Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 4 Sa 697/87
Tenor
Auf die Berufung der Klägerinnen zu 1.), 2.) und 4.) und des Klägers zu 6.) werden die Urteile des Arbeitsgerichts Köln vom 14.4., 7.5., 8.7. und 15.7.1987
- 1 Ca 452/87 –- 8 Ca 642/87 –- 3 Ca 285/87 –und 3 Ca 454/87 - abgeändert:
1) Es wird festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 31.12.1986 unwirksam ist und das zwischen der Klägerin zu 1.) und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat.
2) Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin zu 2.) und der Beklagten durch die Kündigung vom 12.1.1987 nicht aufgelöst, worden ist.
3} Es wird festgestellt, daß die Kündigung der Beklagten vom 19.12.1986, zugestellt am 31.12.1986, das zwischen der Klägerin zu 4.) und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 31.7.1987 beendet hat.
4) Es wird festgestellt, daß die ordentliche Kündigung der Beklagten von 19.12.1986 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 6) und der Beklagten aufgrund dieser Kündigung nicht zum 31.7.1987 beendet worden ist.
Die Berufungen der Beklagten gegen die am 7.7. und 14.8.1987 verkündeten Urteile des Arbeitsgerichts Köln - 15 Ca 3180/87 - und - 2 Ca 453/87 - werden zurückgewiesen.
Die erstinstanzliche Kostenentscheidung in dem Verfahren - 15 Ca 3180/87 - bleibt aufrechterhalten.
Die Beklagte trägt im übrigen die Kosten des Verfahrens.
Streitwert: für das Verfahren 4 (2) Sa 1045/87 4.200,-- DMsonst unverändert (insgesamt: 47.752,30 DM)
1
Tatbestand:
2Die beklagte Krankenhausstiftung betrieb bis 31.7.1987 eine Bildungseinrichtung mit drei Zweigen, einer einjährigen Berufsfachschule der Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft, einer zweijährigen Berufsfachschule für Sozialpflege und einer dreijährigen Fachschule für Sozialpädagogik. Im Jahre 1986 beschloß das Kuratorium, die Bildungseinrichtung zu schließen und kündigte deshalb allen Lehrern, u. a. den fünf Klägerinnen und dem Kläger des vorliegenden Verfahrens mit Wirkung zum 31.7.1987. Der Streit der Parteien geht im wesentlichen um die Frage, ob die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung eine ernsthafte Stilllegungsabsicht hatte oder ob die Bildungseinrichtung von der Stadt K übernommen worden ist, die ab 1.8.1987 in den gleichen Räumlichkeiten eine Fachschule für Sozialpädagogik errichtet hat und die bisherigen Schüler der zweijährigen Berufsfachschule weiter unterrichtet, für den Unterricht allerdings nicht die bisherigen Lehrer, sondern Lehrer einer anderen Berufsfachschule einsetzt.
3Die Klägerinnen und der Kläger des vorliegenden Verfahrens waren mit Ausnahme der Klägerin zu 1), die ganz überwiegend an der zweijährigen Berufsfachschule für Sozialpflege unterrichtet hat, an der Fachschule, für Sozialpädagogik tätig.
4Die Klägerin zu 1) ist 19... geboren, verheiratet und hat ein Kind; sie ist seit 1.8.1973 an der Schule als Lehrerin für hauswirtschaftliche Praxis, Haushaltspflege und Nahrungsmittallehre tätig. Sie unterrichtete 25 Wochenstunden. In dem Arbeitsvertrag vom 20.5.1973 ist u. a. die Geltung des BAT vereinbart (vgl. im übrigen wegen des Vertragsinhalts Band I, Bl. 4 ff d. A.). Mit Schreiben vom 19.12.1986, der Klägerin zugegangen am 31.12.1986, sprach die Beklagte der Klägerin zunächst eine Änderungskündigung aus und wollte die Klägerin ab 1.8.1987 in der Küche des Krankenhauses einsetzen. Nachdem die Klägerin ein ärztliches Attest vorgelegt hat, nach dem sie derartige Arbeiten nicht verrichten kann, sind die Parteien nunmehr einig, daß die Kündigung vom 19.12.1986 als Beendigungskündigung gilt.
5Die Klägerin zu 2) ist 19... geboren, verheiratet mit einem Kind und seit 1983 als Lehrerin für Jugendhilfe und Jugendrecht an der Fachschule für Sozialpädagogik tätig. Sie hat ein Jurastudium absolviert und unterrichtet vier Wochenstunden, ihre Vergütung beträgt 257,60 DM monatlich zuzüglich Sondervergütungen für Prüfungen etc. Auch ihr ist mit Schreiben vom 19.12.1986, ihr zugegangen am 12.1.1987, gekündigt worden.
6Die Klägerin zu 3) ist 19... geboren, verheiratet und seit dem 1.8.1980 als Musiklehrerin halbtags an der Fachschule für Sozialpädagogik beschäftigt; zuvor war sie ein Jahr befristet angestellt. Sie hat zuletzt 1.400,-- DM verdient. Ihr ist mit Schreiben vom 13.4.1987, zugegangen am 23.4.1987, zum 31.7.1987 gekündigt worden. Mit Rücksicht auf die Mutterschutzbestimmungen hat die Beklagte die Kündigung nicht zusammen mit den anderen Kündigungen ausgesprochen. Ein bei dieser Klägerin erstinstanzlich beschiedener Weiterbeschäftigungsantrag ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.
7Die Klägerin zu 4) ist seit 1.8.19... als Lehrerin für Didaktik und Methodik der sozialpädagogischen Praxis an der Fachschule für Sozialpädagogik tätig. Ihr Einkommen betrüg zuletzt 3.900,-- DM. Die Kündigung vom 19.12.1986 ist ihr am 31.12.1986 zugegangen.
8Die Klägerin zu 5) ist 19... geboren und unterrichtete ab 1.2.1976 ebenfalls Didaktik und Methodik der sozialpädagogischen Praxis an der Fachschule für Sozialpädagogik. Die Kündigung vom 19.12.1986 ist ihr am 8.1.1987 zugegangen.
9Der Kläger zu 6.) ist 40 Jahre alt und seit 1.11.1970 als Kunstlehrer an der Schule angestellt. Er unterrichtet seit 29.8.1983 21 Wochenstunden. Die Geltung des BAT ist arbeitvertraglich vereinbart. Das Einkommen des Klägers betrug zuletzt 3.000,-- DM brutto. Die Kündigung vom 19.12.1986 ist ihm am 2.1.1987 zugegangen.
10Im Jahre 1986 waren die Schülerzahlen in der von der Beklagten betriebenen Bildungseinrichtung, die das einzige derartige Angebot im rechtsrheinischen K. Raum darstellt, rückläufig. Ebenso rückläufig waren die Schülerzahlen in der von der Stadt K. betriebenen linksrheinischen Berufsfachschule in L. (vgl. Zeitungsmeldung vom 11.7.1986, Band I, Bl. 55 f d. A.}. Es wurden deshalb schon damals unter Einbeziehung der Stadt K. und der Schulbehörde Überlegungen angestellt, beide Schulen zusammenzulegen, d. h. in den Räumen des Krankenhauses eine von der Stadt K. geführte Zweigstelle der L. Berufsfachschule zu betreiben. Auch der Geschäftsführer der Beklagten sprach sich in einem Schreiben an den Lehrerrat vom 6.6.1986 (Band VI., Bl. 60 d. A.) für eine derartige Möglichkeit (Überführung der Bildungseinrichtung auf die Stadt K. ) aus. Am 10.10.1986 beschloß das Kuratorium der Beklagten im Grundsatz, die Bildungseinrichtung aus der Trägerschaft der Krankenhausstiftung P. herauszulösen und in die Trägerschaft, der Stadt K. zu überführen. Die Verwaltung würde beauftragt, entsprechende Schritte in die Wege zu leiten und insbesondere die Verhandlungen mit der Stadt K. und mit der Schulaufsicht, zu führen. Die Unterrichtung der Schüler solle nach Möglichkeit weiterhin in den Räumen der Bildungseinrichtung erfolgen (vgl. Band VI, Bl.61 d. A.). Der Kuratoriumsbeschluß entsprach einer Tischvorlage des Geschäftsführers der Beklagten, der sich ebenfalls dafür einsetzte, auf eine Übernahme der Bildungseinrichtung in die Schulträgerschaft der Stadt K. hinzuwirken (Band V, Bl. 50 d.A.). In einem Schreiben vom 2.12.1986 an den Betriebsrat, den Schulleiter und den Lehrerrat wies die Beklagte darauf hin, aus rechtlichen Gründen sei es nicht möglich, die Bildungseinrichtung aus der Trägerschaft der Krankenhausstiftung herauszulösen und in die Trägerschaft der Stadt K. überführen. Da die Genehmigung der Ersatzschule nur für den Schulträger gelte, werde der Kuratoriumsbeschlüß dahingehend erweitert, die Ersatzschulen mit Ablauf des Schuljahres 1986/87 aufzulösen. Weiterhin habe sie das Schulverwaltungsamt der Stadt K. gebeten, entsprechend seiner schriftlichen Zusage vom 24.11.1986 die Übernahme der bestehenden Klassen an die berufsbildenden Schulen der Stadt K. anzubinden, wobei nach Möglichkeit die Unterrichtung weiterhin in den Räumen der Bildungseinrichtung erfolgen solle (vgl. Band VI, 81. 62 f d. A.). In den Kündigungsschreiben vom wies die Beklagte darauf hin, aufgrund der Beschlüsse des Kuratoriums vom 10.10. und 19.12.1936 solle die Bildungseinrichtung aufgelöst werden, da alle bisherigen Verhandlungen mit der Stadt K. und der Schulaufsichtsbehörde über eine vollzählige Übernahme der Lehrkräfte fehlgeschlagen seien, müsse das Arbeitsverhältnis gekündigt werden.
11Am 21.1.1987 fand eine Besprechung zwischen der Beklagten und leitenden Beamten der Stadt K... statt (vgl. Besprechungsniederschrift vom 22.1.1987, Band V, Bl. 57 d. A.), Die Besprechung betraf die "Auflösung der von der Krankenhausstiftung betriebenen Ersatzschule“ und die "Übernahme der Schüler" an die Schule. Wie bereits mit der Schulaufsicht vorgeklärt, sei die Stadt K...) bereit, die zur Zeit an der Bildungseinrichtung unterrichteten Schüler ab Schuljahr 1987/88 zu übernehmen und ihrer Schule in L. zuzuweisen. Die Schüler, die bereits ihre Ausbildung begonnen hätten, würden, im Gebäude der Bildungseinrichtung, in dem eine Nebenstelle der linksrheinischen Schule eingerichtet werde, weiter unterrichtet. Die dreijährige und die zweijährige Schule sollten weitergeführt werden. Für die zweijährige Schule solle der Errichtungsbeschluß unverzüglich herbeigeführt werden. Die einjährige Schule solle mit dem Schuljahr 1986/87 auslaufen. Die Krankenhausstiftung werde das bisher benutzte Gebäude (einschließlich Mobiliar und Unterrichtsmitteln) für die Nebenstelle der Schule der Stadt K. gegen eine Anerkennungsgebühr zur Verfügung stellen. Betriebs- und Unterhaltskosten solle die Stadt K. übernehmen. Die personellen Voraussetzungen für die Unterrichtung müsse die Schulaufsicht schaffen, soweit die bisherigen Lehrer nicht, in den öffentlichen Schuldienst übernommen werden könnten, bemühten sich Stadt K. und Krankenhausstiftung gemeinsam um ihre Unterbringung. Anmeldungen für die dreijährige und die zweijährige Schule nehme sowohl die Beklagte als auch die Stadt K. entgegen. Es solle ab 2.2.1987 in der Presse in der üblichen Form um neue Schüler geworben werden. Das Weiterbestehen der Schulnebenstelle sei abhängig von der weiteren Entwicklung der Schülerzahlen.
12In einer Pressekonferenz nahmen die Beklagte und die Stadt K. zu der gefundenen Lösung Stellung (vgl. die Pressenotizen Band I, 81. 34 ff d. A.). Ab Februar 1987 warb die Stadt K. um neue Schüler mit dem Hinweis, die dreijährige und die zweijährige Berufsfachschule der Bildungseinrichtung der Krankenhausstiftung in P. würden ab Schuljahr 1987/88 als Nebenstelle der städtischen berufsbildenden Schule ... im bisherigen Schulgebäude fortgeführt, Anmeldungen nähmen die Beklagte und die Stadt K. entgegen. Schülern, die sich für das neue Schuljahr anmeldeten, teilte der Schulleiter der K. Schule mit, nachdem nun gesichert sei, daß die berufsbildende Schule der Stadt K. die Fachschule für Sozialpädagogik der Bildungseinrichtung der Beklagten übernehme und weiterführen werde, freue er sich, der Schülerin, einen Ausbildungsplatz in der künftigen Zweigstelle, in P. zuteilen zu können (vgl. Band VI, Bl. 59 d. A., ebenso einen entsprechenden Zwischenbescheid vom 23.2.1987, Band IV, Bl. 62 d. A.). Die Bildungseinrichtung der Beklagten bestätigte mit Schreiben vom 12.5.1987 einer Klägerin, daß der Unterricht der Fachschule für Sozialpädagogik und der Berufsfachschule für Sozialpflege für die Stadt K. im neuen Schuljahr in den Räumen der Bildungseinrichtung der Beklagten weitergeführt werde (Band V, 81. 49 d. A.). Mit Schreiben vom 19.5.1987 schränkte er allerdings ein, für die zweijährige Berufsfachschule für Sozialpflege werde im Gegensatz zur ursprünglichen Absicht kein Errichtungsbeschluß durch die Stadt K. herbeigeführt, weil die Zahl der Neuanmeldungen für das Schuljahr 1987/88 zu gering gewesen sei (Band VI, Bl. 71 d. A.). Mit Schreiben vom 4.6.1987 bestätigte die Stadt K. einer Schülerin die Aufnahme in die "Fachschule für Sozialpädagogik der Stadt K. , Zweigstelle P. " (Band V, Bl. 95 d. A.).
13Mit Beginn des neuen Schuljahres nahm die Stadt K. den Schulbetrieb in den bisherigen Räumlichkeiten auf, für die Fachschule für Sozialpädagogik u, a. mit einer Klasse neu aufgenommener Schüler. Das Inventar wurde weiter benutzt, die neuen Lehrer übernahmen auch das Unterrichtsmaterial, die neue Musiklehrerin wurde nach der Behauptung der Klägerin zu 3) von ihrer Schulleitung gebeten, mit der Klägerin zu 3) Kontakt aufzunehmen, um Lehrpläne und Unterrichtsinhalte von ihr zu bekommen und vor allem die Unterrichtsräume und das Musikinventar zu besichtigen. Nach der Behauptung der Klägerin zu 5) wurde eine Lehrerin der Fachschule für Sozialpädagogik der Stadt K. , die seit längerer Zeit auf einer halben Stelle gearbeitet hatte, zum Schuljahresbeginn seitens der Stadt K. per Verfügung angewiesen, wieder in vollem Umfang tätig zu werden, damit der Unterricht gewährleistet werden könne.
14Die Klägerinnen und der Kläger der erstinstanzlich noch nicht verbundenen Verfahren halten die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Sie behaupten, die Beklagte habe nie die ernsthafte Absicht gehabt, die Bildungseinrichtung zu schließen. Von Anfang an habe sie vorgehabt, die Schule in die Trägerschaft der Stadt K. zu überführen. Dieser Plan sei auch letztlich dadurch verwirklicht worden, daß die Beklagte formell die Schule geschlossen habe und die Stadt K. in unmittelbarem Anschluß an die Schließung die Schule mit sämtlichen Betriebsmitteln, den alten und einigen neuen Schülern wieder eröffnet habe. Bis auf die nicht übernommenen Lehrkräfte sei der gesamte Schulbetrieb von der Stadt K. übernommen worden.
15Die Beklagte hat behauptet, mit Rücksicht auf die rückläufigen Schülerzahlen habe sich der Zuschußbedarf der Schule ständig erhöht. Aus eigenen Mitteln habe sie diese Zuschüsse nicht mehr aufbringen können und sei deshalb im Hinblick auf ihre prekäre Finanzlage gezwungen gewesen, die Schule zu schließen. In den Verhandlungen mit der Stadt K. sei es nicht um eine Übernahme der Schule gegangen, sie sei nur aufgrund des Schulrechts als Ersatzschulträger verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, daß die Schüler ihrer Schule ihre Ausbildung anderweitig hätten fortsetzen können.
16Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
17Die Klägerinnen zu 1), 2) und 4) und der Kläger zu 6) sind erstinstanzlich unterlegen. Dia Klägerinnen zu 3) und 5) haben erstinstanzlich obsiegt und es ist festgestellt worden, daß die Kündigung der Beklagten ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Wegen der Begründung wird jeweils auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Urteile Bezug genommen. Soweit die Klägerinnen zu 1), 2) und 4) und der Kläger zu 6) bzw. die Beklagte erstinstanzlich unterlegen sind, wenden sie sich gegen die angefochtenen Urteile vor allem mit Rechtsausführungen, soweit sie obsiegt haben, stützen sie die angefochtenen Urteile.
18Die Klägerin zu 1) rügt darüber hinaus in ihrem Fall die Anhörung des Betriebsrates als nicht ordnungsgemäß. Sie behauptet, bei der ursprünglichen Änderungskündigung sei ihr konkreter Einsatzbereich im Wirtschaftsbereich des Krankenhauses letztlich offengeblieben. Der Betriebsrat habe der Kündigung letztlich nur deshalb nicht widersprochen, weil er aufgrund vorangegangener Informationen der Meinung gewesen sei, sie solle als Diätassistentin eingesetzt werden. In Wahrheit sei aber ihr Einsatz als Köchin beabsichtigt gewesen. Auch über den Verhandlungsstand zwischen der Beklagten und der Stadt K. sei der Betriebsrat nicht vollständig und richtig informiert worden. Bereits: zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrats zu den Kündigungen habe im wesentlichen festgestanden, daß die Stadt K. die Bildungseinrichtung - wenn auch eingeschränkt - übernehmen und im wesentlichen unverändert fortführen werde. Bei richtiger und vollständiger Information über diesen Stand der Übernahmeverhandlungen hätte der Betriebsrat in jedem Fall den Kündigungen widersprochen.
19Die Klägerin zu 3) macht geltend, die Kündigung sei schon deshalb rechtsunwirksam, weil sie nicht von ihrem Arbeitgeber, sondern vom "Krankenhaus P. am R... ", das keine eigene Rechtspersönlichkeit besitze, ausgesprochen sei. Außerdem habe die Beklagte mit dem 31.7. nicht den richtigen Kündigungstermin gewählt. Nach dem für anwendbar erklärten BAT müsse der 30.9. als Kündigungstermin gelten.
20Der Klägerin zu 4) hat die Beklagte eine Weiterbeschäftigung im Krankenhaus als Sozia1arbeiterin angeboten, die Parteien haben sich allerdings noch nicht über die Eingruppierung der Klägerin in einem derartigen Arbeitsverhältnis einigen können.
21Der Kläger zu 6) beruft sich darauf, sein Arbeitsverhältnis sei nach § 53 Abs. 3 BAT unkündbar. Die Beklagte habe ihm im Jahre 1979 als Beginn der Beschäftigungszeit im Sinne des § 19 BAT den 1.8.1971 bestätigt. Selbst wann diese Bestätigung unzutreffend gewesen sei, könne er sich im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten auf den Vertrauensschütz berufen. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag nimmt der Kläger zu 6) die Beklagte auf Zahlung einer Abfindung nach § 10 KSchG in Anspruch mit der Begründung, die Beklagte habe es versäumt, mit ihrem Betriebsrat nach § 112 BetrVG einen Interessenausgleich auszuhandeln oder auch nur zu versuchen.
22Die Klägerin zu 1) beantragt,
23unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 31.12.1986 unwirksam ist und das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis dadurch nicht aufgelöst wird.
24Die Klägerin zu 2) beantragt,
25unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 12.1.1987 nicht aufgelöst wurde.
26Die. Klägerin zu 4} beantragt,
27unter Aufhebung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 19.12.1986, zugestellt am 31.12.1986, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 31.7.1987 beendet hat.
28Der Kläger zu 6) beantragt,
29das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, daß die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19.12.1986 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis aufgrund dieser Kündigung nicht zum 31.7.1987 beendet worden ist;, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Abfindung zu zahlen, deren Höhe das Gericht gemäß § 10 KSchG festsetzen möge;
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufungen, der Klägerinnen zu 1), 2) und 4) und des Klägers zu 6) zurückzuweisen.
32Hinsichtlich der Klägerinnen zu 3) und 5) beantragt sie,
33das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
34Die Klägerinnen zu 3) und 5) beantragen,
35die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
36Die Beklagte behauptet auch in der Berufungsinstanz, im Zeitpunkt der Kündigungen habe sie den ernst liehen und endgültigen Beschluß zur Stillegung der Bildungseinrichtung gefaßt, dies sei durch den Kuratoriumsbeschluß vom 19.11.1986 belegt. Demgegenüber sei es unerheblich, welche Möglichkeiten vorher - im Interesse der Schüler und Lehrer - erwogen worden seien. Allein entscheidend, sei der Beschluß über die Auflösung der Bildungseinrichtung. Dieser Beschluß habe, keinerlei Möglichkeit einer Übernahme: in die Trägerschaft der Stadt K. beinhaltet oder vorgesehen. Ein Betriebsübergang scheide schon deshalb aus, weil die Stadt K. nicht alle drei Schulen in ihre Trägerschaft übernommen habe. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der bei einem Betriebsübergang eines Konditorei-Cafes ein gleichartiges Warensortiment beibehalten werden müsse, müsse auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Eine Übernahme durch die Stadt K. könne schon deshalb nicht erfolgt sein, weil ein entsprechender Ratsbeschluß nicht vorliege. Die Personalkosten der öffentlichen Schulen trage im übrigen das Land, so daß sie als Stadt zur Einstellung von Lehrern überhaupt nicht zuständig sei. Mangels Dienstherrenfähigkeit könne sie auch keine öffentliche Schule übernehmen.
37Die dem Kläger zu 6.) erteilte Bescheinigung über seine Beschäftigungszeit sei falsch. Es sei in ihr nicht berücksichtigt, daß der Kläger bis zum 31.7.1972 nur mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von vier Stunden beschäftigt gewesen sei. Damit sei der Kläger in Wahrheit nicht unkündbar, ihr Schreiben aus dem Jahre 1979 habe lediglich deklaratorischen Charakter gehabt.
38Auch eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Ziff. 1 BetrVG sei nicht gegeben, da die Bildungseinrichtung keinen wesentlichen Betriebsteil des Krankenhauses dargestellt habe. Auch ohne die Bildungseinrichtung könnten die Aufgaben des Krankenhauses ohne Einschränkung weiter erfüllt werden.
39Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe :
41Alle sechs Berufungen sind an sich statthaft, sie sind auch in der gesetzlichen Frist und Form eingelegt worden und unterliegen damit keinen formalen Bedenken.
42In der Sache hatten die Klägerinnen zu 1), 2), 4) und der Kläger zu 6) mit der Berufung Erfolg, die Berufung der Beklagten gegen die Urteile im Falle der Klägerinnen zu 3) und 5) blieb erfolglos.
43Die Kündigungen, die die Beklagte im Hinblick auf die Schließung der Bildungseinrichtung ausgesprochen hat, sind nach § 1 des Kündigungsschutzgesetzes, dessen generelle Voraussetzung bei allen Klägerinnen und dem Kläger gegeben sind, sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam.
44Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der die Kammer ausgeht (vgl. zuletzt Urteil vom 12.2.1987, 2 AZR 247/86 = DB 1983, 126; Urteil vom 27.2.1987, 7 AZR 552/85; Urteil vom 30.10.1986, 2 AZR 696/85) schließen die Stillegung eines Betriebs und dessen Übergang nach § 613 a Abs. 1 BGB einander aus, sie lösen unterschiedliche Schutzregelungen zugunsten der Arbeitnehmer aus. Die Stillegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber gehört gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können. Es ist auch grundsätzlich der freien Entscheidung des Unternehmers Vorbehalten, ob er seinen Betrieb stillegen oder fortführen will. Unter Betriebsstillegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, daß der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne aufzuheben. Dabei kann die Kündigung euch im Hinblick auf eine, beabsichtigte. Stillegung ausgesprochen werden, wenn die betrieblichen Umstände, greifbare Formen angenommen habe und eine vernünftige Betrachtung die Prognose ergibt, daß bis zum Auslaufen der einzuhaltenden Kündigungsfrist die, geplante Maßnahme, durchgeführt ist und der Arbeitnehmer somit entbehrt werden kann. Entscheidend für die Betriebsstillegung ist die Aufgabe, des Betriebszwecks, die nach außen in der Auflösung der Betriebsorganisation zum Ausdruck kommt.
45Eine Betriebsstillegung liegt nicht vor, wenn der Betrieb durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht. Ein derartiger Betriebsübergang im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor, wenn der neue Inhaber den Betrieb mit den übernommenen Betriebsmitteln so fortführen kann, wie es der bisherige Inhaber bei Fortführung des Betriebes getan hätte. Es ist also vor allem auf die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel abzustellen, kann der neue, Inhaber mit ihnen den arbeitstechnischen Zweck, des Betriebes weiterverfolgen, so liegt ein Betriebsübergang vor. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist für die Abgrenzung ohne Bedeutung, daß die Arbeitsverhältnisse übergehen, ist Rechtsfolge, nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 613 a BGB. Es muß nur im Zeitpunkt der Betriebsmittelveräußerung noch eine Betriebsgemeinschaft bestehen, mit deren Übernahme der Betriebsübernehmer die bisherigen arbeitstechnischen Zwecke des Betriebes weiterverfolgen kann. Ob der neue Inhaber nach der Übernahme der Betriebsmittel den bisherigen arbeitstechnischen Zweck weiterverfolgt oder einen andersartigen Betrieb eröffnet, ist im Einzelfall abzugrenzen (BAG, Urteil vom 30.10.1986, 2 AZR 696/85; Urteil vom 26.2.1987, 2 AZR 321/86).
46Davon, daß die Beklagte im vorliegenden Fall bei Ausspruch der Kündigungen den ernsthaften und endgültigen Entschluß gefaßt hatte, die Bildungseinrichtung stillzulegen, kann nach dem eigenen Vorbringen und dem unstreitigen Inhalt der im Prozeß vorgelegten Urkunden nicht ausgegangen werden.
47Der Schulbetrieb der Bildungseinrichtung stellte zweifellos einen Betrieb im Sinne von § 613 a BGB dar. Er war eine organisatorische Einheit, innerhalb derer die Beklagte zusammen mit den Mitarbeitern, vor allem dem Lehrpersonal mit Hilfe von sachlichen und immateriellen Mitteln (Räumlichkeiten, Mobiliar, Lehrmaterial, Lehrpläne etc.) den arbeitstechnischen Zweck verfolgte, die Schüler der Bildungseinrichtung zu unterrichten. Ob dabei, das Krankenhaus und die Bildungseinrichtung jeweils als eigenständiger Betrieb anzusehen sind, ist unerheblich, denn § 613 a Abs. 1, 1 Satz 1 BGB betrifft auch die Übertragung eines Betriebsteils. Da in der Bildungseinrichtung ganz andere arbeitstechnische Zwecke verfolgt worden sind als in dem Krankenhausbetrieb, stellt die Bildungseinrichtung jedenfalls einen Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB dar (vgl. zur Abgrenzung im einzelnen BAG, Urteil vom 16.10.1987, 7 AZR 519/86). Auch daß in der Bildungseinrichtung erzieherische Zwecke verfolgt werden, steht einer Anwendbarkeit des § 613 a BGB nicht entgegen. Nur eine abzulehnende Mindermeinung schließt aus der Tatsache, daß § 613 a BGB über eine Änderung des BetrVG Gesetz geworden ist, auf die Unanwendbarkeit des § 613 a BGB auf Tendenzbetriebe (dagegen zu Recht BAG, AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972; Dietz-Richardi, BetrVG, 6. Auflage, § 118 Rdn. 154).
48Das Ziel der Überlegungen der Beklagten war von Anfang an keine Stillegung des Schulbetriebes, sondern eine Übertragung der Bildungseinrichtung auf die Stadt K. als neuen Schulträger. In diese Richtung gingen zumindest seit 1986 die Überlegungen des Geschäftsführers der Beklagten als auch des Kuratoriums. Schon das Schreiben vom 6.6.1986 spricht von einer "Überführung" der Bildungseinrichtung auf die Stadt K. , die ohnehin zur Tragung des Verlustes des Krankenhauses in einem gewissen Umfang verpflichtet war. Auch der Kuratoriumsbeschluß vom 10.10.1936 ging eindeutig dahin, daß die Stadt K. die Trägerschaft der Bildungseinrichtung, die Räumlichkeiten, die Schüler und auch möglichst vollzählig die Lehrkräfte übernehmen sollte. Als dann die Schwierigkeit auftauchte, daß die öffentlich-rechtliche Genehmigung der Ersatzschule sich als nicht, übertragbar erwies, beschloß das Kuratorium in "Erweiterung“ seines bisherigen Beschlusses die Auflösung der Schule. Daß damit nur eine andere rechtliche Form der Abwicklung, in der Sache aber keine grundlegende Änderung des Konzepts beschlössen war, ergibt sich schon daraus, daß dieser Beschluß den Beschluß vom 10.10.1986 nur "erweitern" sollte, darüber hinaus nimmt auch das Schreiben vom 2.12.1986 klar Bezug auf die schriftliche Zusage der Stadt K. , die bestehenden Klassen zu übernehmen, an die berufsbildenden Schulen der Stadt K. anzubinden und den Unterricht nach Möglichkeit in den Räumen der Bildungseinrichtung fortzusetzen. Im Kern sollte also auch nach den Vorstellungen der Beklagten im Dezember 1986 die Betriebsorganisation nicht zerschlagen werden , es sollten vielmehr euch nach dem 30.7.1987 die Schüler in den gleichen Räumlichkeiten unter Benutzung des gleichen Mobiliars und des gleichen Lehrmaterials, nur von einem anderen Schulträger weiter unterrichtet werden. Auch die Kündigungsschreiben vom 19.12.1986 bringen dies hinreichend klar zum Ausdruck, denn als betriebsbedingter Kündigungsgrund wird vor allem genannt, daß die Verhandlungen mit der Stadt K. über die Übernahme der Lehrkräfte fehlgeschlagen sind. Die Einigung zwischen dem bisherigen Und dem neuen Betriebsinhaber über die Überleitung, der Arbeitsverhältnisses ist aber gerade im Rahmen von § 613 a BGB unerheblich. Daß von einer Stillegungsabsicht der Beklagten im Dezember 1986 bzw. Januar 1987 keine Rede sein kann, ergibt sich auch aus der weiteren Entwicklung. Schon wenige Tage nach Zugang der Kündigungen, in einem Fall sogar einige Monate vor Zugang der Kündigung, fand am 22.1.1887 .eine Besprechung zwischen der Beklagten und der Stadt K. unter Beteiligung der beiden Schulleiter statt. Aus der Besprechungsniederschrift geht hervor, daß schon in diesem Zeitpunkt mit der Schulaufsicht vorgeklärt war, daß die Stadt K. die Schüler der Bildungseinrichtung ab dem neuen Schuljahr übernehmen würde. Es war auch Einigkeit darüber erzielt, daß der Unterricht nach wie vor in den Bäumen der Bildungseinrichtung stattfinden sollte. Es war klar, daß die Stadt K. nicht nur die von der Schließung der Bildungseinrichtung betroffenen Schüler zu Ende unterrichten sollte, sondern selbst wertend tätig werden wollte und für das neue Schuljahr - mit Ausnahme des einjährigen Zweiges - neue Schüler aufnehmen wollte. Das Ergebnis der Besprechung vom 22.1.1987 ist dann auch in der Folgezeit Punkt für Punkt verwirklicht worden. Zunächst wurde in einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit über die Schließung der Schule und die Neueinrichtung durch die Stadt K. unterrichtet. Sofort würde, in der Tagespresse mit der Werbung für das neue Schuljahr begonnen, die auch tatsächlich dazu führte, daß in der Fachschule für Sozialpädagogik im neuen Schuljahr eine neue Eingangsklasse eingerichtet werden konnte. Daß der zweijährige Zweig der Schule nicht mit einer neuen Eingangsklasse, sondern nur mit den bisherigen Schülern fortgesetzt wurde, entsprach nicht den Absichten der Beteiligten im Januar 1987. Es wurde ausdrücklich auch für diesen Schulzweig geworben und es war nur die Zahl der Anmeldungen zu gering, so daß aufgrund eines späteren neuen Entschlusses, wie das Schreiben vom 19.5.1987 ausdrücklich feststellt, "entgegen der ursprünglichen Absicht" der zweijährige Zweig doch nur ohne die Neubewerber weitergeführt wurde. Daß der einjährige Schulzweig, auf dem ohnehin nur wenige Schüler der Schule unterrichtet wurden, mit dem Schuljahr 1986/87 auslief, stellt keine wesentliche Änderung des Betriebs zwecks dar , eine solche Entscheidung hätte angesichts der Entwicklung der Schülerzahlen und der Gesetzgebung ohnehin zu diesem Zeitpunkt angestanden, auch wenn die Bildungseinrichtung weiter in der Hand der Beklagten geblieben wäre.
49Es kann auch keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß die von Anfang an beabsichtigte Übernahme der Bildungseinrichtung durch die Stadt K... durch Rechtsgeschäft erfolgt ist. Die Stadt K. hat gerade nicht, wie die Beklagte dies darzustellen versucht, nach der Schließung einer privaten Schule aufgrund irgendwelcher öffentlich-rechtlicher Pflichten lediglich gewährleistet, daß die Schüler dieser Schule den Unterricht nicht abbrechen mußten. Aus der Besprechungsniederschrift vom 22.1.1987 und der weiteren Entwicklung ergibt sich klar, daß eine rechtsgeschäftliche Übernahme der ganzen Bildungseinrichtung geplant war und auch durchgeführt würden ist. Zwischen der Beklagten und der Stadt K. sind klare rechtsgeschäftliche Absprachen getroffen worden, die die Modalitäten der Übernahme im einzelnen regelten. So wurde z. B. ausweislich der Besprechungsniederschrift vom 22.1.1987 vereinbart, daß die Beklagte das bisher genutzte Gebäude einschließlich Mobiliar und Unterrichtsmitteln der Stadt K. zur Verfügung stellte und daß die Beklagte dafür von der Stadt K. Die Parteien sind sich einig, dass das eine Anerkennungsgebühr erhielt. Betriebs- und Unterhaltskosten sollte vereinbarungsgemäß die Stadt K. übernehmen. Auch die mit den bisherigen Schülern geschlossenen Unterrichts vertrage sollten im Einverständnis mit der Schulaufsicht auf die Stadt K... übergehen. Außerdem vereinbarten die Stadt K. und die Beklagte, daß sie sich um die Unterbringung der bisherigen Lehrer jedenfalls gemeinsam bemühen wollten. Schließlich wurden auch die genauen Einzelheiten vereinbart, wie das Anmeldeverfahren für das neue Schuljahr abzuwickeln war, daß auch die Beklagte Anmeldungen von Schülern entgegenzunehmen und an die Stadt K. weiterzuleiten hatte. Wertet man die Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Stadt K... im Zusammenhang, so ist ein bis ins Einzelne gehender Übernahmevertrag geschlossen worden. Die Übernahme ist also im Sinne des § 613 a BGB durch Rechtsgeschäft erfolgt und dies war auch von Anfang an beabsichtigt.
50Der Anwendung des § 613 a BGB steht auch nicht die Besonderheit des Falles entgegen, daß hier eine Schule von einem privaten Schulträger auf die öffentliche Hand übergegangen ist. Die Kammer folgt insoweit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 19.1.1977 - 1 Sa 611/76 -. § 613 a BGB gilt grundsätzlich auch bei der: Übernahme eines Betriebes von einem privaten Arbeitgeber durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Der Anwendungsbereich des § 613 a BGB ist weit gefaßt und der Schutzzweck dieser gesetzlichen Vorschrift erfordert es, auch bei einer Übernahme eines Privatbetriebes durch die öffentliche Hand zu verhindern, daß der funktionsfähige Betrieb übernommen wird, die Arbeitnehmer aber entlassen werden, um einen zufällig an anderer Stelle bestehenden Arbeitskräfteüberhang auszugleichen. Es muß nur in derartigen Fällen genau geprüft werden, ob tatsächlich eine. Betriebsübernahme vorliegt oder ob nicht in Wahrheit der private Arbeitgeber seinen Betrieb geschlossen und die öffentlich-rechtliche Körperschaft aufgrund ganz anderer öffentlich-rechtlicher Überlegungen mit einer Neugründung eingesprungen ist. Insoweit teilt die Kammer durchaus den rechtlichen Ausgangspunkt der Kammern des Arbeitsgerichts, die die Klagen abgewiesen haben. Wird eine private Ersatzschule geschlossen und errichtet im zeitlichen Zusammenhang damit ein öffentlicher Schulträger eine gleichartige Schule, so läßt dies noch nicht ohne weiteres auf eine Betriebsübernahme im Sinne von § 613 a BGB schließen. Es kann durchaus sein, daß der private Träger der Ersatzschule, sich z. B. an die zuständige öffentlich- rechtliche Körperschaft wendet, um sicherzustellen, daß die bisherigen Schüler seiner Schule nicht unvermittelt ihre Ausbildung abbrechen müssen. Wenn dann der zuständige Träger der öffentlichen Leistungsverwaltung geeignete Maßnahmen trifft, daß die bisherigen Schüler der Ersatzschule zu Ende unterrichtet werden können, so kann dies durchaus ein Akt der öffentlich-rechtlich erforderlichen Daseinsvorsorge sein, ohne daß der ganze Vorgang deshalb, als Betriebsübernahme im Sinne von § 613 a BGB zu werten wäre.
51Nach Artikel 8 Abs. 3 der Verfassung des Landes NRW haben Land und Gemeinden die Pflicht, Schulen zu errichten und zu fördern. Privatschulen werden dabei im Rahmen des Artikels 7 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes garantiert. Genehmigte Privatschulen haben die gleichen Berechtigungen wie die entsprechenden öffentlichen Schulen. Ersatzschulen, d. h. Privatschulen, die vergleichbaren bestehenden öder grundsätzlich vorgesehenen öffentlichen Schulen entsprechen, bedürfen nach § 37 Schulordnungsgesetz NW der Genehmigung durch den Kultusminister. Sie unterstehen auch hinsichtlich der Anstellungsverträge mit den Lehrern nach § 41 des Schulordnungsgesetzes der Schulaufsicht. Nach § 4 der 3. Verordnung zur Ausführung des Schulordnungsgesetzes NW gilt die Genehmigung zum Betrieb einer Ersatzschule nur für den Schulträger. Die Absicht, eine Ersatzschule aufzulösen, ist vom Schulträger und Leiter spätestens sechs Monate vor dem beabsichtigten Schließungstermin dem Kultusminister unter Angabe der Gründe anzuzeigen. Hierbei sind Angaben über die anderweitige Unterbringung der Schüler, insbesondere der schulpflichtigen, zu machen. Öffentliche Schulen werden von den Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden errichtet (§ 3 des Schulverwaltungsgesetzes NW). Aufbau und Gliederung des Schulwesens ergeben sich aus §§ 4 bis 4 f Schulverwaltungsgesetz NW. Dabei ist die öffentliche Schule als nicht rechtsfähige öffentliche Anstalt des Schulträgers anzusehen (§ 6 Schulverwaltungsgesetz NW). Über die Errichtung einer öffentlichen Schule beschließt der öffentliche Schulträger. Die Gemeinden sind dabei nach § 10 Schulverwaltungsgesetz NW verpflichtet, u. a. Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien und Gesamtschulen zu errichten, wenn ein Bedürfnis dafür besteht. Bei entsprechendem Bedürfnis sind auch die kreisfreien Städte verpflichtet, neben Berufsschulen andere berufsbildende Schulen zu errichten. Eine solche Verpflichtung, eine Schule zu errichten, besteht nur, soweit nicht andere öffentliche oder private Schulträger das Schulbedürfnis durch einen geordneten Schulbetrieb erfüllen.
52Im Rahmen des so skizzierten Schulrechts des Landes Nordrhein-Westfalen sind durchaus Fälle denkbar, daß ein privater Schulträger eine Ersatzschule schließt und im unmittelbaren Zusammenhang damit ein öffentlicher Schulträger eine Schule errichtet, ohne daß dies als Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB zu werten wäre. Wird die Genehmigung zur Schließung einer Ersatzschule erteilt, so kann, dadurch ein "Schulbedürfnis" entstehen, das die Gemeinde verpflichtet, ihrerseits eine Schule zu errichten, um dem Unterrichtsbedarf nachzukommen. Die Übernahme der Schüler der bisherigen Privatschule durch den öffentlichen Schulträger kann dann kein Indiz für eine Betriebsübernahme sein.
53So liegt der vorliegende Fall aber nicht. Der Beklagte hat keine ausreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, daß eine reine Betriebsstillegung geplant war und die Stadt K. allein aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Schließung der Privatschule eine eigene Schule errichtet hat. Daß die Stadt K. aufgrund des geltenden Schulrechts verpflichtet gewesen wäre, eine neue Berufsfachschule zu errichten, ist nicht ausreichend vorgetragen. Es sprechen im Gegenteil alle Indizien dafür, daß dem Schulbedürfnis auch durch Übernahme der Schüler in die L. Schule hätte Rechnung getragen werden können. Diese Schule umfaßte die in der Bildungseinrichtung unterrichteten Schulzweige und auch in dieser Schule waren die Anmeldungszahlen rückläufig. Dafür, daß eine ausreichende Unterrichtskapazität vorhanden war, spricht die Tatsache, daß die Stadt K. trotz der für die Lehrer enttehenden Fahrtprobleme den Unterricht in der neu errichtenden Schule zwanglos mit den Lehrern der L. Schule erteilen konnte. Diese Schule muß also erhebliche Überkapazitäten gehabt haben. Unter diesen Umständen muß es für die Abgrenzung im Rahmen von § 613 a BGB entscheidend darauf ankommen, daß nach den Verhandlungen zwischen der Beklagten und der Stadt K. es nicht lediglich um eine Übernehme der Schüler ging.., sondern daß die Stadt K. nahtlos den ganzen Schulbetrieb aufgrund einer vertraglichen Abmachung mit der Beklagten übernommen hat. Von der Übernahme blieben allein ausgespart die bisherigen Lehrkräfte. Hätte die Stadt K. nicht an der L. Schule erhebliche Überkapazitäten gehabt, so hätte sie zur Weiterführung der Schule Lehrer beschäftigen müssen und es hätte nahegelegen, daß sie auf die: bisherigen Lehrkräfte zurückgegriffen Hätte. Nunmehr ist im Zusammenhang mit der Übernahme der Schule versucht worden, einem Lehrerüberhang an einer ganz anderen Schule dadurch zu begegnen, daß die Schule der Beklagten übernommen worden ist, ohne die Lehrer weiterzubeschäftigen. Solche Rechtsgeschäfte will § 613 a BGB verhindern.
54Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Übernahmeakt seitens der Stadt K. sei unwirksam, denn für eine derartige Betriebsübernahme hätte es eines Ratsbeschlußes bedurft. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts es der Anwendung des § 613 a BGB schon nicht entgegensteht, daß einer der Vertragspartner geschäftsunfähig ist, so sind derartige formelle Bedenken nicht geeignet, eine Betriebsübernahme in Frage zu stellen. Es kommt im Kern auf den rein tatsächlichen Akt der Betriebsübernahme an, dieser ist vollzogen worden.
55Auch die Rüge der Beklagten, der Stadt K. fehle die Dienstherreneigenschaft, ist letztlich unerheblich. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 KSchG kommt es auf die Abgrenzung an, ob eine Betriebsstillegung oder ein Betriebsübergang geplant war. Ob der Übernehmer selbst oder ein Dritter normalerweise die Arbeits-vertrage mit den Arbeitnehmern seines Betriebes abschließt, darauf kann es im Verhältnis zu dem bisherigen Betriebsinhaber nicht ankommen. Auch in der Privatwirtschaft kommt es häufiger vor, daß die Arbeitnehmer etwa in einem Konzern nicht vom Betrieb selbst, sondern von einer Personalführungsgesellschaft angestellt werden. Der Schutzzweck des § 613 a BGB kennte unterlaufen werden, wollte man annehmen, daß in derartigen Fällen kein. Betriebsübergang gegeben wäre. Wie letztlich die Rechtsfolgen der Anwendung des § 613 a BGB zwischen Stadt Und Land abzuwickeln sind, ist nicht in dem Verfahren zwischen dem bisherigen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer zu klären.
56Sind nach alledem die Kündigungen nicht wegen beabsichtigter Betriebsstillegung sozial gerechtfertigt, so könnten sie allenfalls als Kündigung wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs bewertet werden. Eine solche Kündigung des bisherigen Betriebsinhabers ist aber nach § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam. Andere Gründe, die eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen,
57Am deutlichsten ist der Betriebsübergang aus den vorgelegten Urkunden nachzuvollziehen im Fall der dreijährigen Fachschule für Sozialpädagogik. Hier ist schließlich ein Errichtungsbeschluß herbeigeführt. worden, mit den neuen Schülern hat die Stadt K. eine neue Klasse eingerichtet und die Schule wie bisher in vollem Umfang weitergeführt. Es ist aber auch im Falle der Klägerin zu 1), die überwiegend an der zweijährigen Berufsfachschule für Sozialpflege unterrichtet hat, von einer Sozialwidrigkeit der Kündigung auszugehen. Entscheidend kommt es darauf an, welche Absichten die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung hatte. Im Dezember 1986/Januar 1987 gingen aber die ganzen Verhandlungen zwischen der Beklagten und der Stadt K. dahin, auch die zweijährige Schule voll zu übernehmen. In der Presse wurde um neue Schüler geworben mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, daß die Stadt K. auch die zweijährige Berufsfachschule als Nebenstelle der anderen Schule weiterführt. Erst aufgrund einer lange nach Ausspruch der Kündigung sich abzeichnenden Entwicklung hat dann die Stadt K. den Entschluß gefaßt, wegen zu geringer Schülerzahlen keine neue Eingangsklasse zu errichten. Bezogen auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ist der Fäll der Klägerin zu 1) deshalb nicht anders zu behandeln als die Fälle der anderen Klägerinnen und des Klägers, die an der dreijährigen Schule unterrichten.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
59Der Streitwert hat sich nur im Verfahren 4 (2) Sa 1045/87 geändert und war dort unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, neu festzusetzen. In den übrigen Fällen blieb der Streitwert unverändert.
60Die Kammer sah keinen Anlaß, die Revision gegen dieses Urteil zuzulassen.
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