Beschluss vom Landesarbeitsgericht Köln - 6 Ta 23/02
Tenor
1
G r ü n d e :
2- Die Parteien streiten vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges.
Der am 23.04.1971 verstorbene Ehemann der Klägerin war seit 1935 Alleininhaber der von ihm gegründeten P T S in N . Im Jahre 1956 gründete er mit seinen drei noch minderjährigen Kindern die P T S K in N . In § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages vom 27.03.1956 heißt es:
4"Auf den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters P T erhält Frau T eine lebenslängliche bzw. bis zur Wiederverheiratung zahlbare, über Unkosten zu verbuchende Witwenpension in Höhe von monatlich DM 500,00."
5Die Klägerin war nach ihren Angaben nicht nur bis zum Ableben ihres Ehemannes im Jahre 1971 als Arbeitnehmerin für dessen Unternehmen tätig, sondern auch zeitlich darüber hinaus mindestens bis zum 31.12.1975, also nach ihrem 60. Geburtstag. Nach dem Ableben des Ehemannes der Klägerin wurde von den Gesellschaftern am 20.07.1971 beschlossen, die Witwenpension für die Klägerin in Abänderung des § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 27.03.1956 auf DM 1.500,00 festzusetzen. Die Witwenrente sollte erstmals mit dem auf den Todesmonat folgenden Monat fällig sein. In einem weiteren Gesellschafterbeschluss vom 04.12.1985 wurde festgelegt, die Witwenpension der Klägerin mit Wirkung vom 01.01.1986 auf 3.000,00 DM zu erhöhen. Vom 01.01.1986 bis März 1996 wurden der Klägerin dementsprechend monatlich 3.000,00 DM gezahlt. Seit Anfang 1995 wurden die Zahlungen von der Firma K K E T in N geleistet, die mit dem Ausscheiden der beiden Kommanditistinnen und der Weiterführung des Unternehmens durch einen Sohn der Klägerin entstanden war. Für dieses Unternehmen wurde von dem Beklagten der Sicherungsfall der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit bei offensichtlicher Masselosigkeit auf den 01.10.1997 festgestellt.
6Mit ihrer am 04.10.2001 erhobenen Klage hat die Klägerin den Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung wegen ihrer Witwenpension in Anspruch genommen.
7Der Beklagte hat die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gerügt. Er hat vorgetragen, die Gerichte für Arbeitssachen seien ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche von Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen auf Leistungen der Insolvenzsicherung. Wer aber als Witwe eines Nichtarbeitnehmers einen Anspruch aus einem Gesellschaftsvertrag geltend mache, könne nicht vor den Arbeitsgerichten klagen.
8Das Arbeitsgericht hat sich mit Beschluss vom 14.12.2001 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Köln verwiesen. Wegen seiner Begründung wird auf Blatt 52 f. der Akten Bezug genommen.
9Gegen den ihr am 02.01.2002 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 11.01.2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie meint, das Arbeitsgericht habe den Begriff der "Witwenpension" zu eng ausgelegt. In Wahrheit habe es sich um eine Versorgungszusage für die Klägerin als Arbeitnehmerin ihres Ehemannes seit 1935 und auch in der neugegründeten KG gehandelt, die nach Grund und Höhe unabhängig davon gewesen sei, dass die Klägerin die Ehefrau des persönlich haftenden Gesellschafters seit dem ersten Tag ihres Arbeitsbeginns in seiner jeweiligen Firma gewesen sei.
10Der Beklagte verbleibt bei seiner Rechtsauffassung, die Klägerin könne nur vor dem Landgericht klagen, weil sie einen Anspruch aus dem Gesellschafterverhältnis ihres verstorbenen Ehemannes einklage.
11II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§§ 17 a Abs. 4 GVG, 48 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt worden ist.
12- Das Rechtsmittel ist aber unbegründet, weil der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben ist.
Dies war im Tenor klarzustellen. Denn seit der Neufassung der §§ 2, 2 a und 48 ArbGG durch das 4. VwGOÄndG mit Wirkung vom 01.01.1991 (BGBl. I S. 2809) ist das Verhältnis zwischen Arbeitsgerichtsbarkeit und ordentlicher Gerichtsbarkeit keine Frage der sachlichen Zuständigkeit mehr, sondern der Rechtswegzuständigkeit (vgl. BAG vom 26.03.1992 - 2 AZR 443/91 - NZA 1992, 954, 955 f.; Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Aufl., § 48 Rz. 8).
14Dem Arbeitsgericht ist im Übrigen darin zu folgen, dass vorliegend die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG nicht gegeben ist. Danach sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für "bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung". Die Klägerin macht ihre Ansprüche nicht als Hinterbliebene eines Arbeitnehmers im Sinne dieser Vorschrift geltend. Sie leitet ihre Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag der P T S K aus dem Jahre 1956 ab, an der ihr verstorbener Ehemann als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt war. In der Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter der K war der verstorbene Ehemann der Klägerin aber nicht Arbeitnehmer im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, sondern allenfalls "Nicht-Arbeitnehmer" im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG, der die entsprechende Anwendung der §§ 1 bis 16 BetrAVG für den Fall anordnet, dass Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Streitigkeiten zwischen solchen Personen oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung fallen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.
15Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wäre nur dann eröffnet gewesen, wenn der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmerin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden wären. Dies lässt sich weder der Regelung in § 13 des Gesellschaftsvertrages der P T S F K aus dem Jahre 1956, noch den Gesellschafterbeschlüssen vom 20.07.1971 und 04.12.1985, noch dem weiteren Vortrag der Klägerin entnehmen.
16Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass ihr schon vor Gründung der K eine Versorgung "für den Fall des Ablebens des Ehemannes oder der Erreichung einer Altersgrenze verbindlich von der Einzelfirma" so zugesagt worden sei, wie das auch anderen langjährig in der Einzelfirma tätig gewordenen Arbeitnehmern schriftlich zugesagt gewesen sei. Die Zusage habe sich schon vor 1956 auf die übliche monatliche Vergütung eines Arbeitnehmers bezogen. Mit § 13 des Gesellschaftsvertrages der K hätten die Verfasser dieses Vertrages, die damaligen Steuerberater der Einzelfirma, diese Versorgungszusage an die Klägerin auch in den Vertrag der K übernehmen müssen, weil nach dem Willen des Ehemannes der Klägerin sie an der K so wenig habe beteiligt werden sollen wie schon vorher an der Einzelfirma. An der "eheüblichen" Vergütung der Klägerin habe sich aber durch die Gründung der K nichts ändern sollen.
17Die Klägerin übersieht dabei, dass ihr gerade keine "übliche" Versorgungszusage nach Art der vorgelegten Muster (Blatt 74, 75 d. A.) erteilt worden ist. Während danach den Arbeitnehmern eine Alterspension gewährt werden sollte, "wenn sie im Dienste der Firma das 65. Lebensjahr vollenden und in den Ruhestand treten", war für die Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag "nur" eine Witwenpension vorgesehen. Sie trägt bezeichnenderweise selbst vor, dass ihre von der Einzelfirma gegebene Versorgungszusage in der K nur weiter gelten sollte für den Fall des Ablebens des Ehemannes, "und dann geltend in Höhe des zuletzt vom Ehemann durchschnittlich zur Auszahlung an die Klägerin angewiesenen Nettolohnes". Damit war die Versorgungszusage entscheidend abhängig von dem Ableben des Ehemannes und nicht von dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu der K oder dem Erreichen einer Altersgrenze. Es handelte sich nach Maßgabe der klaren Wortwahl um eine Zusage "auf den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters P T " und damit um eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugunsten Dritter im Sinne des § 331 Abs. 1 BGB. Auch das Wort "Witwenpension" lässt nur den Schluss zu, dass es sich um einen mit der ursprünglichen Stellung des Ehemannes verbundenen Anspruch handeln sollte. Der Ehefrau sollte nach dem Ableben des Ehemannes, der sie aus seinen Einkünften als Gesellschafter mitversorgte, ein eigener Anspruch auf eine "Witwenpension" zustehen. Der Anspruch war allerdings begrenzt auf die Zeit "bis zur Wiederverheiratung". Auch dies spricht zwingend gegen die Annahme einer Altersversorgungszusage wegen der von der Klägerin als Arbeitnehmerin für das Unternehmen des Ehemannes geleisteten Arbeit. Eine solche Zusage wäre unabhängig vom Ableben des Ehemannes und von einer etwaigen Wiederverheiratung gewesen.
18Dass es sich bei der Zusage an die Klägerin nicht um eine Betriebsrentenzusage an die Arbeitnehmerin, sondern um eine Versorgungszusage an die Ehefrau des persönlich haftenden Gesellschafters handelte, kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen noch einige Jahre nach dem Ableben ihres Ehemannes in dem Betrieb weiter arbeitete, gleichwohl aber sofort nach seinem Tod die Witwenpension bezog. Aus der Sicht der Klägerin mag es sich dabei um die Weiterzahlung der "eheüblichen" Vergütung durch die K gehandelt haben. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung können darin jedenfalls nicht gesehen werden.
19Nach alledem scheidet eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG aus. In Betracht kommt allenfalls eine Haftung des Beklagten nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG. Dafür ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet (vgl. BGH vom 02.06.1997 - II ZR 181/96 - NZA 1997, 1055).
20- Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 3, 97 Abs. 1 ZPO. Für den Beschwerdewert wurde ein Drittel des Hauptsachestreitwertes zugrunde gelegt.
- Die weitere sofortige Beschwerde ist nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Abgrenzung zwischen betrieblicher Alterversorgung und einer Versorgungszusage im Rahmen von Ehegattenmitarbeit zugelassen worden.
Rechtsmittelbelehrung
23Gegen diesen Beschluss kann von der Klägerin weitere sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden) von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, oder bei dem Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln, eingelegt werden.
24(Dr. Kalb)
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