Urteil vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 8 Sa 257/11
Tenor
1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Oberhausen vom 02.02.2011 - Az. 1 Ca
1409/10 - teilweise abgeändert.
Die Zahlungsklage des Klägers wird abgewiesen, soweit die Beklagte zu Ziffer 2 des Urteilstenors zu einer Zahlung von mehr als 3.900,-- € brutto nebst Zinsen und zu Ziffer 3 des Urteilstenors zu einer Zahlung von mehr als 1.120,-- € brutto nebst Zinsen verurteilt worden ist.
2.Die weitergehende Berufung der Beklagten wird als
unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die
Verurteilung zur Zahlung von 800,-- € brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basis-
zinssatz seit dem 27.08.2010 richtet.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1 des Urteils-
tenors des angefochtenen Urteils klarstellend wie folgt
formuliert wird:
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien jeden-
falls bis zum 12.01.2011 ein Arbeitsverhältnis bestan-
den hat.
3.Die Kosten erster Instanz trägt der Kläger zu 11 %, die
Beklagte zu 89 %. Die Kosten der Berufung trägt der
Kläger zu 4%, die Beklagte zu 96 %.
4.Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über den Arbeitnehmerstatus des Klägers sowie über finanzielle Ansprüche aus ihrem zwischenzeitlich beendeten Vertragsverhältnis.
3Die Beklagte betreibt eine Bildungsakademie mit Sitz in P. und führt an den Standorten P., E., N., C., F. und H. im Auftrag von Arbeitsagenturen, Sozialämtern und der ARGE Fortbildungsmaßnahmen für Empfänger von Arbeitslosengeld I und II durch. Der 49 Jahre alte, verheiratete Kläger ist Volljurist und agierte seit Beginn des Jahres 2003 als selbständiger Rechtsanwalt. Als solcher befindet sich der Kläger seit Ende des Jahres 2008 im Insolvenzverfahren; zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger in diesem Zusammenhang seine Zulassung als Rechtsanwalt aufgegeben hat.
4Nach Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen nahm der Kläger im April 2008 auf Veranlassung der T. P. an der zweiwöchigen Maßnahme "Projekt Vorsprung" der Beklagten teil. Anschließend bewarb sich der Kläger als Dozent bei der Beklagten und absolvierte vereinzelte Probeunterrichte. Unter dem 31.07.2008 schlossen die Parteien einen "Honorarvertrag für freie Mitarbeiter/innen", in dem es unter anderem heißt:
5"Beiderseitiges Ziel dieser Vereinbarung ist die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses. Die Begründung eines Arbeitsvertrages i.S. eines festen Anstellungsverhältnisses ist nicht beabsichtigt. Insbesondere ist es der ausdrücklichen Wunsch von, (sic!) dass das vorliegende Vertragsverhältnis als freies Mitarbeiterverhältnis praktiziert wird, um auch anderen Tätigkeiten nachgehen zu können.
6I. Aufgabengebiet
71.Gegenstand des Vertrages ist die Erteilung von Unterricht.
82.Unterrichtszeiten und -umfang werden gesondert in Absprache mit dem freien Mitarbeiter von der U. Akademie GmbH festgelegt. Eine Unterrichtsstunde umfasst 45 Minuten.
93.Die Unterrichtsinhalte werden von der U. Akademie GmbH vorgegeben. Grundlage hierfür bildet die jeweilige Leistungsbeschreibung ( ).
10II. Vergütung
111.Der freie Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Stundenhonorar von 10,- EUR pro tatsächlich erteilter Unterrichtsstunde. In diesem Betrag ist auch die Honorierung für die Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden, Korrektur von Klausuren, Führung des Klassenbuches/der Anwesenheitsliste, Ausfüllen von Teilnehmerbewertungsbögen sowie anfallende An- und Abreisezeiten und die Reisekosten sowie ähnliche Kosten enthalten. (...) Das Honorar ist bis zum 5. des nachfolgenden Monats in Rechnung zu stellen. Der Rechnung ist der von der jeweils zuständigen Verwaltungskraft abgezeichnete Stundenzettel als Anlage beizufügen.
122.Steuern und Sozialabgaben führt der freie Mitarbeiter selbst ab. (...)
133.Ansprüche des freien Mitarbeiters aus diesem Vertrag müssen innerhalb einer Frist von 6 Monaten seit ihrem Entstehen, im Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses jedoch spätestens 2 Monate nach Vertragsablauf geltend gemacht werden. Die spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.
14III. Vertragsdauer und -beendigung
151.Der Vertrag wird mit Wirkung ab 1.8.2008 geschlossen.
16( )
17IV. Pflichten
181.Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich zur persönlichen Erfüllung. Im
19Falle seiner Verhinderung hat er unter Angabe von Gründen die U. Akademie GmbH rechtzeitig zu unterrichten. Er ist nicht berechtigt, bei Verhinderung einen Vertreter zu stellen.
202.Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, die festgelegten Unterrichts-
21und Pausenzeiten einzuhalten und ohne ausdrückliche Genehmigung durch die U. Akademie GmbH nicht zu verändern.
223.Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich bei der Durchführung von
23Trainingsmaßnahmen die in der Anlage zu diesem Vertrag "Auszug aus den Verdingungsunterlagen" aufgeführten formalen Kriterien an die Maßnahmedurchführung sowie die Unterrichtsinhalte gemäß Anlage "Leistungsbeschreibung" einzuhalten und ohne ausdrückliche Genehmigung durch die U. Akademie GmbH nicht zu verändern."
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Honorarvertrages wird auf Blatt 5, 6 der Gerichtsakte verwiesen. Die in Ziffer I.3. angesprochene Leistungsbeschreibung existiert nicht.
25Die von der Beklagten im Zusammenhang mit einzelnen Fortbildungsmaßnahmen zu erbringenden Leistungen bestimmten sich nach den Leistungsbeschreibungen der öffentlichen Auftraggeber, für die sich die Beklagte in Ausschreibungsverfahren bewarb und den Zuschlag erhielt. Gegenstand der Maßnahmen war dabei nicht nur die Kenntnisvermittlung im Rahmen klassischen Unterrichts (Frontalunterricht, Gruppenarbeit, Übungsaufgaben, Diskussion), sondern auch das Führen von Einzelgesprächen mit Maßnahmeteilnehmern und deren individuelles Coaching. Die Leistungen der Beklagten wurden in sog. Bewerbungscentern an den jeweiligen Standorten erbracht, die von 08.00 Uhr bis 16.30 Uhr (donnerstags bis 18.00 Uhr, freitags bis 15.30 Uhr) geöffnet waren und in denen den Maßnahmeteilnehmern auch Computerarbeitsplätze zur Verfügung standen. Auf Basis der Vorgaben des Auftraggebers erstellte die Beklagte für die einzelnen Maßnahmen Durchführungskonzepte. Wegen des Inhalts einer vom Auftraggeber vorgegebenen Leistungsbeschreibung (nebst obligatorischen "Bausteinen" bzw. "Modulen") und des daraus entwickelten Durchführungskonzepts der Beklagten wird exemplarisch auf die zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen zur Maßnahme "Bewerbercenter" (Blatt 83 ff, 117 f. d.A.) Bezug genommen.
26Ab dem 17.07.2008 wurde der Kläger als Dozent für die Beklagte tätig. Zu seinen vertraglichen Verpflichtungen gehörten das Führen eines Klassenbuchs, einer Anwesenheitsliste und das Erstellen von Teilnehmernotizen im Unterricht. Zumindest teilweise nahm der Kläger die der Beklagten obliegende Fahrtkostenerstattung an die Maßnahmeteilnehmer vor. Er besaß keinen Schlüssel für die jeweiligen Einrichtungen, verfügte über keine persönliche E-Mailadresse und auch über keinen eigenen Arbeitsplatz und Telefonanschluss. Allerdings nahm der Kläger Zugriff auf die allgemeine E-Mailadresse in den Betriebsstätten der Beklagten; zwischen den Parteien ist streitig, ob dies mit Billigung der Beklagten geschah. An Teamsitzungen und Konferenzen der angestellten Mitarbeiter der Beklagten nahm der Kläger nicht teil. Pausenaufsichtsdienst leistete der Kläger nicht. Er erteilte keinen Unterricht in Lehrgängen mit staatlicher Abschlussprüfung.
27Im Einzelnen arbeitete der Kläger in folgenden Zeiträumen an folgenden Orten für die Beklagte:
2817.07. bis 30.07.2008 Kurs "Bewachungsgewerbe VZ 8W + 4 W", H.
2931.07. bis 01.08.2008 Kurs "Call Center Agent", P. (als Vertretung)
3004.08. bis 08.08.2008 Kurs "Bewachungsgewerbe VZ 8W + 4 WP", H.
3111.08.2008 bis 31.12.2008 Bewerbungscenter H.-C., dazwischen vom 08.09.2008 bis 12.09.2008 Kurs "Wachgewerbe" in H.-C.
3202.01.2009 bis 07.06.2009 Bewerbungscenter P.. Dort war er nur noch an drei Tagen pro Woche für die Beklagte tätig.
33Ab 08.06.2009 Maßnahme "Job to Job in F., dazwischen Kurse "Selbstvermarktungsstrategien für Akademikerinnen (ab 02.10.2009) in F., "Bewerbungstraining Akademiker" in E. und "Neuer Start und Bewerbung U 25" in E.. Vom 29.03.2010 bis 09.04.2010 befand sich der Kläger in Urlaub.
34Die Parteien trafen keine weiteren schriftlichen Vereinbarungen anlässlich eines Einsatzwechsels des Klägers.
35Seine Leistungen stellte der Kläger auf Basis der Vereinbarungen im Honorarvertrag netto in Rechnung. Dabei betrug die in Ansatz gebrachte tägliche Einsatzzeit teilweise acht, teilweise 10 Stunden. Eine der Rechnungen beinhaltete täglich zwei "Sonderstunden F." im Zeitraum zwischen dem 01.12.2009 und dem 15.01.2010. Wegen der Rechnungen im Einzelnen wird auf die Aufstellung im angefochtenen Urteil (dort Blatt 5, 6 des Tatbestandes) Bezug genommen. Seit dem 23.08.2010 bezieht der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 22.11.2010 erklärte Herr Rechtsanwalt W. als Insolvenzverwalter, der Kläger sei umfassend aktiv legitimiert, sämtliche Ansprüche aus seiner Tätigkeit für die Beklagte dieser gegenüber geltend zu machen. Mit Schreiben vom 15.03.2011 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2011. Der Kläger ging gegen die Kündigung nicht gerichtlich vor.
36Der Kläger hat erstinstanzlich - seine Feststellungs- und Zahlungsklage ist der Beklagten am 26.08.2010 zugestellt worden - die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien habe kein freies Mitarbeiter-, sondern ein Arbeitsverhältnis bestanden. Hierzu hat der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihm die zu unterrichtenden Kurse an den einzelnen Standorten einseitig zugewiesen und ihm die maßgeblichen Stundenpläne ausgehändigt. Die häufig kurzfristigen Einsatzwechsel müssten schon deshalb als Versetzungen charakterisiert werden, weil es etwa um Krankheitsvertretungen während Zeiten gegangen sei, für die der Kläger eigentlich anderweitig verplant gewesen sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Kläger anlässlich von Einsatzwechseln freiwillig auf höhere Stundenkontingente verzichtet haben sollte. Zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Beklagten habe er beispielsweise die Maßnahme "Bewachungsgewerbe" durchführen sollen. Dann sei er jedoch angewiesen worden, am 31.07. und 01.08.2008 eine Vertretung in der Maßnahme "Call-Center-Agent" zu übernehmen. Wiederum wenige Tage später sei er von der Beklagten nach H. umdirigiert worden, um dort als Krankheitsvertretung tätig zu werden. Neben seiner Dozententätigkeit habe er auch Verwaltungsaufgaben für die Beklagte erledigt, und zwar zumindest teilweise in deren ausdrücklichen Auftrag. So sei er Anfang Juni 2009 beauftragt worden, seine Ehefrau im Rahmen der Maßnahme "Job to Job" in F. in der Verwaltung zu unterstützen. Im Verwaltungsbereich der Bewerbungscenter habe er etwa Rücksprache mit den Fallmanagern der jeweiligen Sozialagenturen gehalten, um die Teilnahme der zu schulenden Personen im Einzelnen zu planen. Den Eingang der schriftlichen Zuweisung eines Maßnahmeteilnehmers habe er prüfen und gegebenenfalls an die Übersendung erinnern müssen. Den Teilnehmern habe er bei der Erstellung der obligatorischen Erfassungsbögen geholfen und den Teilnahmevertrag im Namen der Beklagten unterzeichnet. Anschließend habe er die Teilnehmerdaten in die Access-Datenbank eingegeben. Er habe Fahrtkosten zu ermitteln und auszuzahlen gehabt und zu diesem Zweck Zugriff auf die im Bewerbercenter vorhandene Geldkassette genommen. Daneben habe er allgemeinen Telefondienst verrichtet und sich um die PC-Ausstattung im Bewerbercenter C. gekümmert. Nach Abschluss einer Maßnahme habe der Kläger in Einzelfällen teilnehmerbezogene Berichte nach Vordrucken für die Bundesagentur für Arbeit erstellt. Wegen der Verwaltungsaufgaben sei mit dem Geschäftsführer der Beklagten eine Ausweitung der täglich zu bezahlenden Stunden auf 10 vereinbart worden, die die Beklagte auch vergütet habe.
37Der Kläger hat weiterhin behauptet, der Beklagten spätestens im Dezember 2008 mitgeteilt zu haben, nicht mehr als Rechtsanwalt tätig zu sein. Hinsichtlich der Zahlungsanträge hat er vorgetragen, im November 2009 210 Stunden und im Folgemonat 200 Stunden für die Beklagte geleistet zu haben. Für Januar 2010 seien 180 vergütungspflichtige Stunden angefallen.
38Der Kläger hat beantragt,
391.festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;
402.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.260,- EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.8.2010 zu zahlen;
413.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.200,-- EUR brutto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Antrags zu zahlen;
42hilfsweise für den Fall, dass kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht,
431.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.260,- EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.8.2010 zu zahlen;
442.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.200,- EUR netto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Antrags zu zahlen.
45Die Beklagte hat beantragt,
46die Klage abzuweisen.
47Die Beklagte hat das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses bestritten. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die Vereinbarung eines freien Mitarbeiterverhältnisses dem Interesse des Klägers entspreche, da ihr die Aufgabe der parallelen Tätigkeit des Klägers als freier Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt bekannt geworden sei. Die Dienstleistung des Klägers sei ausschließlich auf die Erteilung von Unterricht beschränkt gewesen. Verwaltungsarbeiten habe sich der Kläger - soweit er sie überhaupt durchgeführt habe - bis auf wenige, unterrichtsbezogene Annexaufgaben gegen den Willen der Beklagten angemaßt. Noch im Januar 2009 sei dem Kläger vom Geschäftsführer der Beklagten in Anwesenheit der Zeuginnen T. und P. verdeutlicht worden, dass er nur als Honorardozent arbeiten dürfe. Verwaltungsaufgaben hätten allein den angestellten Mitarbeitern der Beklagten oblegen. Der Kläger sei für derartige Tätigkeiten nicht vergütet worden. Wenn die Beklagte 10 Stunden pro Tag bezahlt habe, dann deshalb, weil an diesen Tagen noch Einzelcoachings von Maßnahmeteilnehmern im Bewerbungscenter stattgefunden hätten. Der Kläger habe sich für die Einbindung in einzelne Maßnahmen jeweils bei der Beklagten beworben und mit den Schulungsleitern über Termine und Orte verhandelt. Einsatzwechsel habe es nur gegeben, um den Kläger in seinem Interesse überhaupt weiterbeschäftigen zu können. Inhaltlich sei der Kläger in der Ausgestaltung des Unterrichts methodisch und didaktisch frei gewesen, sehe man von den Vorgaben der Auftraggeber ab, über die auch die Beklagte nicht habe disponieren können. Die in den Durchführungskonzepten aufgeführten Lernziele und Lernmethoden stellten lediglich Anregungen an die jeweiligen Dozenten dar.
48Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die geltend gemachten Forderungen für den Zeitraum November 2009 bis Januar 2010 seien verfallen. Im Juni/Juli 2010 habe der Kläger den Unterricht mehrfach vorzeitig beendet. So habe er am 13.08.2010 nur bis 12.30 Uhr und am 29.08.2010 nur bis 09.30 Uhr gearbeitet. Der Umfang der vom Kläger geleisteten Stunden sei insgesamt zu bestreiten. Da dessen Rechnungen insgesamt nicht korrekt seien, sei bis zur inhaltlichen Richtigstellung eine Vergütung nicht geschuldet. Urlaubsentgelt stehe dem Kläger nicht zu.
49Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen T., S. und L.. Mit Urteil vom 02.02.2011 hat es den Feststellungs- und Zahlungsanträgen des Klägers im Wesentlichen stattgegeben, lediglich die auf die Zahlung von Entgelt für die Monate November 2009 bis Januar 2010 gerichteten Zahlungsanträge hat es unter Hinweis auf den Verfall der Ansprüche abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt: Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger in Abwägung aller fallrelevanten Umstände Arbeitnehmer der Beklagten sei. Dafür sprächen schon die Formulierungen im Honorarvertrag der Parteien, der als Rahmenvertrag die Ausfüllung der wesentlichen Punkte (Ort, Zeit, Dauer, Umfang und Gegenstand der Tätigkeit) der Festlegung durch die Beklagte "in Absprache mit dem freien Mitarbeiter" überlasse. Derartige Absprachen habe es aber nicht gegeben. Der Kläger habe nur die Möglichkeit gehabt, ein Gesamtpaket einer Dozententätigkeit anzunehmen oder es zu lassen. Die Beklagte habe von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht, wenn sie den Kläger "von heute auf morgen" von einer bestimmten Maßnahme abgezogen habe. Für die Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Beklagten sprächen darüber hinaus die in Ziffer IV. des Honorarvertrags geregelten Pflichten. Der Kläger habe tatsächlich Leistungen erbracht, die über die reine Dozententätigkeit hinausgingen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Kläger Teilnehmer gecoacht, deren Leistungen bewertet und sich um die Auszahlung von Fahrtkosten gekümmert, was mit einem Arbeitnehmerstatus unvereinbar sei. Auch weitere Verwaltungstätigkeiten habe der Kläger mit Wissen und Wollen der Beklagten abgeleistet. Darüber hinaus habe die Beweisaufnahme zwar erbracht, dass sich der Kläger um neue Lehraufträge im Einzelnen beworben habe. Dabei habe es sich aber nicht um ein echtes Bewerbungsverfahren gehandelt, da die Konditionen der Beschäftigung festgelegen hätten und der Kläger einen neuen Auftrag nicht habe ablehnen können. De facto habe die Beklagte über die Vollzeitarbeitskraft des Klägers disponiert. Im Hinblick auf die Zahlungsansprüche gelte, dass dem Kläger das geltend gemachte Gehalt für die Monate Juni bis August 2010 zustehe. Soweit die Beklagte insoweit die Ableistung bestimmter Tätigkeitszeiten bestreite, bleibe dieses Bestreiten unzureichend. Der Kläger habe als Arbeitnehmer - selbst als arbeitnehmerähnliche Person - auch Anspruch auf bezahlten Urlaub. Nach der Erklärung des Insolvenzverwalters sei der Kläger für die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aktivlegitimiert.
50Gegen das ihr am 09.02.2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit einem am 18.02.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.05.2011 - mit einem weiteren, am 09.05.2011 eingegangenen Schriftsatz auch begründet.
51Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zutreffend gewürdigt; zudem weise das Urteil Rechtsfehler auf. Zwischen den Parteien habe unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Dozentenbeschäftigung kein Arbeitsvertrag vorgelegen. Schon der Honorarvertrag der Parteien regele eindeutig, dass die jeweilige Schulungsmaßnahme dem Kläger nicht habe zugewiesen werden können, sondern es einer jeweiligen Einzelvereinbarung der Parteien bedurft habe. Entsprechende Verhandlungen zwischen dem Kläger und der Schulungsleitung hätten ja auch regelmäßig stattgefunden. Als Ergebnis sei dann ein Terminplan für den Schulungseinsatz erstellt worden. Gar keine Rolle spiele insoweit, dass der Kläger wegen ökonomischer Zwänge tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, Angeboten der Beklagten zu widersprechen; entscheidend sei allein die rechtliche Freiheit, Einsätze abzulehnen. Schon gar nicht stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Kläger mit Wissen und Wollen der Beklagten Verwaltungsarbeiten erledigt habe. Dies sei das glatte Gegenteil dessen, was die Zeuginnen L. und T. bei ihrer Befragung glaubhaft und glaubwürdig bekundet hätten. Danach habe sich der Kläger die Verwaltungstätigkeiten vielmehr angemaßt. Das Urteil des Arbeitsgerichts überzeuge weiterhin im Hinblick auf die Zahlungsansprüche für die Monate Juni bis August 2010 nicht. Die Darlegungs- und Beweislast für die Erbringung der in Rechnung gestellten Arbeitsstunden liege beim Kläger, nicht bei der Beklagten.
52Die Beklagte beantragt,
53das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 02.02.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
54Der Kläger beantragt,
55die Berufung der Beklagten zurückzuweisen mit der klarstellenden Maßgabe, dass der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nur bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz, d. h. bis zum 12.01.2011, festgestellt werden solle.
56Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter ergänzender Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere habe das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass der Kläger seine Tätigkeit nach Inhalt, Zeit und Ort nicht habe frei gestalten können. Zwar habe er sich entsprechenden Weisungen der Beklagten widersetzen können, aber hierfür auch die Konsequenzen tragen müssen; dies sei bei einer unstreitigen Arbeitnehmerstellung nicht anders. Die Beweisaufnahme habe überdies ergeben, dass der Kläger sich nicht um einzelne Maßnahmen habe bewerben müssen. Es sei schon an der Glaubwürdigkeit der Zeugin T. zu zweifeln.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen beider Rechtszüge - hier insbesondere das Protokoll der Beweisaufnahme des Arbeitsgerichts vom 12.01.2011 - Bezug genommen.
58E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
59A.
60Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubsentgelt in Höhe von 800,00 € brutto nebst Zinsen (im Urteilstenor zu 2. enthalten) richtet. Zu diesem Punkt fehlt es an einer hinreichenden Berufungsbegründung im Sinne der §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO. Danach ist nämlich erforderlich, dass der Berufungsführer in seiner Begründung deutlich erkennbar macht, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil unrichtig sein soll. Es hat in der Regel eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils zu erfolgen, die bloße Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag oder dessen Wiederholung reicht nicht (BAG, Urteile vom 08.10.2008 - 5 AZR 526/07, NZA 2008, 1429; vom 21.11.2002, ZTR 2003, 395; vom 06.03.2003, NZA 2003, 814). Die Berufungsbegründung der Beklagten setzt sich indes mit keinem Wort mit der Verurteilung zur Zahlung von Urlaubsentgelt auseinander. Die Ausführungen unter Ziffer 4. der Berufungsbegründung betreffen ausdrücklich nur die zugesprochenen Zahlungsansprüche für die Monate Juni bis August 2010, nicht den (angeblich) im März/April 2010 bewilligten Urlaub des Klägers. Eine nähere Auseinandersetzung wird an dieser Stelle auch nicht dadurch obsolet, dass bei Verneinung des Arbeitnehmerstatus des Klägers zugleich ein Urlaubsanspruch entfiele. Nach § 2 Satz 2 BUrlG könnte der Kläger nämlich selbst als arbeitnehmerähnliche Person einen gesetzlichen Urlaubsanspruch erworben haben. Auf diese Vorschrift hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil sogar kurz Bezug genommen.
61Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. a, b) ArbGG an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 6 ArbGG iVm § 520 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.
62B.
63Soweit die Berufung der Beklagten zulässig ist, hat sie in der Sache überwiegend keinen Erfolg.
64I.Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass zwischen den Parteien jedenfalls bis zum 12.01.2011 - dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz - ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
651.Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses alsbald festgestellt werde. Trotz der zeitlichen Begrenzung, die das Gericht zur Klarstellung und Vermeidung einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz angeregt hat, ist der Antrag nicht auf die Feststellung eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Rechtsverhältnisses gerichtet. Ob zwischen den Parteien zumindest bis zum 12.01.2011 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist zwischen ihnen nach wie vor streitig und Vorfrage für die ggf. noch ausstehende Abwicklung des Vertragsverhältnisses (wegen Entgelts, Zeugnis etc.) bis zum oben genannten Zeitpunkt bzw. dem 15.03.2011 als Datum der fristlosen Kündigung der Beklagten (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.2010 - 5 AZR 106/09, AP Nr. 120 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
662.Die Klage ist insoweit auch begründet.
67a.Wer aufgrund eines privatrechtlichen Dienstvertrages Lehrtätigkeiten erbringt, wird nach den maßgebenden Umständen des Einzelfalls entweder als angestellter Lehrer und damit Arbeitnehmer oder als selbständige Honorarkraft tätig. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. die generell § 84 Abs. Satz 2 HGB zu entnehmende Wertung). Entscheidend ist danach, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtsgestaltung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann (BAG, Urteil vom 20.01.2010 - 5 AZR 106/09, aaO). Bei typisierender Betrachtungsweise ist danach derjenige ein Arbeitnehmer, der an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, auch wenn er seine Tätigkeit nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden, und zwar selbst dann, wenn es sich bei dem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handelt. Solche Dozenten sind daher nur dann Arbeitnehmer, wenn die Parteien dies vereinbart haben oder im Einzelfall festzustellende Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben ist (BAG, Urteil vom 09.03.2005 - 5 AZR 493/04, AP Nr. 167 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten).
68Zur Begründung dieser typologisierenden Betrachtungsweise führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass die stärkere Einbindung von Schülern in ein Schul- oder Ausbildungssystem auch eine stärkere persönliche Abhängigkeit der Lehrkräfte vom Unterrichtsträger bedeutet. Das zeigt sich in verschiedenen Punkten. Für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen gibt es ein dichtes Regelwerk von Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen. Diese betreffen nicht nur die Unterrichtsziele, die genau beschrieben werden, sondern auch Inhalt, Art und Weise des Unterrichts. Der Unterricht der verschiedenen Fächer und Stufen muss nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt werden. Außerdem unterliegen diese Lehrkräfte einer verstärkten Kontrolle durch die staatliche Schulaufsicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die häufigen Leistungskontrollen der Schüler mittelbar auch eine Kontrolle der Unterrichtenden bedeuten. Schließlich fallen bei Unterricht an allgemeinbildenden Schulen regelmäßig mehr Nebenarbeiten an als bei der Abhaltung außerschulischer Volkshochschulkurse. Dazu gehören die Unterrichtsvorbereitung, die Korrektur schriftlicher Arbeiten, die Beteiligung an der Abnahme von Prüfungen, die Teilnahme an Konferenzen, unter Umständen auch die Abhaltung von Schulsprechstunden, Pausenaufsichten und die Durchführung von Wandertagen und Schulreisen. Die Erteilung von Unterricht an allgemeinbildenden Schulen bedingt die Eingliederung der Lehrkräfte in die vom Schulträger bestimmte Arbeitsorganisation. Daher ist es folgerichtig, wenn Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, soweit sie auf Grund von privatrechtlichen Verträgen tätig sind, als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt werden. Ist die Verbindung der Schüler oder Kursteilnehmer zum Unterrichtsträger deutlich lockerer, weil z.B. kein Schulzwang besteht und sich die Schüler leicht von der Schule lösen können, gibt es regelmäßig auch keine förmlichen Abschlüsse. Die Kurse dienen vielfach nicht der Berufsvorbereitung. Regelmäßig kann in solchen Kursen den Lehrkräften mehr Spielraum belassen bleiben. Der Unterricht in schulischen Kursen des zweiten Bildungsweges ist dem an allgemeinbildenden Schulen in allen wesentlichen Punkten vergleichbar (BAG, Urteil vom 11.10.2000 - 5 AZR 289/99, juris, Rdz. 19).
69Im Übrigen wird wegen der in Rede stehenden Abgrenzung zwischen angestellten und freiberuflichen Dozenten auf die umfassende Rechtsprechungsübersicht unter B.I. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
70b.Nach diesen Grundzügen, denen sich das Gericht anschließt, ist im vorliegenden Fall der für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit des Klägers unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände gegeben.
71aa.Bereits aus dem Honorarvertrag der Parteien als einziger existenter schriftlicher Vereinbarung ergibt sich eine weitgehende Weisungsgebundenheit des Klägers.
72(1)So regelt Ziffer I.2., dass die Unterrichtszeiten und -umfang gesondert in Absprache mit dem Kläger von der Beklagten festgelegt werden. Legt man diese Formulierung nach dem Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB aus, ist damit ein Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten eröffnet. Die Klausel besagt nämlich nicht, dass die Parteien die geschuldete Leistung durch noch zu treffende Vereinbarungen konkretisieren werden, sondern dass sie "festgelegt" wird, und zwar durch die Beklagte. Dass dies "in Absprache" mit dem Kläger geschehen soll, ändert im Ergebnis nichts, weil diese lediglich die Basis für die Bestimmung durch die Beklagte bildet. Es soll nichts "durch Absprache festgelegt" werden, sondern durch die Beklagte. Dem Vertrag entspräche mithin etwa, dass sich die Parteien erst über die wechselseitigen Vorstellungen wegen der Zeiten und des Umfangs des Unterrichts austauschen, letztlich aber die Beklagte eine Entscheidung trifft. Deren Verbindlichkeit wird im Übrigen in Ziffer IV.2. des Honorarvertrags noch einmal hervorgehoben, der die Verpflichtung des Klägers auf Einhaltung der festgelegten Unterrichts- und Pausenzeiten regelt und ihm deren eigenmächtige Veränderung ohne ausdrückliche Genehmigung der Beklagten untersagt.
73(2)Nach Ziffer I.3. des Honorarvertrags wurden weiterhin die Unterrichtsinhalte von der Beklagten vorgegeben, die der Kläger nach Maßgabe der Ziffer IV.3. zu beachten hatte. Ob es sich dabei um von der Beklagten durchgereichte Vorgaben der jeweiligen Auftraggeber ("gemäß Leistungsbeschreibung") gehandelt oder die Beklagte selbst noch inhaltliche Konkretisierungen vorgenommen hat, spielt im Ergebnis keine entscheidende Rolle. Vielmehr geht es um den Spielraum an sich, der der Lehrkraft bei der Gestaltung des Unterrichts verbleiben muss, um von einer fehlenden inhaltlichen Weisungsgebundenheit ausgehen zu können. Insoweit unterscheidet sich die Stellung des Klägers nicht von der einer Lehrkraft an einer allgemein bildenden Schule, die der zu vermittelnde Stoff ebenfalls nicht von der Schulleitung, sondern durch schulübergreifende Lehrpläne etc. vorgegeben ist. Nach Maßgabe des Honorarvertrags stand der Beklagten in jedem Fall ein Weisungsrecht im Hinblick auf die Festlegung von Detailinhalten des Unterrichts zu, weil Einzelvereinbarungen zum Inhalt des Unterrichts nicht vorgesehen waren (vgl. zum Ausschluss des Weisungsrechts durch vertragliche Vereinbarungen BAG, Urteil vom 09.03.2005 - 5 AZR 493/04, aaO, juris Rdz. 23).
74(3)Aus Ziffer II.1. des Honorarvertrags erschließt sich zumindest mittelbar, dass dem Kläger Tätigkeiten oblagen, die über die reine Erteilung von Unterricht hinausgingen. Mag man das dort genannte Führen des Klassenbuchs/der Anwesenheitsliste noch als notwendigen Annex zur Erteilung des Unterrichts ansehen (vgl. hierzu LAG Hamm, Urteil vom 11.01.2007 - 17 Sa 1631/06, juris), geht das weiterhin bezeichnete Ausfüllen von Teilnehmerbewertungsbögen in den Bereich der Verwaltungstätigkeit hinein und über das von der Zeugin T. anlässlich ihrer Zeugenvernehmung angesprochene "Anfertigen von Teilnehmernotizen" als Vorlage für den Verwaltungsmitarbeiter hinaus. Dass dieser Punkt nicht unter Ziffer I. Aufgabengebiet geregelt war, ist unerheblich, da jedenfalls klar erkennbar ist, dass die unter Ziffer II.1. genannten Aufgaben Bestandteil des Leistungsaustauschverhältnisses sein sollten.
75(4)Nach Ziffer IV.1. hatte der Kläger die Unterrichtstätigkeit in Person zu verrichten. Damit ist ein auch für den Schulungsbereich typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis gegeben (BAG, Urteil vom 20.01.2010 - 5 AZR 106/09, aaO, juris, Rdz. 22).
76bb.Nach Abschluss des Honorarvertrags getroffene Vereinbarungen der Parteien, die die dort nur rahmenmäßig getroffenen Vorgaben bezüglich Inhalt, Ort und Zeit der Schulungstätigkeit des Klägers in einer Weise konkretisierten, dass der Weisungsspielraum der Beklagten wesentlich verengt würde, liegen nicht vor.
77(1)Weitere schriftliche Vereinbarungen der Parteien fehlen. Insbesondere hat der Kläger sich nicht erst anlässlich des Beginns einer jeweiligen Schulungsmaßnahme schriftlich dazu verpflichtet, an einem bestimmten der ja räumlich weit auseinander liegenden Schulungsorte der Beklagten in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Maßnahme zu betreuen. Schon angesichts der in Ziffer V.2. des Honorarvertrags enthaltenen qualifizierten Schriftformklausel wäre gerade das indes zu erwarten gewesen.
78(2)Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass die Parteien mündliche Konkretisierungsvereinbarungen getroffen hätten. Hierfür genügt insbesondere das von der Beklagten beschriebene Verfahren bei der Übernahme neuer Lehraufträge durch den Kläger nicht.
79(a)Mit keinem Wort schildert die Beklagte, dass dem Kläger anlässlich des Wechsels seines Kurses bzw. eines Beschäftigungsortes hinreichend verdeutlicht worden ist, er schließe nunmehr mündlich eine den (Rahmen-) Honorarvertrag ausfüllende Vereinbarung über die Durchführung der betreffenden Maßnahme. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Zeuginnen T. und L. in der Beweisaufnahme erster Instanz geschildert haben, weitere Einsätze seien dem Kläger häufig erst auf dessen Nachfrage und nach Verhandlungen mit den Schulungsleitern gegeben worden. Zum einen war dem nicht immer so, wie etwa beispielsweise beim Wechsel von E. nach F. im Jahre 2009, als Frau T. auf den Kläger zuging (vgl. die Aussage der Zeuginnen T. und S. in der Beweisaufnahme). Zum zweiten bedeutet der Umstand, dass sich der Kläger um weitere Einsätze gekümmert hat, nicht zwingend, dass damit die Abgabe von Willenserklärungen verbunden gewesen ist. Der Kläger kann auch schlicht um die Zuweisung eines neuen Einsatzes nach Maßgabe des unbefristet geschlossenen Honorarvertrages gebeten haben. Das gilt erst recht, wenn man sich vor Augen hält, dass es nie eine Ausschreibung der Beklagten bzw. ein in irgendeiner Form standardisiertes Vergabeverfahren für Lehraufträge gegeben hat. So betrachtet ist die Einschätzung des Arbeitsgerichts, es könne ohne weiteres so gewesen sein, dass sich der Kläger nicht von vornherein auf einen Prozess wegen Annahmeverzugsentgelts habe einlassen wollen, nicht zu beanstanden.
80(b)Abgesehen davon sind die Behauptungen der Beklagten zu vermeintlichen Bewerbungen des Klägers um neue Einsätze zumindest teilweise nicht nachvollziehbar. Beispiel: Ende Juli 2008 war der Kläger in der Maßnahme "Wachgewerbe VZ 8W + 4WP" in H. eingesetzt. Für den 31.07. und 01.08.2008 wechselte er nach P. zum Kurs Call-Center-Agent. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass dies mit dem Fehlen einer Dozentenvakanz in H. zu erklären sei, die den Kläger zu einer Nachfrage bei Frau T. wegen eines anderweitigen Einsatzes motiviert haben soll. Trifft das zu, ist aber nicht ansatzweise zu verstehen, wieso der Kläger dann ab 04.08.2008 - trotz voller Besetzung - wieder in H. im alten Kurs gearbeitet hat, wie sich seiner Rechnung für den Monat August 2008 entnehmen lässt. Nicht ersichtlich ist auch, wie der Kläger überhaupt auf die Idee gekommen sein soll, die für den räumlichen Bereich H. gar nicht zuständige Frau T. zu kontaktieren, um von jetzt auf gleich eine Alternativbeschäftigung nachzufragen. Schließlich müssten sich die Parteien nach dem von der Beklagten geschilderten System von Bewerbung und Zuweisung im Juli 2008 doch vertraglich geeinigt haben, dass der Kläger den Wachgewerbe-Kurs in H. betreut. Selbst als Honorarkraft hätte der Kläger dann einen Anspruch darauf, in dieser Maßnahme eingesetzt und vergütet zu werden; mit der Folge, dass es keinerlei Recht der Beklagten gab, diesen Einsatz fristlos zu beenden, und auch keine Motivation für den Kläger, sich um anderweitige Maßnahmen zu bewerben. All dies mitberücksichtigt, stellen sich die Geschehnisse Ende Juli/Anfang August 2008 bei objektiver Betrachtungsweise tatsächlich weit eher als kurzfristige Versetzungsmaßnahme der Beklagten zum Zwecke der Vertretung in P. denn als eine Aneinanderreihung vertraglicher Abreden dar.
81cc.Die praktische Durchführung des Vertragsverhältnisses spricht ebenfalls eher für als gegen eine Eingliederung des Klägers in die betriebliche Organisation der Beklagten.
82(1)Nach Maßgabe der von der Beklagten erstellten Durchführungskonzepte und Stundenpläne - exemplarisch etwa für das Bewerbungscenter H.-C. - war dem Kläger vorgegeben, an welchem Tag in welchen Stunden er im Einzelnen beschriebene Lerninhalte zu vermitteln hatte. Dass es sich bei diesen dort beschriebenen Lernzielen und -inhalten um unverbindliche Anregungen gehandelt hat, ist weder aus den Unterlagen ersichtlich noch stünde dies im Einklang mit den Bestimmungen des Honorarvertrags. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass auf Initiative des Klägers hin Inhalte oder Lernziele in Einzelfällen tatsächlich modifiziert worden wären.
83(2)Im Hinblick auf die einzusetzenden Lehrmethoden mag der Kläger nach Maßgabe der Vorgaben der Beklagten oder deren Auftraggeber freier gewesen sein als im Hinblick auf die Lerninhalte; wirklich frei war er jedoch nicht. So ist schon nicht ersichtlich, warum die Durchführungskonzepte überhaupt eine Auswahl von Lehrmethoden enthielten, wenn der Kläger den Unterricht doch nach seinen Vorstellungen gestalten können sollte. Zudem waren die genannten Lernmethoden je nach zu vermittelndem Lerninhalt durchaus unterschiedlich. Darüber hinausgehend enthielten die Leistungsbeschreibungen der Auftraggeber weitere Vorgaben für einzelne Schulungsmodule. Beim Bewerbercenter heißt es z.B. bei den Schulungsmodulen 4, 6 und 8: "zusätzlich sind Rollenspiele einzusetzen inkl. Video-Aufzeichnung."
84(3)Der Kläger wurde mit weiteren Tätigkeiten beauftragt, die über die vertraglich geregelte Verpflichtung zur Erteilung von Unterricht hinausgingen. So hatte der Kläger in den Bewerbungscentern Coachinggespräche durchzuführen, die außerhalb der eigentlichen Unterrichtszeit angesiedelt waren und von der Beklagten gesondert vergütet wurden. Darüber hinaus hatte er das Klassenbuch zu führen und die Fahrtkostenauszahlung an die Maßnahmeteilnehmer durchzuführen. Ob und welche Verwaltungstätigkeiten der Kläger darüber hinaus verrichtet hat und ob er sich diese vertragswidrig angemaßt hat, spielt nach Auffassung der Kammer keine entscheidende Rolle mehr. Schon die besagten Beispiele belegen hinreichend, dass der Kläger zu dozentenfremden Nebenarbeiten herangezogen wurde, die mit einer verstärkten Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beklagten einhergingen.
85(4)Zu Recht hat im Übrigen das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Führung des Klassenbuchs nach Maßgabe der Aussage der Zeugin T. auch zur Überwachung der Arbeit des Klägers diente. Gegen diese Würdigung hat die Berufung keine Einwände erhoben.
86(5)Zugunsten der Beklagten kann unterstellt bzw. berücksichtigt werden, dass der Kläger keinen Schlüssel für die Schulungsstandorte besaß, über keinen Büroarbeitsplatz und eigene E-Mailadresse verfügte, keine Zugriffsrechte auf die EDV hatte, nicht an Konferenzen oder etwa angebotenen Weiterbildungsmaßnahmen teilnahm, keine weitergehenden Verwaltungstätigkeiten verrichtete (verrichten sollte) und die Beklagte nach außen nicht vertreten durfte. All dies vermag im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung aller fallrelevanten Umstände gegenüber den oben erörterten, für eine Arbeitnehmerstellung sprechenden Gesichtspunkten nicht die Wertung zu rechtfertigen, der Kläger sei doch als freier Mitarbeiter beschäftigt worden.
87II.Im Hinblick auf die offenstehenden Stundenvergütungen für die Monate Juni bis August 2010, zu deren Zahlung das Arbeitsgericht die Beklagte in Höhe von insgesamt 4.640,00 € verurteilt hat (Tenor zu 2. 4.240,00 € abzüglich 800,00 € Urlaubsabgeltung, Tenor zu 3. weitere 1.200,00 €), ist die Berufung teilweise begründet.
88Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB lediglich Anspruch auf Zahlung einer Vergütung von 1.500,00 € für den Monat Juni 2010, weiterer 1.600,00 € für den Monat Juli 2010 und 1.120,00 € für August 2010.
891.Der Kläger hat zumindest im Juni 2010 150, im Juli 2010 160 und im August 2010 weitere 112 Unterrichtsstunden abgeleistet, die mit jeweils 10,00 € zu vergüten sind. Soweit die Beklagte diese Stundenzahlen pauschal bestritten hat, ist ihr Vortrag gemäß § 138 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Die Beklagte hatte - wie ihr punktuelles und substantiiertes Bestreiten zu den erbrachten Stunden an einzelnen Tagen innerhalb des hier fraglichen Zeitraums zeigt - die Möglichkeit zu kontrollieren, ob die vom Kläger abgerechneten Stunden tatsächlich angefallen sind. Jedenfalls wäre eine Rückfrage bei der Schulungsleitung vor Ort oder eine Einsichtnahme in das jeweilige Klassenbuch möglich und zumutbar gewesen.
90Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288, 291 BGB.
912.Keinen Vergütungsanspruch besitzt der Kläger, soweit die Beklagte für neun im Einzelnen bezeichnete Tage im Juni 2010, weitere acht Tage im Juli 2010 und einen weiteren Tag im August 2010 vorgetragen hat, der Kläger habe statt der abgerechneten acht nur sechs Unterrichtsstunden abgeleistet. Gleiches gilt für den 20.08.2010, an dem nach Darstellung der Beklagten nur zwei vergütungspflichtige Unterrichtsstunden erbracht wurden (08.00 - 09.30 Uhr). Damit ist die Beklagte ihrer aus § 138 Abs. 2 ZPO folgenden sekundären Darlegungslast gerecht geworden. Es wäre nunmehr Sache des Klägers gewesen, näher darzulegen und zu beweisen, dass diese Stunden doch angefallen sind oder nur deshalb nicht erbracht werden konnten, weil es an der entsprechenden Zuweisung einer Arbeitsmöglichkeit durch die Beklagte gefehlt hat (Annahmeverzugssituation gemäß § 615 Satz 1 BGB). Hierzu hat sich der Kläger indes nicht weiter verhalten.
92C.
93Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Wegen der teilweisen Abänderung des erstinstanzlichen Urteils war die dort ausgesprochene Kostenquote anzupassen. Die Unterschiedlichkeit der Kostenquoten beider Instanzen erklärt sich dadurch, dass der Kläger, soweit er erstinstanzlich unterlegen war, keine Berufung eingelegt hat.
94Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.
95R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
96Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
97Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a Abs. 1 ArbGG verwiesen.
98gez.: Schneidergez.: Sagegez.: Schölzke
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