Beschluss vom Landgericht Aachen - 33 Vollz 936/04
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird verworfen.
Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis 300,-- Euro festgesetzt.
1
Der Antragsteller verbüßt derzeit in der JVA B eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes aus einem Urteil vom 18.11.1994 (21 VRs 19391/93 StA München). 15 Jahre dieser Freiheitsstrafe werden am 08.08.2008 verbüßt sein.
2Der Antragsteller ist in der Anstaltsküche der JVA B im Zeitlohn beschäftigt. Im Monat September 2004 wurde die Leistungszulage des Antragstellers von früher 30 % auf 20 % gekürzt. Ein entsprechender Lohnschein wurde dem Antragsteller am 18.10.2004 ausgehändigt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.10.2004 erhob der Antragsteller Widerspruch "gegen die Kürzung (der) Leistungszulage um 10 % seit September 2004". Zur Begründung führte er an, er habe seit 40 Monaten eine Leistungszulage in Höhe von 30 % erhalten. Für die Kürzung gebe es keinen rechtfertigenden Grund. Auch andere Gefangene erhielten nach wie vor – also auch für den Monat September 2004 - 30 % Leistungszulage.
3Mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2004 – 4514 E (II) P – 2.204 wies der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes NRW den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dieser sei zulässig, soweit die Minderung der Leistungszulage für den Monat September 2004 beanstandet werde; bei der Festsetzung handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft, so dass gegen die Festsetzung der Leistungszusage jeweils neu Widerspruch eingelegt werden müsse. In der Sache selbst beruhe die Kürzung der Leistungszulage darauf, dass neben dem Grundlohn gem. § 2 Abs. 2 der Strafvollzugsvergütungsordnung (StVollzVergO) eine Leistungszulage gewährt werden könne, während eine leistungsunabhängige Gewährung von Zulagen zum Zweck der Erhöhung des Grundlohns nicht vorgesehen sei. Diese Grundsätze habe die JVA B über einen längeren Zeitraum verkannt. Die Erhöhung des Grundlohns von 5 % auf 9 % der Bezugsgröße nach § 200 StVollzG in Verbindung mit § 18 des 4. Buchs Sozialgesetzbuch ab 01.01.2001 sei von der Arbeitsverwaltung der JVA B nicht dazu genutzt worden, die Zulage den neuen Verhältnissen anzupassen. Dies habe das Rechnungsprüfungsamt beanstandet. Die JVA B sei von diesem Hintergrund gehalten gewesen, den gesetzlich vorgesehenen Maßstab anzulegen.
4Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 13.12.2004 auf gerichtliche Entscheidung angetragen. Er hält sein Vorbringen aus dem Verwaltungsvorverfahren in vollem Umfang aufrecht.
5Der Antragsteller beantragt,
6die Entscheidung des Antragsgegners vom 18.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.12.2004 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm für September 2004 und zukünftig wieder eine Leistungszulage in Höhe von 30 % zu gewähren.
7Der Antragsgegner beantragt,
8den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu verwerfen.
9Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsvorverfahren und führt darüber hinaus aus, der Umstand, dass möglicherweise andere Strafgefangene ihre Leistungslagen als der Antragsteller erhielten, erkläre sich daraus, dass diese auch höhere Leistungen erbrächte.
10II.
11Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. §§ 109 ff. StVollzG zulässig, bleibt in der Sache indessen ohne Erfolg.
12Der Antragsteller kann zunächst nicht mit Erfolg darauf antragen, dass ihm auch künftig eine Leistungszulage in Höhe von 30 % gewährt werde. Gemäß § 2 Abs. 2 der Strafvollzugsvergütungsordnung kann im Zeitlohn eine Leistungszulage von bis zum 30 von Hundert des Grundlohns gewährt werden, wenn individuelle die Arbeitsleistung dies rechtfertigt. Bei der Bemessung der Leistungszulage können im Zeitlohn die Arbeitsmenge, die Arbeitsgüte, der Umgang mit Betriebsmitteln und Arbeitsmaterialien, die Leistungsbereitschaft und keine oder nur geringe Fehlzeiten berücksichtigt werden. Das bedeutet aber, dass die Leistungszulage nur nach den individuellen Gegebenheiten bei dem einzelnen Strafgefangenen von Monat zu Monat festgesetzt werden kann. Eine generelle Festsetzung im Vorhinein für die Zukunft – noch dazu in höchstzulässiger Höhe - verbietet sich indessen von vornherein, da es sich bei der Festsetzung der Leistungszulage eben – wie auch der Antragsgegner ausführt – nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft handelt (vgl. KG, B.v. 03.12.2001 – 5 Ws 738/01 Vollz, NStZ 2002, 336).
13Als rechtmäßig erweist sich aber auch die Kürzung der Leistungszulage für den Monat September 2004. In diesem Zusammenhang kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen des Präsidenten des Landesjustizvollzugsamtes im Widerspruchsbescheid vom 08.12.2004 Bezug genommen werden. Diese treffen zu; die Kammer macht sie sich inhaltlich zu eigen.
14Soweit der Antragsteller darauf abhebt, ihm sei in der Vergangenheit – für einen Zeitraum von 40 Monaten – stets eine Leistungszulage von 30 % gewährt worden, ist festzuhalten, dass diese Praxis mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht in Einklang stand. Nach der bereits zitierten Vorschrift des § 2 Abs. 2 Strafvollzugsvergütungsordnung kann die individuelle Arbeitsleistung eine Leistungszulage rechtfertigen. Eine etwaige entgegenstehende Verwaltungspraxis des Antragsgegners wäre rechtswidrig gewesen. Der Antragsgegner war aus diesem Grund nicht nur berechtigt, sondern sogar gehalten, die entsprechende Verwaltungspraxis abzuändern. Eine ständige rechtswidrige Verwaltungsübung führt nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz oder dem Vertrauensgrundsatz eine anspruchsbegründende Selbstbindung der Verwaltung herbei. Anderenfalls würde die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht zur Disposition gestellt. Es gibt also insbesondere keine Bindung im Sinne einer "Gleichheit im Unrecht" (vgl. Wolff, Bachof, Stober, Verwaltungsrecht Band 1, 11. Auflage 1999, § 24 Randnr. 27 f.).
15Auch der nicht näher substantiiert behauptete Umstand, dass andere Gefangene die Leistungszulage in höchst möglicher Höhe von 30 % erhalten, führt nicht zu einer günstigeren Bewertung im Sinne des Antragstellers. Es ist nicht dargetan, dass die individuelle Arbeitsleistung des Antragstellers eine Leistungszulage bis zum 30 von Hundert des Grundlohns rechtfertigte. Eine Ungleichbehandlung mit anderen Gefangenen, bei denen dies offenbar der Fall ist, liegt deswegen bereits im Ansatz nicht vor.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG.
17Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 60, 52 Abs. 1 und 3 GKG.
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
20Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
21Sie muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen. Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Im ersten Fall müssen die den Mangel ausweisenden Tatsachen angegeben werden.
22Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann die Rechtsbeschwerde nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einlegen.
23Dr. N
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Referenzen
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