Urteil vom Landgericht Aachen - 11 O 381/03
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 2) € 200,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2003 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) dem Kläger zu 1) auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) tragen die Beklagten zur einen Hälfte als Gesamtschuldner, im übrigen die Klägerin zu 2) selber.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Tatbestand
2Die Kläger machen gegen die Beklagten Ansprüche aus einem Verkehrsunfallgeschehen geltend.
3Der Kläger zu 1) ist Eigentümer eines PKW VW Polo, den er im Wege des Re-Importes im Mai 2003 erworben hatte. Das Fahrzeug wurde am 22.05.2003 erstmals zugelassen. Der Kaufpreis betrug 12.217,85 € zuzüglich bei Einfuhr in die BRD zu zahlender Mehrwertsteuer in Höhe von 1.954,86 €. 3 Wochen nach Erwerb des Fahrzeuges bei einer Laufleistung von max. 608 km kam es zwischen dem PKW des Klägers zu 1) und dem von dem Beklagten zu 1) gefahrenen und gehaltenen PKW, versichert bei der Beklagten zu 2), zu einem Verkehrsunfall in XOrt. Der Beklagte zu 1) hat diesen Verkehrsunfall alleine zu verantworten. Der Hauptanstoß der beiden Fahrzeuge erfolgte auf der linken Fahrzeugseite des Fahrzeuges des Klägers zu 1). Das Schadensbild ist ersichtlich aus der Fotoanlage zum Privatgutachten SV01 vom 13.06.2003, (Anlage 1 zur Gerichtsakte, S. 7, 8). Es betrifft im wesentlichen die Türen vorne und hinten auf der linken Seite des Fahrzeugs. Dort entstanden Eindellungen und Kratzer. Der Privatgutachter ermittelte Reparaturkosten in Höhe von netto 2.005,85 € sowie eine merkantile Wertminderung in Höhe von 500,00 €. Die erforderlichen Reparaturarbeiten sind auf S. 4 und 5 des Gutachtens im einzelnen beschrieben. Der Kläger zu 1) ließ eine Reparatur bislang nicht durchführen. Die Beklagte zu 2) zahlte als Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1) den Nettoreparaturbetrag sowie den merkantilen Minderwert an den Kläger zu 1).
4Die 67 Jahre alte Klägerin zu 2), die das Fahrzeug des Klägers zu 1) im Unfallzeitpunkt fuhr, wurde durch das Unfallereignis verletzt. Sie suchte noch am Unfalltag und an weiteren 4 Tagen einen Arzt auf. Sie war vom 11.06. bis zum 17.06.2003 zu 100 % erwerbsunfähig und litt noch eine weitere Woche unter Schmerzen. Seither ist sie beschwerdefrei. Auf die ärztlichen Atteste des X01 vom 17.06.2003 sowie vom 05.11.2003 (Bl. 25, 67 d. A.) wird Bezug genommen.
5Der Kläger zu 1) ist der Ansicht, er müsse sich von der Beklagten zu 2) nicht auf einen Schadensersatz in Höhe der Nettoreparaturkosten verweisen lassen, sondern könne eine Abrechnung auf Neuwagenbasis fordern. Die Klägerin zu 2) ist der Ansicht, ihr stehe aufgrund der unfallbedingten Verletzung ein Schmerzensgeld in Höhe von 400,00 € zu.
6Der Kläger zu 1) beantragt,
71.
8die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 11.752,46 € nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 01.07.2003 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe sowie Übereignung des PKW Marke VW Polo, Kennzeichen: K01, Fahrgestellnummer K001 einschließlich Fahrzeugbrief sowie
92.
10festzustellen, dass die Beklagten sich mit der Annahme des PKW Marke VW Polo, Kennzeichen K01, Fahrgestellnummer K001 in Verzug befinden.
11Die Klägerin zu 2) beantragt,
12die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 400,00 €, verzinslich ab Rechtshängigkeit, zu zahlen.
13Die Beklagten beantragen,
14die Klage abzuweisen.
15Sie sind der Ansicht, eine Abrechnung des Schadens auf Neuwagenbasis komme nicht in Betracht, da der klägerische PkW eine "erhebliche" Beschädigung nicht aufweise. Das von der Klägerin zu 2) geforderte Schmerzensgeld sei übersetzt.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
18Soweit der Kläger zu 1) mit den Anträgen zu 1. und 2. einen Schadensersatz auf Neuwagenbasis verfolgt, ist die Klage unbegründet. Dem Kläger zu 1) steht aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVersG, 823 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz unter Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht zu.
19Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Diese Herstellung des früheren Zustandes erfolgt üblicherweise durch Reparatur des unfallbeschädigten Fahrzeuges. In Ausnahme von dieser Regel hat die Rechtsprechung bei beschädigten Neufahrzeugen unter bestimmten Umständen eine Abrechnung auf Neuwagenbasis zugelassen. Voraussetzung hierfür war, dass das Fahrzeug maximal 1 Monat alt war und eine Laufleistung unter 1.000 km aufwies. Darüber hinaus verlangt die Rechtsprechung aber auch, dass die Weiterbenutzung des Neuwagens nach Reparatur dem Geschädigten unzumutbar sein muss. Diese letzte Voraussetzung ist im Fall des Fahrzeuges des Klägers zu 1) nicht erfüllt.
20Nach ständiger Rechtsprechung ist einem Geschädigten die Weiterbenutzung seines Neufahrzeugs nach Reparatur zumutbar, wenn durch spurloses Auswechseln der beschädigten Teile und/oder eine neue Teillackierung der frühere Zustand völlig wiederhergestellt werden kann (OLG Dresden, Schaden-Praxis 2001, 55; OLG Hamm, MDR 2002, 89). Die durch die Beklagte zu 2) bereits erstatteten Nettoreparaturkosten erfassen den Ersatz der Türen vorne und hinten links und deren Neulackierung. Durch die vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen kann eine spurenlose Beseitigung des Schadensbildes erzielt werden.
21Nach der Rechtsprechung ist eine Weiterbenutzung eines reparierten Neufahrzeugs auch dann zumutbar, wenn durch den Unfall keine Fahrzeugteile beschädigt wurden, die für die Sicherheit des Fahrzeugs von besonderer Bedeutung sind und nach Reparatur ein Unsicherheitsfaktor nicht verbleibt (LG Saarbrücken, ZfFch 2002, 282). Das Schadensbild beschränkt sich ausweislich des Privatgutachens (Anlage 1 zur Gerichtsakte) auf die Fahrzeugverkleidung, im wesentlichen auf die Türen der linken Fahrzeugseite. Sicherheitsrelevante Fahrzeugteile sind damit durch den Unfall nicht betroffen.
22Ein weiterer Gesichtspunkt, unter dem die Rechtsprechung die Weiterbenutzung eines reparierten Neufahrzeuges für zumutbar hält, ist die Höhe der Reparaturkosten. Exemplarisch wird insofern auf die Rechtsprechung des Landgerichts Kassel verwiesen, das im Wege einer Faustregel eine Unzumutbarkeit erst dann annimmt, wenn die Reparaturkosten mindestens 30 % des Neupreises betragen (ZfSch 1992, 299). Im Falle des Fahrzeugs des Klägers zu 1) liegt der relative Anteil der Reparaturkosten am Neupreis des Fahrzeuges deutlich hierunter. Zu berücksichtigen ist insofern auch, dass der Neupreis durch den günstigen Re-Importpreis niedriger liegt als bei einem Neukauf in Deutschland.
23Da der Kläger zu 1) somit einen Schadensersatz abgerechnet auf Neuwagenbasis nicht begehren kann, entfällt zugleich die Grundlage für seinen Klageantrag zu 2).
24Hinsichtlich des Klageantrages der Klägerin zu 2) ist die Klage teilweise begründet.
25Die Klägerin zu 2) kann von den Beklagten als Gesamtschuldner aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 i. .V. m. 11 S. 2 StVG, § 3 Nr. 1 PflVersG, § 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld in Höhe des zugesprochenen Betrages verlangen. Die Klägerin zu 2) ist durch das Unfallereignis verletzt worden. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 08.12.2003 ausdrücklich unstreitig gestellt. Für die Höhe des Schmerzensgeldes hält das Gericht einen Betrag von 200,00 € für gerechtfertigt, aber auch angemessen. Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang die einwöchige hundertprozentige Erwerbsunfähigkeit der Klägerin zu 2) sowie die eine weitere Woche anhaltenden Schmerzen. Ein Absehen von Schmerzensgeld entsprechend BGH, NJW 1992, 1043 kommt nicht in Betracht. Die von der Klägerin zu 2) erlittenen Verletzungen überschreiten eindeutig den Grad von Bagatellbeschwerden.
26Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
27Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 2, 708 Nr. 11, 712 S. 1, 2 ZPO.
28Streitwert: 12.152,46 €.
29Dr. Y
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Referenzen
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