Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 2 Sa 844/91
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.7.1991 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 15 Ca 2933/91 - abgeändert:Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.
3Der 42 Jahre alte Kläger ist als Gruppenleiter in der Bußgeldstelle des Amtes für öffentliche Ordnung der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundesangestelltentarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung Anwendung .
4Zur Bußgeldstelle des Amtes für öffentliche Ordnung gehören 7 Gruppen, die aus jeweils 4 Mitarbeitern bestehen, nämlich dem ·in die Vergütungsgruppe IV b, Fallgr. 1 a BAT eingestuften Gruppenleiter, einer in die Vergütungsgruppe VII BAT eingruppierten Karteikraft und 2 Mitarbeitern, die leichtere Fälle bearbeiten und Vergütung nach den Gruppen VI b BAT und V b BAT erhalten .
5Dem Kläger obliegen .nach der Stellenbeschreibung (Bl . 11 ff d .A .) folgende Einzelaufgaben zu den nachstehend genannten Zeitanteilen:
61. Gruppenaufsicht über die Kräfte der Vergütungsgruppe V b/c, VI b, VII lo %
72. Bearbeiten von Verkehrsordnungswidrigkeiten schwieriger Art, ins besondere bei zu erwartender Geldbuße von Über DM 200,-- sowie Ordnungswidrigkeitsanzeigen über Führen eines Kfz im Straßenverkehr unter Alkoholeinwirkung - 0,3-1,29 %0
8DM 500,-- und ein Monat Fahrverbot bis DM 1.500,-- und 3 Monate Fahrverbot; Fahrverbot in anderen Fällen; Androhung eines Fahrverbotes im Wiederholungsfalle u.a.m. 30 %
93. Bearbeitung von Rechtsbehelfsverfahren
10d.h. Bearbeitung von Gegenvorstellungen und Einsprüchen, wobei letztere in formeller und materieller Hinsicht
11zu prüfen sind 55 %
12Die restlichen 5 % der Arbeitszeit entfallen auf sonstige Tätigkeiten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellenbeschreibung, Bl. 11 ff d.A. , verwiesen .
13Die Tätigkeit des Klägers und der übrigen Gruppenleiter hat sich aufgrund der Novelle des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 7.7.1986 mit Wirkung ab 1.4.1987 geändert. Bis dahin hatte die Verwaltungsbehörde bei
14Einsprüchen gegen Bußgeldbescheide nur zu prüfen, ob der Rechtsbehelf form- und fristgerecht eingelegt war,um den Vorgang anschließend dem zuständigen Amtsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Seit dem 1.4.1987 führen die Verwaltungsbehörden das sich an den Einspruch an schließende gesamte Vorermittlungsverfahren eigenverantwortlich durch. Dem Kläger als Gruppenleiter obliegt es dabei insbesondere, den Sachverhalt aufzuklären, erforderlichenfalls nach Anhörung von Zeugen und unter Einschaltung von Sachverständigen. Er führt die erforderliche Korrespondenz mit Parteien und Rechtsanwälten und entscheidet im Ergebnis darüber, ob ein neuer Bußgeldbescheid erlassen wird. Kommt es nicht zu einem neuen Bescheid, wird der Fall nach Abschluß der Vorermittlungen zur miindlichen Verhandlung an das Amtsgericht
15abgegeben. Ist der Einspruch unzulässig, so verwirft ihn der Gruppenleiter eigenverantwortlich. Entscheidungen über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereitet der Kläger als Gruppenleiter unter schriftsreif vor. Er hat die in diesem Zusammenhang erforderlichen Ermittlungen zu führen. Die Entscheidung selbst liegt beim Vorgesetzten des Gruppenleiters.
16Bußgeldbescheide über ein Bußgeld bis zu DM 200,-- unterzeichnet der Kläger allein, Bescheide über ein Bußgeld von mehr als DM 200,- bis zu DM 500,- sind dem Sachgebietsleiter zur Unterschrift vorzulegen. Bescheide mit einem Bußgeld von mehr als DM 500,- bis zu DM 1.000,- sind vom Abteilungsleiter und Bußgeldbescheide über
17DM 1.000,- vom Amtsleiter zu unterschreiben. Diese Bescheide bereitet der Kläger unterschriftsreif vor .
18Mit Schreiben vom 4.9.1989 beantragte der Kläger Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV a BAT . Die Beklagte wies den Antrag mit Schreiben vom 21.2.1991 zurück.Mit seiner am 3.5.1991 beim Arbeitsgericht ein gegangenen Klage hat der Kläger sein Höherstufungsbegehren weiterverfolgt.
19Er hat vorgetragen , nach der Gesetzesänderung habe sich sein Aufgabengebiet erweitert und qualitativ verändert. Zu einem wesentlichen Teil habe er jetzt Aufgaben wahrzunehmen, die bis zum 31.3.1987 den Staatsanwaltschaften und Amtsgerichten oblagen. Zumindest mit 1/3 seiner Tätigkeit hebe er sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV a BAT heraus.
20Der Kläger hat beantragt,
21festzustellen, daß der Arbeitsplatz des Klägers in die Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a BAT einzugruppieren ist.
22Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, der Kläger sei mit Recht in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingestuft.
23Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 5.7.1991 nach Klageantrag erkannt, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und den Streitwert auf DM 18.ooo,-- festgesetzt.
24Auf die Entscheidungsgründe, Bl. 54 ff d .A. , wird verwiesen .
25Gegen dieses ihr am 17.9.1991 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.10.1991 durch Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 18.11.1991 (Montag) begründet .
26Sie meint, die Tätigkeit des Klägers weise keine besondere Schwierigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe IV a BAT auf. Sie sei auch nicht bedeutsam im Sinne der in Anspruch genommenen Tarifgruppe.
27Die Beklagte beantragt,
28das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Kläger beantragt,
30die Berufung zuruckzuweisen.
31Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und führt ergänzend aus, insbesondere bei der Bearbeitung der Rechtsbehelfsverfahren habe er weitgehend Funktionen Übernommen, die früher die Staatsanwaltschaft wahrgenommen hätte. Daraus ergebe sich die besondere Schwierigkeit des Aufgabenbereichs. Die besondere Bedeutung der Tätigkeit ergebe sich aus den Auswirkungen, die die Arbeit des Klägers für die Allgemeinheit und insbesondere für die betroffenen Bürger habe. Durch den Erlaß von Bußgeldbescheiden mit erheblichen Geldbußen und die Festsetzung von Fahrverboten müsse der Kläger Maßnahmen verantworten, durch die nachhaltig in die Belange der betroffenen Bürger eingegriffen werde. Dabei sei dem Kläger die Bearbeitung von Verkehrsordnungs widrigkeiten vorbehalten, in denen höhere Geldbußen verhängt würden. Auch bei den Rechtsbehelfsverfahren gehe es regelmäßig um Bußgeldbescheide mit höheren Bußgeldbeträgen . In einer Vielzahl dieser Fälle gehe es außerdem um den Erlaß von Fahrverboten .
32Im einzelnen gehe es - wenn man den Erlaß von Bußgeldbescheiden und die Bearbeitung von Rechtsbehelfen zusammenfasse -
33in 4o % der Fälle um Bußgelder bis zu DM 200,--
34in 5o % der Fälle um Bußgelder von DM 200,-- bis DM 500,-- und
35in 10 % der Fälle um Bußgelder über DM 500,--.
36Beim Erlaß von Bußgeldbescheiden ohne Rechtsbehelfsverfahren gehe es
37in 10 % der Fälle um Bußgelder bis zu DM 200,--,
38in 85 % der Fälle um Bußgelder von DM 200,-- bis DM 500,-- und
39in 5 % der Fälle um Bußgelder Über DM 500,- .
40In 42 % der vom Kläger ·zu erlassenden Bußgeldbescheide und in 3o % der von ihm bearbeiteten Rechtsmitteln gehe es zugleich um den Erlaß von Fahrverboten, wobei der Kläger in der mündlichen Verhandlung ergänzend erklärt hat, es gehe um Fahrverbote für die Dauer von 1-3 Monaten, wobei in der Regel ein Fahrverbot für einen Monat verhängt werde.
41Die Beklagte bestreitet das Zahlenwerk des Klägers.
42Der Kläger hat Verwaltungsvorgänge als Arbeitsproben vorgelegt, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren .
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze verwiesen .
44E n t s c h e id u n q s g r ü n d e
45Die Berufung der Beklagten ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft . Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Mithin ist es zulässig.
46Die Berufung hatte auch in der Sache Erfolg.
47Mit Recht ist das Arbeitsgericht im Ergebnis von der Zulässigkeit des Feststellungsantrags ausgegangen. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz klargestellt, daß es ihm um die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Vergütung nach der Gruppe IV a BAT gehe, und daß er die Feststellung rückwirkend für die Zeit ab 1.9.1989 begehre. Damit hat der Kläger den in Einqruppierungsstreitigkeiten de öffentlichen Dienstes üblichen Feststellungsantrag gestellt, an dem ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO gegeben ist.
48Die Klage ist jedoch unbegründet.
49Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundesangestelltentarifvertrag mit seiner Anlage I a als Vertragsrecht Anwendung. Demgemäß kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers mit Arbeitsvorgängen ausgefüllt ist, die den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe IV a BAT entsprechen. Dabei ist von dem in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Unter einem Arbeitsvorgang ist da nach eine unter Hinzuziehung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten ab grenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit zu verstehen, die zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führt. Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit können nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAG, Urteil vom mit Nachweisen).
50Das Aufgabengebiet des Klägers setzt sich im Sinne obiger Rechtsprechung aus mehreren Arbeitsvorgängen zusammen. Als Arbeitsvorgang ist die Wahrnehmung von Vorgesetztenfunktionen gegenüber den anderen Mitgliedern der Gruppe zu sehen, die 10 % der Arbeitszeit des Klägers ausfüllt . Die Sachbearbeitung und Entscheidung in Bußgeldvrfahren stellt einen weiteren Arbeitsvorgang dar. Nach der Stellenbeschreibung ist dem Kläger die Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zur selbständigen und verantwortlichen Bearbeitung über tragen. Arbeitsergebnis ist die Entscheidung über die Verhängung eines Bußgeldes, ggf . in Verbindung mit der Verhängung eines Fahrverbotes, soweit der Kläger im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit den Bescheid allein unterzeichnet, oder die unterschriftsreife Vorbereitung des Bußgeldbescheides, soweit die Verwaltungszuständig keit des Klägers wegen der Höhe des zu verhängenden Bußgeldes nicht besteht . Auf die Bearbeitung von Bußgeldbescheiden verwendet der Kläger 3o % seiner Arbeits zeit.
51Ein weiterer Arbeitsvorgang, der 55 % der Arbeitszeit ausfüllt, liegt in der Bearbeitung der Rechtsbe helfsverfahren in formeller und materieller Hinsicht bis hin zur Entscheidung .
52Der Arbeitsvorgang, auf den der Kläger danach mehr als 5o % seiner Arbeitszeit verwendet, erfüllt jedoch nicht die Merkmale der in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe IV a BAT.
53Die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IV a BAT bauen auf den Merkmalen der Vergütungsgruppen IV b BAT und V b BAT auf. Dabei sind die jeweiligen ersten Fallgruppen heranzuziehen, weil es sich bei der Bearbeitung von Bußgeldangelegenheiten und der anschließen den Rechtsbehelfe um Verwaltungsarbeiten handelt.
54Der Kläger erfüllt mit seiner Tätigkeit die Merkmale der Vergütungsgruppe V b BAT, Fallgr. 1. Er benötigt zur Erledigung der Rechtsbehelfsverfahren gründliche, umfassende Fachkenntnisse. Die ordnungsgemäße Bearbeitung der Rechtsbehelfe setzt die Kenntnis des Ordnungswidrigkeitenrechts, des Straßenverkehrsrechts, der in Bezug genommenen Strafgesetze und der Strafprozeßordnung voraus. Er muß ferner die allgemeinen Regeln für das Verwaltungshandeln beherrschen. Der Kläger benötigt da nach in Breite und Tiefe gesteigerte Fachkenntnisse im Verhältnis zu den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen der Vergütungsgruppe VI b BAT . Der Kläger erbringt auch selbständige Leistungen im Sinne der Vergütungsgruppe V b BAT. Denn es gehört zu seinen Aufgaben, unter Einsatz der geforderten gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse selbständige Gedankenergebnisse zu entwickeln, indem er die zu bearbeitenden Rechtsbehelfsverfahren zu dem der jeweiligen Rechtslage entsprechenden Ergebnis hinzuführen hat .
55Die Tätigkeit des Klägers erfüllt auch die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b BAT, Fallgr. 1 a. Denn der Kläger hebt sich mit seiner Tätigkeit dadurch aus der Vergütungsgruppe V b BAT, Fallgr. 1 a heraus, daß sie besonders verantwortungsvoll ist. Dabei ist im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts da von auszugehen, daß unter der besonderen Verantwortung die Verpflichtung des Angestelten zu verstehen ist, dafür einstehen zu müssen, daß in dem ihm übertragenen Arbeitsbereich die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (BAG, Urteil vom.15.1.1986 - 4 AZR 548/85 - nicht veröffentlicht -, mit Hinweisen auf die frühere Recht sprechung).Die Tätigkeit des Klägers ist im tariflichen Sinne besonders verantwortungsvoll, weil er für seine Entscheidungen bei der Erledigung der Rechtsbehelfe für die sachgerechte, pünktliche und vorschriftsmäßige Erledigung seiner Aufgaben einzustehen hat. Er hat verantwortlich darüber zu entscheiden, ob der Rechtsbehelf zulässig, ob ggf. dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist und ob das Bußgeld und ein eventuelles Fahrverbot mit Recht verhängt wurden.
56Der Kläger hebt sich mit seiner Tätigkeit jedoch nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b BAT, Fallgr. 1 a heraus, weder mit mindestens der Hälfte, noch mit einem Drittel seiner Gesamttätigkeit.
57Eine besondere Schwierigkeit liegt nur vor, wenn an die fachliche Qualifikation des Angestellten beträchtliche und erheblich höhere Anforderungen gestellt werden als an einen Angestellten mit einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe IV b BAT, Fallgr . 1 a. Die Tarifvertragsparteien verlangen eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung aus den Anforderungen der darunterliegenden Vergütungsgruppe . Die danach erforderliche erhöhte Qualifikation kann in einem höheren Aufwand an gedanklicher Arbeit, in der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens, in der Kompliziertheit der Materie, in Spezialkenntnissen , in dem Erfordernis außergewöhnlicher Erfahrungen oder anderer gleichwertiger Qualifikationen liegen (BAG, AP Nm. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Hingegen ·werden nicht fachlich herausragende Anforderungen verlangt.
58Es spricht vieles für die Ansicht des Arbeitsgerichts, daß der Kläger im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Rechtsbehelfen im Rahmen des Zwischenverfahrens nach § 69 OWiG besoners schwierige Aufgaben zu erfüllen hat . Er muß in diesem Zusammenhang eigenverantwortlich die Vorermittlungen führen, erforderlichenfalls den Sachverhalt unter Einschaltung von Sachverständigen. und nach Anhörung von Zeugen aufklären und mit Parteien und Rechtsanwälten korrespondieren.
59In diesem Zusammenhang hat der Kläger auch zu entscheiden, welche weiteren Ermittlungen anzustellen sind. lm Zweifel ist dem Arbeitsgericht auch darin zu folgen, daß sich die Tätigkeit des Klägers durch besondere Schwierigkeit aus der Vergütungsgruppe IV b , Fallgr. 1 a BAT heraushebt, soweit er über die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden hat .Es würde dabei keine Rolle spielen, daß Vorermittlungen nicht in jedem Rechtsbehelfsverfahren zu führen und nur in einer geringen Zahl der Fälle über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu befinden ist. Dennes ist nicht erforderlich, daß innerhalb eines Arbeitsvorganges die qualifizierenden Merkmale ihrerseits mindestens zur Hälfte oder - im Sinne der Fallgruppe 1 b der Vergütungsgruppe IV a BAT - zumindest im Umfang eines Drittels anfallen. Es reicht vielmehr aus, wenn sie innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaße vorliegen_ (BAG, Urteil vom 18.7.1990 - 4 AZR 25/90 -) .
60Letztlich kann die Frage der besonderen Schwierigkeit jedoch auf sich beruhen. Denn der· Kläger erfüllt mit seiner Tätigkeit nicht das weitere Erfordernis zur Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a, Fallgr. 1 BAT. seine Tätigkeit hebt sich nicht durch ihre Bedeutung aus der darunterliegenden Vergütungsgruppe heraus. Anspruch auf Vergütung nach der Gruppe IV a BAT hat nur derjenige Verwaltungsangestellte, der sich sowohl durch die besondere Schwierigkeit als auch durch die Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b BAT heraus hebt. Schwierigkeit und Bedeutung müssen zusammen kommen.
61Allerdings fehlt es bei dem Erfordernis der Heraushebung durch die Bedeutung der Tätigkeit an dem Adjektiv "besondere" . Das Bundesarbeitsgericht geht des halb in der neueren Rechtsprechung davon aus, daß die Heraushebung nicht beträchtlich, gewichtig, sondern nur deutlich wahrnehmbar sein müsse (Urteil vom 15.lo.1986 - 4 AZR 548/85 - mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung). Bei der Bedeutung des Aufgabenkreises knüpfen die Tarifvertragsparteien ·an die Auswirkungen der Tätigkeit an. Das entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach etwas von Bedeutung ist, wenn es von Belang oder großer Tragweite ist, oder wenn es gewichtige Nachwirkungen hat. Diese Auswirkungen und Folgewirkungen müssen, gemessen an den Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b BAT Fallgr. 1 a, in der Tragweite der Tätig keit des Angestellten ·deutlich wahrnehmbar bedeutungs voller sein (BAG , aao, ebenfalls mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung).
62Den so umschriebenen·Anorderungen entspricht die Tätigkeit des Klägers bei der Bearbeitung von Rechtsbehelfen nicht .Daß seinen Entscheidungen grundsätzliche oder richtungsweisende Bedeutung zukommt , behauptet er selbst nicht.Der Kläger greift mit seiner Tätigkeit auch nicht in bedeutsamer Weise in die Lebensverhält nisse der Adressaten seiner Bescheide ein. Der Kläger hat zuletzt vorgetragen, in 4o % der Fälle gehe es um Bußgelder bis zu DM 200,--, in 5o ·% der Fälle um Buß gelder von DM 200,--. bis DM 500,--, nur in 10 % der Fälle um Bußgelder Über DM 500,--. Bei diesen Zahlen sind Erlaß von Bußgeldbescheiden und Bearbeitung von Rechtsmitteln zusammengefaßt. Das Zahlenmaterial läßt jedoch erkennen, daß in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle Bußgelder im Betrage von bis DM 500,-- in Rede stehen. Es soll nicht verkannt werden, daß der Adressat eines solchen Bescheides betroffen ist. Jedoch läßt sich angesichts der allgemeinen Einkommensverhältnisse da raus nicht folgern , daß durch die Verhängung des Bußgeldes in die Lebensverhältnisse der Adressaten der Bescheide maßgeblich eingegriffen würde.
63Auch soweit durch die Bußgeldbescheide Fahrverbote verhängt werden, liegt keine Tätigkeit vor, die sich durch ihre Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b BAT heraushebt . Um Fahrverbote geht es nach der Behauptung des Klägers in 3o % der von ihm bearbeiteten Rechtsmittelverfahren .Es geht dabei um Verbote für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten, Über wiegend jedoch um Fahrverbote für die Dauer eines Monats. Mit einer solchen Maßnahme greift der Kläger nicht nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Betroffenen ein. Dabei soll nicht verkannt werden, daß Bußgeld und Fahrverbot zu spürbaren Beeinträchtigungen bei den Adressaten der Bescheide führen können. Auf der anderen Seite hat ein Fahrverbot von so kurzer Dauer regelmäßig keine besonderen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse. Selbst wenn es sich·bei den Betroffenen um Berufskraftfahrer handelt, wird in der Regel der Arbeitsplatz nicht auf dem Spiel stehen . Ein Zeiraum von einem Monat läßt sich regelmäßig Überbrücken.Aber auh die Verhängung von Fahrverboten für die Dauer von zwei bis drei Monaten stellt keinen bedeutsamen Eingriff in die Lebensverhältnisse der davon betroffenen Bürger dar. Fahrverbote von dieser Dauer sind sicherlich spürbar und für die Betroffenen äußerst ärgerlich, sie haben jedoch nicht gewichtige Nachwirkungen. Im übrigen geht es um Fahrverbote dieser Länge nur bei einem geringen Prozentsatz innerhalb des Arbeitsvorganges "Bearbeitung von Rechtsbehelfen" . Nur in 3o % der Fälle im Rahmen dieses Arbeitsvorganges geht es um Fahrverbote, wobei es sich ganz überwiegend um einmonatige Fahrverbote handelt . selbst wenn also die Auswirkungen der Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der Verhängung länger fristiger Fahrverbote als bedeutsam im Sinne der tariflichen Merkmale gewertet werden könnten, fehlte es im Zweifel am rechtlich erheblichen zeitlichen Ausmaß (dazu BAG, Urteil vom 18.7.1990 - 4 AZR 25/90 -).
64Der Kläger erfüllt nach allem die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a Fallgr . 1 BAT durch die Bearbeitung von Rechtsbehelfsverfahren nicht.
65Aber auch aufgrund der beiden weiteren Arbeitsvorgänge - Wahrnehmung von Vorgesetztenfunktionen und Sachbearbeitung und Entscheidung in Bußgeldangelegenheiten -, mit denen insgesamt 4o % der Arbeitszeit des Kägers ausgefüllt sind, erfüllt der Kläger die qualifizierenden Merkmale der Vergütungsgruppe IV a BAT nicht.Auf das erforderliche Ausmaß der Heraushebung von mindestens einem Drittel (Vergütungsgruppe IV a, Fallgr . 1 b BAT )käme der Kläger nur dann, wenn die Bearbeitung der Bußgeldbescheide, die 3o % der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nimmt, die qualifizieren den Merkmale erfüllte. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch hier mag dahinstehen, ob an die fachliche Qualifikation des Klägers bei der Bearbeitung von Bußgeldangelegenheiten deutlich gesteigerte Anforderungen gestellt werden. Es fehlt nämlich jedenfalls an der Heraushebung seiner Tätigkeit durch die Bedeutung des Aufgabenkreises. Richtungsweisende Entscheidungen hat der Kläger auch in diesem Bereich nicht zu treffen. Auch wird nicht im tariflichen Sinne nachhaltig in die Lebensverhältnisse der betroffenen Bürger eingegriffen .
66Nach allem war das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern . Die Klage war abzuweisen .
67Die Kosten des Rechtsstreits waren nach § 91 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.
68Da der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
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