicklung der Bewerber während des laufenden Verfahrens zu berücksichtigen. Entscheidend sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Da die Mitbewerberin L. jedoch seit Mai 2002 kommissarisch die Leitung des Fachbereichs 5 innehabe, könne auch sie die nach den Anforderungen des Arbeitsgerichts notwendigen Erfahrungen in leitender Funktion aufweisen.
28Die Auswahlentscheidung sei auch als solche nicht zu beanstanden. Da es sich um "Hausbewerbungen" gehandelt habe, seien beide Bewerber als Person und in ihrem Wirken der Auswahlkommission seit langem bekannt gewesen. Die Auswahlentscheidung sei daher auch nicht lediglich aufgrund der Eindrücke des Vorstellungsgespräches erfolgt - diese hätten vielmehr erst den endgültigen Ausschlag gegeben -, sondern unter Berücksichtigung der während der langjährigen Dienstzeit beider Bewerber gewonnenen Erkenntnisse. Die Mitglieder der Auswahlkommission seien sich ganz überwiegend darin einig gewesen, dass sich beide Bewerber während ihres bisherigen beruflichen Werdegangs unter besonderer Berücksichtigung der im Ausschreibungstext aufgeführten Leistungsmerkmale als in etwa gleichermaßen qualifiziert erwiesen hätten. Wegen der Einzelheiten der Gesichtspunkte, auf die sich der Beklagte hinsichtlich der Mitbewerberin L. hierbei nach seinem Vortrag gestützt hat, wird Bezug genommen auf die Darlegungen auf Seite 8 und 9 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 19.03.2004 (Bl. 157 ff. d. A.). Folge aus dem Vergleich der Bewerber für die Auswahlkommission eine zumindest gleichrangige Qualifikation, so habe der Eindruck im Vorstellungsgespräch und nicht zuletzt der Gesichtspunkt der nach § 7 Abs. 1 Satz 1 LGG vorgesehenen Frauenförderung den Ausschlag zugunsten der Mitbewerberin gegeben. Das vom Kläger vorgelegte Zeugnis habe vom Beklagten hingegen nicht anerkannt werden können, weil der ausstellende Beigeordnete Herr C. zum Zeitpunkt der Zeugniserteilung schon seit Jahren nicht mehr Dienstvorgesetzter des Klägers gewesen sei.
29Schließlich sei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen anzuführen, dass es auf die Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung hinauslaufe. Nach §§ 66 Abs. 1, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW habe der bei dem Beklagten eingerichtete Personalrat ein Mitbestimmungsrecht. Versage dieser seine Zustimmung, so liege die endgültige Entscheidung über die Besetzung der Stelle nicht bei dem Beklagten, sondern bei der Einigungsstelle nach § 67 LPVG NW. Aus diesem Grunde hätte allenfalls ein Bescheidungsurteil zu Lasten des Beklagten ergehen dürfen.
30Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
311.
32das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 30.09.2003 - 2 (4) Ca 1158/03 - abzuändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen,
332.
34hilfsweise,
35das Urteil des Arbeitsgerichts Essen dahingehend abzuändern, dass über die Bewerbung des Klägers auf die Stelle des Leiters für den Fachbereich "Landschaftsentwicklung und Umwelt" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden ist.
36Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
37die Berufung in Haupt- und Hilfsantrag zurückzuweisen.
38Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Beklagten ergänzend vor:
39Die Auffassung, die Grundsätze der arbeitsrechtlichen Konkurrentenklage könnten nicht zur Anwendung kommen, wenn der Bewerber lediglich seine Umsetzung/Versetzung begehre, stehe im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Falsch sei auch die Auffassung des Beklagten, dass für die Beurteilung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sei. Das Bundesarbeitsgericht fordere zeitnah beieinanderliegende, schriftlich dokumentierte Beurteilungen der jeweiligen Bewerber im Hinblick auf das Anforderungsprofil einer Stelle.
40Bei der Ermittlung dieses Anforderungsprofils anhand der Stellenausschreibung habe das Arbeitsgericht nicht das dem Beklagten zukommende Ermessen missachtet. Zwar könne der Arbeitgeber die Auswahlkriterien frei bestimmen. Die Frage aber, wie die damit verbindlich festgelegten Kriterien des Anforderungsprofils zu verstehen seien, und ob der Dienstherr sie beachtet habe, unterliege der vollen gerichtlichen Überprüfung. Danach erfülle die Mitbewerberin weder das Anforderungsmerkmal der mehrjährigen Berufserfahrung, weil hierunter eine zumindest zweijährige Tätigkeit zu verstehen sei noch sei die Mitbewerberin überhaupt in leitender Funktion tätig gewesen.
41Der Kläger bestreitet das Berufungsvorbringen des Beklagten, der Auswahlentscheidung weitere, über das Vorstellungsgespräch hinausgehende, während der langjährigen Dienstzeit beider Bewerber gewonnen Erkenntnisse zugrundegelegt zu haben. Dem schriftlichen Auswahlvermerk vom 26.02.2003 seien die nunmehr vorgebrachten Auswahlgesichtspunkte nicht zu entnehmen. Vielmehr sei die darin enthaltene Begründung in Bezug auf überzeugendere, stringentere Antworten sowie angeblich plausiblere und verständlichere Präsentation völlig substanzlos. Sie erschöpfte sich in nicht nachvollziehbaren Schlagworten ohne jeden konkreten Hintergrund.
42Auf § 7 Abs. 1 Satz 1 LGG-NW könne sich der Beklagte nicht berufen, da der Gesichtspunkt der Frauenförderung allenfalls bei gleicher inhaltlicher Qualifizierung der Bewerber Berücksichtigung finde.
43Falsch sei schließlich auch die Auffassung, dass bei Zustimmungsverweigerung seitens des Personalrats die endgültige Entscheidung über die Besetzung der Stelle nicht beim Beklagten, sondern bei der Einigungsstelle nach § 67 LPVG NW liege und deshalb der Hauptantrag auf eine unmögliche Leistung hinauslaufe. Seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.06.2002 sei davon auszugehen, dass der Einigungsstelle aus verfassungsrechtlichen Gründen keine entscheidende Funktion zukommen könne, und deshalb im Wege der verfassungskonformen Auslegung das in § 66 Abs. 7 Satz 4 LPVG NW für Beamtenangelegenheiten normierte Prinzip der eingeschränkten Mitbestimmung mit Letztentscheidungsrecht der Dienststelle auch in personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer Anwendung finde.
44In der letzten mündlichen Verhandlung vom 07.05.2004 hat das Gericht mit den Parteien den näheren Inhalt der Tätigkeit von Teamleitern und Fachbereichsleitern erörtert. Wegen der teils übereinstimmenden, teils strittigen Darlegungen beider Seiten wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2004.
45Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassung der Parteien ergänzend Bezug genommen auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien aus beiden Rechtszügen nebst Anlagen.
46E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
47I.
48Die Berufung ist insgesamt zulässig.
49Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.
50II.
51In der Sache hingegen konnte die Berufung weder in ihrem Haupt- noch in ihrem Hilfsantrag Erfolg haben.
521.Die Klage ist zulässig.
53Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend dargestellt. Die Bezeichnung des Klageziels mit "Übertragung der Stelle des Fachbereichsleiters" unter ausdrücklicher Bezeichnung des Fachbereichs entspricht einer im öffentlichen Dienst geläufigen Formulierung. Sie bringt zum Ausdruck, dass der Kläger seine tatsächliche Beschäftigung auf der ausgeschriebenen Stelle anstrebt. Der Klageantrag umfasst damit die von dem Beklagten hierfür zu schaffenden rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen einschließlich der gegebenenfalls erforderlichen Vertragsänderung (vgl. BAG vom 02.12.1997 - 9 AZR 668/96 = EZA Art. 3 GG Nr. 78).
542.Die Klage ist im Hauptantrag begründet.
55Der Kläger hat Anspruch auf Übertragung der Stelle des Leiters für den Fachbereich "Landschaftsentwicklung und Umwelt" (Fachbereich 5).
56Der Anspruch ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG.
57a) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht dem Anspruch des Klägers zunächst nicht entgegen, dass die Zuweisung der Stelle des Fachbereichsleiters für den Kläger nicht eine Beförderung mit Höhergruppierung, sondern lediglich eine Versetzung darstellt.
58In seiner Entscheidung vom 05.11.2002 hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich klargestellt, dass Artikel 33 Abs. 2 GG den Zugang zu einem anderen Amt auch dann schützt, wenn damit keine höhere Vergütung verbunden ist. Es gebe keinen sachlich rechtfertigenden Grund, Versetzungsbewerber zu benachteiligen (BAG vom 05.11.2002 - 9 AZR 451/01 = EZA Art. 33 GG Nr. 24 A II 2 b bb der Entscheidungsgründe unter Hinweis auf BAG vom 11.08.1998 - 9 AZR 155/97 = BAGe 89, 300, 302). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an.
59b) Artikel 33 Abs. 2 GG eröffnet deutschen Staatsangehörigen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Ein unmittelbarer Anspruch auf Zuweisung einer bestimmten Stelle erwächst dem Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG allerdings nur dann, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellt und mithin die Berücksichtigung des Bewerbers die einzig rechtmäßige Entscheidung ist, weil er im Verhältnis zu den Mitbewerbern in jeder Hinsicht der am besten geeignete ist (st. Rspr. des BAG, vgl. BAG vom 05.03.1996 - 1 AZR 590/92 = EzA Art. 3 GG Nr. 52; BAG vom 02.12.1997 - 9 AZR 668/96 = EZA Art. 3 GG Nr. 78 unter B II 1 der Entscheidungsgründe m. w. N.).
60Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist davon auszugehen, dass der Kläger im Vergleich zur einzigen Mitbewerberin der besser geeignete Bewerber und deshalb allein die Berücksichtigung des Klägers die einzig rechtmäßige Entscheidung ist.
61aa) Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Mitbewerberin Frau L. bereits nicht die mit dem Anforderungsprofil in Gestalt der Stellenausschreibung gestellten Anforderungen erfüllt, weil sie keine mehrjährige Berufserfahrung in leitender Funktion gehabt habe. Die Tätigkeit als Teamleiterin könne nicht als eine Tätigkeit in leitender Funktion im Sinne des Anforderungsprofils verstanden werden, weil mit ihr keine bzw. nur in einem unbedeutenden Maße Personalverantwortung einhergegangen sei.
62Aufgrund der Erörterung in der letzten mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass weder einem Fachbereichsleiter noch einem Teamleiter Personalverantwortung im Sinne disziplinarischer Funktionen zukommt. Nach insoweit übereinstimmender Darstellung der Parteien unterscheidet sich die Tätigkeit eines Fachbereichsleiters von der Teamleitertätigkeit durch die Größe des zu verantwortenden Sachgebietes. Angesichts der Erörterung hat die Kammer jedoch auch keinen Zweifel, dass die zentralen fachlichen Funktionen des Fachbereichsleiters bei der aus den Projektvorgaben abzuleitenden Delegation von Aufgaben an zuarbeitende Mitarbeiter (die ggf. in mehrere Teams untergliedert sind) und der anschließenden koordinierten Einarbeitung und Zusammenfassung ihrer Arbeitsergebnisse innerhalb des Planungsprojektes liegen. Damit bestehen auch im Falle der von Beklagtenseite reklamierten Berücksichtigung der eigenen Verwaltungsstrukturen und einer damit einhergehenden Schwerpunktbildung bei der fachlichen Leitung die vom Arbeitsgericht gehegten Zweifel im Kern ungeschmälert fort.
63bb) Letztlich bedarf die Frage, ob die Leitung eines Zweipersonenteams die für die ausgeschriebene Stelle erforderliche Berufserfahrung in leitender Funktion mit sich bringen kann, keiner abschließenden Beantwortung.
64Selbst wenn zugunsten des Beklagten davon ausgegangen wird, dass die Mitarbeiterin L. aufgrund der als Teamleiterin gesammelten Berufserfahrung das Anforderungsprofil im Prinzip erfüllt, steht die damit erforderlich werdende Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern nicht im Belieben des Beklagten. Auch und gerade innerhalb des vom Anforderungsprofil vorgegebenen Rahmens hat die Auswahlentscheidung nachvollziehbar nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu erfolgen. Auch dieser Vorgang ist gerichtlich zu überprüfen. Dabei hat allerdings das Gericht die Auswahlentscheidung des öffentlichen Arbeitgebers nicht durch die eigene zu ersetzen. Seine Aufgabe beschränkt sich auf die Prüfung, ob die unter den Bewerbern getroffene Auswahlentscheidung sich innerhalb des dem Arbeitgeber zustehenden Beurteilungsspielraums hält, d. h. gemessen an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG plausibel erscheint, weil im Rahmen eines fehlerfreien Auswahlverfahrens alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe eingehalten wurden (vgl. BAG vom 05.03.1996 - 1 AZR 590/92 a. a. O unter A II 1 der Entscheidungsgründe m. w. N.).
65Um diese Prüfung zu ermöglichen und damit den subjektiven Rechten der Bewerber um ein öffentliches Amt aus Art. 33 Abs. 2 GG einerseits und dem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG andererseits gerecht zu werden, hat der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für das Auswahlverfahren verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen. Zu den Mindestanforderungen an diesen Verfahren gehört, dass vor der Besetzung jeder Stelle zwingend ein Anforderungsprofil festzulegen ist. Dieses allein ermöglicht eine sachgerechte Prognose, wer von den Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am besten erfüllen wird. Zugleich werden hierdurch die Leistungskriterien für die Auswahl der Bewerber näher konkretisiert (BAG vom 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 = AP Nr. 59 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Dieses Anforderungsprofil ist schriftlich niederzulegen. Ein dem späteren Konkurrentenklageverfahren vorgelagertes Auswahlverfahren darf nicht so gestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Dies wäre aber dann der Fall, wenn der unterlegene Bewerber keine oder nur eine lückenhafte Kenntnis über die Entscheidungsgrundlagen hätte. Deshalb muss das Verfahren so dokumentiert werden, dass die Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gerichtlich überprüft werden kann. Dieses Dokumentationsgebot ist für die Transparenz der Auswahlentscheidung unverzichtbar (BAG vom 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 a. a. O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich darauf erkannt, dass der Dienstherr im Auswahlverfahren an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden ist, weil er andernfalls in Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerate (BVerwG vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 = AP Nr. 8 zu § 93 BetrVG 1972). Diese Argument muss ungeschmälert auch bei arbeitsrechtlicher Betrachtung gelten.
66Für das sich ggf. an das Auswahlverfahren anschließende Gerichtsverfahren bedeutet dies im Ergebnis, dass sowohl hinsichtlich des Anforderungsprofils als auch bei der gerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung nur solche Aspekte berücksichtigt werden können, die hinreichend dokumentiert sind. Ansonsten liefe das vom Bundesarbeitsgericht für unverzichtbar erachtete Dokumentationsgebot leer.
67cc) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen erweist sich die zugunsten der Kandidatin L. getroffene Auswahlentscheidung auf der Basis des vom Gericht zu berücksichtigenden unstreitigen Sachverhalts auch unter Einbeziehung des Sachvortrags des Beklagten nicht als plausibel im oben dargestellten Sinne.
68Mit der Berufungsbegründung hat der Beklagte vorgetragen, die Mitglieder der Auswahlkommission seien sich ganz überwiegend darüber einig gewesen, dass sich beide Bewerber während ihres bisherigen beruflichen Werdegangs unter besonderer Berücksichtigung der im Ausschreibungstext aufgeführten Leistungsmerkmale als in etwa gleichermaßen qualifiziert erwiesen hätten.
69Diese Bewertung lässt sich weder auf der Basis des unstreitigen Sachverhalts noch nach dem Sachvortrag des Beklagten nachvollziehen. Mit den nach Art. 33 Abs. 2 GG heranzuziehenden Kriterien Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung lässt sie sich auf der Grundlage der vom Gericht zu berücksichtigenden Umstände bei Anwendung allgemeingültiger Maßstäbe nicht vereinbaren.
70Der Gesichtspunkt der Befähigung stellt auf die Vorbildung nach Maßgabe der Laufbahnverordnung ab, umfasst aber auch fachrelevantes Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und Begabung. Die persönliche Eignung ist auf die Person selbst mit ihren körperlichen, geistigen, seelischen und charakterlichen Eigenschaften bezogen. Bei der fachlichen Leistung spielt vor allem die berufliche Erfahrung, die Bewährung in der jeweiligen Berufssparte, das fachliche Wissen und das fachliche Können eine Rolle (vgl. BAG vom 05.03.1996 - 1 AZR 590/92 a. a. O unter A II 1 b) der Entscheidungsgründe; BAG vom 29.10.1998 - 7 AZR 676/96 = EzA Art. 33 GG Nr. 20). Anders als z. B. die gesundheitliche Eignung ist die Leistung nicht notwendige Einstellungs- oder Beförderungsvoraussetzung. Bei einer Bestenauslese zwischen mehreren Bewerbern kann sie jedoch den Ausschlag geben. Dabei spielt die Leistung insbesondere eine Rolle, wenn die Bewerber bereits früher auf einem entsprechenden oder ähnlichen Gebiet gearbeitet haben (LAG Hamm vom 03.07.2003 - 11 (5) Sa 985/02 - nicht veröffentlicht, JURIS Dokument KARE 600008756 unter Hinweis auf Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Auflage 2001, S. 43, 44). Insbesondere über das Kriterium der Leistung fließt also die berufliche Erfahrung, die ein Mitarbeiter auf einem bestimmen Gebiet unter Umständen bereits erworben hat, in die Bewertung ein.
71Selbst wenn zugunsten des Beklagten von einer annähernd gleichen Eignung und Befähigung der Konkurrenten im Hinblick auf die durch das Anforderungsprofil umrissene Stelle ausgegangen wird, bleibt doch unverständlich, wieso der Mitarbeiterin L. auch bei Berücksichtigung des Aspekts der bisherigen fachlichen Leistung, speziell der Erfahrungen beider Bewerber der Vorrang zu geben war.
72Die Kammer geht mit dem erstinstanzlichen Urteil davon aus, dass sich das für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Anforderungsprofil aus der Stellenausschreibung im Verwaltungsblatt Nr. 7 ergibt. Andere Aspekte sind entweder nicht substanziiert vorgetragen oder jedenfalls deshalb unbeachtlich, weil sie nicht anforderungsgemäß dokumentiert worden wären.
73Im Zentrum des Anforderungsprofils steht unzweifelhaft die Formulierung, dass eine qualifizierte und zielstrebige Führungsperson mit Hochschulabschluss und hoher fachlicher Kompetenz im Planungsbereich sowie mit mehrjähriger Berufserfahrung in leitender Funktion gesucht werde. Insbesondere dem Aspekt der Berufserfahrung in leitender Funktion wird durch den nachträglich hinzugefügten Zusatz "mehrjährig" besonderes Gewicht verliehen. Hierauf hat das Arbeitsgericht schon im Rahmen seiner Argumentation zutreffend hingewiesen. Gemessen an dieser Schwerpunktbildung im Anforderungsprofil, an die der Beklagte aus den o. g. Gründen gebunden ist, erscheint die Bevorzugung der Kandidatin L. nach dem vom Gericht zu berücksichtigen unstreitigen Sachverhalt auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags des Beklagten ermessensfehlerhaft.
74Maßgeblich für die Entscheidung des Rechtsstreits sind dabei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht die Verhältnisse, wie sie sich zum Schluss der mündlichen Verhandlung darstellen. Den Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung bildet die konkrete Auswahlentscheidung des öffentlichen Arbeitgebers. Entscheidungsrelevant können deshalb allein solche Auswahlaspekte sein, die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, tatsächlich gegeben waren, nicht aber solche Umstände und Entwicklungen, die erst danach eingetreten sind.
75Als die Beklagte ihre Auswahlentscheidung zugunsten der Mitbewerberin L. traf, konnte der Kläger auf umfangreiche, über lange Jahre gesammelte Berufserfahrung in leitender Funktion auch und gerade auf Fachbereichsebene verweisen. So war der Kläger schon ab 20.11.1987 stellvertretender Leiter einer Abteilung und ab Dezember 1989 Leiter der damaligen Abteilung 9. Ab dem 01.11.1998 hatte der Kläger gar kommissarische Leitungsfunktionen auf Fachbereichsebene inne.
76Die Konkurrentin hingegen besaß zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - unter Außerachtlassung der o. g. grundsätzlichen Zweifel - im Grunde nur die Erfahrungen, die sie aus der Leitung des aus ihr selbst und einer weiteren Mitarbeiterin bestehenden Teams hatte sammeln können. Mehrjährige Berufserfahrung in der Leitung einer Abteilung oder gar eines Fachbereichs hatte sie zu diesem Zeitpunkt selbst unter Berücksichtung der ab Mai 2002 übernommenen kommissarischen Leitung des Fachbereichs definitiv noch nicht. Ihre bisherigen Leistungen und ihr Erfahrungsschatz bezogen sich also im Wesentlichen auf das Aufgabengebiet einer Teamleiterin, welches auch nach dem Vortrag des Beklagten gegenüber dem Tätigkeitsfeld eines Fachbereichsleiters in seinem Umfang reduziert ist.
77Die Kammer kann und will an dieser Stelle keine eigene inhaltliche Bewertung der bisherigen Leistungen und Erfahrungen der beiden Bewerber vornehmen. Dass bedeutet jedoch nicht, dass es ihm Belieben des Beklagten stünde, wie er die deutliche Diskrepanz in Leistung und Erfahrung der beiden Bewerber zugunsten der Mitbewerberin auflöst. Schon bei einer rein äußerlichen, sich jeder inhaltlichen Bewertung enthaltenden Betrachtung kann jedoch nicht in Abrede gestellt werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im Hinblick auf die nach dem Anforderungsprofil speziell geforderte mehrjährige Berufserfahrung in leitender Funktion - zumal konkret als Fachbereichsleiter - gegenüber der Mitbewerberin einen klaren Vorteil besaß. Der Vortrag der Beklagtenseite leidet daran, dass nicht erkennbar wird, durch welche im hiesigen Verfahren berücksichtigungsfähigen Aspekte dieser deutliche Vorsprung des Klägers kompensiert worden sein sollte.
78(1) Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Beklagte vorgetragen, dass die Mitbewerberin auch deshalb den insgesamt besseren Eindruck hinterlassen habe, weil die fachlichen Leistungen des Klägers in der Vergangenheit des Öfteren Anlass zu Kritik, insbesondere durch seine Vorgesetzten, gegeben habe.
79Mit diesem Vortrag kann der Beklagte nicht gehört werden.
80Zum einen steht dieses Vorbringen in Widerspruch zur selbst aufgestellten Prämisse, wonach die Mitglieder der Auswahlkommission sich ganz überwiegend darüber einig gewesen seien, dass sich beide Bewerber während ihres bisherigen beruflichen Werdegangs unter besonderer Berücksichtigung der im Ausschreibungstext aufgeführten Leistungsmerkmale als in etwa gleichermaßen qualifiziert erwiesen hätten.
81Zum anderen verkennt der Beklagte die Anforderungen der Rechtsprechung an einen nachvollziehbaren Auswahlvorgang.
82Die Auswahl mehrerer das Auswahlprofil grundsätzlich erfüllender Bewerber nach den Kriterien von Eignung, Befähigung und fachlicher Eignung setzt eine Bewertung der Bewerber voraus. Solange nicht gesetzliche Vorschriften dem öffentlichen Arbeitgeber ein bestimmtes Verfahren, wie z. B. eine förmliche Beurteilung vorschreiben, bleibt es zwar seiner Gestaltung überlassen, in welcher konkreten Form er den notwendigen Leistungsvergleich unter den Bewerbern vornimmt. Bestenauslese und Chancengleichheit verlangen allerdings auch insoweit ein Mindestmaß an verfahrensrechtlichen Vorkehrungen. Dazu gehört die Existenz eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes für die Bewertung der Leistungen sowie ein möglichst gleichzeitiger Stichtag für die Durchführung der Bewertung. Ebenso wie das Anforderungsprofil müssen auch die Leistungsbewertungen schriftlich dokumentiert sein (BAG vom 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 a. a. O.).
83Der unsubstanziierte Vortrag, die fachlichen Leistungen des Klägers hätten in der Vergangenheit des Öfteren Anlass zu Kritik, insbesondere durch seine Vorgesetzten, gegeben, wird diesen Anforderungen ersichtlich nicht gerecht. Er ist weder zeitlich noch inhaltlich eingrenzbar. Inwieweit er auf dokumentierten Vorgängen beruht, ist nicht vorgetragen.
84(2) Der Beklagte trägt des Weiteren vor, die Mitbewerberin habe sich im Rahmen des Vorstellungsgespräches im Ergebnis besser präsentiert.
85Dieser Vortrag lässt eine Fehlgewichtung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel erkennen.
86Ein Vorstellungsgespräch ist neben anderen Kriterien ein taugliches Mittel zur Bestenauslese. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass ein Vorstellungsgespräch nur eine kurze Momentaufnahme bietet, während etwa eine schriftliche Beurteilung auf breiter Tatsachengrundlage erfolgt. Ein Vorstellungsgespräch dient vor allem dazu, einen persönlichen Eindruck von einem - bis dahin unter Umständen unbekannten - Bewerber zu bekommen. Bei sogenannten Hausbewerbern ist die Auswahl hingegen primär auf der Grundlage der Erkenntnisse zu treffen, die der Dienstherr über den Beschäftigten im Verlaufe der Dienstzeit gewonnen hat (LAG Hamm vom 03.07.2003 - 11 (5) Sa 985/02 - nicht veröffentlicht, JURIS Dokument KARE 600008756 unter Hinweis auf OVG Bremen vom 19.02.1999 = DÖD 1999, 238 Für den Fall eines Beamten).
87Für den hier zu entscheidenden Fall dürfte außer Frage stehen, dass sich im Hinblick auf die deutlich unterschiedliche Berufserfahrung der beiden Bewerber aus dem Vorstellungsgespräch keinerlei neue Erkenntnisse ergeben konnten. Die Mitbewerberin L. mag bei dem Vorstellungsgespräch einen insgesamt besseren Eindruck hinterlassen haben. Diese kurze Momentaufnahme rechtfertigt jedoch noch nicht ihre Wahl. Der Beklagte verlässt sogar den durch das Anforderungsprofil selbst abgesteckten Boden, wenn er im gerichtlichen Verfahren vorträgt, die Mitbewerberin L. habe in die Zukunft gerichtete neue Handlungsfelder aufgezeigt und so auf Perspektiven für die weitere Bedeutung des Kommunalverbandes hingewiesen. Im Anforderungsprofil findet sich zu diesen Aspekten kein Anhaltspunkt. Erst recht lässt sich ihnen auf der Grundlage der Stellenausschreibung nicht ein Gewicht beimessen, dass der hervorgehobenen mehrjährigen Berufserfahrung in leitender Funktion entsprechen könnte.
88(3) Schließlich vermag auch der Aspekt der Frauenförderung den Vorsprung des Klägers hinsichtlich des nach dem Anforderungsprofil auswahlrelevanten Kriteriums der Berufserfahrung in leitender Funktion nicht zunichte zu machen.
89Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 LGG NW sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu berücksichtigen. Nach dem bisherigen Ergebnis liegt eine solche Situation hier gerade nicht vor. Der Kläger besitzt bei dem Kriterium der fachlichen Leistung insbesondere unter Berücksichtigung seiner bisherigen Erfahrungen einen Vorsprung. § 7 NGG NW bietet ersichtlich keine Handhabe, einen Vorsprung bei Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistung zu kompensieren. Er setzt vielmehr Egalität in allen drei Aspekten voraus.
90dd) Nach alledem stellt sich die vom Beklagten zugunsten der Mitbewerberin L. getroffene Entscheidung als nicht plausibel und damit ermessensfehlerhaft dar. Bei Anwendung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe erweist sich vielmehr der Kläger aufgrund seines Vorsprungs bei seinen bisherigen Leistungen und seiner speziellen Erfahrungen in leitender Funktion als der für die ausgeschriebene Stelle besser geeignete Kandidat, so dass ihm mangels anderer Bewerber die Stelle zuzuweisen war.
91c) Die Klägerseite verweist schließlich zu Recht darauf, dass das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren nicht auf die Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung hinausläuft. Selbst wenn der Personalrat der Besetzung der Stelle mit dem Kläger die Zustimmung verweigern würde, könnte der Beklagte dies letztlich durchsetzen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen kommt der Einigungsstelle keine entscheidende Funktion zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts findet vielmehr im Wege der verfassungskonformen Auslegung das in § 66 Abs. 7 Satz 4 LPVG NW für Beamtenangelegenheiten normierte Prinzip der eingeschränkten Mitbestimmung mit Letztentscheidungsrecht der Dienststelle auch in personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer Anwendung (BVerwG vom 18.06.2002 - 6 P 12/01 = AP Nr. 24 zu § 72 LPVG NW).
923. Da die Klage im Hauptantrag begründet ist, konnte die Berufung weder in ihrem Haupt- noch in ihrem auf Neuentscheidung gerichteten Hilfsantrag Erfolg haben. Aus dem selben Grunde bedurfte es keiner Entscheidung über den Hilfsantrag der Klage.
93III.
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
95IV.
96Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung. Die Voraussetzungen für eine Divergenzrevision im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich. Grundsätzliche Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann dem Rechtsstreit ebenso wenig beigemessen werden. Es handelt sich um eine aus den Besonderheiten des Falles ergebende Entscheidung, die keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die auf die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit Auswirkungen haben könnten.
97R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
98Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
99Die Nichtzulassung der Revision durch das Arbeitsgericht kann von dem Kläger selbständig durch Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht angefochten werden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
100MailänderBehrend Vogtländer
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