Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 TaBV 10/16

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.02.2016 - 2 BV 19/15 - aufgehoben.

2. Der Antrag der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten vorliegend darüber, ob das zwischen dem Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 1) begründete Arbeitsverhältnis gemäß § 78 a Abs.4 BetrVG aufzulösen ist.

2

Der Beteiligte zu 2) nahm am 01.10.2012 eine Ausbildung zum „Praxisintegrierten Dualen Studium“ in Kooperation mit der dualen Hochschule Baden-Württemberg, M. in dem Studiengang „Business Administration and Information Technology“ bei der Beteiligten zu 1) auf. In der Zeit vom 17.02.2014 bis zum 03.05.2014 war der Beteiligte zu 2) im Rahmen seiner Ausbildung in Italien eingesetzt. Aufgrund einer Vereinbarung vom 14.02.2014 erhielt er für diesen Zeitraum neben seiner weiterlaufenden Ausbildungsvergütung eine Verpflegungspauschale von 14 EUR netto pro Kalendertag (ohne Urlaubstage) sowie eine einmalige Kostenpauschale in Höhe von 200,00 EUR netto. Eine möblierte Unterkunft sowie die anfallenden Nebenkosten wurden von der Beteiligten zu 1) getragen. Der Beteiligte zu 2) beantragte vereinbarungsgemäß eine Firmenkreditkarte der XY Bank mit einem Limit von 5.000,00 EUR. Die B. haftet gesamtschuldnerisch für diese Kreditkartenforderung. Die mit der Kreditkarte getätigten Ausgaben werden grundsätzlich dem Privatkonto des Mitarbeiters belastet. Dieser macht im Rahmen der Reisekostenabrechnung die Kostenübernahme geltend und erhält die Kosten sodann auf sein Privatkonto erstattet. Der Beteiligte zu 2) hat während seines Italienaufenthalts Ausgaben in Höhe von insgesamt 3.457,54 € mit der Firmenkreditkarte getätigt. Davon wurden die Beteiligte zu 1) 2.459,35 EUR erstattet. Im Februar 2014 fielen erstattungsfähige Ausgaben in Höhe von 75,00 EUR an. Der Beteiligte zu 2) erhielt am 28.02.2014 zusätzlich 168,00 EUR. Im März 2014 hatte er dienstliche Ausgaben in Höhe von 831,28 EUR. Für diesen Monat wurden ihm 1.532,00 EUR (inklusive eines Vorschusses von 877,00 EUR) überwiesen. Im April fielen erstattungsfähige Ausgaben in Höhe von 831,30 EUR an, er erhielt 1.251,28 EUR; im Mai fielen 546,07 EUR dienstlich veranlasster Kosten an, er erhielt 1.529,28 EUR. Ein Ausgleich der mit der Kreditkarte getätigten Ausgaben gegenüber der XY Bank erfolgte nicht. Der Beteiligte zu 2) wurde am 15.01.2015 von der B. GmbH, deshalb wegen des offenen Betrages in Höhe von 3.457,54 EUR angeschrieben und um Aufklärung bzw. Begleichung gebeten. Der Beteiligte zu 2) begann am 07.04.2015 mit der Tilgung der Verbindlichkeiten durch Zahlung von 200,00 EUR im April 2015 und sodann monatlich 100,00 EUR. Die Beteiligte zu 1) mahnte den Beteiligten zu 2) mit Schreiben vom 25.06.2015 wegen des unbefugten Gebrauchs der Kreditkarte für private Zwecke sowie der unterlassenen Weitergabe der erstatteten Beträge an die Kreditkartenfirma ab.

3

Aufgrund der nicht rechtzeitigen Abgabe seiner Bachelorarbeit und deren Bewertung als nicht bestanden verlängerte sich das Ausbildungsende des Beteiligten zu 2) bis zur Bekanntgabe seines Prüfungsergebnisses. Am 05.11.2015 wurden der Beteiligten zu 1) die Ergebnisse, die Noten des Studiums des Beteiligten zu 2) seitens der Dualen Hochschule M. schriftlich mitgeteilt.

4

Der Beteiligte zu 2) ist seit der Betriebsratswahl im Jahr 2014 Ersatzmitglied des Betriebsrats und nahm am 20.10.2015 an der Betriebsratssitzung für ein verhindertes Mitglied teil. Mit Schreiben vom 04.11.2015 verlangte er die Übernahme in ein Vollzeitarbeitsverhältnis nach § 78 a BetrVG nach Ende seiner Ausbildung.

5

Der vorliegende Antrag der Beteiligten zu 1) auf Auflösung des mit dem Beteiligten zu 2) zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses wurde am 17.11.2015 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingereicht. Er wurde von der Prozessbevollmächtigten unterzeichnet, die ausweislich Bl. 1 d. A. "Unter Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung" die Vertretung der B.GmbH, "die Mitglied unseres Arbeitgeberverbandes ist" anzeigte. Sodann heißt es: "Prozessvollmacht wird nachgereicht."

6

Die Beteiligte zu 1) hat vorgetragen,
eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) sei ihr nicht zumutbar. Dieser habe die Kreditkarte unberechtigt für private Ausgaben genutzt und sich einen finanziellen Vorteil dadurch verschafft, dass er für die XY Bank bestimmten Gelder für eigene Zwecke unterschlagen habe. Das Vertrauen in den Beteiligten zu 2) sei erschüttert, da er nicht auf seine wirtschaftliche Situation und auf die Tatsache, dass die ihm auf sein Privatkonto überwiesenen Gelder nicht an die XY Bank weitergeleitet würden, hingewiesen habe. Sie habe infolge dessen die Kreditverbindlichkeiten des Beteiligten zu 2) bei der XY Bank abgelöst.

7

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

8

das zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 2 nach § 78 a Abs.2 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.

9

Die Beteiligten zu 2 und 3 haben beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

11

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben vorgetragen,
der Beteiligte zu 2) habe die angefallenen Kreditkartenverbindlichkeiten für dienstliche Ausgaben genutzt. Eine Rückführung des Kredits bei der XY. mit den seitens der Antragstellerin erstatteten Kosten sei nicht möglich gewesen. Hinsicht der weiteren Darstellung des Vorbringens der Beteiligten zu 2) im erstinstanzlichen Rechtszug insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 5, 6 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 147, 148 d. A.) Bezug genommen.

12

Vorliegend sei die Ausschlussfrist des § 78 a Abs. 4 BetrVG zudem nicht eingehalten worden. Dabei handele es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Für einen Dritten sei vorliegend der Antragsteller eindeutig erst mit Vorlage der Vollmacht bei Gericht erkennbar gewesen; folglich sei der Antrag auch erst ab diesem Zeitpunkt als gestellt anzusehen.

13

Der Antrag wurde gemäß der Antragsschrift von bzw. für die B. GmbH gestellt. Als Anlage waren dem Antrag der Schriftverkehr des Beteiligten zu 2) mit der A. beigefügt. Mit Schreiben vom 24.11.2015 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin, das Rubrum auf die nunmehrige Antragstellerin, die Beteiligte zu 1), anzupassen. In der Güteverhandlung vom 08.12.2015 wurde das Antragstellerrubrum antragsgemäß berichtigt. Die Prozessbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) hat mit Schreiben vom 01.02.2016 eine Prozessvollmacht der Beteiligten zu 1) vom 16.11.2015 vorgelegt.

14

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat daraufhin durch Beschluss vom 16.02.2017 - 2 BV 19/15 - das zwischen der Antragstellerin und dem Beteiligten zu 2) nach § 78 a Abs. 2 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst. Hinsichtlich des Inhalts der Gründe der Entscheidung wird auf Bl. 144 - 155 d. A. Bezug genommen.

15

Gegen den ihnen am 13.04.2016 (Beteiligter zu 3) bzw. am 12.04.2016 (Beteiligter zu 2) hat der Beteiligte zu 2) durch am 26.04.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er hat die Beschwerde durch am 14.06.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 14.06.2016 die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung bis zum 20.06.2016 einschließlich verlängert worden war.

16

Der Beteiligte zu 2) wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die von der Beteiligten zu 1) angeführten Gründe seien insgesamt nicht stichhaltig. Zudem sei vorliegend die 2-Wochenfrist des § 78 a Abs. 4 BetrVG nicht eingehalten worden. Dafür sei maßgeblich, dass diejenige Person, die den Antrag bei Gericht stelle, auch berechtigt sei, über die Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters zu entscheiden und ferner befugt sei, im Verfahren wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Arbeitgeber vor Gericht zu vertreten. Dies könne zwar durch Erteilung einer Prozessvollmacht erfolgen. Diese müsse dann allerdings innerhalb der Ausschlussfrist dem Gericht vorgelegt werden. Die Antragstellung vollziehe sich insoweit in zwei Schritten. Zunächst entscheide der Arbeitgeber, dass der Jugendvertreter nicht weiterbeschäftigt werden solle, sodann stelle der Bevollmächtigte den Antrag bei Gericht. Mit der Antragstellung vollziehe der Bevollmächtigte die Entscheidung über die Weiterbeschäftigung. Die rechtzeitige Vorlage der Vollmacht belege, dass die Entscheidung rechtzeitig getroffen worden sei. Der Nachweis der Vollmacht bis zum Ablauf der Ausschlussfrist hat durch Einreichung des Originals der Vollmachtsurkunde zu geschehen. Nur auf diese Weise werde dem formellen Erfordernis des § 80 Abs. 1 ZPO Rechnung getragen. Vorliegend sei die Vollmacht wesentlich später in das Verfahren eingeführt worden. Vor diesem Hintergrund sei die Frist des § 78 a BetrVG nicht gewahrt. Warum insoweit die Rechts- und Interessenlage eine völlig andere sein solle als im Rahmen des § 9 BPersVG, sei nicht ersichtlich. Bei dem Beteiligten zu 2) sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist die notwendige Klarheit gegeben gewesen, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden solle. Diese Klarheit sei ihm insbesondere nicht im Rahmen der gesetzlichen Frist verschafft worden. Insoweit könne sich die Beteiligte zu 1) nicht auf ein Gespräch vom 06.11.2015 zurückziehen. Dies auch vor dem Hintergrund, das in der Antragsschrift eine ganz andere Firma genannt worden sei, als der Arbeitgeber.

17

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Beteiligten zu 2) im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 13.06.2016 (Bl. 185 - 194 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 195 - 216 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 17.11.2016 (Bl. 280 - 282 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 283 - 305 d. A.) Bezug genommen.

18

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

19

den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 16.02.2016 - gerichtliches Aktenzeichen 2 BV 19/15 - abzuändern.

20

Den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.

21

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

22

die Beschwerde zurückzuweisen.

23

Die Beteiligte zu 1) verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, dass kraft Gesetzes begründete Arbeitsverhältnis zwischen den Beteiligten sei aufzulösen, da die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) der Beteiligten zu 1) unzumutbar sei, weil es aufgrund des Fehlverhaltens des Beteiligten zu 2) zu einem dauerhaften Vertrauensverlust gekommen sei. Die Auffassung des Beteiligten zu 2), dass die Vollmachtsurkunde dem Gericht innerhalb der gesetzlichen 2-Wochenfrist vorzulegen sei, da der Antrag ansonsten verfristet sei, treffe nicht zu. Dies folge aus § 11 Abs. 2 Nr. 4 ArbGG; die Vollmacht sei mündlich am 10.11.2015 und schriftlich am 16.11.2015 erteilt worden. Gemäß § 80 Satz 2 ZPO könne die schriftliche Vollmacht auch nachgereicht werden. Im Übrigen sei auf § 89 ZPO hinzuweisen. Die Erteilung der Prozessvollmacht sei auch formlos wirksam.

24

Der Nachweis der Prozessvollmacht sei vorliegend im Übrigen bereits durch die Teilnahme einer Unternehmensvertreterin unter Vorlage einer Terminsvollmacht am Anhörungstermin am 08.12.2015 erfolgt. Zudem könnten Mängel in der Prozessführung, wie etwa Mängel in der Vertretung einer Partei, noch während des Berufungsverfahrens durch Genehmigung geheilt werden. Eine Übertragung der zu § 9 PersVG entwickelten Grundsätze auf § 78 a BetrVG stehe in klarem Widerspruch zum Wortlaut des § 78 a BetrVG sowie des § 80 Satz 2 ZPO. Die Überlegung, dass die Vollmacht Zeugnis davon ablege, dass der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis beenden wolle, treffe aber nur öffentliche Arbeitgeber, die ausschließlich durch einen im jeweils einschlägigen Gesetz festgelegten Funktionsinhaber vertreten werden könnten. Im Privatrecht könne dagegen gem. § 164 BGB jeder für einen anderen eine Willenserklärung im Rahmen der ihm erteilten Vertretungsmacht abgeben.

25

Zudem sei der Beteiligte zu 2) nicht im unklaren darüber gewesen, ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewünscht sei oder nicht. Bereits am 06.11.2015, also zwei Tage nach seinem Übernahmeantrag, sei ihm in einem Gespräch unter Beteiligung zweier Vertreter des Beteiligten zu 3) Frau T. und Herrn M., sowie zweier Vertreter der Ausbildung der Beteiligten zu 1), Herrn F. und Herrn G. sowie der Personalabteilung Frau A. mitgeteilt worden, dass eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis abgelehnt werde.

26

Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Vorbringens der Beteiligten zu 1) im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdeerwiderungsschrift vom 27.07.2016 (Bl. 242 - 253 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 254 - 256 d. A.), sowie ihre Schriftsätze vom 21.09.2016 (Bl. 264 - 272 d. A.) und vom 23.01.2017 (Bl. 325 - 331 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 332, 333 d. A.) Bezug genommen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Anhörungen waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

28

Schließlich wird Bezug genommen auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Anhörungen vom 05.09.2016 und 20.03.2017.

II.

29

Die Beschwerde des Beschwerdeführers/der Beschwerdeführer ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also statthaft. Sie erweist sich auch im Übrigen insgesamt als zulässig.

30

Das Rechtsmittel ist auch in der Sache begründet.

31

Denn entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) und des Arbeitsgerichts kann die Beteiligte zu 1) nicht die Auflösung des zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 2) nach § 78 a Abs. 2 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses verlangen.

32

Denn der Arbeitgeber kann gem. § 78 a Abs. 4 S. 1 BetrVG nur spätestens bis zum Ablauf von 2 Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht beantragen, das bereits nach § 78 a Abs. 2 oder 3 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

33

Vorliegend ist die gesetzliche Frist von 2 Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht eingehalten worden. Die Prozessbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) hat zwar fristgemäß für die - nicht existente - B. GmbH am 17.11.2015 beim Arbeitsgericht eine Antragsschrift eingereicht. Sie hat aber insoweit lediglich ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichert und angekündigt, dass die Prozessvollmacht nachgereicht wird. Dies ist nach Fristablauf am 01.02.2016 als Anlage zum Schriftsatz vom 01.02.2016 geschehen. Zur Antragstellung beim Arbeitsgericht ist insoweit der Arbeitgeber befugt oder ein von ihm zur gerichtlichen Vertretung Bevollmächtigter (§ 11 Abs. 1 ArbGG). Bedient sich der Arbeitgeber zur Antragstellung eines Rechtsanwalts, so liegt ein rechtswirksames Auflösungsbegehren nur dann vor, wenn der Rechtsanwalt die schriftliche Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist im Original bei Gericht einreicht. Stellt ein Mitarbeiter des Arbeitgebers den Feststellungs- und Auflösungsantrag gem. § 78 a Abs. 4 S. 1 BetrVG, so wird die Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses entgegen § 89 Abs. 2 ZPO nur dann gewahrt, wenn bis zu ihrem Ablauf eine Vollmacht beim Arbeitsgericht eingereicht wird, die von der zur Vertretung des Arbeitgebers befugten Person ausgestellt ist.

34

Diese zu § 9 BPersVG und den öffentlichen Arbeitgeber entwickelten Rechtsgrundsätze nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. vom 21.02.2011 - 6 B 12/10 - NZA RR 2011, 332; Beschl. v. 03.06.2011 - 6 PB 1/11 - NZA 2011, 819; Beschl. v. 18.08.2010 - 6 P 15/09 - NZA - RR 2011, 51) sind nach Auffassung der Kammer auch im Rahmen des § 78 a Abs. 4 BetrVG einschlägig und anzuwenden (ebenso KR-Weigand, § 78 a BetrVG, Rdnr. 73).

35

Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht (01.12.2003 NZA - RR 2004, 389) ausgeführt:

36

"Bereits aus dem Wortlaut der vorgenannten Regelung ist ersichtlich, dass innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist eine verantwortliche Entscheidung desjenigen vorliegen muss, der den Arbeitgeber gerichtlich vertritt. Diese Voraussetzungen sind für alle Beteiligten sichtbar erfüllt, wenn die innerhalb der Ausschlussfrist eingegangene Antragsschrift vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist. Dies ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit, die dem Arbeitgeber zu Gebote steht, um sein Feststellungs- bzw. Auflösungsbegehren rechtzeitig bei Gericht anzubringen. Die zur Vertretung des Arbeitgebers befugte Person darf damit nämlich auch ihr unterstellte Bedienstete beauftragen, wie sich aus den anzuwendenden prozessrechtlichen Bestimmungen ergibt …

37

Darum geht es im vorliegenden Fall nicht, in weichem die gerichtliche Antragsteilung durch eine Beamtin des Arbeitgebers in Rede steht. Insofern ist vielmehr auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Prozessvertretung zurückzugreifen, die über § 46 II 1 und § 80 II 1 ArbGG im erstinstanzlichen Beschlussverfahren entsprechend anzuwenden sind.

38

aa) Gem. § 80 I ZPO hat der Bevollmächtigte die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben. Stellt daher eine Beamtin einen Antrag nach § 9 IV 1 BPersVG, so ist in formeller Hinsicht erforderlich, dass sie beim VG eine schriftliche Vollmacht einreicht, die von demjenigen ausgestellt ist, der den Arbeitgeber von Gesetzes wegen vertritt. Da es sich bei einer Beamtin des Arbeitgebers weder um eine Rechtsanwältin noch um eine in § 11 I ArbGG bezeichnete Verbandsvertreterin handelt, kann das Gericht ohne Vorlage einer schriftlichen Vollmacht dem Auflösungsbegehren des Arbeitgebers nicht entsprechen (§ 88 II ZPO).

39

bb) In materieller Hinsicht ist erforderlich, dass die Bevollmächtigung der Beamtin innerhalb der Ausschlussfrist des § 9 IV 1 BPersVG stattfindet. Dies folgt schon daraus, dass die fristgerechte Entscheidung über die Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters dem Arbeitgeber Vorbehalten ist. Die zunächst nicht autorisierte Antragstellung durch eine Beamtin wird daher nicht über § 89 II ZPO durch eine Vollmachtserteilung nach Ablauf der Ausschlussfrist rückwirkend geheilt (…).

40

cc) Freilich ist die Erteilung der Vollmacht, wie in § 89 II ZPO vorausgesetzt wird, an keine besondere Form gebunden. Die in § 80 I ZPO verlangte Schriftform dient nur dem Nachweis (…). Steht daher fest, dass der gerichtlichen Geltendmachung des Begehrens nach § 9 IV 1 BPersVG die Erteilung der Vollmacht an die unterzeichnende Beamtin durch den gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers vorausgegangen ist, so kann bei späterer Vorlage der schriftlichen Vollmacht dem Erfolg des Begehrens nicht bereits entgegengehalten werden, der Arbeitgeber habe sich nicht innerhalb der Ausschlussfrist gegen die Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters entschieden. Die Anerkennung des Vollmachtsnachweises nach Ablauf der Ausschlussfrist mit der Folge der Rückwirkung auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung nach § 89 II ZPO trägt jedoch den in § 9 BPersVG zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken nicht in vollem Umfang Rechnung.

41

(1) Sinn und Zweck der in § 9 BPersVG getroffenen Regelungen ergeben sich schon mit hinreichender Deutlichkeit aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Den Schutz von Auszubildenden als Mitgliedern betriebsverfassungsrechtlicher Organe sichert § 78a BetrVG. Mit der Einfügung dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber eine Gesetzeslücke schließen, die darauf beruhte, dass der den Mitgliedern betriebsverfassungsrechtlicher Organe zukommende Kündigungsschutz nach § 103 BetrVG und § 15 I KSchG bei noch in Ausbildung befindlichen Gremienmitgliedern mit Blick auf eine Weiterbeschäftigung nach Beendigung der Ausbildung versagte (…). Die im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens eingefügte Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung des Auflösungsbegehrens durch den Arbeitgeber soll der Rechtssicherheit dienen: Nach Ablauf dieser Frist hat der Arbeitnehmer die Sicherheit, dass nunmehr endgültig ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit besteht (…). An diese Zielvorstellung hat der Gesetzgeber bei der Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift in das Bundespersonalvertretungsgesetz angeknüpft (…).

42

§§ 9, 107 S. 2 BPersVG sind somit im Wesentlichen vom gleichen Schutzgedanken geprägt wie die Kündigungsschutzbestimmungen in § 47 I, § 62 S. 2 und § 108 I BPersVG. Letztere dienen dem Individualinteresse des betroffenen Arbeitnehmers, sollen aber zugleich auch die ungestörte Amtsausübung der Personal Vertretung bzw. der Jugend- und Auszubildendenvertretung sicherstellen (…). Schutzzweck der Regelung in § 9 BPersVG ist es daher, Auszubildende vor Personalmaßnahmen zu bewahren, die sie an der Ausübung ihrer Personalrats- oder Jugendvertreterarbeit hindern oder ihre Unabhängigkeit in dieser Arbeit beeinträchtigen können. Indem § 9 BPersVG die amtierende Personalvertretung bzw. Jugend- und Auszubildendenvertretung vor dauernden oder vorübergehenden Änderungen ihrer Zusammensetzung schützt, dient er zugleich der Kontinuität der Gremienarbeit (…). Durch ihre individual- und kollektivrechtliche Bedeutung erhält die in § 9 BPersVG getroffene Gesamtregelung materiell-rechtlich ein besonders hohes Gewicht, welches die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Prozessvertretung in dem vom Arbeitgeber angestrengten Verfahren nach § 9 IV BPersVG steuern muss.

43

(2) Letzteres gilt auch und gerade mit Blick auf die in § 9 IV 1 BPersVG normierte Ausschlussfrist. Diese bezweckt, dass der für den Jugendvertreter wenig zuträgliche Schwebezustand hinsichtlich der Dauer des nach § 9 II BPersVG fingierten Arbeitsverhältnisses auf verlässlicher Grundlage möglichst schnell beendet wird. Spätestens zwei Wochen nach Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses soll der betroffene Jugendvertreter Sicherheit über die verantwortlich entschiedenen Absichten seines Arbeitgebers haben. Hierdurch wird ihm die Möglichkeit gegeben, frühzeitig einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Damit erfüllt das Fristerfordernis eine Signalfunktion (…).

44

Geht innerhalb der Ausschlussfrist beim VG ein Antrag gem. § 9 IV 1 BPersVG ein, der von der zur Vertretung des Arbeitgebers befugten Person unterzeichnet ist, so hat der Jugendvertreter die Gewissheit, dass er um den Erhalt seines Arbeitsplatzes vor Gericht kämpfen muss, wobei seine Erfolgsaussichten von der Auslegung und Anwendung der in § 9 IV BPersVG normierten unbestimmten Rechtsbegriffe - Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung aller Umstände - abhängt. Das sich daraus typischerweise ergebende Prozessrisiko wird es dem verständlichen Jugendvertreter nahe legen, sich parallel zum laufenden Verfahren vorsorglich um einen alternativen Arbeitsplatz zu bemühen. In gleicher Lage befindet er sich, wenn die Antragsschrift zwar von einem Bediensteten des Arbeitgebers unterzeichnet, die schriftliche Vollmacht des gesetzlichen Vertreters aber beigefügt ist oder jedenfalls bis zum Ablauf der Ausschlussfrist vorgelegt wird. Beide Varianten der gerichtlichen Antragstellung durch den Arbeitgeber erweisen sich aus der Sicht des Jugendvertreters als gleichwertig.

45

Anders verhält es sich, wenn die Antragsschrift von einem Bediensteten des Arbeitgebers unterzeichnet ist, die erforderliche Vollmacht aber erst nach Ablauf der Ausschlussfrist nachgereicht wird. Bei derartiger Sachlage ist - unabhängig vom Ausstellungsdatum der Vollmacht - für den Jugendvertreter nicht ersichtlich, ob die gerichtliche Antragstellung auf eine rechtzeitige Entschließung desjenigen zurückgeht, der zur gerichtlichen Vertretung des Arbeitgebers befugt ist. Da es sich um interne Vorgänge beim Arbeitgeber handelt, wäre es dem Jugendvertreter nicht verwehrt, die Rechtzeitigkeit der Vollmachterteilung zu bestreiten. In einem derartigen Fall könnte sich das VG der Beweisaufnahme nicht entziehen, die sich auf die Vernehmung des Bevollmächtigten, des Vollmachtgebers und etwa weiterer beteiligter Personen - hier z.B. des Leiters des Rechtsamtes - als Zeugen erstrecken würde. Selbst nach Abschluss der Beweisaufnahme könnten Zweifel verbleiben, etwa wenn die Aussagen nicht eindeutig sind und die Beweiswürdigung sich als schwierig erweist. In letzterem Fall wäre sogar die Beschäftigung einer höheren Instanz mit der Thematik nicht ausgeschlossen. Ließe man daher den Nachweis rechtzeitiger Vollmachterteilung noch nach Ablauf der Ausschlussfrist zu, so könnte sich die Klärung der Frage, ob der Arbeitgeber die Ausschlussfrist gewahrt hat, noch längere Zeit nach deren Ablauf hinziehen. Dies verträgt sich nicht mit den genannten Schutzgedanken, die der Regelung in § 9 BPersVG zu Grunde liegen. Mit Rücksicht darauf wirkt die Vorlage der Vollmacht nach § 89 II ZPO in den Fällen des Vertreters ohne nachgewiesene Vollmacht ebenso wenig auf den Zeitpunkt rechtzeitiger Antragstellung zurück wie in den Fällen des vollmachtlosen Vertreters.

46

dd) Entgegen der Auffassung des Ast. spielt § 174 BGB im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Die Vorschrift findet Anwendung bei einseitigen Rechtsgeschäften. Darunter fallen Prozesshandlungen, zu denen die gerichtliche Geltendmachung des Feststellungs- und Auflösungsbegehrens nach § 9 IV 1 BPersVG zählt, im Allgemeinen schon deswegen nicht, weil es sich bei ihnen nicht um Rechtsgeschäfte handelt (…). Da die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozessvollmacht Prozesshandlungen mit materiell-rechtlicher Wirkung mit umfassen, verdrängen sie in ihrem Anwendungsbereich die anders lautende Vorschrift des § 174 BGB (…). Die materiell-rechtliche Bedeutung des Begehrens nach § 9 IV 1 BPersVG verlangt nicht die Anwendung des § 174 BGB, welche den Schutz des Erklärungsempfängers bezweckt, der mit Rücksicht auf die Regelung in § 180 S. 1 BGB Gewissheit darüber erhalten muss, ob die ihm gegenüber abgegebene Willenserklärung wirksam ist (…). Durch § 80ff. ZPO in ihrer durch die Schutzgedanken in § 9 BPersVG gebotenen Auslegung und Anwendung erfährt der Jugendvertreter als Gegner („Empfänger") des vom Arbeitgeber anhängig gemachten Feststellungs- und Auflösungsbegehrens den erforderlichen Schutz, der durch die zusätzliche Anwendung des § 174 BGB nur geschwächt würde."

47

Nichts anderes gilt dann, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber zur Antragstellung nach § 9 Abs. 4 S. 1 BPersVG eines Rechtsanwalts bedient. Dazu Bundesverwaltungsgericht 03.06.2011 NZA 2011, 819:

48

"Auch in diesem Fall liegt ein rechtswirksames Auflösungsbegehren nur dann vor, wenn der Rechtsanwalt die schriftliche Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist bei Gericht einreicht. Die Stellung von Rechtsanwälten als unabhängige Organe der Rechtspflege, welche in der Regelung des § 88 II ZPO zum Ausdruck kommt, wird dadurch nicht berührt (…).

49

[7] Bei der hier in Rede stehenden Thematik geht es nicht nur und nicht in erster Linie um den Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung. Wesentlich ist vielmehr, dass die Vollmachtsurkunde mittelbar Zeugnis davon ablegt, wie der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers sich zur Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters entschieden hat. Die Unterzeichnung der Vollmacht enthält zugleich die Aussage, dass der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis zum Jugendvertreter beenden will. Wird die Vollmacht innerhalb der Zweiwochenfrist vorgelegt, so hat der Jugendvertreter die Gewissheit, dass er um den Erhalt seines Arbeitsplatzes vor Gericht kämpfen muss, und ist gut beraten, sich parallel zum laufenden Verfahren vorsorglich um einen alternativen Arbeitsplatz zu bemühen (…).

50

[8] Durch das Erfordernis, die Vollmacht im Original einzureichen, wird die Rechtsstellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht beeinträchtigt. Diesem Erfordernis ist der Rechtsanwalt auch in jedem anderen Prozess ausgesetzt, wenn der Mangel der Vollmacht gerügt wird (§ 88 I ZPO). Dass er die Vollmacht bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des § 9 IV 1 BPersVG vorlegen muss und für die Anwendung der Regeln des § 88 ZPO deswegen kein Raum ist, folgt aus der Signalfunktion des Fristerfordernisses. Diese geht dahin, dass spätestens zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses der betroffene Jugendvertreter Sicherheit über die verantwortlich entschiedene Absicht seines Arbeitgebers haben soll (). Damit verbietet sich jegliche Beweisaufnahme zur Frage der Bevollmächtigung nach Ablauf der Ausschlussfrist (…).

51

[9] Unzumutbares wird damit weder dem Rechtsanwalt noch dem von ihm vertretenen öffentlichen Arbeitgeber abverlangt. Dies gilt namentlich für die Bemessung des Zeitraums, der für eine rechtswirksame Antragstellung zur Verfügung steht. Zwar endet die Ausschlussfrist zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses. Das auf Beendigung der Weiterbeschäftigung zielende Begehren des öffentlichen Arbeitgebers kann jedoch bereits bei Gericht anhängig gemacht werden, sobald der Jugendvertreter nach Maßgabe von § 9 II und III BPersVG form- und fristgerecht seine Weiterbeschäftigung verlangt hat. Die beiden in § 9IV1 BPersVG vorgesehenen Varianten der Antragstellung-, Feststellungs- und Auflösungsbegehren - werfen keine Schwierigkeiten auf. Wird vor Ausbildungsende der Feststellungsantrag gestellt, so wandelt sich dieser mit Eintritt der gesetzlichen Fiktion - der Begründung des Arbeitsverhältnisses hach § 9 II und III BPersVG - in einen Auflösungsantrag um, ohne dass es einer förmlichen Antragsänderung bedarf…"

52

Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht (18.08.2010, a.a.O.) ausgeführt:

53

a) Bereits aus dem Wortlaut der Regelung in § 9 IV 1 BPersVG ist ersichtlich, dass innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist eine verantwortliche Entscheidung desjenigen vorliegen muss, der den Arbeitgeber gerichtlich vertritt. Diese Voraussetzungen sind für alle Bet. sichtbar erfüllt, wenn die innerhalb der Ausschlussfrist eingegangene Antragsschrift vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist. Eine rechtzeitige Antragstellung ist aber auch durch eine Antragsschrift möglich, die durch einen nachgeordneten Bediensteten unterschrieben ist; dieser muss dann allerdings seine Vertretungsbefugnis innerhalb der Ausschlussfrist durch Vorlage einer Vollmacht nachweisen, die vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist (…).

54

b) Nichts Anderes gilt, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber zur Antragstellung nach § 9 IV 1 BPersVG eines Rechtsanwalts bedient. Auch in diesem Fall liegt ein rechtswirksames Auflösungsbegehren nur dann vor, wenn der Rechtsanwalt die schriftliche Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist bei Gericht einreicht (…).

55

Die Stellung von Rechtsanwälten als unabhängige Organe der Rechtspflege, welche in der Regelung des § 88 II ZPO zum Ausdruck kommt, wird dadurch nicht berührt.

56

Bei der hier in Rede stehenden Thematik geht es nicht nur und nicht in erster Linie um den Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung. Wesentlich ist vielmehr, dass die Vollmachtsurkunde mittelbar Zeugnis davon ablegt, wie der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers sich zur Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters entschieden hat. Die Unterzeichnung der Vollmacht beinhaltet zugleich die Aussage, dass der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis zum Jugendvertreter beenden will. Wird die Vollmacht innerhalb der Zweiwochenfrist vorgelegt, so hat der Jugendvertreter die Gewissheit, dass er um den Erhalt seines Arbeitsplatzes vor Gericht kämpfen muss, und ist gut beraten, sich parallel zum laufenden Verfahren vorsorglich um einen alternativen Arbeitsplatz zu bemühen (…). Die danach nötige Transparenz, die der Signalfunktion des Fristerfordernisses Rechnung trägt, kann sich beim Jugendvertreter nicht einstellen, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt - wie sonst üblich - lediglich unter Hinweis auf seine Beauftragung den Auflösungsantrag stellt. Ohne die Vorlage der Vollmacht bei Gericht weiß der Jugend Vertreter nicht, wie sich die zur gerichtlichen Vertretung des öffentlichen Arbeitgebers befugte Person entschieden hat und dass die Entscheidung der Ausschlussfrist gefallen ist."

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Maßgeblich wird danach also darauf abgestellt, dass innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist eine verantwortliche Entscheidung desjenigen vorliegen muss, der den Arbeitgeber gerichtlich vertritt. Diese Voraussetzungen sind für alle Beteiligten sichtbar erfüllt, wenn die innerhalb der Ausschlussfrist eingegangene Antragsschrift vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist. Das ist vorliegend nicht der Fall. Bedient sich der Arbeitgeber dritter Personen, muss die Bevollmächtigung innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 9 Ab. 4 S. 1 BPersvG stattfinden. Da eine derartige Vollmacht gem. § 89 Abs. 2, 88 Abs. 1 ZPO an keine besondere Form gebunden ist, wird dem in § 9 BPersVG zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken nicht in vollem Umfang Rechnung getragen. Die Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung des Auflösungsbegehrens durch den Arbeitgeber - insoweit bezieht sich das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung auch ausdrücklich auch auf § 78 a BetrVG - soll der Rechtssicherheit dienen. Nach Ablauf dieser Frist hat der Arbeitnehmer die Sicherheit, dass nunmehr endgültig ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit besteht. An diese Zielvorstellung hat der Gesetzgeber auch bei der Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift im BPersVG angeknüpft. Spätestens zwei Wochen nach Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses soll der betroffene Jugendvertreter Sicherheit über die verantwortlich entschiedenen Absichten seines Arbeitgebers haben. Dadurch wird ihm die Möglichkeit gegeben, frühzeitig einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Damit erfüllt das Fristerfordernis eine Signalfunktion. Geht insoweit fristgemäß ein ordnungsgemäßer Antrag gem. § 9 Abs. 4 PersVG bei Gericht ein, so hat der Jugendvertreter die Gewissheit, dass er um den Erhalt seines Arbeitsplatzes vor Gericht kämpfen muss, das sich daraus typischerweise ergebende Prozessrisiko wird es dem verständigen Jugendvertreter nahelegen, sich parallel zum laufenden Verfahren vorsorglich um einen alternativen Arbeitsplatz zu bemühen. Anders ist es aber dann, wenn die insoweit erforderliche Vollmacht erst nach Ablauf der Ausschlussfrist nachgereicht wird. Denn dann ist unabhängig vom Ausstellungsdatum der Vollmacht für den Jugendvertreter nicht ersichtlich, ob die gerichtliche Antragstellung auf eine rechtzeitige Entschließung desjenigen zurückgeht, der zur gerichtlichen Vertretung des Arbeitgebers befugt ist. Wird ein Prozessbevollmächtigter beauftragt, geht es nicht nur und in erster Linie um den Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung. Wesentlich ist vielmehr, dass die Vollmachtsurkunde mittelbar Zeugnis davon ablegt, wie der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers sich zur Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters entscheiden hat. Die Signalfunktion des Fristerfordernisses gebietet es, das spätestens zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses der betroffene Jugendvertreter Sicherheit über die verantwortlich entschiedene Absicht seines Arbeitgebers haben soll.

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Nach Auffassung der Kammer sind diese Überlegungen entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) auch auf die Anwendung des § 78 a Abs. 4 BetrVG zu übertragen. Denn es geht ersichtlich nicht um die Besonderheiten von Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnissen des privaten Rechts bei öffentlichen Arbeitgebern, sondern um eine normative Schutzfunktion, die sich aus der besonderen Situation des vormaligen Auszubildenden nach Abschluss des Ausbildungsverhältnisses ergibt. Die gesetzliche Regelung des § 78 a BetrVG dient ebenso wie des § 9 BPersVG der Schließung einer Gesetzeslücke, die darauf beruhte, dass der den Mitgliedern betriebsverfassungsrechtlicher Organe zukommende Kündigungsschutz nach § 103 BetrVG und § 15 Abs. 1 KSchG den noch in Ausbildung befindlichen Gremienmitglieder mit Blick auf eine Weiterbeschäftigung nach Beendigung der Ausbildung versagt ist. Insoweit lassen sich vor diesem Hintergrund Anhaltspunkte für eine sachlich gerechtfertigte Unterscheidung zwischen Arbeitsverhältnissen mit privaten Arbeitgebern einerseits und Arbeitsverhältnissen mit öffentlichen Arbeitgebern unter Anwendung des BPersVG andererseits nicht erkennen. Der Kern der Argumentation beruht insoweit zudem nicht maßgeblich auf der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Vertretungsbefugnis hinsichtlich arbeitsrechtlich relevanter Willenserklärungen, sondern auf der beschriebenen Signalfunktion aus der Perspektive des betroffenen ehemaligen Auszubildenden/Arbeitnehmers, hinsichtlich derer sich nach Auffassung der Kammer eine inhaltliche Unterscheidung sachlich nicht rechtfertigen lässt.

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Das Erfordernis dieser Anforderung entfällt entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) auch nicht dadurch, dass dem Beteiligten zu 2) bereits am 06.11.2015, also zwei Tage nach seinem Übernahmeantrag, in einem Gespräch mitgeteilt worden sein soll, dass eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis abgelehnt werde. Abgesehen davon, dass die Beteiligte zu 1) insoweit keinerlei näheren Tatsachen vorträgt, bringt sie damit lediglich zum Ausdruck, dass Mitarbeiter der Beteiligten zu 1) eine entsprechende Mitteilung gemacht haben sollen, was nach Auffassung der Kammer der zuvor ausführlich dargestellten Signalfunktion keineswegs genügt. Denn die zuvor angenommene Rechtschutzlücke soll dem Betroffenen dazu verhelfen, dass ihm gegenüber Zeugnis davon abgelegt wird, wie der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers sich zur Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters entschieden hat. Ob die von der Beteiligten zu 1) zitierten Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) entsprechende Befugnisse hatten, diese dokumentiert haben und ob damit, was der Beteiligte zu 2) ausdrücklich in Abrede gestellt hat, der Signalfunktion bereits im Vorhinein Rechnung getragen worden ist, lässt sich dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) nicht entnehmen. Im Hinblick auf die einzuhaltende Frist folgt auch nichts anderes aus der Terminsvollmacht der Vertreterin der Beteiligten zu 1) für den Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht vom 08.12.2016.

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Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Antrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.

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Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1, S. 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 Nr. ArbGG.

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