Beschluss vom Landesarbeitsgericht Hamm - 5 Ta 415/15
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 08.04.2015 gegen den Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 13.03.2015 - 2 Ca 776/14 - wird zurückgewiesen.
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Gründe
2I. Unter dem 27.05.2014 hatte der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde am 03.06.2014 nachgereicht. Das Verfahren endete am 13.03.2015.
3In seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatte der Kläger angegeben, sich in Privatinsolvenz zu befinden. Nach einem Schreiben seines Treuhänders vom 12.05.2015 (Bl. 44 PKH-Akte) leistet der Kläger derzeit keine Zahlungen auf die Insolvenzmasse.
4Das Einkommen des Klägers beträgt nach den insoweit nicht angegriffenen Berechnungen des Arbeitsgerichts 1.413,94 €. Der unpfändbare Betrag für den Kläger, der keine Unterhaltspflichten hat, beträgt 1.049,99 €.
5Das Arbeitsgericht errechnete bei Berücksichtigung der geltenden Freibeträge und geltend gemachten Belastungen eine monatliche Rate von 175,00 €, die der Kläger auf die Prozesskosten zu zahlen hat. Der Kläger wandte gegen die Berechnung ein, dass er aufgrund der Privatinsolvenz keine so hohe Ratenzahlung zu leisten habe und verwies auf die Pflicht zur Abführung der pfändungsfreien Beträge an den Treuhänder.
6Mit Beschluss vom 13.03.2015 erging sodann der streitige Beschluss, der am 13.03.2015 im Kammertermin zugestellt wurde. Gegen diesen wendet sich der Kläger mit seiner am 08.04.2015 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Einen Nachweis der Zahlung der pfändungsfreien Beträge an den Treuhänder erbrachte er auch daraufhin nicht, weshalb das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 07.07.2015 nicht abgeholfen wurde.
7Der Sachverhalt wurde der Beschwerdekammer vorgelegt.
8II. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 46 Abs. 2 Satz 3, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff ZPO zulässig. Die einmonatige Notfrist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist gewahrt.
9In der Sache ist die sofortige Beschwerde aber unbegründet.
10Gemäß der §§ 114, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht und das Prozesskostenhilfe-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt. Vollständig ist die Prozesskostenhilfe-Antragstellung, wenn sie § 117 Abs. 2 ZPO entspricht. § 117 Abs. 4 ZPO schreibt für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO) die Benutzung des amtlichen Vordrucks vor. Diesem sind entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Nach § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann das Gericht darüber hinaus verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen oder Auskünfte einholen (§ 118 Abs. 2 ZPO). Dies entbindet den Antragsteller jedoch nicht von seiner Verpflichtung, die notwendigen Belege zur Glaubhaftmachung auch ohne gerichtliche Aufforderung von sich aus gemäß § 117 Abs. 2 ZPO der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Geschieht dies nicht, muss das Gericht auf den Mangel hinweisen und innerhalb einer gesetzten Frist zur Glaubhaftmachung auffordern (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Die erforderlichen Belege müssen bis zum Ende der Instanz vorliegen, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird, da sie nur so dem gesetzlichen Zweck gerecht wird, der mittellosen Partei die Durchführung eines Rechtsstreites zu ermöglichen (grundsätzlich hierzu BAG, Beschluss v. 03.12.2003, 2 AZB 19/03, - juris -; ständige Rechtsprechung der erkennenden Kammer, siehe nur Beschluss v. 30.11.2011, 5 Ta 506/11).
11Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde zu Recht nicht abgeholfen.
12Grundsätzlich hindert das Vorliegen einer Privatinsolvenz nicht, dass gleichzeitig Raten auf die bewilligte Prozesskostenhilfe zu zahlen sind. Die Berechnung für die dem Schuldner bzw. hier Antragsteller in jedem Fall zu verbleibenden Einkommensteile ist unterschiedlich. Die verbleibenden Einkommensanteile im Rahmen der Insolvenz richten sich nach den Pfändungstabellen. Diese sollen verhindern, dass eine „Kahlpfändung“ eines Schuldners erfolgt. Die weitere Aufrechterhaltung des Lebensunterhaltes durch Erwerbsarbeit soll gefördert, die Motivation, stattdessen Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, verringert werden (siehe nur Zöller-Stöber, 30. Aufl., § 850 Rz. 1 m.w.N.). Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II beschreiten dagegen den entgegengesetzten Weg, und gewähren dem Berechtigten einen als Pauschalbetrag zu zahlenden Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dieser umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Nur wer diese vom Gesetz als erforderlich angesehen Beträge nicht aus eigenem Einkommen erwirtschaften kann, ist anspruchsberechtigt.
13Die Berechnung des anzurechnenden Einkommens im Rahmen der Prozesskostenhilfe folgt diesen Vorgaben. So werden gemäß § 115 Abs. 1 ZPO die auch gemäß §§ 20 Abs. 5 SGB II, 28 SGB XII geltenden Sätze als Freibeträge angerechnet, die weiteren Belastungen werden ebenfalls entsprechend angerechnet.
14Das Arbeitsgericht hat daher zum Entscheidungszeitpunkt aufgrund der vorhandenen Erklärungen und Belege eine rechnerisch und sachlich korrekte Entscheidung getroffen, die als Grundlage haben, dass dem Schuldner ausreichend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts verbleiben. Bei der Prozesskostenhilfe handelt es sich um eine Form der Sozialhilfe, die Berechnung folgt den Grundsätzen für die Berechnung der Leistungen zur Gewährleistung des Lebensunterhaltes, welche dem Antragsteller ein geringeres schutzwürdiges Einkommen belassen, als die Pfändungsgrenzen. Insofern besteht hier auch kein Wertungswiderspruch, wenn auch in der Privatinsolvenz Raten auf bewilligte Prozesskostenhilfe zu leisten sind (LAG Hamm, Beschluss v. 28.05.2014, 5 Ta 311/14, n.v.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. September 2012 – 10 Ta 142/12 –, juris; so auch LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. September 2009 – 6 Ta 153/09 –, juris).
15Die Situation der Privatinsolvenz findet dabei durchaus auch bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe Berücksichtigung, insofern die tatsächlich an den Treuhänder geleisteten Beträge zur Bedienung der Insolvenzmasse als Belastung i.S. des § 115 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO zu berücksichtigen sind (Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 09. Dezember 2010 – 1 Ta 341/10 –, juris).
16Hier gilt allerdings der allgemeine Grundsatz, dass Belastungen der PKH-Partei nicht berücksichtigt werden, solange zwar eine Schuld oder Verpflichtung dem Grunde nach besteht, tatsächlich aber von der Partei nicht bedient wird (LAG Hamm, Beschluss v. 02.10.2014, 5 Ta 193/14, n.v.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.06.2007, 8 Ta 165/07, juris).
17Der Kläger hat trotz mehrfacher Aufforderungen des Arbeitsgerichts auch noch nach Einlegung der sofortigen Beschwerde diesen Nachweis nicht erbracht, im Gegenteil ergibt sich aus der Auskunft des Treuhänders, dass er seinen dortigen Verpflichtungen gerade nicht nachkommt.
18Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.
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