Urteil vom Landgericht Aachen - 5 S 221/03
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 02.09.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten werden das am 02.09.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen - 10 C 172/0 - sowie das in gleicher Sache am 05.06.2003 ergangene Versäumnisurteil des Amtsgerichts Aachen aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.
1
Gründe
2I.
3Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, während die Anschlussberufung der Beklagten zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt.
6Die von der Klägerin auf der Grundlage der Betriebskostenabrechnungen Nrn. 1035 und 1036 für 2001 geforderten Beträge sind nicht fällig, weil diese Abrechnungen nicht im Einklang mit den zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Beziehungen stehen und die Richtigkeit der jeweiligen Ansätze und Verteilerschlüssel anhand der vorliegenden Angaben nur eingeschränkt überprüfbar ist.
7Ausweislich der vorgelegten Mietverträge sind Nebenkosten - bis auf Heizkosten - "im Verhältnis der qm Wohnfläche" abzurechnen. Damit ist zwar eine Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten nicht vereinbart, jedoch ergibt sich aus dem Vorbringen beider Parteien, dass in den seit 1982 bestehenden Mietverhältnissen die Nebenkosten jedenfalls im Jahre 2000 unter Zugrundelegung der Wirtschaftseinheit "..., ..., ..., ..." abgerechnet worden sind. Ohne eine nähere Bestimmung der zugrunde zu legenden Abrechnungseinheit im Mietvertrag entspricht in diesem Fall die Festsetzung der gewählten Form einer Wirtschaftseinheit dem Parteiwillen und damit seitens des Vermieters billigem Ermessen gem. § 316 BGB. Es kann allerdings dahinstehen, ob die Klägerin generell dazu berechtigt war, nach Wirtschaftseinheit abzurechnen, jedenfalls ist der Vermieter regelmäßig an das einmal ausgeübte billige Ermessen gebunden und darf hiervon nicht zum Nachteil des Mieters abweichen (vergl. Sternel, 3. Aufl., Rz III/406). Eine derartige, nachteilige Abweichung ist hingegen bei der Abrechnung für 2001 zumindest gegenüber dem Vorjahreszeitraum erfolgt.
8Eine Überprüfung der für 2001 vorgelegten Abrechnungen zu den streitigen Punkten Grundsteuer und Hausmeisterkosten ergibt, dass im Vergleich zu den von der Beklagten vorgelegten Vorjahresabrechnungen zum Teil gravierende Abweichungen zum Nachteil der Beklagten bestehen und dies auf Veränderungen im Abrechnungsschlüssel zu beruhen scheint, zu denen die Klägerin auch mit nachgelassenem Schriftsatz vom 26.03.2004 keine hinreichenden Erläuterungen vorgelegt hat.
9Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sind zunächst die Vorjahresabrechnungen, die sich nur auf 275 Tage beziehen, auf ein ganzes Jahr zu 360 Tagen hochzurechnen. Auf die 101 qm große Wohnung wären danach in 2000 folgende Kosten entfallen: Grundsteuer 393,66 EUR, Müllabfuhr 850,77 EUR, Hausmeisterkosten 704,91 EUR und Reinigungskosten 249,05 EUR. Dem stehen jedoch in der Abrechnung für 2001 661,28 EUR Grundsteuer, 763,43 EUR Müllabfuhr, 1.169,00 EUR Hausmeisterkosten und 244,57 EUR Reinigung gegenüber. In den Kostenarten Grundsteuer und Hausmeisterkosten ergeben sich danach deutliche Veränderungen zum Nachteil der Beklagten.
10Ein weitergehender Vergleich, etwa danach, ob sich in den einzelnen Kostenarten Erhöhungen im Kostenansatz ergeben haben, auf die diese Steigerungen zurückzuführen sind, ist der Kammer nicht möglich, da die Klägerin zu der geübten Vorverteilung auch im Anschluss an die gerichtlichen Hinweise keine hinreichenden Angaben gemacht hat. Immerhin wird erkennbar, dass in 2000 in den Kostenarten Hauswart, Reinigung und Müllabfuhr die gesamte Fläche des Hauses ... mit 1.855 qm zum Ansatz gemacht worden ist, während in 2001 nur die gewerblich genutzte Fläche von 767 qm zum Ausgangspunkt genommen worden ist. Der in 2000 angewendete Ansatz von 998 qm für die Grundsteuer ist insgesamt unerklärt geblieben.
11Eine Erklärung für diese Abweichungen des Vorverteilungsschlüssels zum Nachteil der Beklagten liefert die Klägerin nur hinsichtlich der Kostenart Müllabfuhr. Allein der Hinweis darauf, dass Wohnungsmieter sich durch den in 2000 angewendeten Verteilungsschlüssel benachteiligt fühlten und die Klägerin dem nachgegeben hat, ist zur Begründung der hier vorgenommenen Veränderung jedoch nicht ausreichend. Das einmal nach § 316 BGB ausgeübte billige Ermessen kann der Vermieter nämlich nicht ungebunden abändern, sondern muss vielmehr eine einvernehmliche Änderung anstreben, und zwar vor der Abrechnungsperiode, in der der veränderte Schlüssel erstmals angewendet werden soll (vergl. LG Bautzen, Urteil v. 25. 04. 2001, WuM 2001 S. 288 f. unter Hinweis darauf, dass dies gegebenenfalls im Wege einer Klage auf Zustimmung zur Änderung zu erfolgen habe). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
12Für die 30 qm große Wohnung gilt sinngemäß Entsprechendes. Dort stehen an Grundsteuer für 2000 116,93 EUR 196,42 EUR für 2001 gegenüber, Müllabfuhrkosten 252,70 EUR gegenüber 226,76 EUR, Hausmeisterkosten 209,38 EUR gegenüber 347,22 EUR und Reinigungskosten 73,97 gegenüber 72,64 EUR. Ein weitergehender Vergleich bezüglich der Richtigkeit der Ausgangswerte und Vorverteilungsschlüssel ist auch hier ohne ergänzende konkrete Erläuterungen des Zahlenwertes nicht möglich.
13Damit entsprechen die erteilten Abrechnungen nicht den zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, gleichzeitig ist der Beklagten die ihr zustehende Kontrolle und Überprüfung der Berechnungen nicht möglich. Dies hat zur Folge, dass die Betriebskostennachforderungen zu diesen Punkten derzeit (noch) nicht fällig sind.
14Etwas Anderes gilt jedoch hinsichtlich der Heizkosten: Hier hat die Klägerin dargelegt, dass ihr eine Abrechnung im Einklang mit der getroffenen vertraglichen Vereinbarung wegen Ausfalls der Messgeräte nicht möglich war. Entsprechend § 9 a Absatz 2 der Heizkostenverordnung war die Klägerin daher berechtigt, eine Verteilung gemäß § 7 Absatz 1 S. 2 HeizKVO nach Grundfläche oder umbautem Raum vorzunehmen. Dass sie sich hierbei im Rahmen des ihr gemäß § 316 BGB eingeräumten billigen Ermessens für eine Verteilung nach qm entschieden hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
15Insgesamt ergibt sich hieraus jedoch für beide Abrechnungen aus 2001, dass die geleisteten Vorauszahlungen der Beklagten auf die Nebenkosten die Summe der nicht beanstandeten Kostenpositionen übersteigen, so dass die Beklagte derzeit keine weitere Zahlung schuldet. Die Berufung der Klägerin war daher abzuweisen, während der Anschlussberufung der Beklagten stattzugeben war.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO.
17Gegen diese Entscheidung wird die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
18Berufungsstreitwert: 1.416,46 EUR.
19- C3 C4
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.