Urteil vom Landgericht Aachen - 11 O 302/03
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt,
1.
die Telefonanschlüsse XXXX / XXXXXX, XXXXXX und XXXXXX auf die Klägerin zu übertragen sowie
2.
es zu unterlassen, die Telefonnummern 0800/XXXXXXX und 0800/XXXXXXX im Rahmen des Q-geschäftes geschäftlich zu nutzen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/3 und dem Beklagten zu 2/3 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 €. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Rechte an Telefonnummern nach Beendigung eines Franchise-Vertrages.
3Die Klägerin betreibt ein Franchise-System, das zunächst die Bezeichnung „B1“ trug und später in „I“ umfirmiert wurde. Der Beklagte betrieb aufgrund des Franchise-Vertrages vom 24.10.1994 (Bl. 8 ff d.A.) ein „I“ Ladengeschäft in B2, zuletzt in der U Straße. Der Franchise-Vertrag wurde durch die Klägerin zum 31.7.2003 gekündigt. Unter § 10 Ziffer 3 enthält dieser Vertrag für die Zeit nach Ablauf des Vertrages folgende Regelung: „Er (= der Franchise-Nehmer) hat die Telefonnummer des B1 Lokals auf den Franchise-Geber zu übertragen.“ (Bl. 17 d.A.)
4Für das durch den Beklagten betriebene Ladengeschäft bestanden zunächst drei Rufnummern. Es handelt sich um die B2 Nummern XXXXXX, XXXXXX und XXXXX, wobei der Beklagte die beiden erstgenannten Telefonnummern von seinem Geschäftsvorgänger übernommen hatte. Die Klägerin kann über diese Telefonnummern nicht verfügen und erhält hierfür auch keine Rechnungen. Seit Anfang Mai 2003 nutzt der Beklagte zwei weitere Nummern für sein Ladengeschäft, die auf eine Verwandte von ihm eingetragen sind. Es handelt sich um die 0800er Nummern XXXXXX und XXXXXX.
5Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne auf der Basis von § 10 Ziffer 3 des Franchise-Vertrages die Übertragung der Aachener Telefonnummern und betreffend die 0800er Nummern die Aufgabe der geschäftlichen Benutzung durch den Beklagten verlangen.
6Die Klägerin hat zunächst die aus dem Klageschriftsatz vom 4.4.2003 (Bl. 2 d.A.) und dem Schriftsatz vom 3.6.2003 (Bl. 29 d.A.) ersichtlichen Haupt- und Hilfsanträge angekündigt. Noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den im Schriftsatz vom 3.6.2003 angekündigten Hauptantrag zurückgenommen. Im Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 10.9.2003 hat die Klägerin mit Zustimmung des Beklagten den Hauptantrag aus dem Schriftsatz vom 4.4.2003 zurückgenommen und beantragt nunmehr unter sprachlicher Klarstellung ihrer Anträge,
71.
8den Beklagten zu verurteilen, die Telefonanschlüsse XXXX / XXXXXX, XXXXX und XXXXXX ab dem 1.8.2003 auf die Klägerin zu übertragen;
92.
10den Beklagten zu verurteilen, es ab dem 1.8.2003 zu unterlassen, die Telefonnummern 0800/XXXXXX und 0800/XXXXX geschäftlich zu nutzen im Rahmen des Q-geschäftes.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Der Beklagte ist der Ansicht, § 10 Ziffer 3 des Franchise-Vertrages sei wegen eines Verstoßes gegen § 90 a HGB nichtig.
14Die Akten 11 O 134/02, 11 O 157/02 und 11 O 312/03, alle LG Aachen, lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
15Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Die Klage ist zulässig und begründet.
18Die Klage ist mit den in der mündlichen Verhandlung vom 10.9.2003 gestellten Anträgen zulässig. Die Klägerin hat wirksam die Rücknahme der Hauptanträge mit Bezug auf die 0800er Nummern sowie mit Bezug auf die Aachener Nummern erklärt. Soweit dadurch die zunächst hilfsweise gestellten Anträge zu Hauptanträgen wurden – was im Falle des Antrages aus dem Schriftsatz vom 3.6.2003 bereits im Termin vom 4.7.2003 geschehen ist - stellt dies entgegen der Auffassung des Beklagten keine Klageänderung im Sinne von §§ 263, 264 ZPO dar. Vielmehr handelt es sich um eine Folge aus der zulässigen Rücknahme der Hauptanträge. Denn soweit sie zurückgenommen wurden, ist der Rechtsstreit als nicht anhängig anzusehen. Damit kommen automatisch die ausdrücklich aufrecht erhaltenen Hilfsanträge zum Zuge. Auch die sprachlichen Klarstellungen der aufrechterhaltenen Anträge sind nicht als Klageänderung zu bewerten. Das Gericht ist insoweit seiner materiellen Prozessleitungspflicht aus § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO nachgekommen und hat dahin gewirkt, dass die Klägerin ihre Anträge sachdienlich formuliert. Durch die sprachliche Verdeutlichung des anfänglich unglücklich formulierten Anspruchsbegehrens ist der Streitgegenstand der Klageanträge unberührt geblieben.
19Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus § 10 Ziffer 3 des Franchise-Vertrages zu. Diese Vertragsklausel ist nicht unwirksam wegen eines Verstoßes gegen § 90 a HGB. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Norm auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis überhaupt anwendbar ist. Die Rechtsprechung befürwortet eine entsprechende Anwendung dieser Regelung aus dem Handelsvertreterrecht auf den Franchisenehmer nur, sofern zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber ein Innenverhältnis ähnlich dem Handelsvertreterverhältnis besteht (Baumbach / Hopt, Handelsgesetzbuch, 30. Aufl., § 84 Rn. 10 ff) Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass – eine entsprechende Anwendung des § 90 a HGB und einen Verstoß hiergegen unterstellt - die Rechtsfolge eines solchen Verstoßes nicht die Nichtigkeit der Wettbewerbsabrede ist. Das gilt jedenfalls für den Fall, dass sich der Verstoß – wie vorliegend - nicht gegen § 90 a Abs. 1 S. 1 richtet, sondern gegen Abs. 1 S. 2 oder 3. Der Schutzumfang des § 90 a Abs. 1 S. 2, 3 HGB gebietet nämlich zugunsten des Handelsvertreters nicht die Rechtsfolge der Nichtigkeit. Dementsprechend geht auch die Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass etwa bei fehlender Verankerung einer Entschädigung im Sinne von § 90 a Abs. 1 S. 3 HGB nicht die Wettbewerbsbeschränkung unwirksam ist, sondern eine angemessene Entschädigung geschuldet ist. (Nachweise bei Baumbach / Hopt, Handelsgesetzbuch, 30. Aufl., § 90 a Rn. 31). Um eine solche Entschädigung geht es im vorliegenden Rechtsstreit aber nicht.
20Die Klägerin hat daher aus § 10 Abs. 1 S. 3 HGB – ungeachtet einer möglichen Entschädigungspflicht – einen Anspruch auf Übertragung der für das „I“ Lokal des Beklagten genutzten Telefonnummern. Dazu gehört die rechtliche Übertragung der Inhaberschaft an diesen Telefonnummern auf die Klägerin ebenso wie die tatsächliche Übertragung und Überlassung dieser Telefonnummern zur wirtschaftlichen Nutzung.
21Die Klägerin hat ferner aus § 10 Ziffer 3 einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die auf eine Verwandte eingetragene 0800er Telefonnummern nicht mehr für den Betrieb eines Lieferservice für Schnellküchengerichte nutzt. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 10 Ziffer 3 des Franchise-Vertrages. Danach soll der Beklagte als Franchise-Nehmer nach Vertragsbeendigung keinen Nutzen mehr aus den Kommunikationswegen mit seinen Kunden ziehen können, die er über „I“ aufgebaut hat. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Beklagte selber Inhaber der Telefonnummern ist oder diese auf eine andere Person eingetragen sind. Es stellt daher ein in § 10 Ziffer 3 des Franchise-Vertrages zugleich enthaltenes Minus dar, einen Anschluß, dessen Inhaber nicht der Beklagte ist, nicht mehr geschäftlich zu nutzen.
22Der Schriftsatz des Beklagten vom 18.09.2003 gab keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
23Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO und aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 711 S. 1, 2 ZPO.
24Streitwert:
25bis zum 4.7.2003: 10.000 €
26ab dem 4.7.2003 bis zum 10.9.2003: 7.000 €
27ab dem 10.9.2003: 5.000 €
28G |
L |
Dr. H2 |
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.