Urteil vom Landgericht Aachen - 1 O 142/00
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37.883,02 DM nebst 4% Zinsen seit dem 22.03.2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000,00 DM, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer zum Geschäftsbetrieb in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden darf, vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Schadensersatz wegen einer Gasexplosion in Anspruch.
3Die Eigentümerin des I-Straße in 52499 Baesweiler, die am 10.10.1926 geborene Frau T, ist bei der Klägerin unter der Vertragsnummer #####/#### hausratversichert. Zum Schadenszeitpunkt, am 08.10.1998, bewohnte sie das erste Obergeschoß dieses Hauses. Im Erdgeschoß des Objektes befand sich ein Kiosk, den Frau T an den türkischen Landsmann des Beklagten, Herrn D, vermieten wollte. Der Beklagte wurde am 08.10.1998 von Herrn D darum gebeten, in der im Erdgeschoß des Hauses gelegenen Küche4 einen dort befindlichen Gasherd von der Gasleitung abzuklemmen. Die Küche gehörte zu dem Kiosk im Erdgeschoß, den Herr D vor seinem Einzug renovieren wollte. Der Beklagte hatte jahrelang als Heizungsbauhelfer gearbeitet und kannte sich mit der Verlegung von Gasleitung aus.
4In der von Herrn D anzumietenden Küche war die Gasrohrleitung nicht ordnungsgemäß befestigt, sondern frei beweglich. Eine vormals existierende Plastikklemme, mit der die Leitung an der Küchenwand zu fixieren gewesen wäre, fehlte. Die freibewegliche Gasleitung führte, vom Keller des Hauses ausgehend, durch den Fußboden der von Herrn D anzumietenden Küche im Erdgeschoß hoch durch die Decke und dort unmittelbar in die darüber liegende Küche der Frau T, wo ebenfalls ein Gasherd an diese Leitung angeschlossen war. Die gesamte Rohrleitung, bei der es sich um eine vor 1996 installierte Altanlage handelte, entsprach nicht den Vorgaben der Technischen Regeln Flüssiggas (TRF) nach dem Stand von 1988, die vorsehen, dass derartige Leitungen ausreichend zu befestigen sind, um nicht unzulässigen mechanischen Spannungen ausgesetzt zu werden. Auch der an diese Leitung mit Präzisionsstahlrohr ausgeführte Anschluss des Herdes der Frau T im Obergeschoß entsprach nicht der TRF, da dieser hätte starr, d. h. durch Fixierung sowohl des Herdes als auch des Rohrleitungsanschlusses an der Wand, erfolgen müssen. Zudem war die Schneideringverschraubung am Anschlussstück des Herdes der Zeugin korrekt ausgeführt. Der Ring hatte sich nicht weit genug in die Rohrleitung eingeschnitten. Es fehlte an einer ausreichend starren Verbindung, so dass die Gefahr bestand, dass sich dieser Anschluss bei Einwirkung mechanischer Spannungen lösen würde. Die in der von Herrn D anzumietenden Küche gegebene Beweglichkeit der Gasrohrleitung war dem Beklagten bekannt.
5Nachdem der Beklagte den Herd in der Küche des Herrn U der Gasleitung abgeklemmt hatte, indem er den Gashahn zugedreht, das den Herd mit der Leitung verbindende T-Stück abgeschraubt und die freien Gasleitungseden wieder miteinander verbunden hatte, kam es noch am Abend des 08.10.1998 zu einer Gasexplosion in der Küche der Frau T. Dabei wurde – was der Beklagte bestreitet – Frau T selbst erheblich verletzt und deren Wohnung stark beschädigt. Die Klägerin macht nunmehr einen Teil der von ihr im Rahmen des Hausratversicherungsvertrages auf den materiellen Schaden der Frau T gezahlten Beträge in Höhe von 37.883,02 DM geltend.
6Sie behauptet unter Bezugnahme auf die Angaben des Zeugen D und des Beklagten in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Aachen – 42 UJs 736/98 – sowie die Feststellungen in dem dort eingeholten Gutachten des TÜV-Rheinland/Anlagentechnik vom 19.10.1998, dass der Beklagte die Gasexplosion schuldhaft verursacht habe. Denn der Beklagte habe, nachdem er das T-Stück abmontiert hatte, festgestellt, dass beide Enden der Leitung 3 bis 4 cm auseinanderklafften. Er habe daraufhin an beiden Rohrenden gezogen, dadurch die Gasleitung insgesamt unter Spannung gesetzt und die Leitungen wieder zusammengeschraubt. Hierdurch habe sich der Herdanschluss der Frau T gelöst, wodurch in ihrer Küche Gas aus der Leitung ausgetreten sei. Ein kleiner Funke, etwa die Betätigung des Lichtschalters durch Frau T, habe dann die Explosion ausgelöst. Sie habe insgesamt auf den Schadensfall 53.277,16 DM an Frau T gezahlt habe. Von dieser Summe seien mindestens 37.883,02 DM auf den Zeitwert des beschädigten Wohnungsinventars sowie Aufräum- und Säuberungsarbeiten nebst angefallener Lagerkosten entfallen.
7Die Klägerin beantragt,
8den Beklagten zu verurteilen, an sie 37.883,02 DM nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Der Beklagte behauptet, er haben den Herd in der von Herrn D anzumietenden Küche aus reiner Gefälligkeit abmontiert, nachdem er hierzu von Herrn D im Beisein der Frau T überredet worden sei. Er vertritt insoweit die Rechtsansicht, dass es der Frau T oblegen hätte, zu unterbinden, dass an der Gasleitung ihres Hauses durch eine fremde, hierzu nicht befugte und auch vom Fachwissen nicht autorisierte Person geschraubt wurde. Er behauptet ferner, dass er Frau T angeboten habe, auch ihren Herdanschluss zu überprüfen, was diese jedoch abgelehnt habe. Auf seine Frage, wie denn die Verbindung zum Gasherd in der Küche der Frau T ausgestaltet sei, habe diese geantwortet: Genauso, wie hier unten.“ Aufgrund dieser Mitteilung sei er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Anschluss in der Küche der Frau T ebenso wie in der Küche des Herrn D um eine – flexible – Schlauchverbindung gehandelt habe. Er habe auch nicht an den Leitungsenden gezogen, um diese miteinander zu verbinden. Angesichts dieser Umstände vertritt der Beklagte die Rechtsauffassung, dass er mit Frau T einen Haftungsausschluss vereinbart habe, sich diese jedenfalls ein Mitverschulden in Höhe von mindestens 50% anrechnen lassen müsse.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
13Die Kammer hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Strafakten der Staatsanwaltschaft Aachen – 42 UJs 736/98 – sowie durch Zeugenvernehmung. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Beiakten sowie die Protokolle der Berichterstattersitzungen vom 05.01.2001 (Bl. 94 – 102 d. A.) und vom 02.03.2001 (Bl. 128 – 133 d. A.) verwiesen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist begründet.
16Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 37.883,02 DM aus §§ 823 Abs. 1 249 ff. BGB i.V. mit § 67 Abs. 1 S. 1 VVG.
17Die infolge der Gasexplosion an der Wohnungseinrichtung und den persönlichen Gegenständen der Frau T eingetretenen Sach- und Eigentumsschäden sind von dem Beklagten zurechenbar und fahrlässig im Sinne von „ 276 Abs. 1 S. 2 BGB verursacht worden.
18Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die urkundlich zu Beweiszwecken beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Aachen – 42 UJs 736/98 – steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Gasexplosion am 08.10.1998 in der Küche der Frau T darauf zurückzuführen ist, dass der Beklagte die Enden der durch die von Herrn D anzumietende Küche verlaufende Gasrohrleitung nach Demontage des dort befindlichen Herdes und des T-Verbindungsstückes zum Zwecke der Verbindung und Verschraubung beider Leitungsenden unter Zugspannung gesetzt hat. Der Beklagte hat zu dieser Frau laut protokollierter Aussage der Dienststelle KK 11/13 des Polizeipräsidiums Aachen vom 14.10.1998 (Bl. 30 – 32 d. Beiakten) folgende Angaben gemacht:
19„Ich habe in der Küche den Gashahn zugedreht. Dann habe ich das T-Stück komplett abgeschraubt. Ich musste nun die Rohre wieder verbinden. Es fehlte nur ein Stück von ca. 3 bis 4 cm. Ich habe ein wenig unten am Rohr gezogen, auch am Rohr oben, dann habe ich die Leitungen wieder zusammengeschraubt.“
20Diese damaligen Angaben des Beklagten werden durch die den Zustand der Gasrohrleitung im Erdgeschoß des Hauses dokumentierenden kriminalpolizeilichen Lichtbilder Ziffern 14 bis 16 (Bl. 58 f. d. Beiakten) sowie die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. N2 gemäß dem Gutachten des TÜV-Rheinland vom 19.10.1998 bestätigt. Der Sachverständige hat auf Seite 5 unter Ziffer 5. dieses Gutachtens ausgeführt, dass bei der Ausführung der von dem Beklagten geschilderten Arbeit mechanische Belastungen und damit Spannungen in die Rohrleitung eingebracht wurden, diese die einwirkenden Belastungen nicht aufnehmen konnte und sich aus der Verschraubung gelöst hat, so dass eine Leckage in der Größe des Rohrleitungsquerschnittes entstand. Durch diese Leckage strömte, nachdem die Gasversorgung wieder geöffnet worden war, Gas aus und sammelte sich in der Küche der Frau T an. Nachdem ein zündfähiges Gemisch entstanden war, genügte nach den einleuchtenden und anschaulichen Ausführungen des TÜV-Rheinland ein Funke zur Auslösung der streitgegenständlichen Explosion.
21Soweit der Beklagte in dem vorliegenden Rechtsstreit nunmehr bestreitet, die Enden der Rohrleitungen in der von Herrn D anzumietenden Küche unter Spannung gesetzt zu haben, hätte er diesen Widerspruch zu seinen eigenen Angaben in dem Ermittlungsverfahren erläutern müssen (vgl. auch zum Nachfolgenden: Prütting in: Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, § 288 Rd. 37). E sein außergerichtliches Geständnis gilt als Indiz für die Wahrheit seiner damaligen Angaben und damit für die Richtigkeit des Klägervortrages. Dies gilt umso mehr, als die vorbezeichneten Lichtbilder und sachverständigen Feststellungen die damaligen Schilderungen des Beklagten stützen.
22Vor dem Hintergrund der damit von dem Kläger in die Gasrohrleitung eingebrachten Zugspannungen sprechen die Grundsätze des Anscheinsbeweises dafür, dass diese Zugspannungen zur Ablösung der schadhaften Rohrverbindungen des Herdes in der Küche der Frau T geführt und damit die Leckage sowie die anschließende und sich nur wenige Stunden nach den Arbeiten des Beklagten ereignende Gasexplosion verursacht haben (vgl. BGH VersR 1970, 61, 62).
23Die Gasexplosion vom 08.10.1998 ist auch adäquat kausal von dem Beklagten herbeigeführt worden, da der hier geschilderte Schadensverlauf in Form der Leckage an dem Herdanschluß der Frau T, die Betätigung eines Lichtschalters oder die sonstige Auslösung eines Funkenschlages und die anschließende Entzündung des Luft- Gasgemisches, nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit lag, sondern nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geradezu erwartet werden musste (vgl. dazu Grunsky in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., vor § 249 Rd. 40 ff.). Die besondere Schadensanfälligkeit der in dem ganzen Haus der Frau T fehlerhaft installierten Gasleitungen und des unsachgemäßen Herdanschlusses in der Küche des ersten Obergeschosses entlastet den Beklagten nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. Grunsky, a.a.O., Rd. 51 f; Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, Vorbemerkung von § 249 Rd. 67 m.w.N.). Denn der Beklagte war als im Bereich des Heizungsbaus und der Installation von Gasleitungen Kundiger dazu verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die Zugspannungseinwirkungen auf die erkennbar beweglich und unzureichend befestigt installierten Gasleitungen zu unterlassen, gegebenenfalls die an ihn herangetragene Bitte des Herrn D2 abzulehnen. Insoweit fallen die vorbezeichneten Schadensfolgen auch unter den Schutzzweck dieser Verhaltensnormen bzw. in den erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl. zu diesem Zurechnungskriterium: BGH NJW 1976, 1144). Die – zu erwartende – Betätigung des Lichtschalters oder ähnliche Auslösung eines Funkenschlages durch die Frau T ist hier bei wertender Betrachtungsweise nicht dazu geeignet, den Zurechnungszusammenhang zugunsten des Beklagten, der die akute Explosionsgefahrenlage erst geschaffen hat, zu unterbrechen (vgl. auch Palandt-Heinrichs, a.a.O. Rd. 73 f.).
24Der Beklagte hat die Gasexplosion fahrlässig im Sinne der §§ 823 Abs. 1, 276 Abs. 1 S. 2 BGB herbeigeführt. Denn er hat die für ihn erkennbar unsachgemäß installierten Leitungen unter Zugspannung gesetzt und damit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, die an diese gefahrenträchtigen Arbeiten gestellt wird, außer Acht gelassen. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Beklagte gemäß seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 14.10.1998 am Schadenstag das Abklemmen des Herdes abgelehnt haben sollte, da ihm dies „einfach zu gefährlich“ war, sondern auch dann, wenn der Beklagte – so wie von ihm im Rahmen seiner informatorischen Anhörung in der Berichterstattersitzung vom 02.03.2001 geschildert – den Anschluss einfach ausgeführt haben sollte, ohne an die Gasleitung oder deren Folgen zu denken.
25Die tatsächlichen Voraussetzungen eines stillschweigenden oder rechtsgeschäftlichen Haftungsverzichts der Zeugin T hat der Beklagte ebensowenig dargetan, wie die Voraussetzungen für eine Haftungsfreistellung oder –minderung unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr (§§ 254 Abs. 1, 242 BGB).
26Die Rechtsprechung ist bei der Bejahung eines stillschweigenden Haftungsverzichts zu Recht sehr zurückhaltend und wendet diese Grundsätze nach sorgfältiger Abwägung der gesamten Interessenlage der Beteiligten allenfalls dann an, wenn der Geschädigte sich billigerweise von vornherein dem Ansinnen des Schädigers auf Vereinbarung eines derartigen Verzichts für die Ausführung bestimmter alltäglicher Gefälligkeiten nicht hätte entziehen können (vgl. Geigel-Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozess, 22. Aufl. 1997, 12. Kapitel Rd. 28 ff. und 50 ff. m.w.N.). Entscheidend ist jedoch, dass im konkreten Fall Anhaltspunkte für einen derartigen Erklärungswillen des Geschädigten vorliegen (vgl. LG Aachen NJW – RR 1987, 800, Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 254 Rd. 70 ff., 74 und 81). Derartige Anhaltspunkte sind im Hinblick auf die Geschädigte T aber weder ersichtlich, noch von dem Beklagten dargetan worden. Schon das mit der Vornahme an Arbeiten an einer Gasleitung verbundene außerordentliche Gefahrenpotential für Körper, Gesundheit und Eigentum, das sich im vorliegenden Fall letztendlich auch realisiert hat, spricht unter verständiger Würdigung der Interessenlagen aller Beteiligten (§§ 133, 157, 242 BGB) gegen eine derartige, die Haftung des Beklagten modifizierende Erklärung.
27Die Grundsätze des Handelns auf eigene Gefahr bzw. der bewussten Selbstgefährdung können zwar über § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden des Geschädigten schon bei der Entstehung des Schadens begründen (vgl. Geigel u.a., a.a.O. Rd. 40). Ein derartiger begründeter Mitverschuldenseinwand setzt jedoch voraus, dass sich der Geschädigte ohne trifftigen Grund in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen (BGH Z 34, 355, 358). Maßgeblich ist insoweit, ob sich der Geschädigte in klarer Kenntniseiner konkreten Gefahr, dieser Gefahr ausgesetzt hat, welches Maß an Verschulden die Beteiligten an der Entstehung der Gefahrenlage sowie der Verwirklichung der Gefahr trifft und wie naheliegend sich die Aussicht auf die Verwirklichung der Gefahr im Einzelfall dargestellt hat (BGH Z a.a.O. 365; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 254 Rd. 76 ff.). In Anwendung dieser Entscheidungskriterien begründet die Behauptung des Beklagten, Frau T habe es unterlassen, zu verhindern, dass Herr D den Beklagten zur Durchführung der Arbeiten überreden würde, keinen Anhaltspunkt für ein Mitverschulden der Geschädigten. Denn es war allein Sache des Beklagten, sich diesem Drängen zu widersetzen. Die passive Anwesenheit der Geschädigten bei den Arbeiten des Beklagten begründet kein Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB. Die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 29.01.2011 behaupteten Hinweise, dass er die Arbeiten aufgrund seines Ausbildungszustandes nicht habe durchführen dürfen und er kein Fachmann auf dem Gebiet der Gas- und Wasserinstallation sei, begründen ebenfalls keine Kenntnis der Geschädigten dahingehend, sich einer konkreten Gefahr ausgesetzt zu haben. Denn der Beklagte selbst wusste um die konkreten Gefahren der von ihm übernommenen und ausgeführten Arbeiten. Die am 10.10.1926 geborene Frau T hat diesen Kenntnisstand nicht. In diesem Zusammenhang hätte sich der Beklagte auch nicht auf die bereits nach seinen eigenen streitigen Behauptungen völlig unzureichend und nur allgemein formulierte Nachfrage, ob der Anschluss bei der Geschädigten genauso sei, wie bei Herrn D, nicht einfach auf das „ja“ der Geschädigten verlassen dürfen, sondern hätte ihr die Gefahrenquellen erläutern und nähere Einzelheiten, auf die es ihm bei dieser Nachfrage ankam, nämlich die flexibel gestaltete Schlauchverbindung zwischen Herd und Gasrohrleitung, umreissen müssen. Erst bei hierdurch vermittelter Kenntnis und entsprechendem technischem Sachverstand der Geschädigten T wäre ein Mitverschulden auf ihrer Seite zu diskutieren.
28Der Höhe nach schätzt die Kammer den der Geschädigten T entstandenen und von dem Beklagten gemäß § 249 BGB zu ersetzenden Schaden auf 37.883,02 DM (§ 287 Abs. 1 ZPO).
29Die einem Versicherungsnehmer im Falle eines Hausratsschadensfalles zugute kommenden Beweiserleichterungen in Form der Möglichkeit, die Schadenshöhe gemäß § 287 ZPO zu schätzen (BGH NJW-RR 1988, 342, 343), finden angesichts der gleich gelagerten Interessenlage und der infolge des konkreten Schadensbildes schwierigen Beweislage der Klägerin auch auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung. Denn die Wohnungseinrichtung der Zeugin T wurde, wie sich aus den Lichtbildern der Ermittlungsakten (Bl. 52 ff. und 73 ff. d. Beiakten) sowie den Aussagen der Geschädigten C2 ergibt, bei der Gasexplosion und den nachfolgenden Löscharbeiten weitgehend zerstört. Die Klägerin hat die Grundlagen ihrer Schadensberechnung durch Vorlage einer von dem Zeugen T3 gefertigten Berechnungsliste (Bl. 88 d. A.) nebst Lichtbildern (Anlagen zur Klageschrift) substantiiert dargelegt. Diese Aufstellung beruht auf einer von der Zeugin C2 angefertigten handschriftlichen Aufstellung über den beschädigten Inhalt der Wohnung der Frau T nebst Wertangaben. Die Zeugin hat im Rahmen ihrer Vernehmung sorgfältig und nach vollziehbar geschildert, dass sie diese Aufstellung nach dem Schadensfall unter Erinnerung an den Bestand des Wohnungsinventars aufgrund der ihr bekannten Einkaufspreise verfasst hat. Ergänzend dazu hat die Zeugin C2 im Hinblick auf das Mobiliar der Wohnung sowie verschiedene Elektrogeräte die entsprechenden Quittungen vorgefunden und bei der Klägerin eingereicht, die ebenfalls zu den Akten gelangt sind (Bl. 79 bis 87 der Akten). Weitere Rechnungen liegen betreffend den beschädigten Zahnersatz und die Hörgeräte der Geschädigten T vor (Bl. 11 und 12 d. A.). Die in Übereinstimmung mit den in den Ermittlungsakten enthaltenen Lichtbildern der Wohnung getätigten Angaben der Zeugin C2 überzeugen. Die Zeugin hat plausibel bekundet, dass nahezu das vollständige Wohnungsinventar durch den Brand und die Löscharbeiten nach der Explosion vernichtet worden ist. Auch die in der Schadensaufstellung der Klägerin (Bl. 88 d. A.) beschriebenen Positionen „Eigenleistungen“, „Teppichboden“, „2 Container“, „Waschen verschmutzter Wäsche“ und „Lagerkosten“ hat die Zeugin als zur Schadensbeseitigung erforderlich glaubhaft bestätigt. Der ergänzend vernommene Zeuge T3, der damals mit der Neuwertschätzung beauftragt war, hat den nach seiner Kenntnis bei der Bewertung von Sachverständigen üblichen Zeitwert mit 30 bis 50 % des Hausrat-Neuwertes veranschlagt. Dabei hat der Zeuge auch nachvollziehbar dargelegt, dass Doppelberechnungen innerhalb der von ihm verfassten Aufstellung nicht enthalten sind. Die von dem Beklagten beanstandeten Container- und Lagerkosten hat der Zeuge einleuchtend als nach seiner Erfahrung im Schadens-Außendienst ortsüblich eingestuft.
30Vor diesem Hintergrund hat die Kammer keine Bedenken der Schadensschätzung, die in der vorbezeichneten Aufstellung des Zeugen T3 (Bl. 88 d. A.) mit 37.883,02 DM bezifferten Kosten zugrunde zu legen.
31Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
33Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 ZPO.
34Streitwert: 37.883,02 DM
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