Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 7 Sa 1256/96
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.06.1995 -17 (20) Ca 60/95 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß sich die Feststellung des Arbeitsgerichts auf die Zeit bis zum 31.05.1995 beschränkt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
1
Tatbestand
2Der Kläger, geboren am .1958, hat Geographie und Geschichte für das Lehramt studiert und das Erste und Zweite Staatsexamen für die Sekundarstufen l und II abgelegt. Vom 04.12.1989 bis 31.12.1991 war er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den V
3des R vom 22.03.1991 (Bl. 36 d. A.), Arbeitsvertrag mit dem Beklagten vom 22.03.1991 (Bl. 29 ff. d. A.) und Tätigkeitsdarstellung vom 20.04.1990 (Bl. 50 ff. d. A.). Er erhielt Vergütung anfänglich nach der Vergütungsgruppe III BAT, ab 01.01.1990 nach der Vergütungsgruppe II a BAT.
4Der Kläger ist vom 01.06.1993 bis zum 31.05.1995 erneut beim V
5des R K beschäftigt worden, diesmal gemäß Schreiben des R K vom 25.05.1993 (Bl. 45 d. A.), schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Beklagten vom 26.05.1993 (Bl. 34 ff. d. A.) und Tätigkeitsdarstellung vom 01.06.1993 (Bl. 42 ff. d. A., Sachbearbeiter im Bereich Verkehrssicherheit). Er hat geltend gemacht, auch diesmal Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT zu haben. Seine Tätigkeit habe zu 65 % aus der Erstellung von Vorlagen bestanden, zu 10 % aus der Bearbeitung von Eingaben und Beschwerden und zu 25 % aus der Vorbereitung von Veranstaltungen. Die Erstellung von Vorlagen habe ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium vorausgesetzt. Die Beschäftigung sei mit derjenigen bis zum Dezember 1991 identisch gewesen.
6Der Kläger hat demgemäß beantragt,
71. das beklagte ••zu verurteilen, an den Kläger 4.242,30 DM brutto nebst 4 % Zinsen vom Nettobetrag ab dem 01.02.1994 zu zahlen;
82. festzustellen, daß das beklagte •• verpflichtetist, an den Kläger ab 01.02.1994 Vergütung nachVergütungsgruppe II a BAT zu zahlen;
93. weiter festzustellen, daß das beklagte •• verpflichtet ist, die von ihm nachzuzahlenden Beträgeab 01.02.1994, sowie der Klageerhebung fälligwerdenden Differenzbeträgen ab der monatlichenFälligkeit des Gehalts mit 4 % zu verzinsen.
10Bei den 4.242,30 DM handelt es sich um die Differenz zwischen den Vergütungsgruppen II a und IV a BAT von monatlich 707,05 DM brutto für die Monate Juli bis Dezember 1993.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat geltend gemacht: Der Kläger sei ab 01.06.1993 unabhängig von seiner ersten Beschäftigung eingestellt worden. Die von ihm nunmehr danach ausgeübte Tätigkeit entspreche der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a BAT. Die dem Kläger übertragen gewesenen Aufgaben seien alle vorbesprochen worden und hätten vor ihrem Abgang dem Vorgesetzten Dezernenten vorgelegt werden müssen. Dieser habe nach Bedarf die vorgelegten Entwürfe auch abgeändert. Im Unterschied zu seiner ursprünglichen Tätigkeit habe der Kläger seine Aufgaben also nicht in eigener Regie ausgeführt, sondern unter Anleitung des zuständigen Dezernenten. Dies komme auch in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 01.06.1993 zum Ausdruck. Die dem Kläger übertragenen Tätigkeiten und Befugnisse seien hinter denen des ursprünglichen Beschäftigungsverhältnisses zurückgeblieben. So hätte der Kläger ursprünglich die Befugnis zur Einholung von Informationen schriftlicher und mündlicher Art sowohl innerhalb der Behörde als auch bei anderen Dienststellen und Institutionen gehabt. Er sei außerdem zur Abstimmung der erarbeiteten Konzepte mit Stellen innerhalb und außerhalb der Behörde befugt gewesen. Diese Kompetenzen seien nicht in die neue Arbeitsplatzbeschreibung übernommen worden. Ebenso sei die Leitung der Ge-
14schäftsstelle des Verkehrssicherheitsbeauftragten entfallen. Der Kläger sei nicht entsprechend seiner Hochschulausbildung beschäftigt worden. Er habe aber auch keine Tätigkeit ausgeübt, die eine einem Hochschulstudium vergleichbare Ausbildung voraussetze. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit habe sich zwar insofern durch besondere Schwierigkeit ausgezeichnet, als sie eine fachliche Spezialisierung auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit und ein besonderes Maß an Spezialkenntnissen erfordert habe. Dabei handele es sich aber keineswegs um einen Fachbereich, wie er im Rahmen eines Hochschulstudiums abgedeckt werde. Der Kläger habe sich ausschließlich in dem engen Bereich der Verkehrssicherheit spezialisieren müssen. Die von ihm auf diesem Gebiet erforderten Kenntnisse seien berücksichtigt worden, indem er nicht in der an sich einschlägigen Vergütungsgruppe IV b eingruppiert gewesen sei, sondern in der Vergütungsgruppe IV a.
15Das Arbeitsgericht hat den Anträgen 1) und 2) stattgegeben, der Beklagte hiergegen Berufung eingelegt. Er begehrt weiterhin Abweisung der Klage. Wegen seiner Begründung wird auf seine Schriftsätze vom 02.12.1996, 06.02.1997, 25.06.1997, 03.12.1997 und 28.01.1998. Bezug genommen, wegen der Erwiderung des Klägers auf dessen Schriftsätze vom 12.02.1997, 10.10.1997 und 09.01.1998.
16Das Gericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob sich aus den vom Kläger bezeichneten Ausführungen aus fachlicher Sicht ergibt, daß seine Vorlagen-Erstellungen ein abgeschlossenes wissenschaftliches Studium der Geographie erforderten. Es hat hierüber ein Gutachten eingeholt von P B Inhaber des Lehrstuhls für A G am I der R in A am 21.04.1998 (Bl.345 ff d. A.).
17Auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen. Die Stellungnahme des Beklagten hierzu ergibt sich aus dessen Schriftsatz vom 21.04.1998.
18Entscheidunqsqründe
19I. Die Berufung ist statthaft, § 64 ArbGG. Sie ist auch in der gesetzlichen Formund Frist eingelegt und begründet worden. Die diesbezüglichen Feststellungen desGerichts ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 06.08.1997.
20II. Die Berufung ist nicht begründet.
211. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung der Differenz zwischen den Vergütungsgruppen II a BAT und IV BAT für die Monate Juli bis Dezember 1993 bestehen. Sie ergeben sich aus den Bestimmungen der Fallgruppe 1 a der Vergütungsgruppe II a BAT in Verbindung mit den Bestimmungen des § 22 BAT. Die Fallgruppe 1 a der Vergütungsgruppe II a BAT lautet, soweit es hier interessiert: „Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit...". Der Kläger hat diese Voraussetzungen bei seiner Tätigkeit ab 01.06.1993 erfüllt.
22a) Er hat eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung (abgeschlossenes Hochschulstudium in Geographie und Geschichte).
23b) Er hat auch eine „entsprechende Tätigkeit" ausgeübt.
24aa) Unter „Tätigkeit" in diesem Sinne sind die Arbeitsvorgänge zu verstehen, aus denen die Gesamttätigkeit des Klägers bestanden hat, BAT § 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 mit Protokollnotiz Nr. 1.
25bb) Beim Kläger fielen als Arbeitsvorgänge überwiegend die Erstellung von Vorlagen an (65 %).
26cc) Diese Vorlagen hatten wissenschaftliches Niveau. Das ergibt sich aus dem Gutachten von P B vom 21.04.1998. Danach war die wissenschaftliche Ausbildung des Klägers auch für die nach dem 01.06.1993 ausgeübte Tätigkeit als notwendige Qualifikation anzusehen. Der Gutachter hat die Arbeiten des Klägers mit einer Liste ähnlicher, wissenschaftlicher Arbeiten verglichen (Anlage zum Gutachten).
27dd) Der Einwand des Beklagten, bei den Aufgaben des Klägers habe es sich um solche gehandelt, die typischerweise einem Beamten des gehobenen Dienstes oder einem vergleichbaren Angestellten zugewiesen seien und in keinem Falle eine akademische Vorbildung Voraussetzung (Anforderungsprofil) für die Stellenbesetzung gewesen sei, ändert nichts daran, daß die vom Kläger erstellten Vorlagen wissenschaftliches Niveau hatten und der Beklagte dies akzeptiert und genutzt hat. Es hat den Kläger niemand vorher darauf hingewiesen, daß er sich bei der Erstellung seiner Vorlagen mit einem unterwissenschaftlichen Niveau begnügen dürfe. Unter diesen Umständen durfte er annehmen, daß er bei seinen Vorlagen seine subjektiven Fähigkeiten voll zur Geltung bringen sollte und damit auch seine wissenschaftliche Ausbildung, daß also ein wissenschaftliches Niveau zu der von ihm „auszuübenden" Tätigkeit gehören sollte.
28III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO; der Kläger hat die Klage auf die Zeit bis zum 31.05.1995 reduziert.
29Rechtsmittelbelehrung
30Gegen dieses Urteil findet kein Rechtsmittel statt.
31Im Urteil des Gerichts vom 02.09.1998 - 7 Sa 1256/96 -wird gemäß § 319 ZPO ein Schreibfehler berichtigt:
32Auf Seite 2 muß es hinter den Worten „im Bereich Verkehrssicherheit" heißen: „gegen Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT".
33Köln, den O/12.1998
34Der Vorsitzende der 7. Kammer
3536
(Baingo)
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Referenzen
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