Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Sa 508/15

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.09.2015, Az.: 11 Ca 3979/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger die Weitergabe von Entgelterhöhungen während der Altersteilzeit von den Beklagten verlangen kann.

2

Der Kläger war von 1977 bis 2015 bei der Beklagten zu 1 beschäftigt. Der Kläger wurde bei der Beklagten zu 1 als sogenannter außertariflich Beschäftigter (AT-Beschäftigter) geführt. Am 02.11.2005 schlossen die Parteien einen "Altersteilzeitarbeitsvertrag". Danach war der Kläger vom 01.07.2009 bis zum 30.06.2015 in Altersteilzeit tätig. Dabei haben die Beklagte zu 1 und der Kläger vereinbart, dass die Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell erbracht werden soll. Demzufolge diente die Zeit vom 01.07.2009 bis 30.06.2012 als sogenannte Aktivphase, d. h. der Kläger war im Durchschnitt der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit in Vollzeit tätig. Für die Phase vom 01.07.2012 bis zum 30.06.2015 wurde der Kläger von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt (Freistellungsphase). Gemäß § 4 des Altersteilzeitvertrages erhielt der Kläger in beiden Phasen der Altersteilzeit jeweils die Hälfte der ihm zustehenden Jahresabschlussvergütung. Weiterhin heißt es in § 4 des Altersteilzeitvertrages, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 6 ff. d. A. Bezug genommen wird:

3

"Das Altersteilzeitentgelt nimmt während der Altersteilzeit an der allgemeinen persönlichen Entgeltentwicklung teil."

4

Auf den Kläger findet die bei der Beklagten abgeschlossene Pensionsordnung vom 30.04.1996 Anwendung. Die Pensionsordnung 1996 sieht unter § 4 vor, dass je 100,00 DM oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (§ 159 SGB VI) ein Zusatzbeitrag zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 1,00 DM pro Jahr der Betriebszugehörigkeit gezahlt wird.

5

In der Vergangenheit wurden gegenüber AT-Beschäftigten erfolgte Gehaltserhöhungen an den Kläger auch in der Freistellungsphase weitergegeben. Zum Oktober 2013 wurde das tarifliche Entgelt um 3,4 % erhöht. Eine Erhöhung der Bezüge der AT-Beschäftigten erfolgte jedoch nicht. Die Bezüge des Klägers wurden zum Oktober 2013 gleichfalls nicht erhöht. Demzufolge bezog der Kläger ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 6.530,00 EUR bzw. aufgrund der getroffenen Altersteilzeitvereinbarung in Höhe von 3.265,00 € brutto.

6

Am 11.12.2013 schlossen die Beklagte zu 1 und der Betriebsrat der Beklagten zu 1 einen Sozialplan ab. Gemäß Ziffer VI dieses Sozialplans ist vorgesehen, dass die Arbeitszeit von Tarifmitarbeitern auf 30,5 Stunden pro Woche abgesenkt wird. Außertarifliche Mitarbeiter werden gemäß Ziffer VI Abs. 4 ausdrücklich von der Regelung der Arbeitszeitreduktion ausgenommen, wegen des "zur erwartenden Verzichts auf die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen".

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Der Kläger hat vorgetragen, er habe einen Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung des Differenzbetrages wegen der nicht erfolgten Weitergabe der Tariflohnerhöhung. In der Vergangenheit seien tarifliche Lohnerhöhungen stets an AT-Mitarbeiter weitergegeben worden. Dementsprechend habe er auch während der Altersteilzeit an entsprechenden Lohnerhöhungen partizipiert. Dass die Lohnerhöhung im Jahr 2013 nicht weitergegeben worden sei, sei ausdrücklich auf den zwischen den Betriebspartnern bei der Beklagten zu 1 abgeschlossenen Sozialplan zurückzuführen. Die dortige Ausnahme der AT-Beschäftigten sei jedenfalls ihm gegenüber unwirksam, weil er auf das Ergebnis der Verhandlungen zum Sozialtarifvertrag keinen Einfluss habe ausüben können. Auch sei er insofern schutzwürdig, als er darauf vertraut habe, dass auch in Zukunft die Lohnerhöhung für tariflich Beschäftigte als AT-Beschäftigten weitergegeben würde.

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Des Weiteren treffe ihn die Ausnahme von der Weitergabe tariflicher Lohnerhöhungen besonders schwer, weil die Pensionsordnung 1996 besondere Vergünstigungen für ihn vorgesehen habe. Auf deren Bezug bei Renteneintritt habe er sich verlassen. Insofern stelle die unterbliebene Weitergabe der tariflichen Lohnerhöhungen für ihn und den übrigen 5 Prozent der Arbeitnehmer der Beklagten gegenüber eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Die Beklagten seien daher aus Billigkeitserwägungen heraus verpflichtet, die tariflichen Lohnerhöhungen an ihn, den Kläger, weiterzugeben.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn

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1. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.

12

2. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.

13

3. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 zu zahlen.

14

4. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen.

15

5. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2014 zu zahlen.

16

6. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen.

17

7. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 zu zahlen.

18

8. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2014 zu zahlen.

19

9. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen.

20

10. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.

21

11. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen.

22

12. 185,51 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.

23

13. 311,29 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2014 zu zahlen.

24

14. 311,29 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2014 zu zahlen.

25

15. 311,29 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.

26

16. 321,69 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2015 zu zahlen.

27

17. 321,69 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2015 zu zahlen.

28

18. 321,69 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 zu zahlen.

29

19. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 321,69 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2015 zu zahlen,

30

20. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 321,69 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2015 zu zahlen,

31

21. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 321,69 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2015 zu zahlen.

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Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagten haben vorgetragen, dem Kläger als AT-Beschäftigten stünden keine Ansprüche wegen der Lohnerhöhung für tarifliche Mitarbeiter zu. In der Vergangenheit seien dem Kläger Lohnerhöhungen für tariflich gebundene Arbeitnehmer zu 1 nie weitergegeben worden. Insofern sei der Kläger auch nicht vergleichbar. Die Differenzierung zwischen tariflich und außertariflich beschäftigten Arbeitnehmern habe es bei der Beklagten zu 1 stets gegeben. Sofern in der Vergangenheit eine Weitergabe von tariflich vereinbarten Lohnerhöhungen erfolgt sei, binde dies die Beklagte nicht. Einige AT-Angestellte hätten ab dem Jahr 2012 keine Entgelterhöhungen erhalten. Dass in der Folge auch die Rentenansprüche geringer ausfallen würden, sei insofern eine notwendige aber hinzunehmende Folge.

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Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 23.09.2015 -11 Ca 3979/14 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 170 bis 178 d A. Bezug genommen.

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Gegen das ihm am 26.10.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 13.11.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 22.01.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 23.12.2015 auf seinen begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 28.01.2016 einschließlich verlängert worden war.

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Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, am 01.04.2010 habe er mit der Beklagten zu 2 einen Dienstvertrag geschlossen, der in der Regelung zu Ziffer 11.1 die Weitergeltung der Altersteilzeitregelung beinhalte. Weitere Vereinbarungen mit der Beklagten zu 1 gebe es nicht. Folglich seien die Voraussetzungen einer Schuldübernahme durch die Beklagte zu 2 nicht gegeben. Somit bestehe das Altersteilzeitarbeitsverhältnis des Klägers zu 2 Arbeitgebern als einheitliches Verhältnis. Dies begründe die gesamtschuldnerische Haftung beider Arbeitgeber.

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Des Weiteren habe der Kläger als AT-Angestellter gemäß dem Vertrag vom 01.04.2010 Anspruch auf jährliche Prüfung von Gehaltserhöhungen. Ein solcher Rechtsanspruch werde von den Parteien vorausgesetzt, wie sich aus § 4 letzter Absatz des Altersteilzeitvertrages vom 02.11.2005 ergebe. Die Erwartung, AT-Angestellte würden auf Gehaltserhöhungen verzichten, wie sie sich aus insoweit gleichlautenden Sozialplänen der beiden Beklagten ergebe, setze denknotwendig voraus, dass zunächst dem Grunde nach ein Anspruch auf Gehaltserhöhung bestehe. Eine solche Prüfung müsse dabei letztlich billigem Ermessen entsprechen. Dass aus der Vergangenheit eine entsprechende 1 zu 1 Weitergabe von Tariflohnerhöhungen an die AT-Beschäftigten nicht ohne weiteres erkennbar sei, spreche nicht gegen diese Betrachtungsweise. Weder die persönliche Leistung des Klägers - Freistellungsphase der Altersteilzeit - noch allgemeine, insbesondere wirtschaftliche Gründe könnten die fehlende Weitergabe rechtfertigen. Insbesondere der Umstand, dass auch Tarifbeschäftigte der Beklagten im Ergebnis gerade keine Erhöhung ihrer Vergütung bekommen hätten, sondern Absenkungen, da sie Absenkungen ihrer Arbeitszeit mit entsprechender Entgeltreduzierung hätten hinnehmen müssen, sei kein solcher Gesichtspunkt. Die Vergleichsgruppe der AT-Beschäftigten ohne Altersteilzeitvertrag habe insoweit zunächst kein "Opfer" erbracht, da ihre Arbeitszeit und das dementsprechende Gehalt beibehalten worden sei. Für diese Gruppe erscheine es folglich gerechtfertigt, dass sie ihr "Opfer" im Interesse des Betriebes dann durch Verzicht auf Gehaltserhöhungen erbringen würde. Für die Altersteilzeit-Angestellten, die ihre Einschränkung bereits durch den Abschluss des Altersteilzeitvertrages erbracht hätten, werde nunmehr eine zweite Einschränkung verlangt, die nicht gerechtfertigt sei. Ein solches "zweites Opfer" werde keiner Vergleichsgruppe abverlangt, weder den Tarifbeschäftigten, noch den Tarif-Altersteilzeit-Beschäftigten und auch nicht den AT-Beschäftigten. Dies zeige, dass die bisherige Praxis gegenüber dem Kläger nicht gerechtfertigt sei. Insoweit sei eine Doppelbelastung gegeben, und damit eine Ungleichbehandlung, die durch nichts gerechtfertigt sei.

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Hinsichtlich des weiteren schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 21.01.2016 (Bl. 205 bis 212 d. A.) Bezug genommen.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des ArbG Koblenz vom 23.09.2015 - 11 Ca 3979/14 - wird abgeändert. Es wird nach den Schlussanträgen der ersten Instanz erkannt.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, das Altersteilzeitverhältnis wird ab dem 01.04.2010 ausschließlich von der Beklagten zu 2 abgewickelt. Im Übrigen sei die Frage der Passivlegitimation unerheblich, weil dem Grunde nach gegen keine der Beklagten ein Anspruch bestehe. Die bei dem Beklagten vorgenommene unterschiedliche Behandlung von AT-Gehältern und Tariflöhnen sei bei einem tarifgebundenen Unternehmen völlig üblich und selbstverständlich legitim. Wenn der Kläger einräume, dass eine 1 zu 1 Weitergabe der Tariflohnerhöhungen niemals stattgefunden habe, bleibe nach seinem Vorbringen unklar, warum gleichwohl ein Anspruch auf eine Entgelterhöhung ausgerechnet in Höhe von 3,4 Prozent gegeben sein solle. Der Kläger sei im Laufe seiner Altersteilzeit im Vergleich zu den übrigen AT-Angestellten - der einzig mit ihm vergleichbaren Gruppe - zu keinem Zeitpunkt schlechter behandelt worden. Dies stelle auch der Kläger selbst nicht in Abrede. Der Hinweis auf den abgeschlossenen Sozialplan gehe fehl. Denn darin finde sich lediglich der Hinweis darauf, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses davon ausgegangen worden sei, dass es keine Anpassung der AT-Gehälter geben werde. Insoweit seien aber dann mit gerade AT-Angestellten gleichbehandelt worden. Selbstverständliche folge daraus kein Anspruch auf eine Erhöhung der Löhne der Tarifmitarbeiter. Dies sei auch niemals Praxis bei den Beklagten gewesen. Zu berücksichtigen sei, dass der Abschluss eines Altersteilzeitvertrages freiwillig erfolgt sei und der Zustimmung des Beschäftigten bedürfe. Inwiefern eine Ungleichbehandlung auf eine vermeintliche Schlechterstellung durch eine freiwillig gewährte Altersteilzeitregelung gestützt werden könne, sei für die Beklagten zumindest unverständlich.

45

Zur weiteren Darstellung des schriftsätzlichen Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 11.03.2016 (Bl. 221 bis 224 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 225 bis 257 d.A.) Bezug genommen.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

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Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.04.2016.

Entscheidungsgründe

I.

48

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

49

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

50

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Differenzzahlungen wegen der nicht erfolgten Weitergabe tariflicher Lohnerhöhungen hat.

51

Ein entsprechender Anspruch folgt zunächst entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Altersteilzeitvertrag, den der Kläger mit der Beklagten zu 1 abgeschlossen hat.

52

Denn im hier zwischen den Parteien vereinbarten Blockmodell richtet sich der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers in der Freistellungsphase der Altersteilzeit spiegelbildlich nach der dem Arbeitnehmer in der Arbeitsphase zustehenden Vergütung (BAG 04.10.2005 EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 18 = NZA 2006, 506; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Auflage 2016, Kap. 7, Rn. 149 ff. = Seite 2404 ff.). Grundsätzlich nimmt der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase demzufolge weder an Lohnerhöhungen noch an Lohnkürzungen, die die aktive Arbeitnehmerschaft betreffen, teil. Sofern die Vertragsparteien abweichend davon eine weitergehende Teilhabe an Lohnerhöhungen vereinbaren, so richten sich die entsprechenden Voraussetzungen ausschließlich nach dieser Vereinbarung.

53

Das Arbeitsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger gemäß der zwischen ihm und der Beklagten zu 1 getroffenen Vereinbarung an der allgemeinen persönlichen Entgeltentwicklung teilgenommen hat. Diese Vereinbarung wurde in der Vergangenheit von beiden Parteien des Altersteilzeitvertrages dahingehend interpretiert, dass an den Kläger für AT-Beschäftigte geltende Lohnerhöhungen weitergegeben wurden. Demgegenüber wurde die vertragliche Bestimmung von den Parteien zu keinem Zeitpunkt dahingehend verstanden, dass an den Kläger tarifliche Lohnerhöhungen weitergegeben wurden. Dies hat der Kläger auch selbst nicht behauptet. Anhaltspunkte für eine entsprechende Auslegung der vertraglichen Vereinbarung bestehen mit dem Arbeitsgericht auch nicht. Denn der gemäß § 133 in Verbindung mit § 157 BGB maßgebliche objektive Erklärungsempfänger muss davon ausgehen, dass hinsichtlich der Entgeltentwicklung der Status des Klägers vor Eintritt in die Freistellungsphase maßgeblich sein soll. Nur so ist die Verwendung des Wortes "persönlich" im Zusammenhang mit der Entgeltentwicklung zu verstehen. Hätten die Parteien des Altersteilzeitvertrages die zukünftige Entgeltentwicklung von dem bisherigen Status des Klägers als AT-Beschäftigten abkoppeln wollen, so hätten sie dies klar zum Ausdruck gebracht.

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An den Kläger waren damit Entgelterhöhungen zugunsten von AT-Beschäftigten weiterzugeben; nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Beklagte zu 1 bzw. nachfolgend die Beklagte zu 2 auch unstreitig verfahren.

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Unstreitig wurde das Entgelt der bei der Beklagten zu 1 beschäftigten AT-Beschäftigten nicht erhöht. Etwas Abweichendes kann der Kläger für sich in dem hier relevanten streitbefangenen Zeitraum nicht verlangen. Insbesondere stellt - auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht - die unterbliebene Weitergabe von der gegenüber den tariflichen Arbeitnehmern erfolgten Lohnerhöhungen keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

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Vorliegend ist ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ersichtlich nicht gegeben.

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Der von Art. 3 Abs. 1, 2, 3 GG, die nicht unmittelbar anwendbar sind zu unterscheidende Gleichbehandlungsgrundsatz ist Bestandteil des Privatrechts und enthält ein betriebs-, nicht aber konzernbezogenes Benachteiligungsverbot auf dem Gebiet der freiwilligen Sozialleistungen des Arbeitgebers (z.B. Gratifikationen, Sonderzuwendungen), aber auch sonst im Bereich der Vergütung trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren generalisierenden Prinzip erbringt (s. BAG 11.10.2006 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 11; LAG Köln 13.09.2006 LAGE § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 3). Er gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln (BAG 31.08.2005 EzA § 613 a BGB 2002 Nr. 39; 03.12.2008 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 19). Er wird inhaltlich vom Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG und vom Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG geprägt (BAG 09.09.1981 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 26).

58

Die dogmatische Begründung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist umstritten: z.T. wird er aus der Treue- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hergeleitet, die gewissen Gesetzmäßigkeiten und Bräuchen normative Kraft zuerkennt, bzw. als ein allgemeiner Rechtsgedanke verstanden, der seine gesetzliche Ausgestaltung z. B. in § 75 BetrVG, § 67 BPersVG gefunden hat (vgl. Neuß DB 1984 Beil. Nr. 5, S. 5). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird jedenfalls inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er kann deshalb ebenso wie der allgemeine Gleichheitssatz nur verletzt werden, wenn der Arbeitgeber wesentlich Gleiches ungleich oder wesentlich Ungleiches gleich behandelt (BAG 20.09.2012 - 6 AZR 211/11, EzA-SD 25/2012 S. 13 LS- ZTR 2013, 35). Er verbietet damit die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sowie eine sachfremde Gruppenbildung. Er untersagt auch mittelbare und unmittelbare Altersdiskriminierungen (BAG 15.11.2012 - 6 AZR 359/11, EzA-SD 5/2013, S. 15 LS).

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Für die Gewährung von freiwilligen Leistungen bedeutet er, dass der Arbeitgeber keine Voraussetzungen aufstellen darf, unter denen er vergleichbare Arbeitnehmer des Betriebs aus sachfremden oder willkürlichen Motiven ausschließt oder schlechter behandelt (BAG 18.09.2007 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 15). So wird der Zweck einer Sonderzahlung z. B. durch ihre tatsächlichen und recht-lichen Voraussetzungen bestimmt; an den so bestimmten Zwecken ist die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu messen (BAG 01.04.2009 - 10 AZR 353/08, EzA-SD 13/2009, S. 7 LS).

60

Auch hat ein Arbeitnehmer i.d.R. nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages und die Zahlung einer Abfindung, wenn der Arbeitgeber mit anderen Arbeitnehmern die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses individuell vereinbart und ihnen eine Abfindung zahlt, die in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist (BAG 17.12.2009 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 10). Gleiches gilt, wenn die Abfindungshöhe in einem vom Arbeitgeber aufgestellten Regelungsplan festgelegt ist (BAG 25.02.201 EzA § 10 AGG Nr. 3).

61

Der Gleichbehandlungsgrundsatz greift ein, wenn der Arbeitgeber nach einer von ihm selbst geschaffenen Ordnung verfährt (BAG 19.11.2002 EzA § 1 BetrAVG Nr. 84; 14.03.2007 EzA § 242 BGB 202 Gleichbehandlung Nr. 12; 15.07.2008 - 3 AZR 61/07, NZA 2009, 1409), wenn er nach bestimmten generalisierenden Prinzipien Leistungen gewährt (BAG 25.05.2004 EzA § 1 b BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 1 b; 01.12.2004 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 5; 11.10.2006 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 11; 03.12.2008 EzA Gleichbehandlung Nr. 19; 01.04ö2009 - 10 AZR 353/08, EzA-SD 13/2009 S. 7 LS),z. B. Voraus-setzungen für die Teilnahme an einer internen Fortbildungsmaßnahme aufstellt (LAG München 20.04.2004 NZA-RR 2005, 466) oder auch Lohnerhöhungen vornimmt, ohne zu ihnen verpflichtet zu sein (BAG 11.09.1985 BGB Gleichbehandlung Nr. 43).

62

Tatbestandliche Voraussetzung der Anwendung ist eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers (BAG 21.09.2011 - 5 AZR 520/10, EzA-SD 26/2011 S. 6 = NZA 2012, 31). Tut er nichts, liegt eine solche grds. nicht vor (BAG 24.01.2006 EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 28). Auch bei bloßen Normvollzug greift der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ein (BAG 18.06.2008 EzA § 620 BGB 2002 Altersgrenze Nr. 7; 18.11.2009 EzA § 1 TVG Nr. 50); also dann, wenn der Arbeitgeber ausschließlich normative oder vertragliche Verpflichtungen erfüllt (BAG 21.09.2011 - 5 AZR 520/10, EzA-SD 26/2011 S. 6 = NZA 2012, 31). Das gilt auch beim Vollzug einer nur vermeintlich wirksamen oder vom Arbeitgeber missverstandenen Norm (BAG 23.01.2008 EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 24; 18.11.2009 EzA § 1 TVG Nr. 50). Gleiches gilt für die Begrenzung des Normvollzugs auf die Normunterworfenen (BAG 15.04.2008 EzA § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 1; 18.11.2009 NZA 2010, 835). Kein vermeintlicher Normvollzug in diesem Sinne liegt aber dann vor, wenn der Arbeitgeber tariflicher Regelungen, bei denen er selbst davon ausgeht, dass sie nach ihrem Anwendungsbereich auf mit ihm bestehende Arbeitsverhältnisse nicht einschlägig sind und auch keine tarifvertragliche Lücke vorliegt, die von Rechts wegen deren Anwendung gebietet, gleichwohl auf diese Arbeitsverhältnisse anwendet (BAG 06.07.2011 4 AZR 596/09 EzA-SD 24/2011 S. 7 LS = 1427).

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Bei freiwilligen Leistungen ist der Arbeitgeber zwar grds. frei, den Personenkreis abzugrenzen, dem er die Leistung zukommen lassen will (BAG 14.08.2007 EzA § 611a BGB 2002 Nr. 5), Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber aber, in einer bestimmten Ordnung zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern sachfremd zu differenzieren. Die Gruppen der Begünstigten und Nichtbegünstigten müssen nach sachgerechten Kriterien gebildet werden. Einzelne Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe dürfen nicht willkürlich schlechter gestellt werden (BAG 25.05.2004 EzA § 1b BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 1); zu beachten ist insoweit, dass die sachliche Rechtfertigung der Gruppenbildung nur am Zweck der freiwilligen Leistung gemessen werden kann (BAG 14.08.2007 EzA § 611 a BGB 2002 Nr. 5). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist dann auch verletzt, wenn eine Maßnahme des Arbeitgebers gegen die RL 2000/78/EG oder gegen § 611 a BGB (is 17.08.2006) verstößt (BAG 11.04.2006 NZA 2006, 1217; 14.08.2007 EzA § 611 a BGB 2002 Nr. 5). Der Arbeitgeber verletzt z. B. regelmäßig das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts, wenn er bei Auswahlentscheidungen, die ohne inhaltliche Änderung des Aufgabengebiets eine Besserstellung einzelner Arbeitnehmer bewirken, das Geschlecht des ausgeschlossenen Arbeitnehmers zu dessen Lasten berücksichtigt (BAG 14.0.2007 EzA § 611 a BGB 2002 Nr. 5). Andererseits ist es dem Arbeitgeber aber nicht verwehrt, z. B. der Gruppe der Angestellten ein höheres Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn sachliche Kriterien die Besserstellung gegenüber der Gruppe der Angestellten ein höheres Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn sachliche Kriterien die Besserstellung gegenüber der Gruppe der gewerblichen Arbeitnehmer rechtfertigen (BAG 12.10.2005 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 8). Bestimmt der Arbeitgeber durch die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen bestimmte Zwecke eine Sonderzahlung, so kann er nicht eine dieser Voraussetzungen, mit der er den Empfängerkreis begrenzen will, zum Hauptzweck deklarieren, um damit die Herausnahme einer Arbeitnehmergruppe sachlich zu rechtfertigen, wenn einerseits die benachteiligte Gruppe die übrigen Ziele auch erreichen kann und andererseits die begünstigte Gruppe, deren Nachteile vorgeblich ausschließlich ausgeglichen werden sollen, diesen Ausgleich nur erhalten, wenn sie alle festgelegten Voraussetzungen erfüllen (BAG 01.04.2009 - 10 AZR 353/08, NZA 2009, 1409).

64

Voraussetzung für die Anwendbarkeit bei freiwilligen Gehaltserhöhungen ist, dass der Arbeitgeber dabei nach abstrakten Regeln verfährt. Im Bereich der Vergütung, also der Hautleistungspflicht des Arbeitgebers, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistung nach einem allgemeinen, generalisierenden Prinzip gewährt (BAG 25.05.2004 EzA § 1 b BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 1; 14.03.2007 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12). Von daher gilt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz für Gehaltserhöhungen dann, wenn ihnen nicht individuelle Vereinbarungen ohne eine abstrakte Regelhaftigkeit zu Grunde liegen (BAG 01.12.2004 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 5). Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt in diesem Zusammenhang als noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt deshalb nicht zur Anwendung, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt. Erfolgt die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer darauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (BAG 25.05.2004 EzA § 1 b BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 1; 29.09.2004 EzA § 22 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 4). Hat eine Anzahl von außertariflichen Angestellten allerdings eine Gehaltserhöhung erhalten, kann de davon ausgenommene außertarifliche Angestellte vom Arbeitgeber Auskunft über die dafür verwendeten Regeln verlangen (BAG 01.12.2004 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 5 = NZA 2005, 290).

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Die Sanktionierung der Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes tritt unabhängig davon ein, ob der Arbeitgeber die Gründe der von ihm vorgenommenen Differenzierung dem Arbeitnehmer - vorprozessual - mitgeteilt hat. Eine materiell-rechtliche oder prozessuale Präklusion des Arbeitgebers mit Differenzierungsgründen tritt nicht ein. Ob der Arbeitgeber einen nachgeschobenen Differenzierungsgrund nur vorschiebt, ist keine Frage der Präklusion, sondern der Tatsachenfeststellung (BAG 2.02.2011 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 24). Da der Gleichbehandlungsgrundsatz eine Ausnahme von der Vertragsfreiheit darstellt, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Verletzung zwar vom Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen. Allerdings darf insoweit von einer Prozesspartei nichts Unmögliches verlangt werden; was sie nicht wissen kann, kann sie auch nicht vortragen müssen. Steht eine Gruppenbildung fest, hat folglich der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offen zu legen oder so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Der von einer Gehaltserhöhung ausgenommene Arbeitnehmer hat gegenüber seinem Arbeitgeber einen ggf. im Wege der Stufenklage durchsetzbaren Auskunftsanspruch über die für eine Gehaltserhöhung verwendeten Regeln (BAG 27.07.2010 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 23). Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber generell bestreitet, andere Arbeitnehmer besser als den Kläger behandelt zu haben, gehört es zu einer hinreichend substantiierten Darlegung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, dass der Kläger zumindest einen Fall von Besserstellung konkret bezeichnet (LAG Köln 22.01.1999 NZA-RR 2000, 379). Steht fest, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich entlohnt, dann hat er darzulegen, wie groß der begünstige Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (BAG 29.09.2004 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 4). Zumindest dann, wenn die Differenzierungsgründe des Arbeitgebers und der mit der Zahlung eines höheren Weihnachtsgeldes an Angestellte im Gegensatz zu den gewerblichen Arbeitern verfolgte Zweck nicht ohne weiteres erkennbar sind, hat der Arbeitgeber die Gründe für die unterschiedliche Behandlung so substantiiert darzulegen, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprach (BAG 12.10.2005 EzA § 611 BGB Gratifikationen, Prämie Nr. 16). Der Arbeitnehmer hat dann im Anschluss daran darzulegen, dass er die vom Arbeitgeber vorgegebenen Voraussetzungen für die Leistung erfülle (BAG 29.09.2004 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 4).

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Allerdings kann eine Vermutung dafür sprechen, dass in regelmäßigen Gehaltserhöhungen ein Grundbetrag zum Zwecke des Kaufkraftausgleichs enthalten ist, dessen Höhe im Wege der Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO) ermittelt werden kann (BAG 11.09.195 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 43).

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Hat der Arbeitgeber bei der Gewährung einer freiwilligen Entgelterhöhung Gruppen von Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt, ist er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast verpflichtet, sowohl sämtliche Zwecke seiner freiwilligen Leistung als auch die Grundsätze ihrer Verteilung substantiiert offen zu legen (BAG 23.02.2011 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 24). Unterscheidungsmerkmale für eine Gruppenbildung werden dabei grds. also nur berücksichtigt, soweit sie den Arbeitnehmern erkennbar waren, oder rechtzeitig, nämlich alsbald, nachdem der Arbeitnehmer sich auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen hat, offen gelegt worden sind. Dem Arbeitgeber, der innerhalb der Berufungserwiderungsfrist die Differenzierungsgründe offen legt, nachdem der Arbeitnehmer erstmals mit der Berufungsbegründung eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht hat, kann allerdings eine Verspätung seines Vorbringens nicht vorgeworfen werden, wenn ihm früheres Vorbringen weder durch eine andere gesetzliche Vorschrift noch durch gerichtliche Auflage geboten war. Andernfalls wäre das grundrechtsgleiche Recht auf rechtliches Gehör verletzt (BAG 03.07.2003 EzA § 2 KSchG Nr. 49; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Auflage 2016, Kap. 1, Rn. 478 ff.).

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Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, eine Weitergabe der Tariflohnerhöhungen hätte erfolgen müssen, da ihn die mit der nicht erfolgten Weitergabe zwingend verbundene Reduzierung seiner betrieblichen Altersversorgung unbillig benachteilige, ist mit dem Arbeitsgericht bereits kein Rechtsgrund für eine entsprechende Lohnerhöhung ersichtlich. Insbesondere liegt insofern gerade keine nicht gerechtfertigt Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den anderen bei der Beklagten zu 1 beschäftigten Arbeitnehmern vor. Denn die Reduzierung der Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung wegen der nicht erfolgten Weitergabe der tariflichen Lohnerhöhung wirkt sich auf die Rentenansprüche sämtlicher AT-Beschäftigter gleichermaßen nachteilig aus. Wenn der Kläger insoweit der Auf-fassung ist, dass etwas anderes wegen der Zusatzleistung für die Beitragsbemessungsgrenze übersteigende Gehaltsbestandteile folgen müsse, wird verkannt, dass diese Leistungen erst mit Eintritt in das Rentenalter tatsächlich verbindlich feststehen und bis dahin Entgeltschwankungen unterliegen. Wenn er insoweit sich auf die Weitergabe tariflicher Lohnerhöhungen verlassen hat, begründet dies keinen Vertrauenstatbestand zu Lasten der Beklagten. Denn die Pensionsordnung 1996 stellt gerade ausdrücklich auf die Bezüge der Gehaltsgruppe, der der Beschäftigte innerhalb der letzten zwei Jahre vor Eintritt des Versorgungsfalles überwiegend angehörte (§ 4 Pensionsordnung 1996) ab, wobei AT-Beschäftigte ausdrücklich als eigene Gruppe geführt werden. Damit ist für den Kläger, wie für jeden anderen bezugsberechtigten Arbeitnehmer eindeutig ersichtlich, dass auch im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung zwischen tariflich Beschäftigten und AT-Beschäftigten differenziert wird. Ebenfalls ist für den Kläger ersichtlich gewesen, dass das insoweit maßgebliche Entgelt für die Pensionshöhe bis zum Renteneintritt Schwankungen unterliegt. Vor diesem Hintergrund erscheint es mit dem Arbeitsgericht eher fernliegend, jedenfalls aber arbeitsrechtlich unbehelflich, hinsichtlich einer bestehenden Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung mit Lohnerhöhungen für die Mitarbeiter anderer Gehaltsgruppen zu kalkulieren.

69

Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu Lasten des Klägers besteht ebenfalls nicht aufgrund der unterschiedlichen Behandlung der AT-Beschäftigten gegenüber den Tarifbeschäftigten in dem Sozialplan, den die Beklagte zu 1 und deren Betriebsrat am 13.12.2013 abgeschlossen haben. Es ist mit dem Arbeitsgericht nicht ersichtlich, dass die Differenzierung zwischen AT- und tarifgebundenen Mitarbeitern in dem Sozialplan nicht sachlich gerechtfertigt erfolgt sein könnte. Vielmehr ist der Grund der unterschiedlichen Behandlung gerade dort selbst ausdrücklich angegeben, nämlich, dass die AT-Beschäftigten als Gegenleistung für die ihnen gegenüber nicht erfolgte Arbeitszeitreduzierung keine Lohnerhöhung analog zu den tariflich beschäftigten Arbeitnehmern erhalten. Darin ist ein sachfremdes Kriterium nicht zu erkennen. Da Maßstab für die Entlohnung des Klägers in der Freistellungsphase ein AT-Beschäftigter ist, ist diese sachliche Differenzierung im Sozialplan auch für ihn maßgeblich und rechtsverbindlich.

70

Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer folgt, nicht einverstanden ist. Demgegenüber ist, wie bereits dargelegt, nochmals darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhung weder nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien, noch nach Maßgabe des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes vom Kläger verlangt werden kann. Daneben ist entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren geäußerten Rechtsauffassung für die Überprüfung einer unternehmerischen Entscheidung nach Maßgabe des § 315 BGB kein Raum. Denn eine gesonderte, zusätzlich auf den einzelnen Arbeitnehmer in der Altersteilzeit bezogene, von der erfolgten gruppenbezogenen Entscheidung (Arbeitnehmer mit Tarifentlohnung, AT-Mitarbeiter; AT-Mitarbeiter in Altersteilzeit) zu unterscheidende Überprüfung haben die Vertragsparteien weder vereinbart, noch ist dazu sonst eine rechtliche Veranlassung erkennbar. Im Gegenteil: Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, auf den sich der Kläger zur Begründung der Klage in beiden Rechtszügen stützt, schließt dies gerade aus.

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Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

72

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

73

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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