Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (9. Kammer) - 9 Sa 319/11

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.04.2011, Az.: 3 Ca 2290/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über Ansprüche im Zusammenhang mit einer betrieblichen Altersversorgung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten im Zeitraum vom 12.10.1970 bis 31.08.2005 als Montagemitarbeiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Richtlinien der Unterstützungseinrichtung G. L. e. V. (Bl. 56 ff. d. A.) Anwendung, die auszugsweise folgende Regelungen enthalten:

3

„Nach Maßgabe der §§ 2, 16 ff der Satzung und der nachstehenden Richtlinien gewährt die Unterstützungseinrichtung G. L. e. V. (Verein) folgende Leistungen:

4

– laufende Renten

a. Altersrente auf Lebenszeit

b. Invalidenrente befristet oder auf Lebenszeit

….    

5

Laufende Renten

6

Grundvoraussetzungen

7

Kreis der Begünstigten

8

Alle Betriebsangehörigen der Betriebsstätte N.(einschließlich des Werkes D.) der L. International GmbH werden ab Eintritt in das Unternehmen, frühestens jedoch ab dem 23. Dezember 1970, in den Kreis der Begünstigten des Vereins aufgenommen...

9

1.1.2 Wartezeit

10

Grundsätzlich ist eine Wartezeit von mindestens 10 Dienstjahren zu erbringen.

11

1.2.4. Dienstzeit

12

1.2.4.1.Als Dienstzeit im Sinne dieser Richtlinie gelten die durch Gesetz oder Arbeitsvertrag anerkannten Dienstzeiten. Die Dienstzeit wird monatsgenau ermittelt.

13

1.2.4.2.Zeiten sozialversicherungspflichtiger Teilzeitarbeit gelten als volle Dienstzeit

14

1.2.6. Rentenfähiges Einkommen

15

Das der Berechnung der Rente zu Grunde liegende durchschnittliche monatliche Brutto-Einkommen wird wie folgt ermittelt:

16

1.2.6.1Das Brutto-Monatseinkommen schließt folgende Bezüge ein:

17

Brutto-Arbeitsentgelt aus Gehalt oder Lohn Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonntags-, Feiertags-, Spät-und Schichtarbeit…

18

1.2.6.2. Nicht berücksichtigt werden insbesondere:

19

Abfindungen

Arbeitgeberzuschüsse zu Versicherungen

Auslösungen

Boni   

Erfindervergütungen

Erziehungsbeihilfen

Fahrtkostenzuschuss

Jubiläumszuwendungen

Kurbeihilfe

Pensionen

Prämien für Verbesserungsvorschläge

Reisekosten

Sterbegeld

Trennungsgelder

Umzugs- und Umzugsnebenkosten

Urlaubsgeld

Urlaubsabgeltung

vermögenswirksame Arbeitsgeberleistungen

Weihnachtsgratifikationen

zusätzliche Vergütung und

sonstige Zahlungen, z. B. Kontoführungsgebühren.

20

1.2.7. Rentenformel

21

Das der Berechnung zu Grunde liegende Einkommen ist das durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen der letzten 5 Jahre.

22

1.2.7.1Rentenbetrag

23

Für die ersten 10 Dienstjahre (120 Monate) 10 % sowie für jedes weitere volle Dienstjahr 1 % (pro Monat 0,0833 %) jeweils des durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommens der letzten 5 Jahre.

24

1.2.7.2 Begrenzung

25

1.2.7.2.1 Grundsatz

26

Die monatliche Gesamtaltersversorgung, bestehend aus der nachfolgend aufgeführten Versorgung und der betrieblichen Rente des Vereins, wird auf 75 % des durchschnittlichen Brutto-Einkommens der letzten drei Jahre begrenzt.

27

Berücksichtigt werden folgende Versorgungen:

28

Angestellten-, Arbeiter- und Knappschaftsrenten…

29

1.2.7.2.2 Mindestrente

30

Beträgt die monatliche Gesamtaltersversorgung 70 % des durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommens der letzten 3 Jahre, so wird die betriebliche Rente um den die 75 % Grenze übersteigenden Betrag gekürzt. In jedem Fall wird jedoch eine Mindestrente in Höhe von 0,3 % pro Dienstjahr vom rentenfähigen Einkommen bezahlt…

31

1.2.7.3Verfahren bei Einkommensminderung

32

Tritt in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalles eine Einkommensminderung ein, so wird bei der Berechnung der Rente von der Zugrundelegung des durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommens der letzten 5 Jahre abgewichen, sofern dies angemessen ist. Anstelle der letzten 5 Beschäftigungsjahre werden in diesem Fall die für den Betroffenen günstigsten 5 aufeinanderfolgenden Jahre innerhalb der letzten 10 Jahre zugrunde gelegt, wenn dies nicht zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.

33

1.3.5 Betriebliche Invalidenrente

34

1.3.5.1Wartezeit

35

10 Dienstjahre

36

1.3.5.2 Nachweis

37

Die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist durch den Rentenbescheid des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers nachzuweisen…

38

1.3.5.3 Höhe der Rente

39

1.3.5.3.1 Die Höhe der betrieblichen Invalidenrente wird nach der in Abschnitt 1.2.7 festgelegten Formel berechnet entsprechend der zurückgelegten Dienstzeit…

40

1.3.5.4 Zahlungsbeginn

41

Die betriebliche Invalidenrente wird ab dem 1. des Monats gezahlt, für den die gesetzliche Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt wird...

42

2. Unverfallbare Anwartschaft

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2.1 Voraussetzung für die Erlangung einer unverfallbaren Anwartschaft

44

Ein Angehöriger, der zum Kreis der Begünstigten gehört und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausscheidet, behält seine Anwartschaft auf Leistungen des Vereins, sofern er zum Zeitpunkt des Ausscheidens das 35. Lebensjahr vollendet und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens 10 Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens 3 Jahre bestanden hat…

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2.5 Berechnung der betrieblichen Rente im Versorgungsfall

46

Im Versorgungsfall wird die betriebliche Rente aus der unverfallbaren Anwartschaft des Betriebsangehörigen bzw. Hinterbliebenen unter Berücksichtigung der Richtlinien des Vereins in der zum Zeitpunkt des Ausscheidens Betriebsangehörigen geltenden Fassung endgültig berechnet…“

47

Im April 1993 vereinbarten die Parteien die Teilnahme der Klägerin am bei der Beklagten geltenden System der Arbeitszeitgestaltung mit einer Arbeitszeit von vier Stunden pro Arbeitstag bzw. 20 Stunden pro Woche (Bl. 87 d.A.). Mit Schreiben vom 02.07.2002 (Bl. 87 d.A.) beantragte die Klägerin die Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche. Diesem Antrag hat die Beklagte nicht entsprochen.

48

Seit dem 09.11.2007 ist die Klägerin in ihrer Erwerbstätigkeit voll gemindert. Mit Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 07.08.2008 (Bl. 10 ff. d. A.) wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Wirkung ab dem 01.04.2008 in Höhe von 734,46 € (646,61 € zuzüglich Kranken- und Pflegeversicherung) gewährt werde. Mit Schreiben vom 23.09.2008 (Bl. 45 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin sodann mit, dass sie eine betriebliche Altersrente gemäß den zurzeit gültigen Richtlinien der Unterstützungskasse L. e. V. in Höhe von monatlich 85,77 € erhalte. Diesen Betrag brachte die Beklagte jeweils monatlich an die Klägerin zur Auszahlung. Hinsichtlich der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung stützte sich die Beklagte auf eine Berechnung eines externen Versicherungsmathematikers (Bl. 46, 47 d. A.).

49

Die Beklagte lehnte eine von der Klägerin geforderte Neuberechnung der betrieblichen Rente ab.

50

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.04.2011, Az: 3 Ca 2290/10.

51

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

52

Die Beklagte zu verurteilen, zur ordnungsgemäßen Berechnung der Rente der Klägerin die Verdienstabrechnungen der Jahre 1996 bis August 2000 vorzulegen.

53

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem Zeitpunkt des Entstehens der betrieblichen Rente, nämlich ab dem 01.04.2008, die ihr zustehende Betriebsrente entsprechend der Verdienstabrechnung 1996 bis August 2000 neu zu berechnen.

54

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum 01.04.2008 bis April 2011 37 x 367,15 EUR, d.h. insgesamt 13.584,55 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 367,15 EUR zum jeweiligen dritten Werktag eines jeden Monats zu zahlen.

55

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, als Rentennachzahlung für den Zeitraum 01.04.2008 bis einschließlich April 2011 insgesamt 563,14 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 15,22 EUR ab dem jeweils dritten Werktag der genannten Monate zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

56

Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, hat das Arbeitsgericht zur Begründung der Klage abweisenden Entscheidung zusammengefasst ausgeführt:

57

Das der Berechnung der betrieblichen Invalidenrente zugrunde liegende Einkommen sei gemäß Ziffer 1.2.7 der Richtlinien das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen der letzten fünf Jahre. Welche Einkommensbestandteile dabei zu berücksichtigen seien, folge aus Ziffer 1.2.6.1 der Richtlinien. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, dass als Betrachtungszeitraum nicht der in der Richtlinie vorgesehene Fünfjahreszeitraum zugrunde zu legen sei, sondern gemäß Ziffer 1.2.7.3 auf die letzten zehn Beschäftigungsjahre abzustellen sei, sei dies unzutreffend. Die Klägerin habe eine Einkommensminderung in den letzten fünf Jahren ihrer Beschäftigung nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr sei die Klägerin bereits seit 1993 auf Teilzeitbasis beschäftigt gewesen. Eine Einkommensminderung innerhalb der letzten fünf Beschäftigungsjahre habe die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Soweit sie sich darauf berufe, dass ihr jährliches Entgelt im Jahre 2004 gegenüber dem im Jahre 2003 erzielten niedriger gewesen sei, so sei diese Entgeltdifferenz nicht relevant. Der Unterschiedsbetrag belaufe sich bezogen auf das anrechenbare Jahreseinkommen auf weniger als 500,00 EUR und halte sich damit im normalen Schwankungsbereich eines nicht mit monatlichem Festgehalt beschäftigten Arbeitnehmers. Jedenfalls sei es angesichts dieser geringen Differenz nicht im Sinne von Ziffer 1.2.7.3 Satz 1 Richtlinien angemessen, von der Betrachtung des Fünfjahreszeitraums vor Eintritt des Versorgungsfalls abzuweichen.

58

Die Herausnahme bestimmter Gehaltsbestandteile aus der Berechnungsgrundlage für die betriebliche Rente nach Ziffer 1.2.6.2 verstoße weder gegen §§ 305 ff. BGB noch gegen § 242 BGB. Diese Regelung sei weder intransparent noch stelle sie eine unangemessene Benachteiligung dar. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben bestünde nicht. Hiervon ausgehend ergebe sich nach den Richtlinien ein der Klägerin zustehender Mindestrentenbetrag von monatlich 100,99 EUR.

59

Ein Anspruch auf Vorlage von Gehaltsabrechnungen für den Zeitraum von 1996 bis August 2000 bestehe nicht. Einen Anspruch aus § 108 Abs. 1 GewO habe die Beklagte erfüllt. Ein weitergehender Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht bestehe nicht. Ein berechtigtes Interesse für die begehrte Auskunft oder Dokumentenvorlage bestehe nicht, da die Klägerin die Abrechnungen nicht benötige, um einen ihr zustehenden Rentenanspruch zu berechnen, da der für die Rentenberechnung maßgebliche Zeitraum - wie ausge-führt - fünf Jahre (September 2000 bis August 2005) betrage, so dass es auf die Einkommenssituation in den Jahren 1996 bis August 2000 nicht ankomme. Daher bestehe auch kein Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung der betrieblichen Rente unter Berücksichtigung der Verdienstabrechnungen für den Zeitraum 1996 bis August 2000.

60

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 13.05.2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 08.06.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 13.07.2011 bis zum 27.07.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 20.07.2011, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 22.07.2011 begründet.

61

Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 25.10.2011, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 284 ff. d. A., Bl. 333 ff. d. A.), macht die Klägerin zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen geltend:

62

Ihr stehe ein Anspruch auf Vorlage der Verdienstabrechnungen der Jahre 1996 bis August 2000 nach § 242 BGB in Verbindung mit §§ 159, 260 BGB zu. Die Beklagte sei verpflichtet, gemäß der vertraglich vereinbarten Zusage die betriebliche Rente nicht nur zu zahlen, sondern diese auch nachvollziehbar und plausibel zu berechnen. Hierzu zähle auch die Bekanntgabe und Vorlage des Zahlenmaterials. Für die Berechnung der betrieblichen Rente sei aber nicht von dem Regelfall in Ziffer 1.2.7.1 der Richtlinien, sondern von der Ausnahmevorschrift in Ziffer 1.2.7.3 der Richtlinien auszugehen. Deshalb sei für die Ermittlung des Einkommens von dem durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen aus den günstigsten fünf aufeinanderfolgenden Jahren der letzten zehn Jahre vor Eintritt des Versorgungsfalls auszugehen.

63

Die Anwendung von Ziffer 1.2.7.3 der Richtlinien rechtfertige sich daraus, dass eine Einkommensminderung in den letzten fünf Jahren gegenüber früheren Zeiten eingetreten sei. Gemessen an dem Fünf-Jahres-Zeitraum der günstigsten aufeinanderfolgenden fünf Jahre in den letzten zehn Jahren sei das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen und damit auch Bruttomonatseinkommen in den letzten fünf Jahren erheblich gesunken. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klägerin insoweit wird auf Seite 6 ff. des Schriftsatzes vom 20.07.2011 (Bl. 301 ff. d. A.) Bezug genommen. Deshalb sei es auch im Sinne von Ziffer 1.2.7.3 der Richtlinien angemessen, auf den Zehnjahreszeitraum abzustellen. Hierbei spiele auch eine Rolle, dass die Klägerin fast 35 Jahre bei der Beklagten gearbeitet und in dieser Zeit über 25 Jahre in Vollerwerbstätigkeiten Tätigkeit in Anwartschaften begründet worden seien. Die Tatsache ihrer Teilzeitbeschäftigung ab Mitte der Neunzigerjahre sei letztlich ohne Bedeutung, da es entscheidend auf die erarbeiteten und tatsächlich verdienten Bruttogehälter ankäme. Zudem sei in erster Instanz vorgetragen worden, dass bei anderen Arbeitnehmern die Beklagte die Ausnahmevorschrift in vergleichbaren Fällen angewendet habe.

64

Soweit die Richtlinien vorsähen, dass Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltungen und Weihnachtsgratifikationen aus dem Bruttomonatseinkommen herauszurechnen seien, sei diese Bestimmung rechtsunwirksam. Bei den Richtlinien handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Herausnahme bestimmter Einkommensbestandteile in Ziffer 1.2.6.2 Richtlinien sei zum einen überraschend, zum anderen handele es sich um eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 BGB, da diese Gehaltsbestandteile inzwischen längst feste Gehaltsbestandteile des Bruttomonatslohns seien und deshalb aus der Sicht eines auf Treu und Glauben vertrauenden Arbeitnehmers nicht per Geschäftsbedingungen aus dem Bruttoeinkommen wieder herausgerechnet und eliminiert werden könnten.

65

Ausgehend davon ergebe sich für den Zeitraum 01.04.2008 bis einschließlich April 2011 ein monatlicher Rentenbetrag in Höhe von 452,92 EUR brutto, so dass über den ausgeurteilten Betrag hinaus der Klägerin noch ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von 13.021,41 EUR nebst Zinsen zustehe. Wegen der Berechnung insoweit wird auf Seiten 10 der Berufungsbegründung (Bl. 305 ff. d. A.) Bezug genommen.

66

Die Klägerin beantragt,

67

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.04.2011

68

die Beklagte zu verurteilen, zur ordnungsgemäßen Berechnung der Rente der Klägerin die Verdienstabrechnungen der Jahre 1996 bis August 2000 vorzulegen,

69

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem Zeitpunkt des Entstehens der betrieblichen Rente, nämlich ab dem 01.04.2008, die ihr zustehende Betriebsrente entsprechend den vorgelegten Verdienstabrechnungen aus den Bruttogehältern des Zeitraums 1997 bis 2001 neu zu berechnen.

70

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.04.2011 die Beklagte zu verurteilen, über den ausgeurteilten Betrag von 563,14 Euro hinaus weitere 13.021,41 Euro für den Zeitraum 01.04.2008 bis einschließlich April 2011 (37 x 351,93 Euro) als ausstehende Rente zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 351,93 Euro jeweils zum 03. Werktag eines jeden Monats.

71

Die Beklagte beantragt,

72

die Berufung zurückzuweisen.

73

Die Beklagte hält die Berufung teilweise für unzulässig und verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 08.09.2011, auf den Bezug genommen wird (Bl. 324 ff. d. A.).

Entscheidungsgründe

I.

74

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Berufungsbegründung genügt auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen. Richtig ist zwar, dass sich die Klägerin nicht explizit mit der Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Abweisung des auf Vorlage der Verdienstbescheinigungen gerichteten Klageantrags auseinandersetzt. Aus dem Gesamtzusammenhang der Berufungsbegründung ergibt sich aber, dass auch die Klägerin davon ausgeht, dass ihr ein dementsprechender Anspruch nur zustehen kann, wenn die Ermittlung des rentenfähigen Einkommens nicht nach Ziffer 1.2.7, sondern in Anwendung der Ausnahmevorschrift der Ziffer 1.2.7.3 der Richtlinien erfolgt. Dass dies nach ihrer Auffassung der Falls ein soll, hat die Klägerin aber in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil dargelegt.

II.

75

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die weitergehende Klage der Klägerin abgewiesen. Die Berufungskammer folgt in vollem Umfang den diesbezüglichen Ausführungen und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

76

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung.

77

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Vorlage der Verdienstabrechnungen der Jahre 1996 bis August 2000 besteht nicht.

78

Zutreffend ist, dass dem Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des Bestehens einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gegenüber dem Arbeitgeber ein Auskunftsanspruch zustehen kann. Ein derartiger Auskunftsanspruch setzt aber voraus, dass an der begehrten Auskunft ein berechtigtes Interesse besteht. Hieran fehlt es. Das Arbeitsgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass zur Berechnung des rentenfähigen Einkommens zur Ermittlung der Rente auf das durchschnittliche Bruttomonatseinkommens der letzten fünf Jahre im Sinne von Ziffer 1.2.7 der Richtlinien und nicht auf den in Ziffer 1.2.7.3 der Richtlinien genannten Zeitraum abzustellen ist. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, es sei darauf abzustellen, ob in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalls eine Einkommensminderung im Vergleich zu früheren Zeiten eingetreten sei, findet in den Richtlinien keine Stütze.

79

Die Richtlinien enthalten einheitlich, typisierte Versorgungsbedingungen, deren Auslegung nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien zu erfolgen hat (BAG 10.03.2009 - 3 AZR 199/08 - NZA 2010, 303).

80

Nach dem Wortlaut von Ziffer 1.2.7.3 Richtlinien kommt es darauf an, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalls eine Einkommensminderung eintritt. Der Wortlaut stellt damit eindeutig nicht auf einen Vergleich der Einkommensentwicklung der letzten fünf Jahre gegenüber früheren Zeiten, sondern auf eine Einkommensminderung innerhalb des Fünfjahreszeitraums ab. Für dieses Verständnis sprechen auch Sinn und Zweck der in Ziffer 1.2.7 und 1.2.7.3 Richtlinien getroffenen Regelungen. Durch das Abstellen auf einen Fünfjahreszeitraum soll erkennbar die betriebliche Altersversorgung an dem Einkommen ausgerichtet werden, welches für die Prägung des Lebensstandards des Arbeitnehmers in diesem Zeitraum durchschnittlich maßgeblich war. Ist dieser Zeitraum nicht repräsentativ, weil in seinen zeitlichen Grenzen eine Einkommensminderung eingetreten ist, soll in einem solchen Fall auf einen erweiterten Betrachtungszeitraum zurückgegriffen werden, sofern dies angemessen ist.

81

Zutreffend hat das Arbeitsgericht aber darauf abgestellt, dass Anhaltspunkte für eine relevante Einkommensminderung in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versorgungsfalls nicht bestehen. Die Klägerin war bereits seit dem Jahr 1993 teilzeitbeschäftigt. Die geringen Entgeltdifferenzen im Fünfjahreszeitraum bewegen sich in der normalen Bandbreite eines nicht mit monatlichem Festgehalt beschäftigten Arbeitnehmers. Der Berücksichtigung derartiger Schwankungsbreiten dient die in Ziffer 1.2.7 der Richtlinien vorgesehene Durchschnittsberechnung.

82

2. Ein Anspruch der Klägerin darauf, die Betriebsrente unter Berücksichtigung der Bruttogehälter des Zeitraums 1997 bis 2001 neu zu berechnen, besteht damit ebenfalls nicht.

83

3. Der Klägerin steht damit auch für den Zeitraum 01. April 2008 bis einschließlich April 2011 kein weitergehender Rentenanspruch zu. Das Arbeitsgericht hat die der Klägerin zustehende Mindestrente zutreffend und in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Richtlinien errechnet (I. 2. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils). Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass das Arbeitsgericht im Rahmen der Ermittlung des rentenfähigen Einkommens gezahltes Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltung und Weihnachtsgratifikationen nicht berücksichtigt hat.

84

Dies entspricht der in Ziffer 1.2.6.2 Richtlinien getroffenen Regelung. Diese Regelung ist Inhalt der vertraglich zugesagten Altersversorgung geworden und rechtswirksam.

85

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist die in Ziffer 1.2.6.2 der Richtlinien vorgesehene Herausnahme bestimmter Vergütungsbestandteile nicht überraschend im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Eine derartige Beschränkung der Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente kommt in der betrieblichen Altersversorgung häufig vor (vgl. etwa zum Urlaubsgeld BAG 10.03.2009, a. a. O.). Die getroffene Regelung findet sich auch in unmittelbarem Zusammenhang mit den übrigen Regelungen zur Bestimmung des rentenfähigen Einkommens. Sie ist aus sich heraus verständlich.

86

Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei festzulegen, ob und in welchem Umfang er Leistungen einer betrieblichen Alters- bzw. Invaliditäts-versorgung zusagen will. Inwieweit eine Versorgungszusage den bisherigen Lebensstandard sichern will, hängt von der konkreten Versorgungsordnung und der in ihr als versorgungsfähig bezeichneten Vergütungsbestandteile ab. Das Versorgungsziel ist keine vorgegebene Größe, sondern ergibt sich aus der Versorgungsordnung selbst (BAG 19.11.2002 , 3 AZR 561/01 - EzA § 133 BGB 2002 Nr. 2; BAG 10.03.2009, a. a. O.).

87

4. Soweit die Klägerin zur Begründung ihre Ansprüche darauf verweist, sie habe in erster Instanz vorgetragen, dass die Beklagte bei anderen Arbeitnehmern die Ausnahmevorschrift nach Ziffer 1.2.7.3 der Richtlinien in vergleichbaren Fällen angewendet habe und sich damit auf den Gleichbehandlungsgrundsatz beruft, ist ihr diesbezüglicher Sachvortrag weder erst- noch zweitinstanzlich ausreichend konkret. Die Klägerin hat erstinstanzlich hierzu lediglich ausgeführt, dass die Tatsache, dass die Beklagte insoweit bei vergleichbaren Fällen die Rente anderer Beschäftigter auf der Grundlage eines Zehnjahreszeitraums berechnet habe, vorsorglich unter Beweis durch Zeugnis des Sachbearbeiters für die Rentenberechnung bei der Beklagten gestellt. Die Klägerin hat nicht mitgeteilt, um welche konkreten Fälle es sich gehandelt haben soll und inwieweit tatsächlich eine Vergleichbarkeit der Fälle in tatsächlicher Hinsicht bestand.

III.

88

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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