Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 8 Sa 2403/04
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 18.11.2004 - 3 Ca 1415/04 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten im Berufungsrechtszuge noch um einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation. Hierzu vertritt die Klägerin die Auffassung, die im Arbeitsvertrag unter Ziffer 7 getroffene Regelung
3"Der Arbeitnehmer erhält Gratifikation in Höhe eines 13. Monatsgehaltes. Die Zahlung erfolgt freiwillig. Auch nach wiederholter Zahlung erwächst hierauf kein Anspruch..."
4sei inhaltlich unklar und unangemessen.
5Nachdem das Arbeitsgericht die Klage insoweit abgewiesen hat, verfolgt die Klägerin im Berufungsrechtszuge ihr Begehren weiter und beantragt,
6das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 4.153,16 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar von 553,16 seit dem 01.01.2003, von weiteren 1.800,00 seit dem 01.01.2004 und von weiteren 1.800,00 seit dem 01.01.2005.
7Die Beklagte beantragt,
8die Berufung zurückzuweisen.
9E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
10Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
11I
12Das Arbeitsgericht hat den verfolgten Anspruch mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, die in Ziffer 7 des Arbeitsvertrages getroffene Regelung stelle einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt dar, welcher einen Rechtsanspruch der Klägerin auf Zahlung der Gratifikation ausschließe. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigten keine Abänderung der Entscheidung.
131. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die im Arbeitsvertrag enthaltene Regelung hinreichend klar und unmissverständlich. Soweit die Klägerin zu den rechtlichen Unterschieden zwischen Freiwilligkeits- und Widerrufsklausel ausführt, "die feinen Überlegungen der Arbeitsgerichte zu dieser Frage mögen wissenschaftlich vertretbar sein, die Unterscheidung stoße ... aber auf wenig Verständnis der Arbeitnehmerseite", mag dies zutreffen. Maßgeblich ist indessen nicht, ob für die im Arbeitsvertrag getroffene Regelung "Verständnis" in dem Sinne besteht, dass die Regelung als inhaltlich akzeptabel erscheint, vielmehr ist im vorliegenden Zusammenhang entscheidend, dass die Regelung inhaltlich unmissverständlich gefasst ist. Wenn die Klägerin möglicherweise nur Satz 1 gelesen, hingegen die weitere Passage über die Freiwilligkeit der Zahlung und das Fehlen eines Rechtsanspruchs nicht zur Kenntnis genommen hat, begründet dies keine Unklarheit der Vertragsklausel. Die Formulierung, dass auch nach wiederholter Zahlung kein Anspruch erwächst, kann auch ohne juristische Vorbildung nur so verstanden werden, dass sich der Arbeitnehmer nicht darauf verlassen kann, auch künftig eine entsprechende Leistung zu erhalten. Vielmehr besteht auf die Zahlung "kein Anspruch".
142. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte auch nicht verpflichtet, jeweils zu Jahresbeginn festzulegen, ob für das laufende Jahr eine Gratifikationsleistung zu erwarten sei. Da ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Leistung gerade nicht besteht, wird erst durch die konkrete Ankündigung des Arbeitgebers vor Auszahlung der freiwillig gewährten Leistung oder auch erst durch die Auszahlung selbst eine Rechtsgrundlage für die Zahlung und das Behaltendürfen der Gratifikationsleistung geschaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht weder ein Rechtsanspruch noch eine ausreichende Grundlage für eine entsprechende Erwartung bzw. einen entsprechenden Vertrauenstatbestand. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.06.1975 AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 86 verweist, ist diese Rechtsprechung vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 05.06.1996 10 AZR 883/95 AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 193 ausdrücklich aufgegeben worden. Weitergehend hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 07.08.2002 10 AZR 709/01 AP § 4 a Entgelt FG Nr. 2 unter Einschränkung der früheren Rechtsprechung klargestellt, dass bei freiwilligen Sonderleistungen, auf welche keinerlei Ansprüche des Arbeitnehmers bestehen, der Arbeitgeber auch in der inhaltlichen Ausgestaltung der Sonderzahlung bis zum Auszahlungszeitpunkt frei und dementsprechend grundsätzlich auch berechtigt ist, die Leistungsgewährung von vorher nicht bekannt gegebenen Gesichtspunkten abhängig zu machen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Leistung eben nur in Aussicht gestellt, ein Rechtsanspruch aber ausdrücklich ausgeschlossen ist.
153. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt auch nicht mit der Begründung für unwirksam erklärt werden, auf diese Weise werde die Zahlung der Arbeitsvergütung jedenfalls mit einem Anteil von einem Dreizehntel in das Belieben des Arbeitgebers gestellt. Richtig ist zwar, dass die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungen (Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, Vergütungspflicht des Arbeitgebers) nicht ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Vertragstreue als "freiwillige" Leistungen ausgestal-tet werden können. Zu den im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Vergütungsansprü- chen gehört die hier maßgebliche Gratifikationsleistung jedoch nicht. Wie sich aus den wie-teren Modalitäten der Gratifikationswährung wie sie in Ziffer 7 des Arbeitsvertrages aufge-führt sind ergibt, ist die Leistungsgewährung sowohl an eine Stichtagsregelung als auch an einen Rückzahlungsvorbehalt gebunden. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass mit der Sonderzuwendung nicht die Arbeitsleistung der Klägerin vergütet, sondern die geleistete
16Betriebstreue belohnt und zugleich ein Anreiz für weitere Betriebstreue gegeben werden soll. Im Gegensatz zur Vereinbarung eines regulären 13. Monatsgehalts, welches an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist und damit einen Teil der als Gegenleistung für die Arbeit gezahlten Vergütung darstellt, verfolgt der Arbeitgeber mit der Gewährung der im Arbeitsvertrag erwähnten Gratifikationsleistung einen andersartigen Zweck, nämlich die Honorierung der Betriebstreue. In Bezug auf derartige zusätzliche Vergütungsbestandteile bestehen aber keine Bedenken dagegen, dass der Arbeitgeber durch eine entsprechend klar gefasste Klausel im Arbeitsvertrag einer rechtlichen Bindung ausweicht. Da ein vertraglicher Anspruch von vornherein nicht begründet ist, scheidet auch eine entsprechende Heranziehung des Rechtsgedanken des § 308 Nr. 4 BGB aus. Auch das arbeitsrechtliche Schrifttum hält dementsprechend die Vereinbarung von Freiwilligkeitsvorbehalten bei Gratifikationsleistungen für unbedenklich zulässig (vgl. Hanau/Hromadka, NZA 2005, 75; Lindemann, AuR 2004, 206; Seel, MDR 2004, 1394; Lakies, AR-Blattei SD 35 Rz 318, 321; Thüsing in: von Westphalen, Vertragsrecht und AGB Klauselwerke, Stichwort Arbeitsverträge, Rz. 111).
17II
18Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Klägerin zu tragen.
19III
20Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Kammer folgt bei ihrer Entscheidung der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welche aus den dargestellten Gründen durch die Regeln der Schuldrechtsreform nicht in Frage gestellt wird.
21
Dr. Dudenbostel | Stahlschmidt | Kerker |
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/Go.
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