Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Kammer) - 2 Sa 102/12

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.04.2012 – 1 Ca 2498/11 – wie folgt abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18.11.2011 nicht zum 30.11.2011, sondern mit Ablauf des 05.12.2011 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsabgeltung für 7 Urlaubstage in Höhe von 403,84 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 16.01.2012 zu zahlen.

3. Die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Streitwerts sind dem Endurteil vorbehalten.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 79 %, die Beklagte zu 21 %.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Kündigungsschutz und Zahlungsansprüche. Dem liegt folgender Sachverhalt zur Grunde:

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Die am 15.02.1987 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 08.06.2011 bei der Beklagten auf Basis des Arbeitsvertrages vom 19.05.2011 (Bl. 27 d. A.) als Angestellte bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche zu einem vertraglich vereinbarten Bruttoentgelt von 1.500,00 € monatlich beschäftigt. Das Aufgabengebiet der Klägerin umfasst auf Basis der vertraglichen Vereinbarung das Bauzeichnen, Massenberechnung, Abrechnung und Kalkulation der Bauten. Die Klägerin erfüllte die vertraglich vereinbarten Aufgaben, kalkulierte Bauvorhaben, führte allgemeine Bürotätigkeiten aus und erstellte ab August 2011 auch mit einem computergestützten Zeichenprogramm Planzeichnungen.

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Während ihrer Tätigkeit bei der Beklagten erhielt die Klägerin 5 Tage Erholungsurlaub gewährt und nahm diese. Die Klägerin ist seit dem 01.03.2007 Mitglied der Gewerkschaft B.

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Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen und beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Die Beklagte stellt überwiegend Einfamilien- und Reihenhäuser für Privatkunden her. Mit Schreiben vom 18.11.2011, welches der Klägerin am 21.11.2011 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2011. Hinsichtlich der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Blatt 9 der Akte verwiesen.

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Die Klägerin hält die ausgesprochene Kündigung für sozial ungerechtfertigt und daher unwirksam. Die Klägerin rügt, dass die Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde und behauptet, die Parteien hätten keine Probezeit vereinbart. Die Klägerin behauptet weiter, dass ihr als Gewerkschaftsmitglied der geltende Tariflohn gemäß den Tarifverträgen für das Baugewerbe zustehe. Die Beklagte sei als Mitglied im Bauverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. tarifgebunden. Sie behauptet weiter, ihr stehe der Tariflohn gemäß Tarifgruppe A II zu. Weiterhin sei, da das Arbeitsverhältnis erst zum 31.12.2011 geendet habe, das Gehalt für den Monat Dezember 2011 in tariflich geschuldeter Höhe zu zahlen. Das Tarifgehalt betrüge 1.869,00 €. Weiterhin schulde die Beklagte Urlaubsabgeltung für 10 Urlaubstage, da die Klägerin von den ihr zustehenden 15 Urlaubstagen (1/2 x 30 Urlaubstage) lediglich 5 Urlaubstage genommen habe. Hierfür schulde die Beklagte 826,62 € Urlaubsabgeltung.

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In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei auf Grund der Kündigung zum 05.12.2011 beendet worden. Im fraglichen Zeitpunkt habe auch eine Tarifbindung der Beklagten im Bauverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. bestanden. Eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern ohne und mit Tarifbindung sei in der Satzung nicht vorgesehen. OT - Mitglieder würden zwar keine Entscheidung in Tarifangelegenheiten treffen dürfen, hätten jedoch die Möglichkeit, den Vorstand vereinsrechtlich nach § 26 BGB ohne jede Einschränkung zu vertreten. Entsprechendes gilt für Präsidium und Geschäftsführung. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Beklagte sei zwar Mitglied im Bauverband Mecklenburg-Vorpommern e. V.. Diese Mitgliedschaft bestehe jedoch nur als Mitglied ohne Tarifbindung. Die Beklagte sei in der Sparte Baugewerbeverband. Diese Sparte sei weder dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V., noch den Zentralverband des Baugewerbes e. V. beigetreten. Nach § 2 Ziffer 9 der Satzung komme es aber für die Frage der Mitgliedschaft in diesen Verbänden auf die eigene Entscheidung der Sparten an. Auch im Vorstand seien OT – Mitglieder von der Beschlussfassung ausgeschlossen. Dies reiche aus. Ein Präsident, der, oder bzw. ein Vizepräsident, der nicht der Sparte Bauindustrie angehöre, sei danach nicht zur Unterzeichnung eines Tarifvertrages berechtigt.

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Mangels tariflicher Bindung stehe der Klägerin lediglich der gesetzliche Urlaubsanspruch zu, so dass es bei der Abgeltung von 7 Urlaubstagen verbleiben müsse.

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Die Beklagte beantragt,

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das Teilurteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.04.2012 – 1 Ca 2498/11 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen. Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet.

1.

15

Die Berufung ist unzulässig, soweit sie sich gegen Ziffer 1 des Urteils wendet, in dem die Beendigung zum 05.12.2011 festgestellt worden ist. Begehrt worden ist Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Klageabweisung. Damit richtet sich die Berufung auch gegen diese Feststellung. Damit ist die Berufung insoweit gemäß § 522 Abs. 1 ZPO unzulässig, da insoweit keine Begründung vorliegt.

2.

16

Die Berufung ist begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu Ziffer 2 des Urteils richtet. Der Klägerin stünden die geforderten 2.214,00 € brutto zzgl. Zinsen lediglich zu, wenn auch die Beklagte tarifgebunden ist. Eine derartige Tarifbindung liegt nicht vor. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es nach § 2 Ziffer 9 der Satzung (Blatt 44 d. A.) hinsichtlich der Entscheidung, ob eine Mitgliedschaft in einer Tarifverträge abschließenden Organisation auf die eigenständige Entscheidung der Sparten Baugewerbe und Bauindustrie ankommt. Eine Entscheidung auf eine Mitgliedschaft in einer Tarifverträge abschließenden Organisation durch die Sparte Baugewerbe, der die Beklagte angehört, liegt nicht vor. Damit sind die Angehörigen der Sparte Baugewerbe, OT – Mitglieder des Bauverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V..

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§ 2 Absatz 9 der Satzung ist zwar zugegebenermaßen etwas unklar formuliert. Er kann jedoch im Ergebnis nur so verstanden werden, dass die Mitglieder der Sparte, die sich nicht für eine Mitgliedschaft in einem Tarifverträge abschließenden Verband entscheidet, OT – Mitglieder sein soll. Ansonsten dürfte es nicht auf die eigene Entscheidung der Sparten ankommen.

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Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung liegt auch eine eindeutige Abgrenzung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zwischen den Verbandsmitgliedern mit Tarifbindung und denen ohne Tarifbindung vor. Bereits die I. Instanz hat darauf hingewiesen, dass die OT – Mitglieder von Abstimmungen ausgeschlossen sind, in denen die tarifpolitischen Ziele des Verbandes festgelegt oder Ergebnisse von Tarifverhandlungen angenommen werden. Warum damit eine unmittelbare Einflussnahme von OT - Mitgliedern auf tarifliche Entscheidung nicht ausgeschlossen sein soll, bleibt unklar. Der Umstand, dass OT – Mitglieder auch die Möglichkeit haben, den Vorstand vereinsrechtlich gemäß § 26 BGB nach außen zu vertreten, ist unerheblich. Es kann davon ausgegangen werden, dass kein Vorstandsmitglied einen Tarifvertrag unterzeichnet, der von den dafür maßgebenden Gremien nicht angenommen worden ist. Eine derart abstrakte Möglichkeit kann nicht als unmittelbare Einflussnahme von OT – Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidung angesehen werden. Soweit ersichtlich verlangt keine der Satzungen, die dem Bundesarbeitsgericht in einschlägigen Fällen vorgelegen haben, dass OT – Mitglieder nicht in den Vorstand gewählt werden dürfen bzw. in ihrer Vertretungsmacht nach außen beschränkt sind.

3.

19

Der Klägerin stehen 403,84 € Urlaubsabgeltung zu. Anerkannt von der Beklagten sind

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sieben Urlaubstage, die noch abzugelten sind. Der zuerkannte Betrag setzt sich aus folgender Rechnung zusammen:

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Das Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen in Höhe von 4.500,00 € geteilt durch 13 Wochen, geteilt durch 6 Werktage multipliziert mit 7 Arbeitstagen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 92 ZPO.

23

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

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