Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 666/04
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.06.2004 - 2 Ca 499/04 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um einen Entgeltfortzahlungsanspruch.
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Die Klägerin war bei der Beklagten ab dem 01.06.2000 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.04.2001 als Hauswirtschaftskraft zu einer monatlichen Bruttovergütung von 1.500,-- Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde mittlerweile durch gerichtlichen Vergleich beendet.
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Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses war die Klägerin in der Zeit vom 12.05.2003 ohne Unterbrechung bis zum 21.01.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Ohne dass die Klägerin ihre Arbeit wieder aufgenommen hat, war sie ab dem 22.01.2004 weiter bis zum 03.03.2004 erkrankt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Erkrankung ab dem 22.01.2004 eine neue Erkrankung (so die Behauptung der Klägerin) oder aber eine Fortsetzungserkrankung (so die Behauptung der Beklagten) dargestellt hat.
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Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr ein weiterer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von 6 Wochen ab dem 22.01.2004 zustehe, weil ab diesem Zeitpunkt eine neue Erkrankung vorgelegen habe, wovon auch ihre Krankenkasse ausgehe. Ausgehend von einer monatlichen Bruttovergütung von 1.500,-- Euro stehe ihr somit für die Dauer von 6 Wochen ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 2.500,-- Euro zu.
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Die Klägerin hat einen entsprechenden Zahlungsantrag gestellt, gegen den sich die Beklagte zur Wehr gesetzt hat mit der Begründung, es habe eine Fortsetzungserkrankung vorgelegen.
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Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 24.06.2004, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben, ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung sei im Streitfalle nicht entstanden, weil nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls nach § 3 EntGFG die Voraussetzungen für einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch nicht vorgelegen haben. Im Übrigen sei aufgrund einer vorgelegten ärztlichen Bescheinigung davon auszugehen, dass sogar eine Fortsetzungserkrankung im Streitfalle vorgelegen habe.
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Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 3 - 4 dieses Urteils Bezug genommen.
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Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und in ihrer fristgerecht begründeten Berufung angegeben, die Annahme des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, dass vorliegend eine Fortsetzungserkrankung vorgelegen habe. Im Einzelnen wird hiermit auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 24.09.2004 (Bl. 54 - 56 d.A.) Bezug genommen.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.500,-- Euro nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 22.01.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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weil das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen sei, dass bei der Klägerin ab dem 22.01.2004 die gleiche Erkrankung wie in den Vormonaten vorgelegen habe.
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Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Klägerin ist nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaft, weil vorliegend der Beschwerdewert 600,-- Euro übersteigt. Die Berufung wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, sie ist auch fristgerecht begründet worden; allerdings hat die von der Klägerin gelieferte Begründung nicht den Erfordernissen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprochen. Danach gehört zur Ordnungsgemäßheit der Berufungsbegründung, dass sich der Berufungsführer mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang ist eine argumentative Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen geboten (BAG AP-Nr. 21 zu § 554 ZPO; BAG AP-Nr. 2 zu § 15 SchwbG 1986). An diesem Grundsatz hat die ZPO-Reform nichts maßgeblich geändert. Eine substantielle Urteilskritik liegt nicht vor, wenn sich der Berufungsführer nur mit Teilen der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe auseinandersetzt und andere Entscheidungsgründe, die das Ergebnis ebenfalls selbständig tragen, unberücksichtigt lässt. In diesem Fall ist die Berufung insgesamt unzulässig (vgl. hierzu im Einzelnen Schwab/Weth-Schwab, Komm. zum ArbGG, § 64 Rd-Ziff. 155 ff; 158, 159).
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Diesen Anforderungen entspricht die Berufungsbegründung der Klägerin nicht. Das Arbeitsgericht hat die Klage deshalb für unbegründet erachtet, weil nach seiner Auffassung vorliegend der Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles einem Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Satz 1 EntGFG entgegensteht. Nach diesen vom BAG in ständiger Rechtsprechung (vgl. DB 1982, 601; BB 1984, 1365; NZA 1989, 927) angenommenen Grundsätzen ist ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch dann auf die Dauer von 6 Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit begrenzt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls zur Arbeitsunfähigkeit führt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die 6-Wochenfrist zur Entgeltfortzahlung nur einmal in Anspruch nehmen. Eine weitere Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall kann der Arbeitnehmer nur fordern, wenn die erste Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in welchem die weitere Erkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt. Zwei selbständige Verhinderungsfälle liegen dann vor, wenn ein Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich arbeitet oder wenn er zwischen den beiden Krankheiten zwar arbeitsfähig war, tatsächlich aber nicht arbeiten konnte, weil er nur für wenige, außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden arbeitsfähig war. Diese den Zahlungsanspruch begründenden Voraussetzungen scheiden vorliegend nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin erkennbar aus, weil sich die Erkrankung ab dem 22.01.2004 nahtlos an die am 21.01.2004 endende Erkrankung angeschlossen hat. Unstreitig hat die Klägerin zwischen den beiden Erkrankungen noch nicht einmal wenigstens einen "missglückten" Arbeitsversuch (vgl. hierzu BAG DB 1983, 2203) unternommen.
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Auf diese Grundsätze hat das Arbeitsgericht seine Entscheidung gestützt. Es hat dann lediglich zusätzlich und hilfsweise auch noch angegeben, dass aufgrund der ärztlichen Bescheinigung vom 31.03.2004 vorliegend sogar vom Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EntGFG auszugehen sei. Die Berufung hat sich nur und ausschließlich mit dieser Hilfsbegründung des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt, nicht jedoch mit der Hauptbegründung des Arbeitsgerichts, dass vorliegend schon die Grundsätze der "Einheit des Verhinderungsfalles" dem Entstehen eines erneuten Entgeltfortzahlungsanspruchs für die Dauer von 6 Wochen entgegenstehen.
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Damit ist das Rechtsmittel wegen fehlender ordnungsgemäßer Begründung unzulässig.
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Selbst wenn man im Streitfalle zur Zulässigkeit der Berufung käme, so wäre sie aus den oben genannten Grundsätzen jedenfalls unbegründet.
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Dem Berufungsgericht ist es vorliegend aufgrund der prozessualen Gegebenheiten möglich, die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels sogar offen zu lassen, wenn jedenfalls eindeutig feststeht, dass es - wie dargelegt - unbegründet ist. Hat das Arbeitsgericht über die Begründetheit eines Klagebegehrens entschieden, dann beeinflusst in diesem Falle die Klärung der Zulässigkeit des Rechtsmittels das in Rechtskraft erwachsende Ergebnis des Rechtsstreits nicht, wenn das Berufungsverfahren die Richtigkeit dieser festgestellten materiellen Rechtslage bestätigt, weil dann das Klagebegehren der Klägerin materiell rechtlich entschieden ist, unabhängig davon, ob seine Berufung objektiv zulässig oder unzulässig ist. Bei dieser Sachlage können die vom BAG (AP-Nr. 24 zu § 6 BetrAVG) entwickelten Grundsätze zwischen Zulässigkeit und Begründetheit einer Revision auch im Verhältnis zwischen Zulässigkeit und Begründetheit einer Berufung übernommen werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Rechtslage eindeutig und unzweifelhaft ist. Dies ist vorliegend der Fall, da sowohl das Arbeitsgericht als auch das Berufungsgericht die vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung angewendeten Grundsätze der Einheit des Verhinderungsfalles vorliegend angewendet haben.
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Nach alledem war das unzulässige (und zudem auch noch unbegründete) Rechtsmittel der Klägerin gegen das angefochtene Urteil mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Revision konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden.
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Referenzen
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