Beschluss vom Landesarbeitsgericht Hamburg (1. Kammer) - 1 Ta 10/15

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. Juli 2015 (27 Ca 98/15) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Im Ausgangsverfahren verlangte der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung vom 12. Februar 2015.

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Der Kläger war mit einer anrechenbaren Betriebszugehörigkeit seit dem 16. Oktober 2007 im Betrieb der Beklagten, in dem regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sind, auf einem Arbeitsplatz in der Verwaltung in Hamburg beschäftigt. Sein Jahresgehalt betrug € 72.348,87 brutto. Im Termin zur Güteverhandlung am 24. April 2015 schlossen die Parteien einen Vergleich, wegen dessen Einzelheiten auf das Protokoll dieser Verhandlung (Bl. 17 ff d.A.) verwiesen wird.

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Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht Hamburg nach deren Anhörung durch Beschluss vom 23. Juli 2015 den Gegenstandswert festgesetzt, und zwar auf € 18.087,22 für die Klage und für den Vergleich auf einen Mehrwert von € 13.465,52. Gegen diesen Beschluss, der den Prozessbevollmächtigten des Klägers 29. Juli 2015 zugestellt wurde, haben diese mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015, beim Arbeitsgericht eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14. August 2015 dieser Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

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1) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes € 200 übersteigt. Das ist hier der Fall, weil die Anwaltsgebühren bei dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Wert € 4.488,68 betrügen, während sie sich bei dem von den Prozessbevollmächtigten des Klägers für richtig gehaltenen Wert auf € 5.202,68 beliefen. Die Beschwerde ist in der nach § 33 Abs. 7 Satz 1 RVG vorgesehenen schriftlichen Form beim Arbeitsgericht eingelegt worden, an das die Beschwerde nach § 33 Abs. 7 Satz 3 RVG zu richten ist. Die Beschwerdeführer sind durch den angegriffenen Beschluss beschwert, weil sich ihre Vergütung nach dem festgesetzten Wert richtet.

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2) Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Arbeitsgericht den Wert jedenfalls nicht zu niedrig festgesetzt hat.

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a) Der Wert der in Ziffer 2 des Vergleichs geregelten Freistellung ist schon deshalb nicht zu niedrig festgesetzt, weil diese Freistellung überhaupt nicht werterhöhend zu berücksichtigen gewesen wäre. Eine Einigungsgebühr fällt an, wenn durch die Einigung der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird (Ziffer 1000 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG). Durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs wird das Gerichtsverfahren erledigt, so dass der Wert des Vergleichs dem Wert des anhängigen Verfahrens entspricht. Ein Mehrwert für einen Vergleich kann nur entstehen, wenn dadurch weitere Streitigkeiten oder Ungewissheiten beseitigt werden, die noch nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens waren. Zweck der gebührenrechtlichen Regelung ist ersichtlich, dass die Mitwirkung an der gütlichen Klärung von Streitigkeiten oder Ungewissheiten vergütet werden soll. Nicht dagegen bezweckt die Regelung, dass die von beiden Seiten erbrachten Leistungen zur Erzielung der Einigung über den bereits anhängigen Gegenstand zusätzlich beim Wert berücksichtigt werden. Der „Preis“, den beide Seiten zur Erledigung des anhängigen Verfahrens zahlen, ist für einen Vergleichsmehrwert ohne Bedeutung. Nur die Erledigung weiterer Streitigkeiten oder Ungewissheiten rechtfertigt nach Ziffer 1000 RVG einen erhöhten Wert für die Einigungsgebühr.

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Dieses Verständnis wird auch dadurch bestätigt, dass ein Mehrwert beim Vergleich zugleich eine höhere Verfahrens- und Termingebühr auslöst. Aus welchen Gründen ein „höherer Preis“ für die Einigung nur des anhängigen Streitgegenstandes diese Folgen haben soll, ist nicht ersichtlich. Die Parteien haben ja gar keine weiteren Gegenstände geregelt, über die zwischen ihnen Streitigkeiten oder Ungewissheiten bestanden, sondern nur die Leistungen bestimmt, die sie für die Erledigung des schon anhängigen Rechtsstreits zu erbringen bereit sind.

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Da nicht ersichtlich ist, dass durch die Freistellungsregelung in Ziffer 2 des Vergleichs ein weiterer Streit oder eine weitere Ungewissheit erledigt worden ist, wäre dafür auch kein Wert festzusetzen gewesen. Demgemäß ist erst recht kein höherer als der vom Arbeitsgericht angenommene Wert anzusetzen.

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b) Für die Bonusansprüche für die Jahre 2014 und 2015 ist ein Streit oder eine Ungewissheit zwischen den Parteien nicht ersichtlich. Es kann aus den soeben genannten Gründen kein höherer Wert für den Vergleich angesetzt werden.

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c) Soweit die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Wertfestsetzung zu Ziffer 6 des Vergleichs angreifen, ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich die Wertfestsetzung zu Ziffer 7 des Vergleichs meinen. Sie nehmen nämlich ausdrücklich auf die Zeugnisregelung in „Ziffer 6“ Bezug. Die Zeugnisregelung befindet sich aber in Ziffer 7. Insoweit ist die Beschwerde unbegründet, weil das Arbeitsgericht hierfür exakt den Wert angesetzt hat, den die Beschwerde für richtig hält.

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d) Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist für die Ziffer 8 des Vergleichs kein höherer Wert anzusetzen. Ein Streit oder eine Ungewissheit zwischen den Parteien ist hinsichtlich dieses Punktes nicht zu erkennen. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Geregelt werden nur die Bedingungen, unter denen die Einigung über den anhängigen Streitgegenstand erfolgt, nicht aber ein weiterer Gegenstand. Der Preis für die Einigung über den anhängigen Gegenstand erhöht nicht den Wert der Einigung und erst recht nicht den Wert des Verfahrens oder der Terminwahrnehmung.

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3) Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.

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