Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Sa 472/17

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.10.2017 - 11 Ca 825/17 - aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

2

Die Beklagte stellt Innenraumsysteme für die Automobilindustrie her. Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft IG Metall.

3

Die Parteien haben am 06.12.2013 einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 abgeschlossen, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Blatt 18 ff. der Akte Bezug genommen wird. Am 28.11.2014 haben sie diesen befristeten Arbeitsvertrag bis zum 30.06.2015 durch schriftlichen Verlängerungsvertrag verlängert; hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf Bl. 23 d. A. Bezug genommen. Durch schriftlichen Verlängerungsvertrag vom 26.05.2015 haben die Parteien den Arbeitsvertrag vom 06.12.2013 bis zum 31.12.2015 verlängert; hinsichtlich des weiteren Inhalts des Verlängerungsvertrages wird auf Bl. 24 d. A. Bezug genommen. Durch schriftlichen Vertrag vom 03.11.2015 haben die Parteien folgendes vereinbart:

4

"§ 1
Arbeitsbereich

5

1. Der Arbeitnehmer wird ab dem 01.01.2016 befristet als Produktionsmitarbeiter weiterbeschäftigt. Dienstsitz ist das Werk C-Stadt. Der befristete Arbeitsvertrag vom 06.12.2013 wird bis zum 31.12.2016 gemäß des Tarifvertrages vom 04.05.2015 zur erweiterten Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG verlängert, sowie diesem vorangegangenen Tarifverträge vom 12.02.2013, 21.10.2013, 17.06.2011 und 17.11.2014. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf, automatisch am 31.12.2016. ...."

6

Hinsichtlich des weiteren Inhalts dieses Vertrages wird auf Bl. 32 d. A. Bezug genommen.

7

Zuletzt haben die Parteien am 04.10.2016 folgende Vereinbarung getroffen:

8

"§ 1
Arbeitsbereich

9

1. Der Arbeitnehmer wird ab dem 01.01.2017 befristet als Produktionsmitarbeiter weiterbeschäftigt. Dienstsitz ist das Werk C-Stadt. Der befristete Arbeitsvertrag vom 06.12.2013 wird bis zum 30.06.2017 gemäß des Tarifvertrages vom 17.05.2016 zur erweiterten Befristung gemäß § 2 TzBfG verlängert, sowie diesem vorangegangenen Tarifverträge vom 17.06.2011, 12.02.2013, 21.10.2013, 17.06.2011, 17.11.2014 und 04.05.2016. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf, automatisch am 30.06.2017. ..."

10

Hinsichtlich des weiteren Inhalts dieses Vertrages wird auf Bl. 25 d. A. Bezug genommen.

11

Die Beklagte hat am 17.05.2016 mit der Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitung Mitte, Frankfurt, einen Tarifvertrag zur erweiterten Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG abgeschlossen, der u. a. folgende Regelungen enthält:

12

"§ 1
Geltungsbereich

13

1. Dieser Tarifvertrag gilt räumlich und fachlich für das Werk C-Stadt.
2. Der persönliche Geltungsbereich gilt für Beschäftigte, die am 01.06.2016 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag haben und Mitglied der Tarifpartei sind.

14

§ 2
Befristungsdauer

15

1. Abweichend von § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG können bereits bestehende befristete Arbeitsverhältnisse über die dort festgelegten Grenzen hinaus bis längstens zum 30.06.2017 verlängert werden.
2. Die entsprechenden Vereinbarungen bedürfen der Schriftform und der Zustimmung des Betriebsrats.

16

§ 3
Leiharbeitnehmer

17

1. Während der Laufzeit dieses Tarifvertrags ist die Beschäftigung von Leiharbeitnehmer/innen auf ein Minimum zurück zu fahren und dieses Instrument nur auf absolute Auftragsspitzen und Notfälle zu reduzieren.
2. Solange Leiharbeitnehmer/innen beschäftigt werden, sind Befristungen bis zum maximal möglichen Zeitpunkt zu verlängern.

18

§ 4
Übernahme von befristet Beschäftigten

19

1. Durch Fluktuation frei werdende Stellen in der Belegschaft werden durch Übernahme von befristet beschäftigten Mitarbeiter/innen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ersetzt, wenn diese Stelle nicht durch technische und organisatorische Änderungen entfallen. Art und Umfang werden in den regelmäßigen Monatsgesprächen zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung erörtert.

20

§ 5
Laufzeit

21

Dieser Tarifvertrag tritt am 01.06.2016 in Kraft und endet ohne Nachwirkung am 30.06.2017. ..."

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Mit der am 15.03.2017 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage macht die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses geltend.

23

Die Klägerin hat vorgetragen,
zwischen den Parteien sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Denn die vorangegangenen Befristungen hätten nicht den Zeitraum der damals geltenden tarifvertraglichen Bestimmung gewahrt, sondern seien über den demgemäß zulässigen Rahmen hinausgegangen. Die nunmehrige Verlängerung sei die vierte Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages; damit sei die gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG höchstens zulässige dreimalige Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung überschritten. Der streitgegenständliche Tarifvertrag enthalte keine Regelung, die insofern eine Abweichung erlaube. Weiterhin sei die insgesamt zulässige Höchstdauer der Befristung nicht im Tarifvertrag angegeben. Schließlich sei der Tarifvertrag auf die Klägerin auch gar nicht anwendbar, da am 01.06.2016 kein sachgrundlos befristetes, sondern aufgrund der Unwirksamkeit der vorangegangenen Befristungen bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe.

24

Die Klägerin hat beantragt,

25

1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 04.10.2016 vereinbarten Befristung am 30.06.2017 beendet wird.

26

2. Im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Produktionsmitarbeiterin weiterzubeschäftigen.

27

Die Beklagte hat beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat vorgetragen,
das Arbeitsverhältnis habe mit Ablauf der allein maßgeblichen, letzten Befristungsabrede sein Ende gefunden. Der dieser Abrede zugrundeliegende und durch sie in Bezug genommene Tarifvertrag eröffne gerade gemäß § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG die Möglichkeit, eine auch über den Zweijahreszeitraum gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG hinausgehende sachgrundlose Befristung zu vereinbaren. Den Tarifvertragsparteien stehe insofern ein weiter Ermessensspielraum zu; sie hätten die Dauer der allein nachprüfbaren, letztmaligen Befristung zulässig und rechtsverbindlich festgelegt.

30

Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin durch Urteil vom 17.10.2017 - 11 Ca 825/17 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der am 04.10.2016 vereinbarten Befristung beendet worden ist und des Weiteren die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Produktionsmitarbeiterin weiter zu beschäftigen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 92 - 98 d. A. Bezug genommen.

31

Gegen das ihr am 03.11.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 08.11.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 28.11.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

32

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die zulässige Dauer der Befristung sei durch den in Rede stehenden Tarifvertrag verlängert worden. Der am 17.05.2016 abgeschlossene Haustarifvertrag sei rechtswirksam. Die Möglichkeit, die befristeten Arbeitsverhältnisse bis zum 30.06.2017 zu verlängern, sei weder nach nationalem Gesetzes- und Verfassungsrecht, noch nach Unionsrecht zu beanstanden. Durch Tarifvertrag könne vielmehr geregelt werden, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von 6 Jahren und bis zu dieser Gesamtdauer die bis zu neunmalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig sei. Die Grenze der tariflichen Regelungsbefugnis sei als erreicht angesehen worden bei der Festlegung der Dauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages auf maximal 6 Jahre und der höchstens neunmaligen Verlängerung bis zu dieser Gesamtdauer. Vorliegend sei lediglich eine einmalige - weitere - Verlängerung der befristeten Arbeitsverhältnisse geregelt worden; etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man die vorhergehenden Tarifverträge mit dem Tarifvertrag vom 17.05.2016 als Einheit zusammenfassen wolle. Denn selbst dann, wenn man von einem Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.01.2014 ausgehe, sei insgesamt lediglich eine Vertragsdauer von 3 ½ Jahren gegeben mit vier Vertragsverlängerungen. Anhaltspunkte dafür, dass die Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten und allein streitgegenständlichen Befristungsabrede daraus ergebe, dass der maßgebliche Tarifvertrag zum Zeitpunkt des erstmaligen Vertragsschlusses zum 01.01.2014 noch nicht vorgelegen habe, bestünden nicht. Es könne nicht darauf ankommen, ob dieser Tarifvertrag bereits bei Abschluss der ersten Befristung vereinbart worden sei oder nicht.

33

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 28.11.2017 (Bl. 123 - 130 d. A.) Bezug genommen.

34

Die Beklagte beantragt,

35

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.10.2017 - 11 Ca 825/17 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

36

Die Klägerin beantragt,

37

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

38

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, zwar könnten Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifautonomie Befristungen im Hinblick auf die sachgrundlose Befristung abweichend regeln; dies könne auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers erfolgen, selbst im Hinblick auf eine Rückwirkung. Allerdings müssten die Tarifvertragsparteien dann auch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Rückwirkung, insbesondere im Falle einer Rückwirkung zu Ungunsten des Arbeitnehmers eindeutig regeln. Tatbestandlich setze die vorliegend maßgebliche Tarifnorm aber ein bestehendes befristetes Arbeitsverhältnis voraus. Dies sei vorliegend aber nicht gegeben gewesen. Dass sich der Tarifvertrag vom 17.05.2016 in keiner Weise zu einer Nachwirkung verhalte, sei auf die tarifvertragliche Rechtslage zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses abzustellen.

39

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 02.01.2018 (Bl. 144 - 147 d. A.) Bezug genommen.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

41

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 19.02.2018.

Entscheidungsgründe

I.

42

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

43

Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin und des Arbeitsgerichts kann die Klägerin nicht die Feststellung verlangen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der am 04.10.2016 vereinbarten Befristung beendet worden ist; ebenso wenig die Verurteilung der Beklagten, sie - die Klägerin - bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Produktionsmitarbeiterin weiter zu beschäftigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das vormals zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der schriftlich am 04.10.2016 rechtswirksam vereinbarten Vertragsverlängerung am 30.06.2017 mit Fristablauf sein Ende gefunden hat.

44

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, das streitgegenständlich vorliegend allein die Rechtswirksamkeit der Verlängerungsvereinbarung vom 04.10.2016 zum 30.06.2017 ist; insoweit wird hinsichtlich der Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 5, 6 = Bl. 95, 96 d. A.) Bezug genommen.

45

Des Weiteren ist das Arbeitsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht als sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG rechtswirksam ist; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 6 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 96 d. A.) Bezug genommen.

46

Allerdings wurde vorliegend entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Klägerin die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG über den an sich gesetzlich vorgesehenen Zeitraum hinaus zulässig durch Abschluss eines Tarifvertrages gem. § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG erweitert.

47

Dieser Tarifvertrag ist auf das vorliegend streitgegenständliche Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gem. § 4 Abs. 1 TVG anwendbar. Der Tarifvertrag, der die streitgegenständliche Verlängerung bis zum 30.06.2017 vorsieht, wurde zwar am 17.05.2016 und damit nach Abschluss des Arbeitsvertrages der Parteien vom 06.12.2014 geschlossen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es vorliegend entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend freilich nicht an. Entscheidend ist demgegenüber vielmehr, dass der Tarifvertrag existierte, als die Parteien am 04.10.2016 die streitgegenständliche Verlängerung vereinbart haben. Insoweit ist die Frage zwar praktisch bedeutsam, ob der Tarifvertrag nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG bereits bei Abschluss des ersten befristeten Vertrages in Kraft getreten sein muss, oder aber ob es ausreicht, dass er während des Laufs des Ursprungsvertrages oder eines Verlängerungsvertrages nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG in Kraft tritt, um dann weitere nachfolgende Verlängerungsverträge zu rechtfertigen. Da es für die Wirksamkeit eines befristeten Vertrages auf den Zeitpunkt des Abschlusses ankommt, kann ein Tarifvertrag die Befristung eines bereits laufenden Vertrages grundsätzlich nicht nachträglich rechtfertigen. Allerdings spricht nichts dagegen, die nachfolgenden Verlängerungen auf einen Tarifvertrag nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG zu stützen, der bei ihrem Abschluss bereits in Kraft ist (BAG 18.03.2015 NZA 2015, 821). Denn für die Wirksamkeit einer Befristung kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Vereinbarung an. Wegen der Öffnungsklausel in § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG kann der Arbeitnehmer auch nicht auf die Höchstwerte in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG vertrauen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verlängerungsvertrages vom 04.10.2016 war der Tarifvertrag vom 17.05.2016 aber bereits rechtswirksam vereinbart, so dass die hier maßgeblichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dem steht auch nicht entgegen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Tarifvertrages nicht gegeben sind; die Klägerin hat insoweit die Auffassung vertreten, dass zum streitgegenständlichen Zeitpunkt bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden haben. Anhaltspunkte dafür bestehen nicht. Denn das wäre nur dann der Fall, wenn die Befristungen für die Zeit nach dem 01.01.2016 und damit nach Ablauf der gesetzlichen Zweijahresfrist des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht auf der Grundlage tarifvertraglicher Regelungen nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG vereinbart worden wären und zudem selbst dann nur dann, wenn sich die Klägerin auf eine derartige Rechtswirksamkeit überhaupt berufen könnte. Beides ist zu verneinen. Die Verlängerungsvereinbarung vom 03.11.2015 (Bl. 32 d. A.) nimmt ausdrücklich Bezug auf den Tarifvertrag vom 04.05.2015 zur erweiterten Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG sowie die diesem vorangegangenen Tarifverträge vom 10.02.2013, 21.10.2013, 17.06.2011 und 17.11.2014. Gleichermaßen nimmt der Verlängerungsvertrag vom 04.10.2016 Bezug auf den Tarifvertrag vom 17.05.2016 sowie die zuvor bezeichneten Tarifverträge. Damit wird deutlich, dass nach Ablauf der gesetzlichen Zweijahresfrist des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG stets eine tarifvertragliche Grundlage i. S. d. § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG gegeben war. Vorbringen der Klägerin dazu fehlt freilich in beiden Rechtszügen vollständig. Schon deshalb bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen den Parteien einmal ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen sein könnte. Abgesehen davon ist Streitgegenstand vorliegend allein, wie dargelegt, die zuletzt vereinbarte Verlängerung der Befristung des Arbeitsverhältnisses.

48

Die tarifvertragliche Regelung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden, denn die Freiheit der Tarifvertragsparteien ist zwar nicht grenzenlos. Auch wenn die gem. § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG eröffnete Möglichkeit nach dem Gesetzeswortlaut weder hinsichtlich der Höchstdauer noch der Anzahl der Verlängerung eingeschränkt ist, ist wegen des systematischen Gesamtzusammenhangs, des Sinnes und Zwecks des Teilzeitbeschäftigungsgesetzes sowie aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen eine immanente Beschränkung gegeben(BAG 15.08.2012 NZA 2013, 45; 05.12.2012 NZA 2013, 515). Danach erlaubt § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG keine tarifvertragliche Gestaltung sachgrundloser Befristungen, die das Konzept grundsätzlich sachgrundgebundener Befristungen konterkariert. Dieser Grenze tariflicher Regelungsbefugnis wird bei einer Gesamtdauer des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses von 6 Jahren und der höchstens neunmaligen Verlängerung bis zu deren Gesamtdauer erreicht (BAG 26.10.2016 NZA 2017, 463). Folglich ist die Grenze des zulässigen bei einer Begrenzung der Höchstdauer kalendermäßiger Befristungen auf 5 Jahre bei fünfmaliger Verlängerungsmöglichkeit (BAG 26.10.2016 NZA 2017, 463) oder auf 48 Monate bei maximal sechs Verlängerungen(BAG 18.03.2015 NZA 2015, 821) oder auf 42 Monate bei höchstens vier Verlängerungen eingehalten worden(BAG 15.08.2012 NZA 2013, 45; 05.12.2012 NZA 2013, 515).

49

Diese Grenzen sind bei einer Befristungsgesamtdauer von 42 Monaten und vier Verlängerungen nicht überschritten.

50

Folglich erweist sich die streitgegenständliche Befristung des zwischen den Parteien begründeten Arbeitsverhältnisses als rechtswirksam; das Arbeitsverhältnis hat am 30.06.2017 durch Fristablauf sein Ende gefunden.

51

Eine Entscheidung über den nur für den Fall des Obsiegens mit dem Entfristungsantrag gestellten Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin bedarf es folglich nicht.

52

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

54

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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