Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 178/11

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.06.2011 - 8 Ca 499/11 – wie folgt abgeändert:

"Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin wird für den Vergleich auf 3.916,31 Euro festgesetzt."

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe

I.

1

Die beschwerdeführende Beklagte begehrt die Festsetzung eines niedrigeren Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten.

2

In dem zu bewertenden Verfahren hatte die Klägerin beantragt,

3

festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 24.02.2011, zugegangen am 25.02.2011, nicht aufgelöst worden sei,

4

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern dass es über den 31.03.2011 hinaus fortbestehe,

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die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer, sowie Führung und Leistung des Arbeitsverhältnisses erstreckt sowie

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die Beklagte zu verurteilen, ihr die überlassene Dienstwohnung über den 31.03.2011 hinaus zu überlassen und weiterhin mit Strom und Wasser zu versorgen.

7

Die Klägerin war seit Oktober 2009 bei der Beklagten zu einem regelmäßigen Bruttomonatsgehalt von 1.080,- Euro beschäftigt gewesen. Teil ihrer Entlohnung war die Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung durch die Beklagte. Mit Schreiben vom 24.02.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis und stellte die Klägerin mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung frei gegen Anrechnung ihres Resturlaubsanspruches. Die Klägerin hat dieser Anrechnung in der Klageschrift widersprochen und dies damit begründet, eine Anrechnung komme wegen ihrer Erkrankung seit Anfang März 2011 nicht in Betracht.

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Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Abschluss eines Vergleichs beendet. In diesem vereinbarten sie neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2011 (Ziffer 1) die Fortsetzung des Mietverhältnisses hinsichtlich der Dienstwohnung bis zum 31.07.2011 gegen Zahlung eines monatlichen Mietzinses durch die Klägerin in Höhe von 200,- Euro ab Mai 2011 (Ziffer 2) und erklärten Übereinstimmung darüber, dass der Klägerin der ihr zustehende Urlaub (24 Urlaubstage) in Freizeit gewährt worden war (Ziffer 4).

9

Nach Anhörung hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert mit Beschluss vom 27.06.2011 auf 3.120,- Euro für das Verfahren und auf 4.116,31 Euro für den Vergleich festgesetzt. Hinsichtlich des Verfahrenswertes hat das Gericht den Antrag der Klägerin zu 1. mit einem Vierteljahresgehalt bewertet, wobei es ein monatliches Bruttoeinkommen von 720,- Euro zugrunde gelegt hat. Dies entspricht dem Bruttogehalt der Klägerin im Februar 2011. Den Antrag zu 3. hat das Gericht mit einem halben Bruttomonatsgehalt bewertet. Den Antrag zu 4. hat das Gericht unter Zugrundelegung einer Miete in Höhe von 200,- Euro mit 3 Monatsmieten bewertet. Für den Vergleich hat das Gericht einen Mehrwert von 200,- Euro für Ziffer 2 und von 796,31 Euro, entsprechend einem Abgeltungsanspruch für 24 Urlaubstage, für Ziffer 4 festgesetzt.

10

Gegen diesen der Beklagten am 29.06.2011 zugestellten Beschluss hat diese mit einem am 12.07.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie begehrt die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswerts, da das Gericht Positionen bewertet habe, die im Prozess weder geltend gemacht noch streitig gewesen seien.

11

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

12

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde form - und fristgerecht erhoben und ist auch sonst zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt auch den Wert von 200,- Euro.

13

In der Sache hat die Beschwerde nur im geringen Umfang Erfolg.

14

Für den Vergleich war vorliegend lediglich ein Mehrwert von 796,31 Euro festzusetzen und damit insgesamt ein Vergleichswert von 3.916,31 Euro.

15

Den Verfahrenswert hat das Gericht jedenfalls nicht zu hoch angesetzt.

16

Im Einzelnen:

17

Der Verfahrenswert bemisst sich nach dem Wert der einzelnen mit der Klage gestellten Anträge. Den Kündigungsschutzantrag zu 1. hat das Gericht zu Recht entsprechend § 42 Abs. 3 S. 1 GKG mit einem Vierteljahresgehalt der Klägerin bewertet. Ob das Gericht dabei das regelmäßige Bruttomonatsgehalt der Klägerin in Höhe von 1.080,- Euro hätte zugrunde legen müssen, kann vorliegend dahinstehen, da dem Beschwerdegericht eine Korrektur, die den Gegenstandswert erhöhen würde, wegen des Verbots der reformatio in peius nach § 33 Abs. 3 RVG verwehrt ist. Auch den Antrag zu 3. auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses hat das Gericht entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 23.04.2009 – 1 Ta 87/09) korrekt mit einem halben Bruttomonatsgehalt bewertet. Auch hier gilt, dass eine Korrektur des Wertes unter Berücksichtigung eines Bruttomonatsgehalts von 1.080,- Euro wegen des Verbots der reformatio in peius nicht in Betracht kommt. Den Antrag zu 4. auf weitere Überlassung der Dienstwohnung hätte das Gericht gem. § 41 Abs. 1 S. 1 GKG mit dem Wert einer Jahresmiete in Höhe von 2.400 Euro bewerten müssen. Die genannte Vorschrift findet über die Verweisung in § 1 Abs. 2 Nr. 4 GKG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren Anwendung. Danach ist ein Rechtsstreit über das Fortbestehen eines Mietverhältnisses mit dem Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts zu bewerten, wenn nicht das einjährige Entgelt geringer ist. Da die Klägerin im vorliegenden Verfahren auf unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses geklagt hatte, war die geringere Jahresmiete anzusetzen (vgl. BGH, Beschl. v. 22.02.2006 – XII ZR 134/03). Auch hier führt das Verbot der reformatio in peius jedoch dazu, dass eine Korrektur und damit eine Heraufsetzung der Bewertung zu unterbleiben hat.

18

Hinsichtlich der Bewertung des Vergleichs ist zu beachten, dass Grundvoraussetzung für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes ist, dass durch die Vergleichsregelung ein Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird und dieser Streitpunkt nicht bereits Teil des Streitgegenstands des Verfahrens ist. Die Gebühr für den Abschluss eines Vergleichs (Einigungsgebühr) nach Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG fällt nur an „für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht" (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.10.2009 – 1 Ta 241/09). Daher war für die Vereinbarung in Ziffer 4 des Vergleichs ein Mehrwert in Höhe eines entsprechenden Abgeltungsanspruchs für die ausstehenden Urlaubstage festzusetzen. Denn ausweislich der Klageschrift bestand über die Frage, ob der Klägerin ihr Urlaubsanspruch über die Anrechnung auf die Freistellung in Freizeit gewährt worden war oder nicht, Streit zwischen den Parteien. Hingegen hatte die Vereinbarung in Ziffer 2 des Vergleichs keinen Mehrwert, weil ein weiterer Beendigungstatbestand nicht ersichtlich ist. Da die Klägerin auf unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses geklagt hatte, handelte es sich um eine Einigung über einen Streitgegenstand des Verfahrens, welche durch Bewertung des Verfahrensgegenstands bereits wertmäßig berücksichtigt worden war.

19

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren der Beschwerdeführerin angesichts des Umfangs ihres Unterliegens nach Nr. 8614 der Anlage 1 des GKG aufzuerlegen.

20

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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