Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 8 Sa 271/04
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.12.2003 - 5 Ca 2450/03 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des ersten Rechtszuges.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden gemäß § 97 Abs. 2 ZPO der Beklagten auferlegt.
1
T a t b e s t a n d
2Mit ihrer Klage wendet sich die im Jahre 1975 geborene, ledige Klägerin, welche seit dem 01.08.1993 im Betrieb der Beklagten zunächst als Auszubildende und seit dem 01.08.1996 sodann als Raumausstatterin gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 1.900,-- beschäftigt war, gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch ordentliche, betriebsbedingte Kündigung vom 28.03.2003 zum 30.04.2003 (Bl. 13 d.A.).
3Diese Kündigung hat die Beklagte, welche ein Raumausstattungsunternehmen mit 46 Beschäftigten führt und schwerpunktmäßig auf dem Gebiet der Objekteinrichtung Aus-stattung von Hotels, Seniorenheimen und Krankenhäusern tätig ist, unter Hinweis auf einen Rückgang des Auftragsbestandes von ca. 1 Mill. uro im Monat Januar 2002 auf zu- letzt ca. 300.000,-- ausgesprochen. Im Bereich der "Objektausstattung" Dekorieren und Montieren , in welchem die Klägerin nahezu ausschließlich tätig gewesen sei, sei der Auf-tragsbestand per 31.03.2003 gegenüber dem Vorjahresstand von ca. 5.030 Stunden auf ca. 955 Stunden zurückgegangen. Dies entspreche auf der Grundlage einer monatlichen Arbeitszeit je Beschäftigten von 173 Stunden einem Personalbedarf von 5,52 Mitarbeitern. Da die Aufträge im Bereich der Dekoration und Montage über einen Zeitraum von zwei Mo-naten ausgeführt würden, habe der verbleibende Auftragsbestand rechnerisch zur Beschäf-tigung von nur noch 2,76 Mitarbeitern ausgereicht. In Anbetracht dieser Entwicklung habe die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Personalbestand dem rückläufigen Auftragsvolumen anzupassen und sämtliche fünf Objektausstatter zu entlassen. Die verbleibenden Tätigkeiten auf diesem Gebiet seien unschwer von den als "Objektbearbeitern" eingesetzten Kräften mit zu erledigen, zu deren Aufgabengebiet vorrangig Auftragsvorbereitung und kaufmännische Abwicklung der von ihnen bearbeiteten Objekte gehörten. Da sämtliche mit der Klägerin vergleichbaren Objektausstatter entlassen worden seien, eine Vergleichbarkeit mit den Objektbearbeitern fehle und auch ein Austausch mit den im Verkauf, im Nähatelier und im Privatkundenbereich eingesetzten Kräfte ausscheide, sei die Entlassung der Klägerin unvermeidlich gewesen.
4Demgegenüber hat die Klägerin das vorgetragene Zahlenwerk zum rückläufigen Auftragsbestand und zum verbleibenden Arbeitsvolumen im Bereich Dekoration und Montage bestritten sowie die fehlende Durchführung einer Sozialauswahl beanstandet. Soweit die Beklagte zwischen den Aufgabenstellungen eines Objektausstatters und Objekteinrichters unterscheide, stehe dies der Vergleichbarkeit der beschäftigten Personen nicht entgegen. Hierzu verweist die Klägerin auf die Tatsache, dass unstreitig sämtliche Objektausstatter und Objektbearbeiter über eine abgeschlossene Ausbildung zum Raumausstatter verfügen. Wie sich aus dem entsprechenden Ausbildungsrahmenplan ergebe, umfasse die Ausbildung zum Raumausstatter keineswegs allein handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch gestaltende, planerische und kaufmännische Aufgabenstellungen. Soweit die als Objektbearbeiter eingesetzten Kräfte aufgrund innerbetrieblicher Einarbeitung zusätzliche Kenntnisse erworben hätten, seien diese von der Klägerin innerhalb einer kurzen Einarbeitungszeit zu erwerben. Dies werde auch daran deutlich, dass die Klägerin als Altgesellin die nach ihr eingestellten, im Bereich der Objektbearbeitung tätigen Arbeitnehmer D6xx, M1xxxxxx und M2x eingearbeitet habe. Die Unterscheidung von sog. Objektausstattern und Objektbearbeitern finde auch im Vergütungsgefüge keine Entsprechung. Im Übrigen sei die getroffene Sozialauswahl auch im Vergleich zu den außerhalb der Objektbearbeitung eingesetzten Kräfte zu beanstanden, insbesondere seien Frau F1xxx, Frau J1xxx L1xxx, Frau S3xxxxxx und Herr B2xx zu Unrecht nicht in die Sozialauswahl einbezogen worden. Wegen der maßgeblichen Aufgabenstellung und Sozialdaten sämtlicher Beschäftigter wird auf die mit Beklagtenschriftsatz vom 21.05.2003 überreichte Aufstellung Bl. 32 d.A. Bezug genommen.
5Die Klägerin hat im ersten Rechtszuge beantragt
6festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 28.03.2003 nicht beendet worden ist.
7Die Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Durch Urteil vom 10.12.2003 (Bl. 96 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht nach dem Klageantrag erkannt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, es könne offen bleiben, ob sich die Beklagte auf ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG stützen könne. Jedenfalls sei die Kündigung wegen fehlerhafter Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sozialwidrig. Insbesondere sei zu beanstanden, dass die Beklagte die nach ihren sozialen Verhältnissen eindeutig weniger schutzbedürftige Frau D6xx zu Unrecht nicht in die soziale Auswahl einbezogen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stehe die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit dem Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit nicht entgegen. Nachdem die Klägerin unwidersprochen vorgetragen habe, dass sie die Klägerin diese Mitarbeiterin während ihrer Ausbildungszeit angelernt habe und Frau D6xx wie die Klägerin zumindest bis Mitte des Jahres 2000 ausschließlich in der Objekteinrichtung tätig gewesen sei, müsse als unstreitig gelten, dass die Klägerin aufgrund ihrer jahrelangen Berufspraxis nach einer kurzen Einarbeitungszeit von drei Monaten auch im Bereich der Objektbearbeitung eingesetzt werden könne. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der Qualifizierung der Frau D6xx zur Objektbearbeiterin allein um eine innerbetriebliche Maßnahme in der Form des "learning by doing" handele. Im handwerklichen und technischen Bereich verfüge die Klägerin ohnehin über wesentlich bessere Kenntnisse als Frau D6xx, wesentliche Grundlagen für die zusätzlichen kaufmännischen Aufgaben im Bereich der Objektbearbeitung seien bereits Gegenstand der Raumausstatter-Ausbildung gewesen.
10Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich die Beklagte gegen den Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils, die Klägerin sei im Zuge einer durchzufüh-renden Sozialauswahl nach Qualifikation und bisheriger Tätigkeit mit den Objektbearbeitern vergleichbar. Richtig sei demgegenüber, dass die Klägerin nach Beendigung ihrer Ausbildung als Objektausstatterin eingestellt und während ihrer bisherigen Tätigkeit auch ausschließlich mit entsprechenden Aufgaben in der Objekteinrichtung beschäftigt worden sei. Dieser Unternehmensbereich sei im Wesentlichen durch Serienproduktion und standardisierte Verarbeitungsformen gekennzeichnet, wobei der Kontakt zum Kunden zurücktrete. Schwerpunktmäßig habe die Klägerin insbesondere in Altenheimen Gardinenschienen montiert und Dekorationen durchgeführt, also eine rein handwerkliche Tätigkeit erledigt. Demgegenüber stelle sich die Tätigkeit der Objektbearbeiter als überwiegend kaufmännisch geprägte Tätigkeit dar. Zum Aufgabengebiet der Objektbearbeiter gehöre es insbesondere, Verkaufsgespräche mit den Kunden zu führen, das Aufmaß zu erstellen und Angebote zu kalkulieren. Hierzu gehöre auch die Bedienung der umfangreichen firmenspezifischen Computerprogramme. Das Aufgabengebiet der Objektbearbeitung sei damit als kaufmännische Tätigkeit mit technischen Vorkenntnissen anzusehen, bei welcher etwa 85% der Arbeitszeit im Büro und nur 15% der Arbeitszeit auswärts erledigt werde. Der Standpunkt des Arbeitsgerichts, zum Erwerb der erforderlichen Qualifikation genüge neben der bei sämtlichen Objektausstattern und Objektbearbeitern vorhandenen abgeschlossenen Ausbildung im Raumausstatterhandwerk eine kurze Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten, gehe unter diesen Umständen an der Realität vorbei. Die Position als Objektbearbeiter stelle sich vielmehr als ausgesprochene Vertrauens- und Schlüsselposition dar, für welche sich keineswegs jeder gelernte Raumausstatter eigne. Im Rahmen der Sozialauswahl bestehe aber kein Anspruch auf Beförderung.
11Mit Schriftsatz vom 21.06.2004 trägt die Beklagte ergänzend vor, in Anbetracht des bereits erstinstanzlich genannten negativen Betriebsergebnisses zum 31.03.2003 von rd. 128.000,-- und vor dem Hintergrund eines Auftragseinbruchs mit einem Rückgang des Auftragsvolumens im Bereich Dekorieren und Montieren auf nur noch ca. ein Fünftel des früher üblichen Bestandes habe die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen, die verbleibenden Tätigkeiten der Objektausstatter zusätzlich den Objektbearbeitern zu übertragen, welche ihrerseits infolge des Auftragsrückgangs über genügend freie Kapazitäten verfügt hätten. Um nicht die Chance, Aufträge hereinzubekommen, zu verschlechtern, habe die Beklagte auf jeden Fall die Objektbearbeiter mit ihren kaufmännischen Befähigungen weiterbeschäftigen müssen, um die erforderliche Flexibilität und Schnelligkeit in der Angebotsbearbeitung, Kundenberatung, Arbeitsvorbereitung und Auftragsabwicklung zu gewährleisten.
12Wie die Analyse der produktiven Arbeitsstunden der Objektbearbeiter für das Jahr 2002 belege, hätten diese wie aus der Aufstellung vom 17.06.2004 (Bl. 169 d.A.) ersichtlich insgesamt ca. 39% ihrer Arbeitszeit auf den Bereich Objektausstattung verwendet und seien mit ca. 61% ihrer Arbeitszeit im Bereich der Objektbearbeitung tätig gewesen. Berücksichtige man den Umstand, dass sich insgesamt der Auftragsbestand im Kündigungszeitpunkt Ende März 2003 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2002 um 75% reduziert habe und sich hieraus ein entsprechend geringerer Arbeitsanfall im Bereich der Objektbearbeitung ergebe, seien trotz eines kalkulatorisch verdoppelten Zeitaufwandes für die Angebotsabgabe freie Kapazitäten von ca. 744 Stunden, bezogen auf einen Zwei-Monats-Zeitraum, vorhanden gewesen, welchem auf der Grundlage der vorliegenden Aufträge für die Monate April und Mai 2003 ein Stundenbedarf für Dekoration und Montage von 954 Stunden gegenüber gestanden habe. Die verbleibende Kapazitätslücke von ca. 210 Stunden sei ohne weiteres dadurch zu überbrücken gewesen, dass die zwei beschäftigten Näherinnen mit Doppelqualifikation wie im Jahre 2002 auch Aufgaben im Bereich der Objektausstattung übernehmen könnten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die beiden Näherinnen im Jahre 2002 1.644 Stunden in der Objektausstattung gearbeitet hätten, errechne sich anteilig für zwei Monate eine Kapazität von 274 Stunden. Außerdem seien bei Bedarf auch im Bereich der Auszubildenden noch freie Kapazitäten vorhanden. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Aufstellung vom 17.06.2004 (Bl. 171 d.A.) Bezug genommen. Im Ergebnis sei damit ohne weiteres erkennbar, dass das im Kündigungszeitraum noch vorhandene Arbeitsvolumen der Objektausstatter von ca. 955 Arbeitsstunden ohne Überstundenleistung von den verbleibenden Objektbearbeitern habe mit erledigt werden können. Die Entscheidung, die Klägerin sowie sämtliche weiteren Objektausstatter zu entlassen, könne danach nicht beanstandet werden.
13Die Beklagte beantragt,
14das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund 5 Ca 2450/03 vom 10.12.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.
15Die Klägerin beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens als zutreffend. Soweit sich die Beklagte auf dringende betriebliche Erfordernisse und in diesem Zusammenhang auf einen Auftragsrückgang berufe, werde das gesamte Zahlenwerk bestritten. Auch aus der mit Beklagtenschriftsatz vom 21.04.2004 vorgetragenen Berechnung sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde für die Weiterbeschäftigung der Klägerin kein Bedarf mehr sei. Im Übrigen stehe schon die Tatsache, dass die Beklagte im Kündigungszeitpunkt bereits Kurzarbeit zur Überbrückung eines vorübergehenden Auftragsmangels eingeführt habe, der Einschätzung eines dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs entgegen. Unabhängig hiervon lasse sich aus dem vorgelegten Zahlenwerk über den behaupteten Rückgang des Auftragsvolumens nicht ohne weiteres auf einen geringeren Beschäftigungsbedarf schließen. Insbesondere sei ein Rückgang des Arbeitsvolumens im Bereich von Dekoration und Montage auf zuletzt 955 Arbeitsstunden nicht nachvollziehbar. Selbst nach den Darlegungen der Beklagten ergebe sich in jedem Fall im Zeitpunkt der Kündigung noch ein Personalbedarf im Bereich Dekorieren und Montieren von immerhin 5,52 Stellen, wobei die Umrechnung auf einen Zwei-Monats-Zeitraum mit 2,76 Stellen nicht nachvollzogen werden könne. Schließlich habe die Beklagte eine ausreichende Sozialauswahl versäumt und wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden habe zu Unrecht eine Vergleichbarkeit der Klägerin als Objektausstatterin mit den sogenannten Objektbearbeitern verneint. Hierzu vertieft die Klägerin ihren Vortrag zu den Ausbildungsinhalten des Raumausstatterhandwerks. Hieraus ergebe sich, dass sämtliche von der Beklagten für die Objektbearbeitung genannten Qualifikationsanforderungen bereits von der Berufsausbildung für Raumausstatter erfasst würden. Eine andere Hierarchie-Ebene, welche einer Vergleichbarkeit im Rahmen der Sozialauswahl entgegenstünde, werde im Berufsfeld des Raumausstatters erst mit der Position des Raumausstattermeisters oder des Technikers "Raum- und Innenausbau" erreicht. Demgegenüber belege schon die Tatsache, dass in der Vergangenheit die sogenannten Objektbearbeiter den größten Teil der Objektausstattung selbst vorgenommen hätten, dass die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung kein geeignetes Gruppenbildungskriterium sei, um die Sozialauswahl zwischen den genannten Beschäftigten zu verhindern.
18Soweit die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 21.06.2004 zu belegen suche, die bislang von den Objektausstattern erledigten Tätigkeiten der Dekoration und Montage seien mit Rücksicht auf den behaupteten Auftragsrückgang unproblematisch von den Objektbearbei-tern im Rahmen freigewordener Kapazitäten zu erledigen, lasse sich das Rechenwerk der Beklagten nicht nachvollziehen. Im Übrigen belege die vorgelegte Aufstellung, dass etwa die als Objektbearbeiterin aufgeführte Frau F1xxx nahezu ausschließlich im Bereich des Dekorierens und Montierens eingesetzt und nur im geringen Umfang im Bereich der Objektbearbeitung mit kaufmännischen Tätigkeiten befasst gewesen sei. In Anbetracht der Tatsache, dass Frau F1xxx nach den maßgeblichen sozialen Verhältnissen erkennbar weniger schutzwürdig sei als die Klägerin, sei die Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zu rechtfertigen.
19Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, entsprechend der zur Gerichtsakte gereichten Aufstellung sei der Auftragsbestand im Zeitraum Januar 2002 bis einschließlich März 2003 um ca. 75% zurückgegangen, der Auftragsbestand im Bereich Dekorieren und Montieren sei im Zeitpunkt der Kündigung auf ca. 955 Stunden abgesunken, auf der Grundlage der Auswertung der produktiven Arbeitsstunden der Objektbearbeiter im Jahre 2002 ergebe sich unter Berücksichtigung des rückläufigen Auftragsvolumens, dass der Beschäftigungsbedarf an Objektausstattertätig-keiten von den verbleibenden Objektbearbeitern und Näherinnen mit Doppelqualifikation ohne Überstunden miterledigt werden könnten, durch uneidliche Vernehmung der Zeugin M3xxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.09.2004 (Bl. 225 ff. d.A.) Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die Berufung der Beklagten ist begründet. Sie führt unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Abweisung des verfolgten Kündigungsfeststellungsbegehrens.
22I
23Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die ordentliche arbeitge-berseitige Kündigung vom 28.03.2003 mit Ablauf des 30.04.2003 wirksam beendet worden.
24Unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten und der auf dieser Grundlage durchgeführten Beweisaufnahme kann die angegriffene Kündigung nicht als sozialwidrig angesehen werden. Vielmehr muss nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen werden, dass die Beklagte als Reaktion auf den massiven Auftragsrückgang die rechtlich nicht zu beanstandende Organisationsentscheidung getroffen hat, die vormals von der Klägerin und weiteren Kräften verrichteten Tätigkeiten im Bereich von Dekoration und Montage von den im Bereich der Objektbearbeitung eingesetzten Kräften miterledigen zu lassen (1). Diese Organisationsentscheidung kann nicht als sachwidrig oder willkürlich angesehen werden, vielmehr liegt im nachgewiesenen Auftragsrückgang ein nachvollziehbarer sachlicher Grund (2), welcher zugleich dazu führt, dass die Übertragung der bislang von der Klägerin als Objektausstatterin erledigten Tätigkeit auf die Gruppe der Objektbearbeiter nicht an mangelnden freien Kapazitäten scheitert (3). Die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin ist infolge der Umsetzung der Organisationsentscheidung entfallen, ohne dass die Beklagte als verpflichtet angesehen werden kann, der Klägerin die erforderlichen Zusatzkenntnisse zu vermitteln. Zugleich entfällt damit das Erfordernis einer Sozialauswahl im Verhältnis zur Gruppe der Objektbearbeiter. Ebenso wenig ist die Klägerin mit weiter von ihr aufgeführten Beschäftigten vergleichbar (4).
251. Der Bedarf für die Beschäftigung der Klägerin mit dem Aufgabengebiet der Objektausstattung (Dekoration und Montage) ist infolge der Umorganisation und Verlagerung auf die Beschäftigten mit dem Aufgabengebiet der Objektbearbeitung entfallen.
26a) Wie die Beklagte im Berufungsrechtszuge verdeutlicht hat, wird die ausgesprochene Kündigung von der Beklagten nicht unmittelbar auf außerbetriebliche Umstände in Form eines Auftragsrückgangs und rückläufigen Arbeitsvolumens gestützt, welches etwa die Notwendigkeit eines gleichmäßigen Personalabbaus in sämtlichen Abteilungen belegen soll. Vielmehr stützt die Beklagte die Entlassung der Klägerin und der weiteren sog. Objektausstatter auf die Organisationsentscheidung, die verbleibende Arbeitsmenge an Montage- und Dekorationstätigkeiten den sog. Objektbearbeitern zusätzlich zu übertragen, welche aufgrund ihrer handwerklichen Raumausstatterausbildung hierzu ebenfalls qualifiziert sind. Der behauptete Auftragsrückgang ist damit allein Anlass für die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers zur Umverteilung der vorhandenen Arbeit auf Arbeitnehmer mit entsprechender Doppelqualifikation.
27b) Die Klägerin hat zwar ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Rechtfertigung der Kündigung und insbesondere auch den behaupteten Auftragsmangel bestritten. Demgegenüber bestreitet die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht nicht, dass die Beklagte die vorgetragene Organisationsentscheidung tatsächlich vor Ausspruch der Kündigung getroffen hat und mit der Kündigung umzusetzen sucht. Der Umstand, dass mit der Klägerin sämtliche sog. Objektausstatter entlassen worden sind, stützt im Übrigen die vorgetragene Darstellung der Beklagten.
28c) Infolge der als zulässig unterstellten Änderung der Arbeitsorganisation entfällt der bisherige handwerklich geprägte Arbeitsplatz der Klägerin als Objektausstatterin. Demgegenüber umfasst die Tätigkeit der sog. Objektbearbeiter in erheblichem Umfang auch kaufmännische Tätigkeiten, welche bislang weder zum vertraglichen Aufgabenbereich der Klägerin gehörten noch wie im Folgenden auszuführen ist der Klägerin ggfls. unter entsprechender Änderung ihres Arbeitsvertrages nach entsprechender Einarbeitung oder Fortbildung übertragen werden mussten. In diesem Sinne ist die Kündigung durch die hier vorliegende Organisationsmaßnahme gemäß § 1 Abs. 2 KSchG "bedingt".
292. Die Entscheidung der Beklagten, die bislang von verschiedenen Arbeitnehmergruppen erledigten Tätigkeiten der Objektbearbeitung und Objektausstattung zusammenzufassen mit der Folge, dass nur noch solche Arbeitnehmer den geänderten Arbeitsplatzanforderungen genügen, welche auch über die erforderlichen kaufmännischen Fähigkeiten verfügen, kann unter den vorliegenden Umständen nicht als willkürlich angesehen werden.
30a) Grundsätzlich unterliegt die Gestaltung der Arbeitsorganisation einschließlich der Festle-gung der jeweiligen Arbeitsplatzanforderungen der freien unternehmerischen Entscheidung. Gleichwohl bestünden rechtliche Bedenken gegen eine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, welche ohne jeden nachvollziehbaren sachlichen Grund nachträglich die Ar-beitsplatzanforderungen so verändert, dass nur noch Arbeitnehmer mit geänderter Qualifi-kation der neu strukturierten Aufgabenstellung gerecht werden können. Beim Neuaufbau eines Betriebes steht es dem Arbeitgeber zwar frei, ob er die betriebliche Tätigkeit stärker arbeitsteilig organisiert, so dass Arbeitsplätze für unterschiedliche qualifizierte Kräfte ent- stehen oder ob er eine ganzheitliche Arbeitsweise in dem Sinne bevorzugt, dass die Be-schäftigten im Rahmen ihrer Aufgabenerledigung Tätigkeiten mit stark unterschiedlichen Qualifikationsanforderungen verrichten sollen. Demgegenüber ist bei einer nachträglichen Umgestaltung der Arbeitsorganisation mit Rücksicht auf deren Auswirkungen auf die beste-henden Beschäftigungsverhältnisse zumindest im Rahmen der Willkürkontrolle die Überprüfung geboten, ob für die Organisationsänderung ein nachvollziehbarer Anlass besteht. Die in Rechtsprechung und Literatur (z.B. KR-Etzel, 7. Aufl., § 1 KSchG Rz 563) häufig verwendete Formulierung, die Festlegung des "Anforderungsprofils" für die eingerichteten Arbeitsplätze gehöre zur "freien unternehmerischen Entscheidung", erscheint insoweit missverständlich und bedarf der Einschränkung. Den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen zur Änderung des "Anforderungsprofils" lag soweit ersichtlich vielmehr jeweils ein nachvollziehbarer sachlicher Anlass zugrunde. Dies betrifft etwa die Änderung der Arbeitsplatzanforderungen eines Piloten wegen Umstellung von Propellerflugzeugen auf Düsenflugzeuge (Urt. vom 07.05.1968 - AP Nr. 18 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung), die Übernahme verbleibender Hilfstätigkeiten durch Facharbeiter aus Anlass von Arbeitsmangel (Urt. v. 11.09.1986 - 2 AZR 564/85 RzK I 5 c Nr. 13 = BB 1987,1882 = EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 54 (LS); desgl. Urt. v. 17.06.1999 AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 102), die Umstellung auf ein neues rechnergestütztes Redaktions- und Produktionssystem im Verlagswesen (Urt. v. 10.11.1994 und 05.10.1995 AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 u. 71) oder die Vermeidbarkeit einer betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfalls der bisherigen Ausbildungstätigkeit als Raumausstattermeisterin bei der Handwerkskammer durch Einsatz auf einem drittmittelfinanzierten Arbeitsplatz als Sozialpädagogin (Urt. vom 07.11.1996 - AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 82). Auch aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.06.2004 2 AZR 326/03 EzA-SD 2004, Nr. 22, 7 8 ergibt sich trotz des weitgefassten Leitsatzes nichts anderes. Die genannte Entscheidung betrifft nicht etwa die Entlassung eines Arbeitnehmers wegen nachträglicher Änderung des "Anforderungsprofils", sondern die Vermeidbarkeit einer an sich betriebsbedingten Kündigung durch Umsetzung auf einen freien Arbeitsplatz und die Festlegung der hierauf bezogenen Arbeitsplatzanforderungen durch freie Unternehmerentscheidung. Dem Grundsatz, dass eine solche Entscheidung von den Arbeitsgerichten grundsätzlich jedenfalls dann zu respektieren sei, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben, dies hingegen nicht für die Festlegung rein persönlicher Merkmale ohne hinreichenden Bezug zur konkreten Arbeitsaufgabe gilt, ist ohne weiteres zu folgen. Die Frage, ob allein in der Änderung des "Anforderungsprofils" ein betriebsbedingter Kündigungsgrund für die Entlassung des Arbeitnehmers gesehen werden könnte, ohne dass hierfür sachgerechte Gründe vorgetragen werden, ist in der zitierten Entscheidung nicht angesprochen.
31b) Vorliegend nimmt die Beklagte für sich nicht das Recht in Anspruch, ohne sachlichen Anlass das Anforderungsprofil für die zugewiesene Tätigkeit zu verändern, vielmehr stützt die Beklagte ihre Entscheidung zur Umorganisation und Zusammenfassung der Tätigkeitsbereiche der Objektausstatter und Objektbearbeiter auf betriebliche Notwendigkeiten im Zusammenhang mit einem behaupteten massiven Auftragsrückgang und einem hierdurch bedingten Personalüberhang. In Übereinstimmung mit der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt es aber eine zulässige unternehmerische Entscheidung dar, wenn sich der Arbeitgeber aus Anlass von Auftragsrückgang und Arbeitsmangel dafür entscheidet, anstelle eines proportionalen Arbeitsplatzabbaus innerhalb sämtlicher Beschäftigtengruppen die Arbeit so umzuorganisieren, dass das verbleibende Arbeitsvolumen ausschließlich von den höher bzw. doppelt qualifizierten Beschäftigten erledigt wird. Ob der Nachteil, dass die Beschäftigung ausschließlich höher qualifizierten Personals i.d.R. höhere Personalkosten verursacht, den Vorteil einer größeren Flexibilität aufwiegt, welche insbesondere im Fall der Verbesserung der Auftragslage zur Geltung kommt, stellt eine nicht überprüfbare Einschätzung des Arbeitgebers dar, welche der gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist.
32c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass bei der Beklagten ein massiver Auftragsrückgang zu verzeichnen war, so dass die getroffene Organisationsmaßnahme nicht als sachwidrig oder willkürlich beanstandet werden kann.
33Die Zeugin M3xxxxx hat bei ihrer Vernehmung vor dem Landesarbeitsgericht überzeugend bestätigt, dass das von der Beklagten vorgetragene Zahlenwerk zur Auftragsbestandsent-wicklung von ihr selbst auf der Grundlage der täglich ermittelten Auftragssummen erstellt worden ist. Richtig ist zwar, dass sich die Zeugin hierbei auf die entsprechenden Angaben der Mitarbeiter über die täglichen Auftragssummen verlässt, wie sie in den Computer einge-geben worden sind, und nicht etwa eigene Erhebungen anstellt. Dies steht der Überzeu-gungsbildung der Kammer jedoch nicht entgegen. Die Überlegung, die Beklagte habe zur Begründung der Entlassung der Klägerin fingierte Zahlen in die EDV eingeben lassen, er-scheint unter den vorliegenden Umständen fernliegend. Auch der Buchhalter oder Betriebs-leiter, der als Zeuge vor Gericht auf der Grundlage seines Kenntnisstandes Angaben zu wirtschaftlichen oder betrieblichen Umständen macht, greift hierbei typischerweise auf in-nerbetriebliche Informationen zurück, die ihm in der Vergangenheit als zuverlässige Ar- beitsgrundlage gedient haben, ohne dass die Richtigkeit derartiger Angaben schon damit in Zweifel gezogen werden kann, es fehle an einer unmittelbaren eigenen Anschauung des
34Zeugen. Auch von Seiten der Klägerin ist im Anschluss an die Vernehmung der Zeugin M3xxxxx betont worden, gegen die persönliche Glaubwürdigkeit der Zeugin bestünden keinerlei Bedenken. Aus den dargestellten Gründen muss dann aber von der Richtigkeit des vorgetragenen Zahlenwerks ausgegangen werden. Dementsprechend ist der weiteren Würdigung die Tatsache zugrundezulegen, dass der Auftragsbestand im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von über 1 Mill. uro auf zuletzt ca. 300.000,-- zurückgegangen ist. Die Notwendigkeit, auf diesen massiven Auftragsrückgang durch geeignete unternehmerische Maßnahmen zu reagieren, kann danach nicht zweifelhaft sein.
35Wie die Zeugin M3xxxxx weiter zu der Aufstellung zum Auftragsbestand "Stunden Dekorieren und Montieren" ausgesagt hat, stimmt das dargestellte Zahlenwerk, nach welchem im Kündigungszeitpunkt noch ein Arbeitsvolumen von ca. 955 Stunden vorhanden war, mit dem Bild überein, welches sich für sie im Rahmen ihrer Aufgabenstellung der Termineinsatzplanung, Verwaltung und Organisation ergab. Die Zeugin hat hierzu erklärt, sie habe zwar die vorgelegte Aufstellung nicht selbst erstellt, sie sei ihr aber bekannt, weil sie mit den Zahlen zu arbeiten habe. Unter diesen Umständen hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass auch insoweit das vorgetragene Zahlenwerk realitätsgerecht wiedergegeben ist.
36Auf dieser Grundlage steht aber fest, dass im Zeitpunkt der Kündigung der vorhandene Bestand an Tätigkeiten der Objektausstattung soweit zurückgegangen war, dass eine Auslastung der auf diesem Gebiet bislang tätigen Kräfte nicht mehr gewährleistet war. Auch die weitere Darstellung der Beklagten, die Abwicklung von Montage- und Dekorationsarbeiten im Rahmen erteilter Aufträge erfolge innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten, erscheint der Kammer als realitätsgerecht. Soweit demgegenüber die Klägerin meint, ebenso gut sei eine Streckung der Aufträge auf sechs Monate vorstellbar, muss dies als unrealistisch angesehen werden. Der Kunde gleich ob es um einen Auftrag im Bereich des Privatkunden- oder des Objektbereichs geht wird zwar Verständnis dafür zeigen, dass etwa die ausgewählte Dekoration nicht wie eine im Kaufhaus zu erwerbende Fertiggardine lagermäßig zur Verfügung steht, vielmehr interne Auftragsbearbeitung, Materialbeschaffung beim Lieferanten sowie handwerkliche Arbeit im Nähatelier einen gewissen Zeitraum beanspruchen. Von Sonderfällen etwa einer Auslandsbestellung abgesehen wird aber kein Kunde, der einen Auftrag für eine Gardinendekoration erteilt, mit einer längeren Bearbeitungszeit als zwei Monate rechnen.
37d) Gegen die Zulässigkeit der Organisationsentscheidung der Beklagten und die hierauf gestützte Kündigung kann auch nicht im Sinne eines Willkürvorwurfs eingewandt werden, die Beklagte habe zunächst weiter mit dem Mittel der Kurzarbeit auf den von ihr selbst als vorübergehend angenommenen Auftragsrückgang reagieren können. Richtig ist zwar, dass der Arbeitgeber, welcher Kurzarbeit wegen eines vorübergehenden Arbeitsmangels durchführt und zugleich eine Beendigungskündigung gegenüber einzelnen Arbeitnehmern ausspricht, hierfür weitergehende inner- oder außerbetriebliche Umstände vortragen muss, aus denen sich ergibt, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der betreffenden Arbeitnehmer dauerhaft entfällt (BAG Urt. v. 17.10.1980 7 AZR 675/78 AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10). Eben dies ergibt sich jedoch aus der dargestellten Organisationsentscheidung. Auch bei Besserung der Auftragslage und der Rückkehr von der Kurzarbeit zur Vollarbeit besteht für die Beschäftigung von reinen Objektausstattern kein Bedarf mehr, nachdem die Tätigkeit des Dekorierens und Montierens von den Objektbearbeitern miterledigt werden soll.
38e) Entgegen dem Standpunkt der Klägerin stellt es auch keinen Widerspruch dar, wenn die Beklagte sich einerseits auf einen Auftragsmangel beruft, auf welchen sie mit Maßnahmen der Umorganisation und einem Personalabbau reagieren will und andererseits der Klägerin eine selbständige Tätigkeit im Rahmen einer "Ich-AG" angeboten hat. Bei entsprechender Bereitschaft wäre ggfls. die bislang von der Klägerin als Arbeitnehmerin erledigte Tätigkeit aus dem Betrieb ausgegliedert und auf der Basis eines Werkvertrages abgewickelt worden, wobei die Klägerin zu ihrer Auslastung möglicherweise auch für andere Unternehmen Tätigkeiten hätte übernehmen können. Ob dies eine realistische und wirtschaftlich tragfähige Form der Zusammenarbeit gewesen wäre, ist kündigungsrechtlich ohne Belang. Ob die Beklagte den verbleibenden Bestand an Tätigkeiten der Objektausstattung wahlweise ausgliedert oder innerbetrieblich umverteilt, stellt weder den verringerten Beschäftigungsbedarf infrage, noch kann hieraus eine Willkür der Organisationsentscheidung hergeleitet werden.
39f) Auf der Grundlage des vorstehend festgestellten allgemeinen massiven Auftragsrückgangs und des hierdurch bedingten reduzierten Arbeitsvolumens im Bereich Dekoration und Montage kann dann aber die Entscheidung der Beklagten, anstelle einer Reduzierung der Beschäftigtenzahl im Bereich der sog. Objektausstatter die Arbeit in der Weise umzuorganisieren, dass die in diesem Bereich verbleibenden Tätigkeiten von den sog. Objektbearbeitern mit erledigt werden, nicht als willkürlich oder sachwidrig beanstandet werden.
403. Die Übertragung der verbleibenden Objektausstattertätigkeiten auf die Gruppe der Ob-jektbearbeiter scheitert auch nicht etwa daran, dass diese mit ihren originären Aufgaben im Bereich der Auftragsbearbeitung ohnehin ausgelastet wären und aus diesem Grunde zusätzliche Tätigkeiten nur unter Leistung von Überstunden o.ä. erledigt werden könnten. Vielmehr hat die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 21.06.2004 schlüssig dargelegt und in der Beweisaufnahme überzeugend nachgewiesen, dass durch den Auftragsrückgang er-hebliche freie Kapazitäten entstanden sind, welche es erlauben, zusätzliche Tätigkeiten auf dem Gebiet von Montage und Dekoration zu übernehmen.
41a) Wie die Analyse der produktiven Arbeitsstunden der Objektbearbeiter für das Jahr 2002 (Bl. 169 d.A.) ausweist, haben die Objektbearbeiter nach Darstellung der Beklagten entsprechend sechs Vollzeitstellen im Jahre 2002 insgesamt ca. 9.076 Arbeitsstunden er-bracht, wovon ca. 1.842 Std. also ca. 20% auf die Angebotserstellung und weitere 3.707 Std. (ca. 41%) auf die Auftragsbearbeitung entfallen. Damit entfallen etwa 61% der aufgewandten Arbeitszeit auf die Objektbearbeitung, die verbleibenden 39% der Arbeitszeit betreffen Tätigkeiten der Objektausstattung. Rechnet man dies entsprechend der Aufstel-lung Bl. 171 d.A. auf einen Zwei-Monats-Zeitraum um, welcher dem typischen Erledi-gungszeitraum für den Bestand an Objektausstattertätigkeiten entspricht, so ergibt sich fol-gendes Bild: Von der Gesamtarbeitszeit der Objektbearbeiter mit ca. 1.512 Std. (9.076 : 12 x 2) entfielen im Jahre 2002 auf Angebotsbearbeitung ca. 307 und auf Auftragsbearbeitung ca. 618 Std., auf Tätigkeiten der Objektausstattung ca. 588 Std. Entsprechend dem Grund-satz, dass bei rückläufiger Auslastung verstärkte Bemühungen um Neuaufträge erforderlich sind, hat die Beklagte bei der Kalkulation des künftigen Arbeitsanfalls bezogen auf den Kündigungszeitpunkt den Zeitaufwand für die Angebotserstellung verdoppelt, so dass hierfür von der Gesamtarbeitszeit der Objektbearbeiter statt bislang ca. 307 Std. nunmehr ca. 614 Std. angesetzt werden. Auf der anderen Seite reduziert sich auf der Grundlage ei-nes Auftragsrückgangs im Vergleich zum Vorjahr um ca. 75% der Zeitaufwand für die Auf-tragsbearbeitung von ca. 618 auf ca. 155 Std. Entsprechendes gilt für die von den Objekt-bearbeitern erledigten Aufgaben der Objektausstattung, so dass anstelle von ca. 588 Std. noch ca. 156 Std. verbleiben. Insgesamt ergibt die dargestellte Kalkulation bei Annahme eines Auftragsrückgangs von 75%, dass die Objektbearbeiter von ihrer Gesamtarbeitszeit von ca. 1.512 Std. im Zwei-Monats-Zeitraum ca. 614 Std. für Angebotsbearbeitung, ca. 155 Std. für Auftragsbearbeitung und ca. 744 Std. für Objektausstattertätigkeiten aufwen- den können. Hinzuzrechnen sind ferner die freien Kapazitäten bei den zwei Näherinnen mit Doppelqualifikation. Diese haben im Jahre 2002 ca. 1.644 Std. in der Objektausstattung
42gearbeitet, was für zwei Monate 274 Stunden entspricht. Zusammen mit den freien Kapazi-täten der Objektbearbeiter von ca. 744 Std. ergeben sich ca. 1.018 Std. für Tätigkeiten der Objektausstattung. Der real ermittelte Auftragsbestand von 954 Std. Objektausstatter-Tätigkeiten im Zwei-Monats-Zeitraum ist damit ohne Überforderung zu bewältigen.
43Hieran ändert sich auch nichts, wenn man anstelle des angenommenen Auftragsrückgangs von 75% nur von einem Auftragsrückgang von zwei Dritteln ausgeht. Für diesen Fall verän-dert sich die vorstehende Berechnung zwar insofern, als im Zwei-Monats-Zeitraum im Be-reich der Auftragsbearbeitung nicht allein 154,5 Stunden, sondern 206 Stunden anfallen mit der Folge, dass den Objektbearbeitern für Tätigkeiten der Objektausstattung anstelle von 744 Stunden nur 692 Stunden zur Verfügung stünden. Die Kapazitätslücke beträgt damit 262 Stunden, welche jedoch unter Berücksichtigung des möglichen Einsatzes der Näherin-nen von 274 Stunden im Zwei-Monats-Zeitraum immer noch abgedeckt ist. Zusätzliche Ka-pazitäten ergeben sich im Übrigen aus der Beschäftigung der Auszubildenden, welche erfahrungsgemäß mit fortschreitender Ausbildungsdauer auch zum Teil produktive Tätigkeiten mit erledigen können.
44b) Soweit die Klägerin das Rechenwerk der Beklagten als nicht nachvollziehbare Zahlen-spielerei abtut, kann dem aus den vorstehenden Gründen nicht gefolgt werden, vielmehr ist schlüssig vorgetragen, dass trotz verdoppelter Anstrengungen im Bereich der Angebotser-stellung die im Kündigungszeitraum noch vorhandene Arbeitsmenge an Objektausstattertä-tigkeiten von den Objektbearbeitern mit erledigt werden konnte, weil durch den massiven Auftragsrückgang im Aufgabenbereich der Auftragsbearbeitung freie Kapazitäten entstan-den waren. Hierbei wird nicht verkannt, dass das von der Beklagten vorgetragene Rechen-werk einen proportionalen Zusammenhang zwischen rückläufigem Auftragsvolumen und rückläufigem Arbeitsaufwand im Bereich der Objektbearbeitung unterstellt. Einem Auftrags-rückgang von 75% stellt die Beklagte ein rückläufiges Arbeitsvolumen von 75% gleich. Für den Fall einer Kündigung, welche unmittelbar auf den Gesichtspunkt des Auftragsmangels gestützt wird, bestünden gegen einen solchen Berechnungsansatz in der Tat Bedenken. So leuchtet ein, dass ein geringer Umsatz auch darauf zurückzuführen sein kann, dass Kunden in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten auf eine weniger anspruchsvolle und kostengünstigere Ausstattung ausweichen, was allein den Umsatz des Unternehmens, nicht hingegen den Arbeitsaufwand beeinflusst. Vorliegend geht es demgegenüber nicht um einen unmittelba-ren Zusammenhang zwischen Auftragsentwicklung und Arbeitsmenge, sondern um die Frage, ob die Erwartung der Beklagten, die beschlossene Umorganisation lasse sich von
45den verbleibenden Beschäftigten im Rahmen der vorhandenen Personalkapazität ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigen, als realistisch und sachgerecht erscheint. Für eine solche Einschätzung ist aber der Rückgriff auf Umsatzzahlen nicht zu beanstanden, zumal die Aufgliederung der Tätigkeiten in Angebotsbearbeitung, Auftragsbearbeitung und Objektausstattung für die Vergangenheit nach realen Arbeitsstunden erfolgt ist und der Maßstab des rückläufigen Umsatzes allein zum Beleg dafür dient, dass hierdurch Freiräume zu erwarten sind, welche eine Miterledigung zusätzlicher Aufgaben erlauben.
46c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer auf der Grundlage der Aussa- ge der Zeugin M3xxxxx von der Richtigkeit des Beklagtenvortrages überzeugt. Die Zeugin hat zwar erklärt, sie habe die Liste über die produktiven Arbeitsstunden der Objektbearbei- ter nicht selbst erstellt, diese sei ihr aber aus dem Betrieb bekannt. Aus ihrer weiteren Dar-stellung, dass nach der bestehenden Arbeitsorganisation die aufgewandte Arbeitszeit für jeden einzelnen Auftrag erfasst wird und ferner anhand des Datums der Auftragserteilung eine Zuordnung möglich ist, welche Zeiten auf die Angebotserstellung einerseits und die Auftragsbearbeitung andererseits entfallen, ergibt sich nachvollziehbar, dass die im Prozess vorgelegte Aufstellung kein Phantasiegebilde darstellt, vielmehr auf einer Auswertung rea-ler, im Betrieb tatsächlich erhobener Daten beruht. Auch insoweit kann die Kammer keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass in die Aufstellung andere als die tatsächlich betrieblich erfassten Zeiten aufgenommen worden sind, zumal die Zeugin selbst bestätigt hat, die aus der Aufstellung ersichtliche Aufteilung von Zeiten der Objektbearbeitung mit 61% im Ver-hältnis zu 39% für die Objektausstattung erscheine ihr durchaus plausibel. Ebenso war der Zeugin das Rechenwerk zur Kapazitätsauslastung der verbleibenden Mitarbeiter gemäß dem Planungsstand 31.03.2003 bekannt. Dass die Zeugin sich bei ihrer Vernehmung zu einer detaillierten Erläuterung der vorgelegten Aufstellung außer Stande gesehen hat, er-scheint in Anbetracht der Komplexität des Rechenwerkes, welches zunächst auch bei der Klägerin gewisse Verständnisprobleme bewirkt hat, verständlich, steht aber der Würdigung nicht entgegen, dass das Rechenwerk an reale und nicht etwa an für den Prozess erfunde-ne Zahlen anknüpft. Das gilt umso mehr, als die Zeugin auch aus eigener Anschauung be-stätigen konnte, dass im Kündigungszeitpunkt (Ende März 2003) und weiter in den Monaten April und Mai die anfallende Arbeit von den Objektbearbeitern ohne Mehrarbeit erledigt werden konnte. Erst in der Folgezeit ist es aufgrund der Erteilung eines einzigen größeren Auftrages für ein Objekt in Amsterdam zu einem Anstieg des Arbeitsanfalls gekommen. Soweit die Zeugin geschildert hat, dass gegen Ende der Auftragsabwicklung Überstunden geleistet worden sind, hat sie dies plausibel damit erklärt, dass es sich um einen Terminauf-
47trag gehandelt hat. Bezogen auf den Kündigungszeitpunkt erweist sich damit die Planung der Beklagten als realitätsgerecht, dass die anfallende Arbeit von den verbleibenden Mitarbeitern (Objektbearbeitern) im Rahmen der regulären Arbeitskapazität bewältigt werden konnte.
484. Entgegen dem Standpunkt der Klägerin war die Beklagte auf der Grundlage der durchge-führten Änderung der Arbeitsorganisation auch nicht gehalten, der Klägerin ggfls. nach entsprechender Einarbeitung oder Fortbildung eine Tätigkeit im Bereich der Objekt-bearbeitung zuzuweisen bzw. vor Ausspruch der Kündigung eine Sozialauswahl unter Einbeziehung der Gruppe der Objektbearbeiter durchzuführen.
49a) Das Arbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Sozialwidrigkeit der Kündigung davon ausgegangen, dass sowohl für die Tätigkeit der Objektausstatter als auch für dieje-nige der Objektbearbeiter die für beide Aufgabenstellungen erforderliche abgeschlos-sene Ausbildung im Raumausstatterhandwerk kennzeichnend ist; der Erwerb der bei der Objektbearbeitung erforderlichen zusätzlichen kaufmännisch geprägten Kenntnisse erfordere auf der Grundlage des erstinstanzlichen Beklagtenvortrages lediglich eine kurze Einarbeitungszeit. Hierbei hat das Arbeitsgericht insbesondere darauf abgestellt, dass die Klägerin als "Altgesellin" einen Teil der später als Objektbearbeiter eingesetzten Kräfte selbst eingearbeitet hat und es sich bei dem Erwerb der zusätzlichen Qualifikation zum Objektbearbeiter nicht um einen formellen Ausbildungsgang, sondern um eine innerbetriebliche Fortbildungsmaßnahme in der Form des "learning by doing" gehandelt habe.
50b) Jedenfalls auf der Grundlage des zweitinstanzlichen Beklagtenvorbringens vermag diese Würdigung nicht zu überzeugen. Unwidersprochen hat die Beklagte vorgetragen, dass der Anteil kaufmännischer Tätigkeiten, welche im Bereich der Objektbearbeitung anfallen, zu rund 85% als Innendiensttätigkeit erledigt wird. Dementsprechend handelt es sich zum überwiegenden Teil um eine kaufmännisch geprägte Aufgabenstellung. Entsprechende Sachkunde auf dem Gebiet des Raumausstatter-Handwerks ist zwar hierfür Voraussetzung; kennzeichnend für die Teilaufgaben der Kalkulation, Angebotserstellung und Auftragsab-wicklung einschließlich des Bestell- und Rechnungswesens sind jedoch Anforderungen auf kaufmännischem Gebiet. Daneben steht zeitlich untergeordnet, jedoch von wesentlicher Bedeutung für den Geschäftserfolg die Kundenberatung als Grundlage der Auftragsertei-lung. Demgegenüber handelt es sich bei den bislang von der Klägerin erledigten Tätigkei- ten im Bereich der Objektausstattung (Dekorieren, Montieren) um handwerkliche Tätigkei-ten, welche keineswegs geringerwertig, ersichtlich aber durch andere Qualifikationsanforde-rungen gekennzeichnet sind.
51c) Für die Frage, ob die Klägerin den veränderten Qualifikationsanforderungen ohne weiteres oder aufgrund einer kurzen Einarbeitungszeit gerecht werden kann, kann es aber nicht genügen, dass nach dem Inhalt des Ausbildungsrahmenplanes Gegenstand der Ausbildung im Raumausstatterhandwerk mit dem Berufsziel der Raumausstatterin nicht allein praktische Fertigkeiten und Materialkenntnisse sind, sondern auch Fragen der Gestaltung mit Farben und Formen sowie kalkulatorische Aufgabenstellungen zum Ausbildungsinhalt gehören wie auch der Umgang mit Kunden und Auftraggebern. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich bei Ausbildung und Tätigkeit des Raumausstatters um eine handwerkliche Tätigkeit handelt. Dementsprechend steht bei der Ausbildung der Erwerb anspruchsvoller praktischer Fähigkeiten im Vordergrund. Die weiteren Ausbildungsgegenstände tragen dem Umstand Rechnung, dass die handwerkliche Tätigkeit nicht isoliert vom zugrunde liegenden Kundenauftrag gesehen und durchgeführt werden kann, wie dies etwa bei einer fabrikmäßigen Serienfertigung zutrifft. Ohne Grundkenntnisse von Kalkulation und Gestaltungsfragen könnte der mit der Auftragsausführung befasste und beim Kunden eigenständig eingesetzte Arbeitnehmer allenfalls rein mechanische Aufgaben erledigen, nicht hingegen auf Rückfragen und Wünsche des Kunden eingehen, welche sich erst bei der handwerklichen Abwicklung des Auftrages vor Ort ergeben. Die Vorstellung, mit dem Abschluss der handwerklichen Ausbildung und entsprechender handwerklicher Berufserfahrung sei typischerweise das gesamte Aufgabenfeld des Raumausstatterhandwerks mit sämtlichen in einem mittelständischen Betrieb anfallenden Tätigkeiten einschließlich Kundenberatung, kaufmännischer Angebotserstellung, Auftragsabwicklung usw. abgedeckt, sämtliche unterhalb der Meisterebene anfallenden Tätigkeiten und Arbeitnehmer seien wegen ihrer identischen handwerklichen Grundausbildung austauschbar, erscheint der Kammer als lebensfremd. Kennzeichnend für die Tätigkeit in einem Handwerksbetrieb ist vielmehr eine arbeitsteilige Aufgabenerledigung, wobei Arbeitsplätze mit handwerklichen Tätigkeiten im Rahmen der Auftragsausführung beim Kunden einerseits und Arbeitsplätze mit kaufmännischem Schwerpunkt andererseits unterschieden werden. Allein die Tatsache, dass auch bei der handwerklichen Tätigkeit typischerweise Kontakt zum Kunden besteht und auf dessen persönliche Vorstellungen im Rahmen der Auftragsabwicklung einzugehen ist, bedeutet nicht, dass damit bei sämtlichen Beschäftigten in gleicher Weise die Qualifikation zur Kundenberatung im Rahmen der Akquisition von Aufträgen und weiteren kaufmännischen Auftragsbearbeitung gegeben ist bzw. mit "kurzer Einarbeitung" erworben werden kann.
52d) Auch nach der konkreten Arbeitsorganisation im Betrieb der Beklagten, welche für das Verständnis der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung der Klägerin heranzuziehen ist, wird zwischen den unterschiedlichen Aufgabenbereichen rein handwerklicher Tätigkeiten im Rahmen der Auftragsausführung einerseits und der Aufgabenstellung der (kaufmännisch geprägten) Objektbearbeitung andererseits unterschieden. Gleich ob die verwendete Be-griffswahl im Raumausstattergewerbe üblich ist oder jedenfalls bei der Beklagten üblich war, stellt auch die Klägerin nicht in Abrede, dass die Beklagte einen Teil der gelernten Raumausstatter mit handwerklichen Tätigkeiten und eine andere Gruppe von Beschäftigten (zusätzlich) mit der sogenannten Objektbearbeitung betraut hat. Dementsprechend muss, auch wenn es insoweit an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung fehlt ein schriftlicher Arbeitsvertrag liegt nicht vor , davon ausgegangen werden, dass sich die arbeitsvertragliche Aufgabenstellung der Klägerin auf die von ihr durchgängig ausgeübten bzw. vergleichbaren handwerklichen Tätigkeiten des Raumausstatterhandwerks beschränkt. Ob die von der Beklagten als Objektbearbeiter eingesetzten Kräfte nach dem Inhalt ihrer Arbeitsverträge verpflichtet wären, auf entsprechende Weisung hin wieder ausschließlich handwerkliche Tätigkeiten zu erledigen, bedarf keiner Entscheidung. Demgegenüber kann allein aus der Tatsache, dass die Klägerin als Raumausstatterin eingestellt worden ist, nicht davon ausgegangen werden, das vertragliche Aufgabengebiet umfasse sämtliche anfallenden betrieblichen Tätigkeiten bzw. sämtliche Tätigkeiten, welche im Betrieb der Beklagten von Arbeitnehmern mit gleicher Ausbildung erledigt würden. Auch wenn es im vorliegenden Zusammenhang nicht unmittelbar um die Frage der Sozialauswahl und die Reichweite des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts, sondern darum geht, inwiefern die Klägerin den neu strukturierten Arbeitsplatzanforderungen sei es aufgrund ihrer Berufsausbildung, sei es aufgrund kurzer Einarbeitung gerecht wird, ist auch hier der Inhalt der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung für die vom Arbeitgeber zu treffende Auswahlentscheidung von Belang.
53Ändert der Arbeitgeber die bestehende Arbeitsorganisation und entstehen so neue Arbeits-plätze mit geänderten Qualifikationsanforderungen, so hat der Arbeitgeber den Beschäftig-ten die neu strukturierten Arbeitsplätze zur Vermeidung von Kündigungen auch dann anzu-bieten, wenn sie ohne wesentliche Änderung der Tätigkeit nunmehr als Beförderungs-stelle ausgewiesen sind (BAG Urt. v. 18.10.2000 2 AZR 465/99 AP § 9 KSchG 1969 Nr. 39; BAG Urt. v. 10.11.1994 2 AZR 242/94 AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65). Ein Anspruch auf Beförderung im Sinne der Übertragung einer höher-wertigen Beschäftigung kann hieraus jedoch nicht abgeleitetet werden. Kommen im Fall der
54Änderung der Arbeitsorganisation bei gleichzeitigem Personalabbau sämtliche beschäftigten Arbeitnehmer von ihrer Qualifikation her für die Erledigung der neu strukturierten Tätigkeit in Frage, so hat die Auswahl bei der Besetzung der neu geschaffenen Arbeitsplätze nach denselben Maßstäben wie die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zu erfolgen (vgl. die Nachweise bei KR-Etzel a.a.O. Rz 224). Das gilt wegen des Vorrangs der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung auch, wenn es zur Übertragung der geänderten Tätigkeit einer Änderung des Arbeitsvertrages bedarf. Kann hingegen der Arbeitgeber die neu strukturierte Tätigkeit einem Teil der Beschäftigten schon aufgrund des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts zuweisen und wäre für einen anderen Teil der Beschäftigten eine Änderung des Arbeitsvertrages erforderlich, so kann in entsprechender Anwendung der Grundsätze der Sozialauswahl nicht beanstandet werden, wenn der Arbeitgeber die neu strukturierten Arbeitsplätze mit denjenigen Beschäftigten besetzt, welche ohne Änderung des Arbeitsvertrages entsprechend eingesetzt werden können.
55Vorliegend geht es nicht einmal um eine Umorganisation der Arbeit in der Weise, dass für die Arbeitsplätze der Objektausstatter und Objektbearbeiter insgesamt geänderte Qualifikationsanforderungen erstellt werden und eine hierauf bezogene Auswahlentscheidung zu treffen ist. Die Gruppe der Objektbearbeiter hat vielmehr bereits in der Vergangenheit auch Tätigkeiten der Objektausstattung erledigt. Die Änderung der Arbeitsorganisation beschränkt sich also auf die Übertragung der übrigen Objektausstattertätigkeiten auf die Objektbearbeiter, welche hierzu sowohl nach ihrer fachlichen Qualifikation geeignet als auch nach dem Inhalt ihrer Arbeitsverträge hierzu verpflichtet sind. Geht man demgegenüber nach den vorstehenden Ausführungen davon aus, dass die Klägerin nach der bestehenden Betriebsorganisation allein im handwerklichen Bereich eingesetzt war und dies auch der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung entsprach, so war die Klägerin bei der Zuweisung der zusammengefassten Tätigkeiten nur nachrangig zu berücksichtigen. Selbst wenn also die Klägerin ohne weiteres oder nach zumutbarer Einarbeitung den Anforderungen des neu strukturierten Arbeitsplatzes gerecht werden könnte, käme eine Berücksichtigung der Klägerin im Rahmen einer Auswahlentscheidung aus Rechtsgründen nicht infrage.
56e) Da die Beklagte sämtliche mit der Klägerin fachlich und rechtlich vergleichbaren Objektausstatter entlassen hat, war diesbezüglich für eine Sozialauswahl kein Raum. Auch hinsichtlich der übrigen von der Klägerin als weniger schutzwürdig benannten Beschäftigten kann die getroffene Sozialauswahl nicht beanstandet werden.
57Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beschränkt sich die Sozialauswahl auf solche Arbeitsplätze, welche der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts also ohne Vertragsänderung zuweisen könnte (BAG Urt. v. 17.09.1998 2 AZR 725/97 AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 36; Urt. v. 17.02.2000 2 AZR 142/99 AP a.a.O. Nr. 46). Darauf, ob die Klägerin etwa als Verkäuferin die Tätigkeit der J1xxx L1xxx übernehmen könnte, kommt es unter diesen Umständen nicht an.
58Soweit es die Arbeitnehmerin Frau S3xxxxxx betrifft, welche wie die Klägerin im Bereich der Objektausstattung eingesetzt war, kann die Beklagte erfolgreich darauf hinweisen, dass Frau S3xxxxxx über eine Qualifikation mit abgeschlossener Ausbildung zur Polster- und Dekorationsnäherin und als Raumausstatterin verfügt und dementsprechend auch im Nähatelier eingesetzt worden ist. Die Zusatzqualifikation der Frau S3xxxxxx hat auch nicht deshalb ihre Bedeutung verloren, weil etwa die Beklagte gar keine Näharbeiten mehr verrichtet. Hierzu hat die Beklagte unwidersprochen klargestellt, dass zwar der Sohn des ehemaligen Alleininhabers der Beklagten ein Unternehmen zur Anfertigung von Gardinen und Dekora-tionen mit Hilfe von Nähautomaten gegründet und in diesem Zusammenhang offenbar auch Mitarbeiter der Beklagten übernommen hat; daneben besteht jedoch das Nähatelier der Beklagten mit einer entsprechenden Einzelfertigung unverändert weiter.
59Schließlich kann auch die Sozialauswahl im Verhältnis zu Herrn B2xx nicht beanstandet werden, welcher wie die Klägerin auch Aufgaben der Objektausstattung erledigt hat, daneben aber nach Angaben der Beklagten schwerpunktmäßig für den Privatkundenbereich zuständig ist. Der Einsatz auf diesem Gebiet umfasst aber insbesondere die eigenverantwortliche Kundenberatung. Mit der rein handwerklichen Aufgabenstellung der Klägerin ist dies nicht vergleichbar.
60II
61Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt gemäß § 91 ZPO die Klägerin, da sie unterlegen ist. Die Kosten des zweiten Rechtszuges waren gemäß § 97 Abs. 2 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.
62III
63Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.
64
Dr. Dudenbostel | Schreiber | Dau |
65
En.
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