Urteil vom Landgericht Aachen - 7 S 591/88
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 28. September 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Jülich - 9 C 224/88 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
2E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
3Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat sie keinen Erfolg.
4Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, mit welcher die Kläger die Zahlung eines Vorschusses für die Sanierung der Zufahrt zu der ihnen vermieteten Garage im Hause der Beklagten begehren. Allerdings ist ein Vermieter gemäß §§ 535, 536 BGB grundsätzlich verpflichtet, die vermietete Sache in Ordnung zu halten und bei Verzug des Vermieters mit der Erfüllung dieser Verpflichtung kann der Mieter nach § 538 BGB den Mangel selbst beseitigen, wobei ihm nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Vorschuß für die hierfür erforderlichen Aufwendungen von dem Vermieter zu zahlen ist. Auch bezieht sich das Mietverhältnis auf die streitige Garage, denn wenn auch möglicherweise bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht festlag, welche Garage mitvermietet sein sollte, so hat doch längst eine Konkretisierung gemäß § 243 Abs. 2 BGB auf die inzwischen jahrelang von den Klägern genutzte Garage stattgefunden. Zur Wirksamkeit des Mietvertrages war nicht erforderlich, die Garage von vornherein fest zu bezeichnen, denn auch Mietverträge betreffend unbewegliche Sachen können einen nur der Gattung nach bestimmte Sache zum Gegenstand haben, wie u.a. das Beispiel des Hotelzimmers zeigt. Auch bei einer nur der Gattung nach bestimmten Sache ist der Vermieter nach Eintritt der Konkretisierung grundsätzlich nicht berechtigt, dem Anspruch auf Mangelbeseitigung oder sonstige Gewährleistung dadurch auszuweichen, dass er eine andere genauso taugliche Sache als Ersatz anbietet (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 1981 NJW 1982 Seite 873). Stets ist jedoch zu prüfen, ob nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz geboten ist.
5Ein Mietverhältnis verlangt als Dauerschuldverhältnis von beiden Parteien eine besondere Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Der Vermieter ist hiernach verpflichtet, alles ihm Zumutbare zu versuchen, um dem Mieter die Wohnung als Mittelpunkt und Ausgangspunkt vieler für den Mieter wesentlichen Lebensumstände zu erhalten. Andererseits gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben aber auch, daß der Mieter die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters berücksichtigt, jedenfalls wenn es wie vorliegend nicht um die Wohnung selbst, sondern nur um eine Garage geht. Auf diesen Gesichtspunkt hat bereits das Amtsgericht überzeugend hingewiesen. Jedenfalls ist dann, wenn der Mieter die Instandsetzung oder Instandhaltung lediglich einer Garage oder eines Kellerraums begehrt, nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer eine Opfergrenze zu beachten, welche der Vermieter nicht zu überschreiten braucht (vgl. zur Opfergrenze und zur Zumutbarkeit Voelskow, Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., § 538, Rnr. 48; Erman-Schopp, BGB, § 538 Rdnr. 36, Palandt-Putzo, BGB 48. Aufl., § 538 Anm. 4 jeweils m.w.N.).
6Im vorliegenden Falle ist dem Amtsgericht dahin zu folgen, dass die Opfergrenze für den Vermieter überschritten wird, wenn er die streitige Garagenzufahrt instandsetzen muß. Die Kläger selbst haben die Instandsetzungskosten ursprünglich auf etwa 8.000,-- DM geschätzt. die für diesen Preis durchführbaren Arbeiten erfassen aber viel weniger, als die Beklagte zur Mängelbeseitigung für notwendig hält. Die Beklagte hat einen Kostenvoranschlag eingereicht, wonach eine ordnungsgemäße Wiederherstellung der Garageneinfahrt Kosten von etwa 20.000,-- DM verursacht. Entscheidend abzustellen ist auf den letztgenannten Betrag, denn eine nur unvollständige oder oberflächliche Sanierung der Einfahrt ist der Beklagten nicht zuzumuten, zumal sie sich sonst wiederum weiteren Gewährleistungsrechten der Kläger gegenübersehen würde. Auch ist der Beklagten zuzugestehen, die Arbeiten durch eine Firma ihres Vertrauens durchführen zu lassen. Ein Betrag von ca. 20.000,-- DM überschreitet bei Berücksichtigung aller Umstände die Opfergrenze, zumal weil die Beklagte unstreitig für das Fahrzeug der Kläger eine Fertiggarage bereits für 3.500,-- DM erstellen und den Klägern als Ersatz für die bisher benutzte Garage zur Verfügung stellen kann. Soweit die Fertiggarage für die Zwecke der Kläger weniger geeignet sein sollte, insbesondere nicht geeignet sein sollte, zugleich wie die bisherige Garage als Arbeitsraum für den klägerischen Ehemann zu dienen, kann und muß die Beklagte für einen zusätzlichen Ausgleich sorgen, z. B. indem sie die bisherige Garage durch Schaffen einer Innentür den Klägern weiterhin zugänglich macht oder sich mit ihnen über eine Ermäßigung des Mietzinses einigt. Auch dies ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB.
7Ebensowenig wie die Beklagte verpflichtet ist, einen Vorschuß für die Instandsetzung der Garagenzufahrt zu zahlen, ist sie verpflichtet, Instandsetzungsarbeiten der Kläger zu dulden.
8Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
9Streitwert für das Berufungsverfahren:
101) Bis zum 22.11.88: 6.982,50 DM + 1.000,-- DM = 7.982,50 DM .
112) Seit dem 23.11.88: 3.600,-- DM + 1.000,-- DM = 4.600,-- DM.
12Dr. T Dr. N L
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