Beschluss vom Landgericht Aachen - 3 T 399/03
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Einwendungen der Beteiligten zu 2. gegen den vom Beteiligten zu 1. vorgelegten Schuldenbereinigungsplan werden gemäß § 309 Abs. 1 S. 1 InsO mit folgender Maßgabe durch eine Zustimmung ersetzt: Soweit über die anerkannte Forderung von 921.794,59 hinaus Ansprüche der Beteiligten zu 2. vom Beteiligten zu 1. nachträglich anerkannt oder gegen ihn rechtskräftig tituliert werden, ist zusätzlich zu den im Schuldenbereinigungsplan vorgesehenen Forderungen auch auf die nachträglich anerkannte oder titulierte Forderung eine Quote in Höhe von 2,88% zu zahlen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 2..
1
Gründe:
2I.
3Mit Antrag vom 08.05.2002 beantragte der Beteiligte zu 1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Dem vom Beteiligten zu 1. vorgelegten Schuldenbereinigungsplan stimmten von den benannten neun Gläubigern sechs zu; die Beteiligte zu 2. und weitere zwei Gläubiger lehnten den Schuldenbereinigungsplan ab. Die Beteiligte zu 2. begründete ihre Ablehnung damit, dass ihr tatsächlich eine Gesamtforderung in Höhe von 1.881.089,62 , und nicht lediglich die vom Beteiligten zu 2. angegebene Forderung von 921.794,59 zustehe.
4Mit Schriftsatz vom 22.01.2003 beantragte der Beteiligte zu 1., die Zustimmung der widersprechenden Gläubiger zum Schuldenbereinigungsplan gemäß § 309 InsO zu ersetzen. Nachdem die Beteiligte zu 2. auch dem Ersetzungsantrag mit der Begründung entgegengetreten war, dass ihre Forderung nicht in vollem Umfang berücksichtigt worden sei, erklärte der Beteiligte zu 1. sich bereit, die über den von ihm anerkannten Betrag hinausgehende Forderung in der gleichen Höhe quotal zu bedienen wie den anerkannten Teil der Forderung. Den hierzu erforderlichen Betrag werde er zusätzlich zu der im Schuldenbereinigungsplan genannten Summe zur Verfügung stellen (Schriftsatz vom 31.03.2003, Bl. 161 f. d. A.). Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1. sein entsprechendes Angebot mit Schriftsatz vom 02.09.2003 dahingehend konkretisiert, dass er auf die nachträglich anerkannte oder titulierte Forderung der Beteiligten zu 2. ebenfalls eine Quote in Höhe von 2,88% zahlen werde.
5Mit Beschluss vom 06.08.2003 hat das Insolvenzgericht den Antrag des Beteiligten zu 1., die Zustimmung der Beteiligten zu 2. zum Schuldenbereinigungsplan zu ersetzen, zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner am 26.08.2003 eingegangen sofortigen Beschwerde vom 25.08.2003. Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 24.09.2003 der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
7II.
8Die gemäß § 309 Abs. 2 S. 3 InsO statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. hat auch in der Sache selbst Erfolg. Die Voraussetzungen dafür, die Zustimmung der Beteiligten zu 2. zu dem vom Beteiligten zu 1. vorgelegten Schuldenbereinigungsplan gemäß § 309 Abs. 1 InsO zu ersetzen, liegen vor.
9Gemäß § 309 Abs. 1 S. 1 InsO ersetzt das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners die Einwendungen eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine Zustimmung, wenn dem Schuldenbereinigungsplan mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger zugestimmt hat und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der benannten Gläubiger beträgt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben; auch die Beteiligte zu 2. erinnert insoweit nichts.
10Gemäß § 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO wird die Zustimmung allerdings dann nicht ersetzt, wenn der Gläubiger, der Einwendungen erhoben hat, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird. Die Zustimmung des Gläubigers kann insbesondere dann nicht ersetzt werden, wenn er Tatsachen glaubhaft macht, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, ob eine vom Schuldner angegebene Forderung besteht oder sich auf einen höheren oder niedrigeren Betrag richtet als angegeben, und wenn vom Ausgang des Streits seine angemessene Beteiligung im Sinne des § 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO abhängt (§ 309 Abs. 3 InsO). § 309 Abs. 3 InsO soll zwar in erster Linie verhindern, dass durch die Aufnahme einer nicht bestehenden Forderung eines vorgeschobenen Gläubigers (etwa eines Verwandten oder Bekannten) die Befriedigungsquote der tatsächlichen Gläubiger reduziert wird. Die Vorschrift ist aber auch dann anwendbar, wenn durch die Angabe eines zu niedrigen Forderungsbetrages der Gläubiger dieser Forderung im Verhältnis zu den anderen Gläubigern, deren Forderungen in der richtigen Höhe angegeben werden, benachteiligt wird (vgl. etwa Ott in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 309 Rdnr. 28).
11Ein Ausschluss der Zustimmung gemäß § 309 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 InsO setzt aber auch in diesen Fällen voraus, dass von dem Streit über Bestand oder Höhe der Forderung die Frage abhängt, ob der widersprechende Gläubiger im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt wird. Diese Abhängigkeit kann dadurch vermieden werden, dass im Schuldenbereinigungsplan unterschiedliche Leistungen an den Gläubiger der streitigen Forderung je nachdem vorgesehen werden, mit welchem Ergebnis ein Streit um die Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens geklärt wird. Es kann deshalb in einem Schuldenbereinigungsplan festgelegt werden, dass der Gläubiger auf den vollen Betrag seiner Forderung die gleiche Quote erhält wie andere rechtlich gleichgestellte Gläubiger, wenn er vor dem ordentlichen Gericht mit einer Feststellungsklage obsiegt, dass er aber leer ausgeht, wenn er dort unterliegt. In diesem Fall kann der Streit um die richtige Forderungshöhe außerhalb des Insolvenzverfahrnes ausgetragen und der Widerspruch des Gläubigers gegen den Plan trotz des noch offenen Streits durch eine Zustimmung ersetzt werden (vgl. etwa Landfermann, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, § 309 Rdnr. 19; Ott, a.a.O., Rdnr. 31; Braun/Buck, Insolvenzordnung, § 309 Rdnr. 15; Hoffmann, Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung 1998, Seite 103 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die erforderliche Kopf- und Summenmehrheit des § 309 Abs. 1 S. 1 InsO unabhängig von dem Streit über die Forderung erreicht wird (vgl. zu diesem Sonderfall etwa Hoffmann, a.a.O.). Dass der Gläubiger der streitigen Forderung (anders als die übrigen Gläubiger) bezüglich der streitigen Forderung nicht unmittelbar einen Vollstreckungstitel gegen den Insolvenzschuldner erhält, stellt dabei keine unangemessene Benachteiligung dieses Gläubigers dar. Denn auch außerhalb des Insolvenzverfahrens müsste er die Berechtigung seiner Forderung gerichtlich klären lassen, während dies bezüglich der vom Schuldner anerkannten oder bereits titulierten Ansprüche nicht (mehr) erforderlich wäre.
12Nach diesen Grundsätzen waren die Einwendungen der Beteiligten zu 2. zum Schuldenbereinigungsplan durch eine gerichtliche Zustimmung zu ersetzen. Denn der Beteiligte zu 1. hat angeboten, im Falle einer nachträglichen Anerkennung oder gerichtlichen Titulierung des streitigen Forderungsteils auf diesen ebenfalls eine Quote von 2,88% zu zahlen. Den Einwendungen der Beteiligten zu 2. ist damit in hinreichendem Maße Rechnung getragen. Da der Beteiligte zu 1. sich verpflichtet hat, den hierzu erforderlichen Geldbetrag zusätzlich zu dem bereits angebotenen Planvolumen zur Verfügung zu stellen, werden auch die Rechte der übrigen Gläubiger durch dieses Angebot nicht berührt.
13Beschwerdewert: bis 30.000,00 (§ 35 GKG, § 3 ZPO).
14Dr. I
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