Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 14 Sa 2118/96
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 16.09.1996 - 5 Ca 3102/93 - wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T A T B E S T A N D
2Die Parteien streiten um Prämierung eines vom Kläger eingereichten betrieblichen Verbesserungsvorschlags.
3Der am 08.11.1948 geborene Kläger hat eine Ausbildung als Maschinenbautechniker. Er ist seit 1968 - mit Unterbrechungen - im B............. tätig. Am 15.10.1984 bestellte ihn die für die Beklagte handelnde B............. AG N................. zum Klimaingenieur des Verbundbergwerks P.........../H....... in B.......... In dieser Funktion ist er nach wie vor tätig. Er bezieht ein Gehalt von derzeit 5.880,-- DM.
4Bei der Bestellung zum Klimaingenieur wurde das sachliche Aufgabengebiet des Klägers wie folgt umschrieben:
5„b) Sachliches Aufgabengebiet:
6Überwachung des Grubenklimas nach den Bestimmungen des § 25 BVOSt sowie den Bestimmungen der Klima-Bergverordnung vom 9.6.1983. Überwachung des ordnungsgemäßen Betriebes der Zentral-Kälteanlage sowie der eingesetzten Wetterkühleinrichtungen. Klimaplanung und Klimavorausberechnung, Einsatzplanung der Wetterkühleinrichtungen sowie Planung des Kälteträgerrohrleitungsnetzes.
7Die Abstimmung Ihrer Aufgaben mit den übrigen Funktionen und Betriebsbereichen ist erforderlich.“
8Die Stelle des Klägers gehört auf dem Bergwerk P.........../H....... zur Abteilung Wettertechnik. Der Betrieb unterhält eine zentrale Großkälteanlage mit dem dazugehörigen Kälteträgernetz. Außerdem werden je nach Abbaubedingungen periphere Kühlmaschinen betrieben, die über das allgemeine auch für die sonstigen Maschinenanlagen gebrauchte Frischwassernetz versorgt werden. Für dieses Frischwassernetz ist die Abteilung Maschinenbetrieb zuständig.
9Erstmals im Jahre 1985 erprobte der Kläger ein System der Kühlwasserrückgewinnung für periphere Kühlmaschinen im Flöz Kriemhild, ehe er unter dem 23.02.1989 einen offiziellen Verbesserungsvorschlag einreichte, der unter der Nr. 16589011 registriert wurde. Ziel dieses Verbesserungsvorschlags war es, das für die Kühlung entnommene Frischwasser nicht sogleich in die Abwasserleitung zu führen, sondern zu sammeln und über Regelorgane und einer Druckerhöhungspumpe wiederum der Frischwasserleitung zuzuführen. Der Effekt war ein erheblich geringerer Frischwasserverbrauch für Kühlungszwecke.
10Der Verbesserungsvorschlag des Klägers wurde nach der durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung beschlossene Rahmenrichtlinie für das betriebliche Vorschlagswesen der Beklagten (BVW) von Januar 1989 behandelt. Die BVW-Richtlinie enthält unter Ziff. 2) folgendes Definition des „Verbesserungsvorschlags“:
11Begriff des Verbesserungsvorschlages
12Als Verbesserungsvorfschlag im Sinne dieser Richtlinie wird jede selbständige und außerhalb des Pflichtenkreises des Vorschlagenden liegende und auf der Grundlage freiwilliger Mitarbeit gefaßte Idee bezeichnet. Der Vorschlag muß eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand bewirken und sich mit vertretbarem Aufwand durchführen lassen. ...
13Als Verbesserungsvorschläge gelten Ideen und Anregungen, durch die u. a.
14- die Kosten durch Einsparung an Material und/oder Arbeitszeit gesenkt werden.
15...
16Gemäß Ziff. 4.31 BVW-Richtlinie erfolgt die Beurteilung eines eingereichten Verbesserungsvorschlags durch den bei jeder Werkseinheit gebildeten paritätisch besetzten Bewertungsausschuß. Maßgeblich ist hierbei die Bewertungsrichtlinie, welche als Anlage zur BVW-Richtlinie die Prämierung anhand des Jahresnutzens bzw. der geschätzten Bedeutung für das Unternehmen regelt.
17Unter Ziff. 6 der BVW-Richtlinie ist folgendes Einspruchsrecht geregelt:
18Einspruchsrecht
19Die Prämienvorschläge der Bewertungsausschüsse bedürfen der Bestätigung durch die Werksleitungen oder durch die Vorstände. Bei Versagen der Bestätigung oder bei Einsprüchen des Einreichers wird der VV erneut vom zuständigen Bewertungsausschuß behandelt. Kommt eine Einigung nicht zustande, so wird der VV durch den BAG/RAG-Bewertungsausschuß beurteilt.
20Für die Einreichung der Einsprüche besteht eine Frist von 6 Wochen nach Zustellung des Bescheides.
21Wegen der weiteren Regelungen des betrieblichen Vorschlagswesens wird auf die in den Akten 3 Ca 1229/93 ArbG Gelsenkirchen befindliche Rahmenrichtlinie und Bewertungsrichtlinie Bezug genommen.
22Im Zuge des Bewertungsverfahrens wurde der Vorgesetzte des Klägers, der Abteilungsleiter Dr. W.......... mit einer gutachterlichen Stellungnahme befaßt. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 06.03.1989 (Bl. 81 bis 83 GA) meinte er, daß angesichts der hohen Frischwasserkosten der Verbesserungsvorschlag des Klägers wegen der damit erzielten deutlichen Reduzierung des Wasserverbrauchs besondere Bedeutung habe. Bei einem Einsatz von 20 Wetterkühlmaschinen auf einer Schachtanlage berechnete er den bereinigten Jahresnutzen auf insgesamt 184.000,-- DM. In einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 05.12.19989 errechnete Dr. W.......... einen bereinigten Jahresnutzen von 362.800,-- DM pro Werksdirektion. Weitere Berechnungen vom 13.09.1990 und 14.09.1990 führten wiederum zu anderen Zahlen, nämlich 1.417.200,-- DM bzw. 645.200,-- DM.
23Der Bewertungsausschuß gab unter dem 17.05.1991 folgende Beurteilung des eingereichten Verbesserungsvorschlags ab:
24Der Bewertungsausschuß hält diesen VV. für besonders wertvoll. Anerkennenswert ist für den BWA die Tatsache, daß der Einreicher, die auf anderen Schachtanlagen bereits bekannte Praxis der Kühlwasserrückgewinnung auf dem BW P.........../H....... eingeführt hat. Obwohl dadurch eine Kostenersparnis für das Bergwerk zustande gekommen ist, kann der errechnete bereinigte Jahresnutzen nicht als Grundlage zur Bewertung herangezogen werden, da das Prinzip der Kühlwasserrückgewinnung wie o.g. bereits in ähnlicher Form Stand der Technik, vor dem Einreichen dieses VV’s, gewesen ist.
25Vorgeschlagen wurde sodann eine Prämienhöhe von 2.500,-- DM. Dem stimmte die Werksleitung zu. Der Kläger hat diesen Betrag erhalten. Er war jedoch mit der Höhe der Prämie nicht einverstanden und legte gegen die Prämierung Einspruch ein. Dieser wurde durch den zuständigen übergeordneten Bewertungsausschuß zurückgewiesen. Auch ein zweiter Einspruch des Klägers hatte ausweislich des Schreibens des BVW-Beauftragten der Ruhrkohle N................. AG vom 14.04.1993 keinen Erfolg. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß das Prinzip der Kühlwasserrückgewinnung bereits Stand der Technik gewesen sei und im übrigen der Vorschlag aus dem Pflichtenkreis des Klägers als Klimaingenieur komme.
26Der Kläger hat zunächst unter dem 29.04.1993 vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen Klage auf Zahlung einer Prämie in Höhe von 280.940,-- DM erhoben (AZ: 3 Ca 1229/93), diese Klage jedoch wegen der angenommenen Zuständigkeit der Schiedsstelle beim Bundespatentamt wieder zurückgenommen. Nachdem die Schiedsstelle jedoch ihre Unzuständigkeit festgestellt hatte, hat der Kläger am 11.11.1993 erneut Klage erhoben. Dabei hat er die Auffassung vertreten, daß der bei der Beklagten installierte Bewertungsausschuß seinen Verbesserungsvorschlag weit unter dem tatsächlichen Nutzwert bewertet habe. Auszugehen sei von dem Gutachten des Dr. W.......... vom 13.09.1990, welches einen bereinigten Jahresnutzen von 1.417.200,-- DM ergeben habe. Hieraus leite sich gemäß den Bewertungsrichtlinien die 20 %ige Prämie in Höhe von 283.440,-- DM ab, wobei die bereits gezahlten 2.500,-- DM anzurechnen seien.
27Soweit die Beklagte sich nunmehr auf den Standpunkt stelle, daß der von ihm entwickelte Verbesserungsvorschlag seinem Pflichtenkreis entsprungen sei, könne ihr schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sein Vorschlag bereits förmlich anerkannt und prämiert worden sei. Im übrigen greife die von ihm entwickelte Verfahrenstechnik weit über seinen Pflichtenkreis hinaus, weil der periphere Kühlwasserkreislauf im wesentlichen von der Abteilung Maschinentechnik, die für Planung und Überwachung der Wasserhaltung zuständig sei, verantwortet werde. Im Sinne eines effizienten betrieblichen Vorschlagwesens müsse der Begriff „außerhalb des Pflichtenkreises“ weit ausgelegt werden.
28Der Kläger hat beantragt,
29die Beklagte zu verurteilen, an ihn 280.940,-- DM nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen.
30Die Beklagte hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß es zur Arbeitsaufgabe des Klägers gehöre, die Wetterkühleinrichtungen optimal auszugestalten, wozu auch die optimale Nutzung des Kälteträgers, also des Kühlwassers gehöre. Nach der Definition in Ziff. 2 der BVW könne deshalb keine Prämierung des eingereichten Vorschlags erfolgen.
33Soweit der werkseigene Bewertungsausschuß gleichwohl von einem prämienwürdigen Verbesserungsvorschlag ausgegangen sei, sei man an diese ursprüngliche Beurteilung nicht mehr gebunden. Denn der Kläger selber habe die Entscheidung desWerks-Bewertungsausschusses zur Überprüfung gestellt.
34Soweit der Kläger wegen der von ihm beanspruchten Prämienhöhe auf die Berechnung des Dr. W.......... vom 13.09.1990 zurückgreife, könne ihm nicht gefolgt werden. Dabei müsse richtig gesehen werden, daß Dr. W.......... insgesamt vier Gutachten erstellt habe, die sämtlich zu unterschiedlichen und erheblich voneinander abweichenden Resultaten gekommen seien. In sämtlichen Gutachten seien aber idealisierte Betriebszustände zugrunde gelegt worden, die den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht würden. Im übrigen habe der Bewertungsausschuß mit Recht berücksichtigt, daß das Prinzip der Kühlwasserrückgewinnung bereits Stand der Technik vor dem Einreichen des Verbesserungsvorschlags gewesen sei.
35Das Arbeitsgericht hat zunächst über die Laufzeit der Kühlmaschinen bzw. über den erzielten bereinigten Jahresnutzen Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H------ bzw. Dr. W........... Auf das Sitzungsprotokoll vom 19.04.1995 wird insoweit Bezug genommen.
36Das Arbeitsgericht hat sodann ein schriftliches Sachverständigengutachten über die Frage eingeholt, ob der vom Kläger eingereichte Vorschlag der Begriffsbestimmung in der BVW-Richtlinie entspreche. Auf das zu den Akten gereichte Gutachten des Dr. W. S.......... wird Bezug genommen.
37Durch sein am 16.09.1996 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht Gelsenkirchen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, daß der vom Kläger eingereichte Vorschlag nicht den Bedingungen der geltenden Rahmenrichtlinie für das BVW entspreche, weil es gerade zu den Aufgaben des Klägers gehöre, für eine Optimierung des Kühlmittelverbrauchs zu sorgen. Hierzu gehöre auch der sparsame Umgang mit dem als Kältemittel verwendeten Frischwasser. Es habe deshalb innerhalb des Pflichtenkreises des Klägers gelegen, mit Hilfe marktgängiger Komponenten das Frischwassersystem derart zu gestalten, daß ein möglichst geringer Wasserverbrauch erzielt werde. Das vom Kläger verwandte System der Frischwasserrückgewinnung entspreche seiner vertraglich geschuldeten planerischen Tätigkeit, auch wenn dieses System über die eigentliche Wettertechnik hinaus auch andere Betriebsbereiche berühre, mit denen sich der Kläger abzustimmen habe. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts entspricht die von ihm gefundene Bewertung durchaus der Zielsetzung des betrieblichen Vorschlagswesens, weil nur eine über die vertragliche Leistung hinausgehende Sonderleistung zu einer Prämienberechtigung führen solle.
38Eine Bindung an die Feststellung des Bewertungsausschusses dergestalt, daß vom Vorliegen eines prämienberechtigenden Verbesserungsvorschlags auszugehen sei, hat das Arbeitsgericht abgelehnt, weil die ursprüngliche Bewertung eine andersartige Beurteilung auch zu Lasten des Klägers im weiteren Verfahren nicht ausgeschlossen habe. Ein berechtigten Vertrauen auf die Richtigkeit der ursprünglichen Beurteilung habe beim Kläger nicht entstehen können, weil durch seinen Einspruch die volle Prüfungskompetenz auf den übergeordneten Bewertungsausschuß verlagert worden sei.
39Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts im einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
40Gegen das ihm am 07.10.1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.11.1996 Berufung eingelegt und nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung am 07.01.1997 sein Rechtsmittel begründet.
41Zu Unrecht, so meint der Kläger, habe das Arbeitsgericht den von ihm eingereichten Verbesserungsvorschlag als seinem Pflichtenkreis zugehörig angesehen. Dabei habe es übersehen, daß sich sein Verantwortungsbereich nur auf den Betrieb der eigentlichen Kühlmaschinen erstrecke und sowohl die Zuleitung des Frischwassers wie auch die Ableitung des verbrauchten Wassers nicht in seine Kompetenz gehöre. Für die Aufnahme und die Weiterleitung des verbrauchten Wassers sei ausschließlich die für das gesamte Frisch- und Abwassernetz zuständige Abteilung Maschinenbetrieb zuständig. Er als Klimaingenieur habe nur dafür Sorge zu tragen, daß genügend Frischwasser für den Betrieb der Kühlmaschinen zu Verfügung stehe. Da das von ihm ersonnene Konzept der Kühlwasserrückgewinnung das vor Ort benötigte Fristwassersystem insgesamt betreffe, greife sein Verbesserungsvorschlag über seinen eigentlichen Pflichtenkreis weit hinaus.
42Im übrigen sei es Praxis der Beklagten, den Begriff des Verbesserungsvorschlags in Ziff. 2 der Rahmenrichtlinie für das BVW weit auszulegen, wie einschlägige andere Fälle in der Vergangenheit gezeigt hätten. Darüber hinaus sei die Beklagte an ihre ursprüngliche Bewertung im Schreiben vom 23.05.1991 gebunden, so daß jetzt nur noch die Höhe der Prämierung streitig sein könne.
43Was letzteres angehe, so müsse sich die Beklagte an die geltende Bewertungsrichtlinie halten, wonach bei einer Berechnungsmöglichkeit des Nutzens allein vom bereinigten Jahresnutzen auszugehen sei. Diesen habe Herr Dr. W.......... unter Zugrundelegung des Echtbetriebs und der Berechnungsformel unter Ziff. 1.1 der Bewertungsrichtlinie zutreffend mit 645.200,-- DM errechnet. Bei weiterer Berücksichtigung eines Prämiensatzes von 20 % und eines Abschlags mit dem Faktor 0,9 ergebe sich die Gesamtprämie von 116.136,-- DM, so daß sich nach Abzug der bereits erhaltenen Prämie der nunmehr nur noch weiterverfolgte Anspruch in Höhe von 113.636,-- DM ergebe.
44Der Kläger beantragt,
45unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 113.636,-- DM nebst 9,875 % Zinsen aus 66.900,-- DM und 6,5 % Zinsen aus dem übrigen sich ergebenden Nettobetrag seit Klageerhebung zu zahlen.
46Die Beklagte beantragt,
47die Berufung zurückzuweisen.
48Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts als zutreffend und betont wiederum, daß es unbestreitbar zum Pflichtenkreis des Klägers gehöre, auch die peripheren mit dem Frischwassernetz versorgten Kühlaggregate zu planen. Die für die Frischwasserrückgewinnung erforderlichen Ventile und Regelungsmechanismen seien im übrigen untrennbar mit den Kühlaggregaten verbunden. Für die Richtigkeit ihrer Feststellung verweist die Beklagte im übrigen auf das vom Arbeitsgericht eingeholte Gutachten.
49Soweit der Kläger sich auf eine angeblich großzügige Prämierungspraxis bei der Beklagten beruft und dabei auf frühere Fälle hinweist, bestreitet die Beklagte eine solche Übung und verweist darauf, daß jeder Fall gesondert durch den zuständigen Bewertungsausschuß beurteilt werde. Es könne auch keine Rede davon sein, daß im vorliegenden Fall der eingereichte Vorschlag als prämierungswürdiger Verbesserungsvorschlag anerkannt sei. Die positive Beurteilung der Idee von Werks-Bewertungsausschuß habe für den Kläger keinen irgendwie gearteten Vertrauenstatbestand geschaffen, der nunmehr zu einer Beurteilungsbindung führe.
50Nach wie vor bestreitet die Beklagte den vom Kläger geltend gemachten finanziellen Nutzen seines Vorschlags, da die in Ansatz gebrachten Grundwerte, insbesondere die angegebene Maschinenlaufzeit, unrealistisch seien.
51Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die im Berufungstermin zu Protokoll genommenen Erklärungen und die vom Kläger gefertigte Schemaskizze Bezug genommen.
52E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
53Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat die auf weitere Prämienzahlung gerichtete Klage mit Recht abgewiesen. Im einzelnen gilt folgendes:
541. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Vorschlag des Klägers als aus seinem Pflichtenkreis kommend bewertet, weshalb der vom Kläger eingereichte Vorschlag keinen Rechtsanspruch auf Prämiengewährung auslösen konnte (Ziff. 2 der Rahmenrichtlinie für das BVW der Beklagten).
55Diese Entscheidung hat bereits der mit dem Einspruch des Klägers befaßte Bewertungsausschuß getroffen. Die Berufungskammer hat wiederholt entscheiden, daß Bewertungs- oder Prüfungsausschüsse, die im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens paritätisch gebildet werden, die Funktion von Schiedsgutachtern einnehmen, deren Entscheidungen in entsprechender Anwendung der §§ 317 ff. BGB nur beschränkt überprüfbar sind (Urteil vom 24.03.1980 - 14 Sa 1527/79 -, vom 04.08.1981 - 14 Sa 984/80 -, vom 14.09.1983- 14 Sa 1940/82 -, vom 21.01.1987 - 14 Sa 1101/86 - und vom 05.10.1994- 14 Sa 923/94 -). Dieser Grundsatz der beschränkten Nachprüfbarkeit wird auch vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.01.1980 (BVerwGE 59, 348 - 354) für den Bereich des Vorschlagwesens in der Bundesverwaltung vertreten. Das Bundesverwaltungsgericht meint, daß die Entscheidungen von Bewertungsausschüssen über Prämien für Verbesserungsvorschläge nur dahin überprüft werden dürfen, ob sie willkürlich, also ohne sachlichen Bezug, getroffen worden seien.
56Sieht man - wie die Berufungskammer - die Funktion von paritätisch besetzten Bewertungsausschüssen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens als die eines Schiedsgutachters an, so kann die von einem solchen Ausschuß getroffene Bewertungsentscheidung nur dann gerichtlich korrigiert werden, wenn diese offenbar unrichtig und/oder willkürlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 18.12.1980 in BAGE 34, 365).
57Im vorliegenden Fall kann eine Korrektur der getroffenen Prämienentscheidung nicht erfolgen, weil weder eine offenbar unrichtige Beurteilung vorliegt noch dem Ausschuß Willkür vorgeworfen werden kann.
58Offenbare Unrichtigkeit bedeutet, daß die vom Ausschuß getroffene Entscheidung auf den ersten Blick und für jeden einleuchtend fehlerhaft ist, weshalb der dem Gremium zukommende Beurteilungsspielraum überschritten wurde.
59Eine solche Fehlbeurteilung kann im vorliegenden Fall dem Ausschuß bei seiner Entscheidung über den Einspruch des Klägers nicht vorgeworfen werden. Seine Entscheidung, daß der eingereichte Vorschlag aus dem Pflichtenkreis des Klägers als Klimaingenieur kommt, ist auch von dem im ersten Rechtszug beauftragten Sachverständigen Dr. S.......... bekräftigt worden. Ebenso wie der zuletzt mit der Angelegenheit befaßte Bewertungsausschuß hat auch der Sachverständige einschlägige Erfahrungen und Kenntnisse über die im B...-.......... herrschenden Organisationsstrukturen. Ihre Beurteilung hinsichtlich des Pflichtenkreises eines Klimaingenieurs muß daher hingenommen werden, es sei denn, daß vom Kläger durchschlagende und unmittelbar einleuchtende Gegenargumente dem entgegenstehen.
60Dies ist indessen nicht der Fall. Zwar mag es zutreffen, daß die von ihm verwirklichte Idee des Frischwasserrecyclings letztlich das gesamte vor Ort benötigte Frischwassernetz betrifft. Kern des Regelungssystems ist aber die Kühlmaschinerie, was sich auch aus der vom Kläger im Berufungstermin überreichten Schemaskizze ergibt. Daß diese Anlage dem alleinigen Zuständigkeitsbereich des Klägers unterfällt und nur wegen der notwendigen Zu- und Ableitungen und wegen der Wechselwirkungen auf die betriebenen weiteren Aggregate die Abteilung Maschinentechnik bei der Planung und Überwachung einzubeziehen ist, steht außer Streit.
61Nach alledem ist die Beurteilung des mit dem Einspruch befaßten Bewertungsausschusses ohne weiteres vertretbar und daher hinzunehmen.
62Für eine Willkürentscheidung bestehen erst recht keinerlei Anhaltspunkte.
632. Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, daß durch die Entscheidung des ursprünglich befaßten (Werks-)Bewertungsausschusses die Prämienwürdigkeit des eingereichten Vorschlags ein für allemal festgelegt wurde und nur noch über die Prämienhöhe gestritten werden könne.
64Zwar mag es richtig sein, daß durch den eingelegten Einspruch die Situation des Klägers im Ergebnis nicht verschlechtert werden durfte. Das heißt, auch bei einer Neubeurteilung verblieb ihm jedenfalls die ausgezahlte Prämie von 2.500,-- DM. Der vom Kläger angerufene übergeordnete Bewertungsausschuß war aber keineswegs an die Beurteilung des Werksausschusses gebunden, zumal der Kläger selbst eine neue Beurteilung erstrebte. Bei dieser Neubeurteilung konnte der Bewertungsausschuß auch die Prämienberechtigung des Klägers vom Grundsatz her infrage stellen und dabei auch, wie geschehen, verneinen.
65Wegen der Ablehnung des eingereichten Vorschlags vom Grundsatz her braucht auf die weitere Begründung des Bewertungsausschusses, welche allein die Prämienhöhe betrifft, nicht eingegangen zu werden. Auch hier ist aber darauf hinzuweisen, daß eine Korrektur der vom Bewertungsausschuß vorgenommenen Beurteilung nur bei einer offenbaren Unrichtigkeit erfolgen kann. Angesichts der verschiedenen von Herrn Dr. W.......... vorgelegten Berechnungen mit erheblich divergierenden Ergebnissen und der Tatsache, daß der Kläger selbst den zugrunde liegenden Jahresnutzen in erster und zweiter Instanz durchaus unterschiedlich angegeben hat, dürfte es schwerfallen, dem Bewertungsausschuß hier eine offenbar unrichtige Fehlbewertung vorzuwerfen.
663. Soweit vom Kläger die Beurteilung des Bewertungsausschusses damit angegriffen wird, daß er der Zielrichtung des betrieblichen Vorschlagswesens bei der Beklagten offensichtlich nicht gerecht werde, muß auch dieser Einwand zurückgewiesen werden. Denn die zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung beschlossene Rahmenrichtlinie will nicht allgemein eine Prämierung guter Leistungen der Mitarbeiter bewirken, sondern nur für solche Vorschläge einen Prämienanspruch begründen, die sich als Sonderleistung außerhalb des arbeitsvertraglichen Pflichtenkreises darstellen. Daß die vom Kläger initiierte und realisierte Idee eine erhebliche Bedeutung für die Beklagte hatte und äußerst positiv zu bewerten ist, wird von keinem der Prozeßbeteiligten verkannt. Entscheidend ist nur, ob es sich um eine außervertragliche Sonderleistung handelte, welche im Bereich des Vorschlagswesens belohnt werden konnte oder um eine zwar hervorragende, aber dem Berufsbild des Klägers entsprechende Leistung, deren Anerkennung auf Vertragsebene (Belobigung, Gehaltserhöhungen, Beförderungen o. ä.) erfolgen konnte.
674. Mit ihrer Entscheidung, dem Kläger keine weitere Prämie zukommen zu lassen, hat die Beklagte auch nicht gegen eine betriebliche Übung verstoßen. Eine solche betriebliche Übung existiert nämlich nicht. Vielmehr entscheidet jeweils im Einzelfall der angerufene Bewertungsausschuß mit dem ihm zukommenden Beurteilungsspielraum über die Prämierungswürdigkeit der eingereichten Vorschläge. Dabei mag in Einzelfällen auch großzügig verfahren worden sein. Daß jedoch durchweg bei den Bewertungsausschüssen der Beklagten eine einheitliche Linie bei der Auslegung von Ziff. 2 der Rahmenrichtlinie eingehalten wurde, bei der der Begriff „außerhalb des Pflichtenkreises“ sehr weit gefaßt wurde, wird vom Kläger selbst nicht annähernd substantiiert vorgetragen. Die Angabe von zwei oder drei Beispielsfällen aus der Vergangenheit läßt eine einheitliche großzügige Handhabung nicht erkennen, so daß von einer Selbstbindung der Beklagten bzw. ihrer Bewertungsausschüsse keinesfalls ausgegangen werden kann.
685. Da nach alledem das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg haben konnte, waren ihm die Kosten der Berufung gemäß § 97 ZPO aufzugeben.
69Der Streitwert hat sich gegenüber der Vorinstanz dahingehend geändert, daß die jetzige Klagesumme von 113.636,-- DM für das Berufungsverfahren maßgeblich ist.
70Die Zulassung der Revision erfolgte gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.
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