Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Sa 106/16

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 12.01.2016 - 6 Ca 705/15 - aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger ein Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten zusteht.

2

Der Kläger war bei dem Beklagten aufgrund eines schriftlich abgefassten Formulararbeitsvertrages seit dem 01.10.2014 als IT-Techniker bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem monatlichen Bruttostundenentgelt in Höhe von 10,00 EUR beschäftigt. Der Formulararbeitsvertrag, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 36, 37 d. A. Bezug genommen wird, enthält des Weiteren unter § 9 Verfallfristen folgende Regelung:

3

"9.1. Alle Ansprüche, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von drei Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von weiteren drei Monaten beim Arbeitsgericht einzuklagen. Anderenfalls verfallen diese Ansprüche.

4

9.2. Die Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten oder für Schäden, die auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei bzw. eines Erfüllungsgehilfen der anderen Vertragspartei beruhe bleibt von dieser Ausschluss- und Verfallklausel unberüht."

5

Der Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristlos am 08.12.2014. Das Kündigungsschreiben, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 38 d. A. Bezug genommen wird, hat u.a. folgenden Wortlaut:

6

"Hiermit kündige ich ihnen Heute fristlos, hilfsweise mit der Kündigungsfrist zum Monatsschluss das Arbeitsverhältnis vom 01.10.2014.

7

Sie haben sich mehrfach mit dem Arbeitskollegen überworfen, so dass er es ablehnt mit ihnen weiter zusammen zu arbeiten. Am 02.12.2014 sind sie wieder nicht zur Arbeit erschinen. Am 03.12.2014 kamen sie erst um 8.30 an. Am 04.12.2014 sei das Auto nicht angesprungen und sie konnten wieder nicht die Baustelle anfahren. Mit einer neuen Batterie fuhr ich das KFZ in die Werkstatt. Diese stellte fest, das kein ÖL, aber gar kein Öl im Motor war. Wohlgemerkt einen Tag, nachdem sie angeblich nach geguckt haben und mir das per SMS bestätigten. Es wurde weiter fest gestellt, das die alte Batterie ohne Probleme wieder geladen werden konnte und in Ordnung ist. Die Entladung muß hervor gerufen worden sein. Als ich zu ihnen kam um mich um das Auto zu kümmern, war ihre erste Frage, wie der Tag abgerechnet wird. Als ich ihnen sagte, wer nicht arbeiten geht, wird auch nicht abgerechnet, sie müssen sich den Tag Urlaub nehmen, sind sie anschließend zum Arzt und haben sich für den 04. und 05. krank schreiben lassen. Das Fahrtenbuch haben sie trotz Vereinbarung erst gar nicht geführt und sind mir die korrekte Übergabe für Oktober und November schuldig geblieben. Das Arbeitsverhältnis ist zerstört und kann nicht weiter fort geführt werden."

8

Am 09.12.2014 schlossen die Parteien handschriftlich folgende Vereinbarung:

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K., 09.12.2014
"Auflösungsvereinbarung des Arbeitsvertrages
Hiermit vereinbaren wir, die unten genannten Personen C., Anschrift bekannt
A., Anschrift bekannt,
dass das Arbeitsvertrag zum 31.12.2014 aufgelöst wird.
Ausbezahlt werden 1.450,00 EUR Netto.
K., den 09.12.2014
Unterschrift Unterschrift
C., A.,
Die fristlose Kündigung ist durch diesen Vertrag aufgehoben.
C."

10

Mit nicht unterzeichnetem Schreiben vom 03.02.2015 teilte der Kläger dem Beklagten folgendes mit:

11

"Betreff: Zahlungsaufforderung

12

Sehr geehrter Herr C.,

13

für meine Arbeitsleistung/Urlaubsansprüche in der Zeit vom 01.12.15 bis 31.12.2015 bzw. Laut der Auflösungsvereinbarung des Arbeitsvertrag vom 09.12.2014 habe ich kein Arbeitsentgelt bzw. ausstehende Zahlung erhalten. Insgesamt ist ein Betrag von 1450 €/Netto offen. Ich fordere Sie auf, den entsprechenden Betrag bis spätestens den 13.02.2015 auf mein Konto zu überweisen. …

14

Für den Fall, dass die ausstehende Vergütung bis zum vorgenannten Zeitpunkt nicht auf meinem Konto gutgeschrieben ist, werde ich gerichtliche Schritte einleiten."

15

Daraufhin antwortete der Beklagte schriftlich wie folgt:

16

"…am 09.12.2014 haben wir eine gütliche Auflösung des Arbeitsvertrages geschlossen.

17

Hiermit trete ich von der vereinbarten Zahlungsvereinbarung zurück!

18

Ich habe mich zu diesem Schritt entschlossen, weil unbelehrbar sind und eher darauf aus den Versuch der Schadensverursachung voran zutreiben.

19

Sie haben gegen den § 6.3 des Arbeitsvertrages verstoßen.

20

Desgleichen gehe ich nun davon aus, das die fristlose Kündigung vom 08.12.2014 Rechtswirksam ist, hilfsweise die Kündigung zum 31.122014, hilfsweise die veeinbarte Arbeitsvertragsauflösung zum 31.12.2014…."

21

Per E-Mail hatte der Beklagte zuvor dem Kläger folgendes mitgeteilt:

22

"Ich habe Heute einen Anruf erhalten, indem du mich bei meinem ehemaligen Auftraggeber beschwert hast. Des weiteren schreibts du mir in eines SMS , " ich wollte dich Abzocken ". Sei versichert, das ich nicht derjenige bin der Abzocken will, darum habe ich ja versucht mich mit dir gütlich zu einigen. Dazu stehe ich zum derzeitigen Zeitpunkt auch noch.

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Allerdings habe ich momentan kein Geld und das wird auch noch bis Anfang März so bleiben. Es hat mich ganz schön sauer gemacht das du bei Herrn J. angerufen hast!!!!

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Ich teile dir daher hiermit mit, das ich, wenn ich nochmal was höre in irgendeiner Form, das du versuchst mich weiter zu schädigen, ich von der Vereinbarung der Zahlung von 1450,00 Euro zurück trete. Gemäß § 6.3 des Arbeitsvertrages. In dem Fall müsstest du eine Klage beim Arbeitsgericht in Landau anstreben um deine Vorderung durch zu setzen.

25

Ich gehe dann nämlich davon aus, das die fristlose Kündigung steht…."

26

Eine vom Kläger daraufhin beim Arbeitsgericht Karlsruhe erhobene Klage gegen die Firma E. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin M. R., K. (Arbeitsgericht Karlsruhe, Az.: 8 Ca 81/15) wurde von diesem durch rechtskräftiges Urteil vom 27.08.2015 abgewiesen, weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestehe. Hinsichtlich des Inhalts des Urteils wird auf Bl. 58 ff. d. A. Bezug genommen.

27

Mit der am 24.09.2015 bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - zu Protokoll erklärten Klage macht der Kläger die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche geltend. Der Kläger hat danach folgende Anträge angekündigt:

28

1. Die beklagte Partei wird verurteilt, der klagenden Partei € 1450 netto zu zahlen.

29

2. Hilfsweise die beklagte Partei wird verurteilt, der klagenden Partei € 2080,00 brutto zu zahlen.

30

Im Gütetermin am 27.10.2015 hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern in Landau - daraufhin durch Versäumnisurteil den Beklagten - 6 Ca 705/15 - verurteilt, an den Kläger 1.450,00 EUR netto zu zahlen.

31

Gegen dieses am 30.10.2015 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte mit am 03.11.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt und diesen mit am 12.01.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

32

Der Kläger hat vorgetragen,

33

ihm stehe der Zahlungsanspruch aufgrund der Aufhebungsvereinbarung vom 09.12.2014 zu, zumindest aber hilfsweise ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1600 € brutto für Dezember 2015 sowie eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 480,00 € brutto für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses.

34

Der Kläger hat beantragt,

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das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.10.2015 - 6 Ca 705/15 - aufrechtzuerhalten.

36

Der Beklagte hat beantragt,

37

dieses Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

38

Der Beklagte hat vorgetragen,
der Kläger sei nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung, wie bereits zuvor im Dezember 2015, nicht zur Arbeit erschienen. Folglich könne er keine Lohnansprüche geltend machen. Auch habe der Kläger die in § 9 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist nicht eingehalten.

39

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat daraufhin durch Urteil vom 12.01.2016 - 6 Ca 705/15 - das Versäumnisurteil vom 27.05.2015 aufrecht erhalten. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 49 - 52 d. A. Bezug genommen.

40

Gegen das ihm am 22.02.2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte durch am 21.03.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 21.04.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

41

Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Vereinbarung zwischen den Parteien sei nicht als ein abstraktes Schuldanerkenntnis anzusehen. Aus ihr ergebe sich vielmehr deutlich, dass das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zum 31.12. beendet und die Arbeitsleistung entsprechend ausbezahlt werden solle. Darin sei allenfalls ein deklaratorisch negatives Schuldanerkenntnis zu sehen, das nicht losgelöst von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung betrachtet werden könne. Die Parteien hätten offensichtlich nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und fixieren wollen. Es habe bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Arbeitsverhältnisses lediglich bereits der konkret zu zahlende Betrag festgelegt werden sollen, den der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner Leistung habe erhalten sollen. Zu berücksichtigen seien auch die vollständigen Umstände der Vereinbarung zwischen den Parteien. Festzuhalten sei, dass der Kläger erst seit zwei Monaten bei dem Beklagten beschäftigt gewesen sei. Dieser habe seine Arbeiten offensichtlich so nachlässig ausgeübt, dass sich der Beklagte zu einer fristlosen Kündigung genötigt gesehen habe. Entgegenkommender Weise habe sich der Beklagte dazu überreden lassen, statt der fristlosen Kündigung einen Aufhebungsvertrag mit dem Kläger zu vereinbaren und aufgrund dessen diesen noch bis zum Ende des laufenden Monats zu beschäftigen. Ein vernünftig Denkender könne wohl kaum auf die Idee kommen, dass der Beklagte an den Kläger zusätzlich zu seinem Arbeitslohn noch 1.450,00 € netto aufgrund dieser Umstände habe zahlen wollen. Vielmehr hätten die Parteien regeln wollen, dass am Ende des Monats bereits eine konkrete Zahl feststehe, die an den Kläger auszuzahlen sei, nachdem das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß beendet worden sei.

42

Weitere Ansprüche des Klägers bestünden nicht, weil sie gem. § 9 des Arbeitsvertrages verfristet seien.

43

Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte den Kläger unproblematisch mit einer Frist von zwei Wochen habe kündigen können, weil sich dieser noch in der Probezeit befunden habe. Lediglich aufgrund der Bitte des Berufungsbeklagten, die fristlose Kündigung in eine Auflösungsvereinbarung umzuändern und aufgrund der Tatsache, dass der Berufungskläger im Dezember aufgrund eines Krankenhausaufenthalts seinen Auftrag sonst nicht hätte beenden können, habe das Arbeitsverhältnis erst am 31.12.2014 enden sollen. Nachdem der Kläger nach Unterzeichnung der Vereinbarung aber nicht mehr zum Arbeitseinsatz gekommen sei, sei eindeutig gewesen, dass der Kläger den Beklagten mit dem Abschluss der Vereinbarung lediglich habe übervorteilen wollen, was er im Nachhinein auch entsprechend kommuniziert habe. Keinesfalls sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass der Kläger nicht mehr für den Beklagten zu arbeiten brauche, weshalb dies auch nicht in der Vereinbarung niedergelegt worden sei.

44

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 19.04.2016 (Bl. 77 - 83 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 84 - 89 d. A.) sowie auf seinen Schriftsatz vom 02.06.2016 (Bl. 104 - 106 d. A.) Bezug genommen.

45

Der Beklagte beantragt,

46

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

47

Der Kläger beantragt,

48

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

49

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Vereinbarung vom 09.12.2014 regele allein, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1450 € netto mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehen solle. Eine Gegenleistung, die der Kläger habe erbringen müssen sei nicht vereinbart. Es handele es sich schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung um ein selbständiges Schuldversprechen. Dieses unterliege nicht einer etwaigen Ausschlussfrist aus seinem Arbeitsvertrag. Derartige Vereinbarungen seien der Regelfall anlässlich der Unsicherheit von etwaigen Kündigungen und hätten in der Regel Abfindungszahlungen zum Gegenstand. Warum der Beklagte den Kläger habe weiter beschäftigen wollen, erschließe sich nicht, denn nach seinem Sachvortrag sei die Arbeit des Klägers doch eine Zumutung gewesen. Das Vorbringen des Beklagten treffe im Übrigen nicht zu. Der Kläger habe seine Arbeiten stets gewissenhaft und ordnungsgemäß erledigt. Nach Ausspruch der fristlosen Kündigung des Beklagten am 08.12.2014 habe der Kläger das Gespräche gesucht und dem Beklagten mitgeteilt, dass er die Kündigung nicht akzeptieren werde, da er seine arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfülle. Im Zuge dessen hätten sich die Parteien nachfolgend auf die streitgegenständliche Auflösungsvereinbarung geeinigt, um die Streitigkeit über die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung zu beseitigen. Zwischen den Parteien sei auch vereinbart worden, dass der Kläger nicht weiter für den Beklagten zu arbeiten brauche. Nach Abschluss der Vereinbarung habe der Beklagte den Kläger sogar per SMS dazu aufgefordert, die Zutrittskarte für das Werksgelände Z. herauszugeben. Allein daraus werde deutlich, dass gerade keine Gegenleistungspflicht für die Zahlung von 1450 € bestanden habe, denn der Kläger habe ohne diese Zutrittskarte seine Arbeitspflicht auf dem Werksgelände nicht erfüllen können.

50

Zur weiteren Darstellung des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 20.05.2016 (Bl. 99 - 103 d. A.) Bezug genommen.

51

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 06.06.2016 hat der Kläger eine E-Mail vorgelegt, die der Beklagte unter dem 10.12.2014 an ihn gerichtet hat und die folgenden Wortlaut hat:

52

"Also jetzt hast du wieder kein Fahrtenbuch mit gebracht ????? Das ist dir nicht erlassen!!! Und den Ausweis von P.? Willst du den nicht zurückgeben?

53

Dann fehlt mir noch von den 100 Euro Tankgeld die Quittung und der Rest."

54

Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf Bl. 113 d. A. Bezug genommen.

55

Des Weiteren hat er einen Text wohl eines Telefongesprächs vom 08.01.2015 vorgelegt, der vom Beklagten stammen soll und folgenden Wortlaut hat:

56

"Moin, ich habe da heute Morgen noch mal angerufen. Die haben mir das Geld aus November immer noch nicht uberwiesen. Ich muss warten bis das kommt. Ich habe selber auch nix mehr.:-( Sobalt das da ist melde ich mich.!!!!Gruß."

57

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

58

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 06.06.2016.

Entscheidungsgründe

I.

59

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

60

Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

61

Denn entgegen der Auffassung des Klägers steht ihm kein Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu. Weder wurde zwischen den Parteien ein dahingehendes abstraktes Schuldversprechen nach Maßgabe der §§ 780, 781 BGB vereinbart, auf das er sich berufen könnte, noch stehen ihm Ansprüche auf Arbeitsentgelt aus tatsächlich geleisteter Arbeit oder Annahmeverzug zu. Ein etwaiger Urlaubsabgeltungsanspruch ist aufgrund der vertraglich vereinbarten Verfallfrist erloschen.

62

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von 1450 € netto gegenüber dem Beklagten aufgrund der Vereinbarung vom 09.12.2014 zu. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen der insoweit als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden §§ 780, 781 BGB sind vorliegend nicht gegeben.

63

Zwar finden §§ 780, 781 BGB auch im Arbeitsverhältnis Anwendung. Das gilt auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, Kap. 3 Rdnr. 773 ff.). Vorliegend sind allerdings die tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 780, 781 BGB entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegeben.

64

Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen) ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, gem. § 780 Satz 1 BGB die schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Gleiches gilt gem. § 781 Satz 1 BGB zur Gültigkeit eines Vertrages, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis).

65

Ein selbständiges Schuldversprechen oder -anerkenntnis ist ein einseitig verpflichtender, abstrakter Vertrag, durch den eine von dem zugrunde liegenden Kausalverhältnis losgelöste Verpflichtung eingegangen wird. Schuldversprechen (§ 780 BGB) und Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) sind beides abstrakte Schuldverträge. Sie unterscheiden sich sachlich-inhaltlich nicht, sondern lediglich in der äußeren Form des Vertrages bzw. der Formulierung (vgl. Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl., 2016, § 780 Rdnr. 2 ff.).

66

Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob eine Erklärung mit Vertragscharakter i. S. d. §§ 780, 781 BGB oder ohne gewollt ist. Liegt eine Erklärung mit Vertragscharakter vor, ist sie dahin gehend auszulegen, ob ein abstrakter Vertrag geschlossen werden soll oder nur der Inhalt einer Verbindlichkeit festgestellt wird. Die Parteien müssen sich auch über die Selbständigkeit der Verpflichtung geeinigt haben. Lediglich ein nicht §§ 780, 781 BGB unterfallender Schuldbestätigungsvertrag oder ein Vergleich i. S. d. § 779 BGB liegt vor, wenn die Parteien nur eine zweifelhafte Forderung bestätigen und gegen Einwendungen sichern wollen. Dem selbständigen Schuldversprechen oder -anerkenntnis kann zwar eine Verpflichtung zur Leistung aus jedem privatrechtlichen Schuldverhältnis zugrunde liegen. Die Parteien müssen aber neben der Grundverpflichtung eine neue, vom Grundgeschäft losgelöste, selbständige Verpflichtung eingehen wollen (BGH NJW 2008, 1589). In der mit dem Versprechen übernommenen Verpflichtung muss von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen derart losgelöst sein, dass der Gläubiger sich zur Geltendmachung des Anspruchs lediglich auf das Schuldversprechen oder -anerkenntnis berufen muss. Ob ein derartiger zu fordernder Wille zur Abstraktion vorliegt, ist eine Auslegungsfrage. Er kann sich aus dem Wortlaut, dem Anlass des Vertrages, dem bezweckten Erfolg, der beiderseitigen Interessenlage oder sonstigen Umständen, die auch außerhalb der Urkunde liegen können, ergeben. Die Abstraktion muss notwendig sein, um den Vertragszweck zu verwirklichen (vgl. Prütting/Wegen/Weinreich a.a.O., Rdnr. 7 ff.). Ein Indiz ist ferner, wenn in der Urkunde der Schuldgrund nicht oder nur allgemein benannt ist (BGH NJW 1999, 574). Wird der Schuldgrund dagegen genannt, kann das im Zweifel dahingehend ausgelegt werden, dass kein selbständiges Schuldversprechen, sondern lediglich eine Beweisurkunde gewollt sein soll (BGH NJW 2002, 1791). Allerdings können die jeweiligen Umstände auch die Annahme einer abstrakten Verpflichtung nahelegen. Wird der Verpflichtungsgrund dagegen exakt bezeichnet, müssen für die Annahme eines selbständigen Schuldversprechens besondere Umstände vorliegen, die vom Kläger zu beweisen sind. Ein Anhaltspunkt bei der Auslegung stellt häufig der Zweck des Rechtsgeschäfts dar, z. B. die Erleichterung der Klagebegründung oder die finanzielle Absicherung durch Übertragung des hälftigen Grundstückswertes. Geschäfte, die nur eine bestehende Verpflichtung sichern sollen, enthalten regelmäßig kein selbständiges Versprechen. Weder für noch gegen ein selbständiges Schuldversprechen besteht eine gesetzliche Vermutung.

67

Nach Maßgabe des tatsächlichen Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen lässt sich der insoweit, wie dargelegt, zu fordernde Abstraktionswille bei der schriftlichen Vereinbarung vom 09.12.2014 zwischen den Parteien nicht feststellen. Bereits der Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien vom 09.12.2014 spricht eindeutig gegen die Eingehung einer neuen, vom Grundgeschäft losgelösten, selbständigen Verpflichtung. Denn bereits mit der Überschrift nehmen die Parteien Bezug auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis, also das Grundgeschäft. Das wird einmal durch die Bezeichnung als Auflösungsvereinbarung deutlich, zum anderen durch den ausdrücklichen Hinweis auf den Arbeitsvertrag. Im weiteren Text wird ebenso ausdrücklich der Vertrag - also das Grundgeschäft - zum 31.12.2014 aufgelöst. Schließlich findet sich am Ende des Vertragstextes die Formulierung, dass die fristlose Kündigung durch diesen Vertrag aufgehoben ist. Berücksichtigt man, wie dargelegt, dass die mit dem Versprechen übernommene Verpflichtung von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen derart losgelöst sein muss, dass der Gläubiger sich zur Geltendmachung des Anspruchs lediglich auf das Schuldversprechen oder -anerkenntnis berufen muss, wird deutlich, dass der Wortlaut der Auflösungsvereinbarung gegen einen auf eine vom Grundgeschäft losgelöste, selbständige Verpflichtung gerichteten Abstraktionswillen spricht. Nichts anderes folgt aus dem Anlass des Vertrages. Der Beklagte, der nach seinem substantiierten Vorbringen mit der Arbeitsleistung des erst sehr kurzzeitig bei ihm beschäftigten Klägers in hohem Maße unzufrieden war, hatte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Wenn er durch den Auflösungsvertrag bereit war, von dieser fristlosen Kündigung Abstand zu nehmen und sich zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe einer ordentlichen Kündigung bereit fand, ohne auf die kürzest mögliche Kündigungsfrist von zwei Wochen für den Fall der Vereinbarung einer Probezeit zu rekurrieren, dann ist nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte zusätzlich noch Veranlassung gehabt haben sollte, eine von der ordnungsgemäßen Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung unabhängige abstrakte Zahlungsverpflichtung einzugehen, die für ihn keinerlei Vorteil nach sich gezogen hätte. Veranlassung, ein etwaiges Prozessrisiko durch Zahlung einer Abfindung abzuwenden, bestand schon deshalb nicht, weil das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nur so kurzzeitig bestand, dass die gesetzliche Wartezeit des § 1 KSchG nicht erreicht war; auch lassen sich dem schriftsätzlichem Vorbringen beider Parteien in beiden Rechtszügen keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Betrieb des Beklagten nicht nur einen Kleinbetrieb i. S. d. § 23 Abs. 1 KSchG darstellt unter Ausschluss der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Dem gegenüber hatte der Kläger mit der Vereinbarung über die Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung eine erhebliche Verbesserung seiner Rechtsposition erreicht. Die beiderseitige Interessenlage spricht nach Auffassung der Kammer aber eindeutig dafür, dass zur abstrakten Verpflichtung zur Zahlung von 1450 € netto über die Verpflichtung zur Zahlung der vertraglich geschuldeten Arbeitsvergütung für den Beklagten keinerlei Veranlassung bestand. Im Gegenteil: Das im Gegensatz zum Vorbringen des Klägers substantiierte Vorbringen des Beklagten lässt die Annahme als nachvollziehbar erscheinen, dass er sich auf den Auflösungsvertrag nur deshalb eingelassen hat, weil er trotz der Verärgerung über das Verhalten des Klägers vor Ausspruch der fristlosen Kündigung ein gewisses Interesse an der tatsächlichen Arbeitsleistung bis zum 31.12.2014 hatte. Nur vor diesem Hintergrund, den er mit krankheitsbedingten Umständen beschrieben hat, erscheint die Übernahme einer Zahlungsverpflichtung - pauschaliert, um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden - nachvollziehbar. Diese Umstände sprechen aber auch gegen die Übernahme einer vom Arbeitsverhältnis losgelösten selbständigen abstrakten Verpflichtung. Noch weniger ist die Abstraktion notwendig, um diesen Vertragszweck zu verwirklichen; das Gegenteil trifft zu. Folglich sprechen alle insoweit maßgeblichen Umstände gegen die Annahme eines abstrakten Schuldversprechens, mit der Folge, dass ein entsprechender Zahlungsanspruch in Höhe von 1450 € netto nicht besteht.

68

Ebenso wenig besteht ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1600 € brutto für den Monat Dezember 2014.

69

Dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers in beiden Rechtszügen lässt sich nicht entnehmen, dass er die von ihm vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat. Im Gegenteil: Im Berufungsverfahren behauptet er, dass die Parteien eine - bezahlte - Freistellung bis zum 31.12.2014 vereinbart hätten. Dieses Vorbringen hat der Beklagte substantiiert bestritten. Weiteres tastsächliches Vorbringen des Klägers dazu fehlt vollständig. Berücksichtigt man, dass der Beklagte, wie dargelegt, zur Verpflichtung zur Zahlung von Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung keinerlei Veranlassung hatte, hätte es - im Übrigen bereits zur Klagebegründung - nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertem tatsächlichen Vorbringens des Klägers bedurft. Da auch Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Zahlungsanspruchs aus Annahmeverzug (§§ 615, 293 ff. BGB) fehlen, ist auch die Klage insoweit unbegründet.

70

Nichts anderes gilt für die geltend gemachte Urlaubsabgeltung in Höhe von 480 € brutto. Zwar kommt ein derartiger Anspruch gem. § 7 Abs. 4 i. V. m. § 5 BUrlG vorliegend in Betracht. Er ist aber nach § 9 Ziffer 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages verfallen. Denn der Kläger hat diesen Anspruch, nachdem der Beklagte eine entsprechende Leistung abgelehnt hat, nicht innerhalb der gerichtlichen Geltendmachungsfrist von 3 Monaten eingeklagt.

71

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des insoweit maßgeblichen Lebenssachverhalts.

72

Denn, wie bereits dargelegt, zu einer Vereinbarung über irgendwelche Abfindungszahlungen bestand aufgrund der offensichtlichen Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes keinerlei Veranlassung. Veranlassung bestand allenfalls dazu, die Höhe des zu zahlenden Entgelts bei erwartungsgemäßem Ablauf des Arbeitsverhältnisses festlegen zu wollen. Dies ergibt sich nachvollziehbar aus dem tatsächlichen Vorbringen des Beklagten. Dabei ist zwar zutreffend, dass der Beklagte zuvor, wie durch seine fristlose Kündigung dokumentiert, mit Leistung und Verhalten des Klägers offensichtlich ausgesprochen unzufrieden war. Andererseits hat er sein Verhalten durch den Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme und die vertraglich notwendige Abarbeitung bestehender Aufträge und somit einer für ihn gegebene Notsituation nachvollziehbar begründet. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass der Beklagte trotz seiner Unzufriedenheit durchaus Interesse an der Erbringung der Arbeitsleistung durch den Kläger bis zum 31.12.2014 hatte. Dem steht, entgegen der Auffassung des Klägers, auch nicht die von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2016 vorgelegte SMS des Beklagten vom 10.12.2014 entgegen. Denn damit wird keineswegs zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte kein Interesse an der Arbeitsleistung des Klägers hat, sondern ersichtlich nur dessen Verärgerung darüber, dass der Kläger trotz der Vereinbarung vom 09.12.2014 offenbar auch am 10.12.2014 keinerlei Arbeitsleistung erbracht hat. Soweit der Kläger weiteres Vorbringen für erheblich hält, insbesondere den Hinweis auf ein Telefonat vom 15.01.2015 (Bl. 114 d. A.), ist dies gem. § 67 Abs. 4 ArbGG als verspätet zurückzuweisen. Denn danach sind Angriffs- und Verteidigungsmittel vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind, was vorliegend ersichtlich nicht der Fall ist, oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Vorliegend wäre, falls dieser Text als entscheidungserheblich angesehen worden wäre, eine Verzögerung des Rechtsstreits unvermeidlich gewesen, weil dem Beklagten in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müssen, so dass es einer Vertagung des Rechtsstreits bedurft hätte. Dass das verspätete Vorbringen nicht auf einem Verschulden des Klägers beruhte, ist nach dem Akteninhalt nicht nachvollziehbar.

73

Im Übrigen ändert auch der Inhalt dieses Textes nichts an der rechtlichen Beurteilung der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien vom 09.12.2014, so dass weitere Ausführungen nicht erforderlich sind.

74

Zu einer Vertagung des Rechtsstreits verbunden mit einem Schriftsatznachlass für den Kläger war ihm Hinblick auf §§ 9 Abs. 1, 67 Abs. 4 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

75

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung auf die Berufung des Beklagten aufzuheben und die Klage voll umfänglich abzuweisen.

76

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

77

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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