Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 146/11
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgericht Mainz v. 14.06.2011 -9 BV 20/11- wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer.
Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Gründe
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I. Vorliegend begehren die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats eine höhere Festsetzung des Gegenstandswerts ihrer anwaltlichen Tätigkeit.
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Im Ausgangsverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz haben die Beteiligten anlässlich einer in Planung befindlichen Ausgliederung der Technikabteilung aus dem Betrieb der Beteiligten zu 2) um die Besetzung einer Einigungsstelle gestritten. Der Betriebsrat hat beantragt, "zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelungsthematik "Outsourcing Technikabteilung" Herrn H. D., (…), einzusetzen" (Antrag zu 1) sowie "die Zahl der Beisitzer auf jeweils drei pro Seite festzusetzen" (Antrag zu 2). Die Arbeitgeberin hat sich -außer dass sie einen anderen Vorsitzenden vorgeschlagen hat und zwei Beisitzer für ausreichend angesehen hat- insbesondere gegen den Zeitpunkt der Errichtung einer Einigungsstelle gewendet, weil die Verhandlungen der Betriebspartner noch lange nicht abgeschlossen gewesen seien.
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Die Beteiligten haben im Anhörungstermin vom 19.05.2011 einen Vergleich abgeschlossen. Darin hat sich die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, diesem sämtliche von Dienstleistern eingereichten Angebote zur Prüfung vorzulegen, sobald sie den Beschluss gefasst hat, das Outsourcing der Abteilung Technik weiter zu betreiben. Der Betriebsrat solle danach sechs Wochen Zeit zur Unterlagenprüfung und Erstellung von Gegenkonzepten haben. Sollten dann die Beteiligten über die Frage des Outsourcings der Technikabteilung keine Einigung finden können, dann könne jede Seite die Einigungsstelle anrufen. In diesem Fall solle Herr Direktor des Arbeitsgerichts W. B. den Vorsitz der Einigungsstelle übernehmen und jede Seite zwei Beisitzer stellen.
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Nach Anhörung der Beteiligten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 14.06.2011 den Gegenstandswert für Verfahren und Vergleich auf 4000,-€ festgesetzt.
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Hiergegen haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 24.06.2011 Beschwerde eingelegt. Sie begehren eine Gegenstandswertfestsetzung in Höhe von 8000,-€.
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Die Arbeitgeberin hält die gerichtliche Wertfestsetzung für zutreffend. Es habe sich um einen einfachen Sachverhalt gehandelt, bei dem keine besonders schwierigen Rechtsfragen zu klären gewesen seien. Der Regelstreitwert von 4000,-€ im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG sei angemessen, wenn nicht sogar zu hoch angesetzt.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
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II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ist auch ansonsten zulässig.
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Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
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Die arbeitsgerichtliche Wertfestsetzung für das Verfahren ist jedenfalls nicht zu niedrig.
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Die Bemessung des Gegenstandswerts richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Da sich aus anderen Normen des Gerichtskostengesetzes kein festzusetzender Wert ergibt, ist dieser nach freiem Ermessen zu bestimmen. Bei der Frage der Errichtung einer Einigungsstelle sowie bei Berücksichtigung der gestellten Anträge, unter wessen Vorsitz und mit wie vielen Beisitzern eine Einigungsstelle besetzt werden muss, handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Hierfür bestimmt § 23 Abs. 3 Satz 2, 2.Hs. RVG, dass der Gegenstandswert nach billigem Ermessen festzusetzen ist und letztlich auf 4000,-€, je nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,-€ anzunehmen ist.
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Der in § 23 Abs. 3 Satz 2 formulierte Wert ist dabei nicht als Regelwert, von dem nur bei besonderen Umständen abgewichen werden darf, sondern als Hilfswert für den Fall des Fehlens individueller Anhaltspunkte zu verstehen, auf den nur dann zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.07.2009 -1 Ta 171/09; Beschl. v. 01.03.2010 -1 Ta 24/10; Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Streitwert/Gegenstandswert II 3; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., § 23 Rn. 22). Kriterien für die Ermessensausübung und insbesondere für das Ansetzen eines vom Hilfswert nach oben oder nach unten abweichenden Wertes stellen die Schwierigkeit des Falles, der hiermit verbundene Aufwand für die Tätigkeit des Rechtsanwalts und die Bedeutung für die Beteiligten dar (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.07.2009 -1 Ta 171/09; Beschl. v. 01.03.2010 -1 Ta 24/10; LAG Hamburg, Beschl. v. 09.03.2005 -3 Ta 28/04; Beschl. v. 04.08.1992 -2 Ta 6/92; ähnlich LAG Köln, Beschl. v. 02.09.2010, -7 Ta 277/10).
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In der landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung werden zur vorliegenden Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten (vgl. z.B. LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.09.2005 – 1 Ta 69/05 „regelmäßig mit dem halben Ausgangswert festzusetzen“; LAG Hamburg, Beschl. v. 09.03.2009 - 3 Ta 28/04 „ein Viertel des Hilfswerts für jeden von einer Seite zu benennenden streitbefangenen Beisitzer; zwischen einem Viertel und der Hälfte des Hilfswerts bei Streit um den Vorsitzenden der Einigungsstelle“; LAG Hamm, Beschl. v. 27.06.2005 -10 TaBV 83/05 „Hälfte des Ausgangswerts bei Streit um Anzahl der Beisitzer“; Sächsisches LAG, Beschl. v. 20.12.1999 - 4 Ta 321/99 "erhebliche Herabsetzung des Regelstreitwerts"; LAG Hamm, Beschl. v. 15.04.2011 -13 Ta 180/11 „bei Auseinandersetzung um die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer jeweils eine Erhöhung des Hilfswertes um 2000,-€“ ).
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Im Hinblick auf das „summarische Verfahren nach § 98 ArbGG, das nach Umfang und Dauer mit eher durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad das sonst übliche Maß nicht erreicht, erscheint regelmäßig der Hilfswert von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG eher die Obergrenze zu bilden. Ob der Einigungsstellenvorsitzende der Arbeitsrichter A oder der Arbeitsrichter B sein soll, ist objektiv betrachtet keine nennenswert schwierige Rechtsfrage. Sie wurde von den Beteiligten vorliegend auch nicht näher thematisiert. Auf die Empfindungen oder sogar Vorurteile der Beteiligten kommt es dabei nicht an. Ähnliches gilt für die Frage, ob jede Seite zwei oder drei Beisitzer entsenden soll. Hier ist allenfalls zu prüfen, ob die Regelungsmaterie ein erweitertes Gremium erfordert. Auch diese Frage haben die Beteiligten vorliegend nicht näher problematisiert. Geht es in einem Beschlussverfahren -so die ausdrücklichen Anträge des Betriebsrats- ausschließlich um die beiden vorgenannten Fragen, lässt sich bei diesem Sach- und Streitstand ein Zugriff auf den Hilfswert von 4000,-€ kaum rechtfertigen. Im Streitfalle hat die Arbeitgeberin aber insbesondere schriftsätzlich eingewendet, die Verhandlungen der Betriebspartner seien bei weitem noch nicht durchgeführt und der Betriebsrat habe sachwidrig verfrüht das vorliegende Besetzungsverfahren betrieben. Die Arbeitgeberin hat vorliegend insbesondere nicht die nicht immer einfach zu beantwortende Rechtsfrage der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle problematisiert. Erst bei dieser zusätzlichen Problematik dürfte auf den Hilfswert von 4000,-€ abzustellen sein.
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Wenn das Arbeitsgericht bei der konkreten Streitproblematik den Gegenstandswert vorliegend trotzdem auf den vollen Hilfswert von 4000,-€ festgesetzt hat, dann ist diese Höhe auf keinen Fall zu niedrig. Ob der festgesetzte Betrag zu hoch war, braucht das Beschwerdegericht nicht zu prüfen, weil im Rahmen von § 33 Abs. 3 RVG das Verbot der reformatio in peius gilt und die Arbeitgeberin den Festsetzungsbeschluss nicht angefochten hat.
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Ebenso verhält es sich für den Vergleich. Dieser regelt diejenigen Gegenstände, die bereits im Verfahren streitig waren (Anzahl der Beisitzer pro Seite, Besetzung des Vorsitzenden, Zeitpunkt des Anrufens der Einigungsstelle). Auch aus dem Gesichtspunkt, dass die Beteiligten hier einen festen zeitlichen Ablauf für das Verfahren vor der Einigungsstelle umrissen haben, ergibt sich keine weitere Erhöhung. Denn diese Regelung betrifft zum einen die schon im Verfahren streitige Frage über den Zeitpunkt der Anrufung der Einigungsstelle, so dass auf die obigen Ausführungen zu verweisen ist. Der Vergleich stellt nicht erst die Zuständigkeit der Einigungsstelle im konkreten Fall fest. Auch beinhaltet er verschiedene derzeit unerfüllte Voraussetzungen („sobald sie den Entschluss gefasst hat…“; „Für den Fall, dass die Beteiligten keine Einigung erzielen…“). Eine Erhöhung über den vollen Hilfswert von 4000,-€, wie ihn das Arbeitsgericht in Ansatz gebracht hat, ergibt sich hieraus nach alledem nicht.
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Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst nicht das sich anschließende Beschwerdeverfahren wegen des festgesetzten Gegenstandswerts (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 26.11. 2007 – 1 Ta 256/07).
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Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nach § 33 Abs. 4 RVG nicht gegeben.
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