Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 12 Sa 1296/96
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 25.09.1996 - 5 Ca 966/96 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten darum, wer die für eine Abfindung zu zahlenden Steuern tragen muß.
3Der Kläger war bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt und wurde von dieser gekündigt. In dem sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
4„1. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch fristgerechte, arbeitgeberseitige Kündigung ohne Verschulden des Klägers zum 30.09.1990 aufgelöst worden ist.
52. Die Beklagte zahlt an den Klägers als Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG DM 21.000,- netto.
63. (Zeugnis).
74. Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung ausgeglichen. Erledigt sind auch mögliche Gehaltsansprüche für die Zeit bis zum 30.09.1990 und die im Rechtsstreits 3 Ca 1716/90 =
88 Sa 47/91 geltend gemachten Ansprüche.“
9Einen Teil der im Vergleich vereinbarten Abfindung sah das Finanzamt als steuerpflichtiges Arbeitseinkommen für 1990 an, nämlich einen Betrag von DM 16.382,--, den es wie folgt ermittelte: 3 x DM 4.252,- (Juli bis September), 1 x DM 2.126,- (halber Juni) und DM 1.500,- (Urlaubsgeld). Das Finanzamt errechnete darauf zu zahlende Steuern von DM 4.293,52, die es vom Kläger verlangte. Gegen die Heranziehung zur Steuerzahlung legte der Kläger Einspruch ein und nach dessen Zurückweisung Klage beim Finanzgericht. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen.
10Der Kläger ist der Ansicht, die angefallenen Steuer müßten nach der im Vergleich vom 31.01.1991 getroffenen Regelung von der Beklagten getragen werden.
11Der Kläger hat beantragt,
12die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.293,52 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.10.1994 zu zahlen.
13Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte trägt vor, dem Kläger sei die vereinbarte Abfindung in vollem Umfange (DM 21.000,-) ausgezahlt worden. Nunmehr mache erweitere, darüber hinausgehende Forderungen geltend. Dies sei nach der Rechtsprechung des BAG ausgeschlossen, da mit der festgesetzten Einmalzahlung die Ansprüche des Klägers ausgeglichen worden seien.
15Darüber hinaus dürften die Ansprüche des Klägers als vertragliche Lohnansprüche für die Zeit 16.06. bis 30.09.1990 gemäß § 196 Ziffer 8 BGB verjährt sein.
16Durch Urteil vom 25.09.1996 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe ihre Verpflichtung aus dem Vergleich durch Zahlung von DM 21.000,- an den Kläger vollständig erfüllt. Aus dem Vergleich vom 31.01.1991 ergebe sich nicht die Verpflichtung der Beklagten, über den gezahlten Betrag von DM 21.000,-- hinaus die angefallenen Steuern zu tragen.
17Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 26 - 31 d.A. Bezug genommen.
18Gegen dieses ihm am 28.10.1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.11.1996 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
19Der Kläger verbleibt dabei, daß nach dem abgeschlossenen Vergleich die Beklagte das Steuerzahlungsrisiko zu tragen gehabt habe; denn die Parteien seien sich in jedem Fall darüber einig gewesen, daß er, der Kläger, DM 21.000,- netto erhalte.
20Vergleiches als Abfindung bezeichnet worden, letztlich seien in Ziffer 4 aber auch mögliche Gehaltsansprüche mit einbezogen worden. Diese seien im Zweifel in der Abfindung enthalten. Es sei also durchaus ersichtlich gewesen, daß hier möglicherweise keine reine Abfindung, sondern teilweise eine verdeckte Vorgelegen habe, wie es ja auch vom Finanzgericht bestätigt worden sei. Wenn die Parteien dennoch eine Nettoabfindung (inklusive möglicher Gehaltsansprüche) vereinbart hätten, so habe die Beklagte auch das Steuerrisiko insgesamt übernommen.
21Der Kläger beantragt,
221) das Urteil des Arbeitsgerichts Bomm vom 25.09.1996
23- 5 Ca 966/96 - aufzuheben und nach den Schlußanträgen der I. Instanz zu erkennen,
242) die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Beklagte tritt dem erstinstanzlichen Urteil bei.
28Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
29Entscheidunqsqründe
30Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 519 ZPO).
31In der Sache hat sie keinen Erfolg; zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat nach dem Vergleich vom 31.01.1991 die hier streitgegenständlichen Steuern in Höhe von DM 4.293,52 nicht zu tragen. Das ergibt die Auslegung des Vergleiches unter Berücksichtigung der ansonsten gegebenen Umstände (§§ 133, 157 BGB).
321. Steuerschuldner ist nämlich grundsätzlich der Arbeitnehmer, auch wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen hat (§ 38 EStG). Die gilt auch für Abfindungen.
33Fehlt es an einer ausdrücklichen Übernahme des Steuerrisikos oder einer unzweifelhaften Steuerschuld durch den Arbeitgeber, dann muß durch Auslegung ermittelt werden, ob die Parteien eine Nettoabfindung vereinbart haben, d.h., ob die Lohnsteuer endgültig zu Lasten des Arbeitgebers gehen soll. Dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Die Vereinbarung muß eindeutig und klar die Bereitschaft des Arbeitgebers erkennen lassen, den Arbeitnehmer von der Steuerschuld freizustellen. Andernfalls verbleibt es bei der Regel, daß die Abfindung brutto geschuldet wird und etwaige Steuern zu Lasten des Arbeitnehmers gehen.
342. Die Auslegung des Vergleichs vom 31.01.1991 ergibt nichts von dieser Regel abweichendes.
35a) Zwar heißt es in Ziffer 2 des Vergleiches, daß der Betrag von DM 21.000,-- „netto“ gezahlt wird. Dies könnte für den Kläger sprechen. Möglich ist aber auch die Deutung, daß damit nur zum Ausdruck gebracht wird, der vereinbarte Abfindungsbetrag solle zunächst einmal ungekürzt an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Damit wäre dann die Frage, wer letztendlich etwa anfallende Steuern zu tragen hat, nicht ausdrücklich im Vergleich geregelt.
36b) Das Landesarbeitsgericht folgt dieser letzteren Auslegung, und zwar aufgrund folgender Erwägungen: In der Abfindungssumme vonDM 21.000,-- ist ganz überwiegend steuerpflichtiges Entgelt enthalten, wie das Finanzamt zu Recht angenommen hat, nämlich in Höhe von DM 16.382,--. Auch nach der Betriebszugehörigkeit des Klägers und bei Zugrundelegung der Faustregel „ein halbes Brutto-Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“ ergäbe sich für den Kläger lediglich ein Abfindungsanspruch in Höhe von ca. DM 7.000,--. Würde man den Arbeitgeber zur Tragung der anfallenden Steuern für verpflichtet halten, ergäbe sich für die Beklagte, die bereits die Sozialver-
37Sicherungsbeiträge (in Höhe von DM 5.252,--) gezahlt hat, eine effektive Belastung in Höhe von ca. DM 31.500,--. Wenn die Parteien eine derartige Belastung der Beklagten gewollt hätten, hätte dies ausdrücklich vereinbart und zum Ausdruck gebracht werden müssen.
38Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Beklagte die Zahlung von DM 4.293,52 an Steuern übernehmen sollte, die ansonsten unstreitig alleine vom Kläger zu tragen gewesen wären. Wenn die Parteien dies wirklich gewollt hätten, hätten dafür schon besondere Umstände vorliegen müssen, für die der in vollem Umfange darlegungs- und beweisbelastete Kläger nichts vorgetragen hat.
39Die Berufung ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
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