Beschluss vom Landesarbeitsgericht Köln - 1 Ta 154/13
Tenor
Auf die Anhörungsrüge des Klägers wird der Beschluss vom 26.08.2013 (1 Ta 154/13) aufgehoben.
Aufgrund der sofortigen Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 08.05.2013 (5 Ca 915/13 EU) abgeändert.
Dem Kläger wird für die Klageanträge zu 2), 3), 4) mit Wirkung ab Antragstellung ratenfreie Prozess-kostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und zur Wahrung der Rechte Rechtsanwalt S aus B beigeordnet.
1
G r ü n d e
2I.
3Auf die gemäß § 78 a) Abs. 1 ArbGG zulässige Anhörungsrüge war der Beschluss des Gerichts vom 26.08.2013 aufzuheben und das Verfahren fortzuführen.
4Die Voraussetzungen für eine Fortführung des Verfahrens gemäß § 78 a Abs. 1 ArbGG sind erfüllt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass das gerichtliche Schreiben vom 03.07.2013 mit verschiedenen Auflagen an den Kläger in der Kanzlei nicht eingegangen ist. Der Kläger konnte mithin nicht Stellung nehmen. Die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beruhte darauf, dass der Kläger die geforderte Stellungnahme nicht abgegeben hat. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör i. S. v. § 78 a) Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ist dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
5II.
6Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers mit Schriftsatz vom 20.09.2013 sowie der beigefügten Unterlagen ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sowie für eine Beiordnung i. S. v. §§ 114 S. 1, 115, 121 Abs. 2 ZPO, 11 a) Abs. 3 ArbGG für die Klageanträge zu 2) – 4) erfüllt sind.
71. Die mit den Klageanträgen zu 2) – 4) geltend gemachten Ansprüche sind schlüssig dargelegt, so dass die erforderliche Erfolgsaussicht i. S. v. § 114 S. 1 ZPO gegeben ist.
82. Unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ist Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 1 ZPO ratenfrei zu gewähren.
9a) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht wegen vorhandenen Vermögens gemäß § 115 Abs. 3S. 1 ZPO i. V. m. § 11 a) Abs. 3 ArbGG ausgeschlossen.
10aa) Zwar stellt das Mehrfamilienhaus des Klägers mit fünf Wohneinheiten kein Schonvermögen gemäß § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII dar (ebenso zum Mehrfamilienhaus: LAG Hamm v. 07.12.2009 – 14 Ta 349/09–;Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrens-kostenhilfe, 6. Aufl.,Rn. 346).
11bb) Jedoch scheitert der Vermögenseinsatz an der Zumutbarkeit gemäß § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO. Für die Frage der Zumutbarkeit ist relevant, dass der Kläger eine Wohnung des Hauses selbst mit seinem Sohn bewohnt. In derartigen Fällen wird bei Mehrfamilienhäusern zur Erhaltung der Familienwohnung im Regelfall nur eine Kreditaufnahme und keine Verwertung des Objekts zuzumuten sein (ebenso LAG Hamm v. 07.12.2009 a. a. O.; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskosten-hilfe, 6. Aufl., Rn. 346).
12cc) Hinsichtlich einer Beleihung des Hauses hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass diese derzeit nicht möglich ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich Banken bei der Beleihung im Wege des Realkredits in der Regel an der Beleihungsgrenze gemäß § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 u. 2 PfandBG in Höhe von 60 % des aufgrund einer Wertermittlung festgesetzten Wertes des Grundstücks orientieren und diese Grenze nur bei besonderen Umständen und Bonität überschreiten. Bei dem angegebenen Verkehrswert des Hauses in Höhe von 310.000.— € beträgt die Beleihungsgrenze 186.000.— € und ist durch die vorhandene Beleihung in Höhe von 229.000.— € bereits deutlich überschritten. Dementsprechend ist es auch glaubhaft und nachvollziehbar, dass die V -Bank N eine Kreditanfrage über 20.000.— € abschlägig beschieden hat und bei anderen Banken ebenfalls keine weitere Beleihung möglich ist.
13b) Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens ist das Gericht von einem Netto-Arbeitseinkommen in Höhe von 789,94 € monatlich, Kindergeld in Höhe von 184,00 €, 334,00 € Unterhaltseinkünften sowie– aufgrund des Leerstands von Wohnungen – von Mieteinnahmen in Höhe von derzeit nur 700,00 € insgesamt 2.007,94 € ausgegangen. Von diesen Einkünften sind der Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 442,00 €, der Erwerbstätigkeitsfreibetrag in Höhe von 201,00 €, ein Unterhaltsfreibetrag für das fast 15-jährige Kind in Höhe von 338,00 €, Kosten für Wohnen und Heizen in Höhe von 1.372,00 € sowie monatliche Darlehensraten von 128,00 € für den Pkw und 400,00 € für die Rückzahlung des Privatkredits für die Kanalanschlusskosten, insgesamt 2.881,00 € abzuziehen. Im Ergebnis errechnet sich derzeit kein einzusetzendes Einkommen.
143. Die Voraussetzungen für eine Beiordnung eines Rechtsanwalts sind ebenfalls erfüllt. Zur Durchsetzung der Rechte gegenüber dem Beklagten war die Vertretung durch einen Rechtsanwalt für den rechtsunkundigen Kläger erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO).
15III.
16Der Beschluss ist unanfechtbar.
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